DAB Plus Digitalradio rauschfrei in Europa empfangen
Gerade während der letzten Monate hat DAB Plus international so richtig an Fahrt aufgenommen. Gleich mehrere europäische Länder haben sich für die zeitnahe Einführung von DAB Plus entschieden und teils sogar schon Tests gestartet.
Davon profitieren auch wir. Einmal, weil in Grenzregionen auch ausländisches DAB Plus empfangbar ist, weiter, weil wir bald fast überall in Europa Digitalradio empfangen können. Hier ein Überblick.
Schweden
Erst letzten Sommer hatten die Schweden für negative Presse zu DAB Plus bei ihren norwegischen Nachbarn gesorgt. In Norwegen würden die Hörer dem Radio scharenweise den Rücken kehren, hieß es. Was freilich nicht stimmte. Wie bekannt, hatte die schwedische Regierung 2016 die Einführung von Digitalradio auf Eis gelegt und sich auf UKW eingeschworen. Ungeachtet dessen, dass das öffentlich-rechtliche Radio sehr wohl mit DAB Plus liebäugelte. Ungeachtet des Regierungsbeschlusses, Digitalradio im Lande nicht weiter auszubauen, preschten die Privatsender vor und betreiben schon seit einigen Jahren Multiplexe in der Region Stockholm. Nun wurde bekannt, dass die Nordic Entertainment Group NENT ab 1. Januar 2019 den Regelbetrieb mit elf Programmen starten. NENT gehören bekannte schwedische Radiostationen, wie Bandit Rock und Rix FM. Die DAB-Plus-Lizenzen für den landesweiten Regelbetrieb wurden bereits 2014 erteilt und laufen noch bis 30. September 2022. Zum Start sollen rund 35 Prozent der schwedischen Bevölkerung das neue Paket empfangen können. 2020 soll die technische reichweite auf 50 Prozent und 2021 auf 70 Prozent ausgebaut werden. Digitalradio startete in Schweden genau genommen bereits 1995. Bis heute versorgt das öffentlich-rechtliche Sveriges Radio SR in DAB alt rund ein Drittel der Bevölkerung mit Versorgungsinseln in den Großräumen Stockholm, Göteborg, Malmö und Luleå. Die SR-Sendelizent läuft am 31. Dezember 2019 ab. Voraussichtlich 2020 werden in Schweden weitere Privatsender, wie jene der Bauer Group, mit DAB Plus starten. Auch sie verfügen bereits über aufrechte DAB-Plus-Sendelizenzen.
Tschechien
DAB Plus ist in Tschechien bereits seit geraumer Zeit auf Sendung. Allerdings wird es meist über leistungs- und reichweitenschwache Senderstandorte im L-Band ausgestrahlt. Also in einem Frequenzbereich, der vor 15 Jahren neben dem heute üblichen VHF-Band 3, ebenfalls für Digitalradio vorgesehen war. Nachdem sich das L-Band unter anderem in Deutschland, nicht bewährt hatte, wird es außerhalb Tschechiens nicht mehr für DAB Plus genutzt. Die Folge: Es
gibt kaum noch Digitalradios, die auch im L-Band empfangen. Bis Mitte 2019 will Tschechien nicht nur das L-Band verlassen haben, sondern auch ein leistungsfähiges Sendernetz für die flächendeckende Versorgung des Landes mit öffentlich-rechtlichen Programmen aufbauen. In diesem Zuge werden nach und nach mehrere Highpower-Sender eingeschaltet, die auch noch ein Stück nach Bayern, Sachsen und Nordösterreich einstrahlen werden. Es ist ferner damit zu rechnen, dass auch die tschechischen Privatsender zügig über einen separaten DAB-Plus-Multiplex zu hören sein werden.
Belgien
Im französischsprachiegn Süden Belgiens, der Wallonie, ist bereits seit geraumer Zeit ein Multiplex in DAB alt auf Kanal 12B mit Programmen des öffentlich-rechtlichen RTBF auf Sendung. Derzeit bereitet sich die Wallonie auf den Start von DAB Plus vor. Bereits im September wurden in Brüssel zwei Testmultiplexe auf den Kanälen 6D und 11D, sowie in den Großräumen Hainaut und Namur beobachtet. Der massive Ausbau von DAB Plus steht in der Wallonie unmittelbar bevor. Hier sind vier Multiplexe vorgesehen. Über sie sollen 23 Programme, neun öffentlich-rechtliche und elf private, sowie die drei Kanäle des öffentlich-rechtlichen deutschsprachigen Belgischen Rundfunks BRF, verbreitet werden. Weiter können bis zu zwölf lokale Multiplexe an den Start gehen, über die weitere, bis zu rund 200 Programme senden können. Im niederländischen Norden, in Flandern, wurde dem Sendernetzbetreiber Norkring eine zweite DABPlus-Lizenz zugesprochen. Dieser zweite Multiplex soll, je nach Region, auf den Kanälen 5A und 5D verbreitet werden. Dies kommt den zahlreichen Interessenten zugute, die über Digitalradio senden wollen. Der erste Norkring-Mux auf Kanal 11A ist mit 13 Programmen bereits voll ausgebucht. Bereits für dieses Weihnachtsgeschäft sind umfangreiche Marketingmaßnahmen für DAB Plus geplant.
Luxemburg
Im Oktober wurden DAB-Plus-Testausstrahlungen der luxemburgischen RTL-Techniktochter CBC. Auf Kanal 7D wurden zwei Programme mit Easy Listening Music, jeweils mit der Kennung “.“mit unterschiedlichen Protection Levels ausgestrahlt. Vermutlich kommt der Senderstandort Dudelange zum Einsatz. Nachdem die Signale bereits in Rheinland-Pfalz, dem Saarland und in Belgien empfangen wurden, wird eine hohe Sendeleistung vermutet. Weitere Details zu einem Start von DAB Plus in Luxemburg sind noch nicht bekannt.
Frankreich
Frankreich arbeitet gerade mit Hochdruck an der Einführung von DAB Plus. Bislang gab es Digitalradio nur in den großen Ballungsräumen. jetzt geht man an den Flächenausbau. Sowohl, was weitere regionale, aber auch einen überregionalen Multiplex betrifft. Bereits am 5. Dezember sollen auf Kanal 6D ein nationales Paket, sowie vier regionale und lokale Multiplexe in betrieb genommen werden. Im Großraum Straßburg wird DAB Plus auf den Kanälen 6C und 7C senden. Weitere Standorte sind Colmar (11C), Hagenau (7A) und Mühlhausen (11D). Wegen der Nähe zu Deutschland sollen diese Pakete auch in grenznahen Regionen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz zu hören sein. Bereits im Sommer hat die französische Medienbehörde die Ausschreibung eines zweiten nationalen Multiplexes gestartet. Er soll seinen Sendebetrieb 2020 aufnehmen.
Serbien
Im Herbst wurde auf dem, auf dem Berg Avala gelegenen Fernsehturm von Belgrad erstmal DAB Plus in Serbien in Rahmen eines Betriebsversuchs aufgeschaltet. Zum Start werden auf Kanal 11A die drei staatlichen Programme Radio Beograd 1 und 2, sowie Radio 202 mit einer Sendeleistung von 10kW ausgestrahlt. Damit ist der Testbetrieb auch im weiteren Umland der serbischen Hauptstadt zu hören. Zeitnah sollen weitere Multiplexe in Betrieb gehen. Geplant sind auf Kanal 11B die Standorte Crveni Cot bei Novi Sad, Ovcar bei Cacak und Subotica.
Auf Kanal 11D soll serbisches DAB Plus über die Standorte Jastrebac bei Nils, Tupiznica bei Boljevac, sowie Knjazevac und Zajecar starten. Über diese Standorte wären nicht nur alle wichtigen serbischen Städte, sondern auch ein Großteil des Landes mit Digitalradio versorgt.
Ex-Jugoslawien
Im Oktober verständigten sich die Regulierungsbehörden aller jugoslawischen Nachfolgestaaten über die Einführung von DAB Plus. In Slowenien, Kroatien und seit kurzem auch Serbien wird bereits DAB Plus ausgestrahlt. Künftig soll es DAB Plus auch in Bosnien-Herzegowina, Mazedonien und Montenegro geben. In allen Ländern ist man sich darüber einig, dass DAB Plus von entscheidender Bedeutung beim Wechsel vom analogen zum digitalen Hörfunk ist.
Kroatien
2018 ging in Kroatien ein Testbetrieb über vier Senderstandorte on air. Sie versorgen den Norden des Landes mit 16 Hörfunkprogrammen. 2019 geht der kroatische DAB-Plus-Testbetrieb in die zweite Phase. Dazu wurden die Übertragungskapazitäten neu ausgeschrieben. Die Medienbehörde rechnet mit einem noch größeren Interesse seitens der Privatsender, als bei Phase 1. Wohl auch deshalb, weil das Sendegebiet erweitert wird. Nach Phase 2 wird geprüft, ob DAB Plus in den Regelbetrieb gehen soll. Die kroatischen Privatsender sehen in Digitalradio ein großes Entwicklungspotential, während sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk HRT dem neuen Standard verweigert.
Slowenien
In Slowenien befindet sich DAB Plus bereits seit 2016 im Regelbetrieb. Inzwischen werden über den landesweiten Multiplex auf Kanal 10D 17 Programme, teils leider nur mit sehr geringer Datenrate, ausgestrahlt. Wegen des großen Interesses regionaler Sender an Digitalradio wird aktuell über eine Einführung eines zweiten Multiplexes beraten.
Bulgarien
Auch Bulgarien plant die Einführung von DAB Plus. Zunächst will die Behörde ein öffentliches Strategiepapier erarbeiten, das einerseits die Voraussetzungen für einen wettbewerbsfähigen digitalen Rundfunk schafft und weiter auf die Vorteile der neuen Technologie hinweist. Im ersten Schritt ist ein Testbetrieb vorgesehen, der auch Vergleiche zwischen DAB Plus und UKW erlauben soll. Ins Rollen gebracht wurde die geplante Einführung von DAB Plus übrigens durch laufende Anfragen bulgarischer Radiosender, die bereits auf DAB Plus senden wollen.
Russland
Russland geht bei der Digitalisierung des Rundfunks einen Sonderweg und hat sich gleich für zwei, sich gegenseitig ergänzende Digitalstandards entschieden. Mitte September wurde bekannt, dass sich Russland, anders als das restliche Europa, auf DRM Plus setzen werde. DRM Plus arbeitet im UKW-Frequenzbereich von 87,5 bis 108MHz und soll in Russland zusätzlich im OIRT-Band von 65,9 bis 74MHz (ehemals Ost-UKW-Frequenzbereich) verbreitet werden. DRM Plus erlaubt auf einer Frequenz die parallele Ausstrahlung eines analogen und bis zu drei digitalen Hörfunkprogrammen. Mitte Oktober entschied sich das russische Ministerium für digitale Entwicklung, Kommunikation und Massenmedien nun doch auch DAB Plus. Man will den Programmanbietern die freie Wahl lassen, welchen digitalen Übertragungsstandard sie nutzen wollen. Womit Russland das erste europäische Land ist, dass DAB Plus und DRM Plus für den Regelbetrieb zulässt. Es wird erwartet, dass sich in Großstädten, wie etwa Moskau und Sankt Petersburg, DAB Plus etablieren wird, während für die Versorgung dünn besiedelter Regionen DRM Plus zum Zug kommen wird. Dem entsprechend wird erwartet, dass speziell für Russland gebaute Kombiradios für beide digitale Standards auf den Markt kommen werden.
Vietnam
Bislang ist DAB Plus primär in europäischen Ländern auf Sendung. Nun hat sich auch das asiatische Vietnam dazu entschlossen, DAB Plus einzuführen. Aktuell befassen sich die vietnamesische Rundfunkbehörde und Regierungsvertreter unter anderem damit, wie DAB Plus in Vietnam weiterentwickelt werden kann. Die Einführung eines Regelbetriebs ist ab 2020 vorgesehen.