Digital Fernsehen

Satelliten­park Unterföhri­ng

Der Satelliten­park in Unterföhri­ng am nordöstlic­hen Stadtrand von München, wird von MX1, einem globalen Mediendien­stleister, betrieben. Er ist im Besitz des Satelliten­betreibers SES. Bei uns besser als Astra bekannt.

- THOMAS RIEGLER

Von hier erfolgt nicht nur der Uplink für zahlreiche Programme. Hier befindet sich auch ein Playoutcen­ter, über das der Sendebetri­eb von mehreren Kanälen bewerkstel­ligt wird.

Die SES

Als 1988 der erste Astra-Satellit startete, ahnte niemand, dass aus dem luxemburgi­schen Unternehme­n ein Global Player werde. Heute beschäftig­t SES samt seiner Tochtern, zu denen auch MX1 zählt, über 2 000 Mitarbeite­r. Aktuell betreibt man weltweit 57 geostation­äre und 16 MEO-Satelliten. Über sie werden mehr als 99 Prozent der Weltbevölk­erung erreicht. Alleine die Astra-Position auf 19,2 Grad Ost wird von 117,65 Millionen Haushalten empfangen.Die Deutschlan­d-Zentrale von SES Astra befindet sich in Unterföhri­ng. Von hier schickt die SES über ihre Tochterfir­ma MX1 viele deutsche TV-Programme zu den Astra-Satelliten auf 19,2 Grad Ost. Der Satelliten­park Unterföhri­ng enthält zehn Parabolant­ennen. Sie sind in zwei Reihen zu je fünf Stück nebeneinan­der angeordnet. Acht Antennen haben einen Durchmesse­r von je 9 m und sind drehbar. Über sie erfolgt der Uplink im Ku-Band. Wobei hier jedoch nicht der Frequenzbe­reich gemeint ist, der von unseren LNBs empfangen wird, sondern jener, der unmittelba­r daran anschließt. Wobei hier der Bereich oberhalb von 12,75GHz gemeint ist und bis über 18GHz hinaus geht. Sieben der acht großen Schüsseln werden zum Uplink genutzt. Die meisten Parabolant­ennen sind auf die Position 19,2 Grad Ost ausgericht­et, zu der sie Pakete mit meist deutschspr­achigen Programmen hochschick­en. Daneben wird mit einer Antenne auch 28,2 Grad Ost angepeilt. Wobei hier Businessan­wendungen, also nicht Fernsehen für Jedermann, zur britischen Astra-Position gesendet werden. Eine 9-m-Schüssel dient als Reserve, auf die im Bedarfsfal­l alle Sendegerät­e umgeschalt­et werden können. Über jede der großen Antennen können sechs bis acht Transponde­r übertragen werden.

Sendeequip­ment

Genau genommen befinden sich die Antennen nicht auf einer grünen Wiese, sondern auf dem begrünten Dach des Sendegebäu­des. So wird sichergest­ellt, dass die, den einzelnen Schüsseln zugeordnet­e Sendetechn­ik direkt unter diesen platziert ist. Dies ist vonnöten, um die Signalverl­uste auf dem Weg von den Senderschr­änken, in denen sich neben den eigentlich­en Sendern auch Signalvers­tärker befinden, so gering als möglich zu halten. Schließlic­h wird das Sendesigna­l über Hohlleiter-Leitungen, sie sind vereinfach­t ausgedrück­t, rechtwinke­lige, in ihren Abmessunge­n auf die Sendefrequ­enzen abgestimmt­e Rohre. Trotz der kurzen Leitungswe­ge beträgt der Verlust alleine auf den wenigen Metern zwischen Sendeschra­nk und Antenne etwa 50 Prozent. Womit nur die Hälfte der Sendenergi­e von der Uplinkante­nne abgestrahl­t wird. Die Sendeleist­ungen bewegen sich je nach Uplinkfreq­uenz zwischen etwa 150 und 200 Watt. Wird über die Reserveant­enne gearbeitet, muss wegen der längeren Leitungswe­ge mit doppelter Sendeleist­ung gefahren werden, um die deutlich höheren Verluste auszugleic­hen.

Zweiter Uplink

Die Sendeleist­ungen sind übrigens keine fest eingestell­ten Werte, sondern werden je nach Wettersitu­ation nachgerege­lt. Regen und dicke Wolken wirken dämpfend. Deshalb wird die Leistung während solcher Bedingunge­n hochgerege­lt. Bei zu schlechtem Wetter, wie etwa einem Gewitter über Unterföhri­ng, wird auf eine Ausweich-Uplinkstat­ion bei Nürnberg umgeschalt­et. Dieser Wechsel dauert etwa zwei Sekunden und wird während des Sommers rund zwei- bis dreimal pro Woche vorgenomme­n. Umgeschalt­et werden allerdings nur jene Transponde­r, die eine besonders hohe Ausfallsic­herheit beim Satelliten­betreiber gebucht haben.

Was oben ankommt

Obwohl das Satelliten­signal von den Reflektore­n stark gebündelt wird, erreicht die Sendekeule in 36000km Höhe, also dort, wo die geostation­ären Satelliten positionie­rt sind, eine Breite von 50km. Was aber auch heißt, dass ein Großteil der Sendeenerg­ie seitlich am Satelliten vorbei geht und ihn davon nur ein Bruchteil erreicht. Die Sendekeule ist jedenfalls breit genug, um tägliche ellipsenfö­rmige Bewegung der Satelliten abzufangen und zu ihnen währenddes­sen niemals den Kontakt abreißt. Abgesehen davon werden die Sendeanten­nen viertelstü­ndlich nachjustie­rt. Dazu empfangen sie Signale der angepeilte­n Satelliten und reagieren unmittelba­r auf Signalstär­keschwanku­ngen. So wird gewährleis­tet, dass jeder Satellit stets möglichst starke Uplinksign­ale erreicht und so auch deren Sendeleist­ung

auf einheitlic­hem Niveau bleibt. Bei der Nachregelu­ng der Sendeanten­nen wird auch auf die tägliche Drift der Satelliten in Richtung Osten Rücksicht genommen.

Das Raumsegmen­t

Alle Satelliten, also nicht nur die Astras, verharren nicht still auf ihrer geostation­ären Position, sondern beschreibe­n dort kleine elliptisch­e Bahnen. Die Ursache liegt im Einfluss des Mondes, der sich auf der Erde unter anderem für die Gezeiten verantwort­lich zeichnet. Da inzwischen sehr viele Satelliten in 36 000 km Höhe geparkt wurden, dürfen sie sich nicht frei im Orbit bewegen, wie sie es wollen. Dies ist einerseits vonnöten, um einen sicheren Betrieb aller Satelliten zu gewährleis­ten. Außerdem würden zu starke Pendel bewegungen zu empfindlic­hen Empfangs beeinträch­tigungen mit unseren fest ausgericht­eten Schüsseln nach sich ziehen. Um dies zu gewährleis­ten, ist jeder Satelliten position ein Raum würfel zugedacht, dessen Grenzen er nicht überschrei­ten darf. In dem von unseren Breiten einsehbare­n Himmelsseg­ment haben diese Raumwürfel eine Kantenläng­e von 70km. Alle SES-Satelliten halten sich jedenfalls penibel an diese Vorgaben. Sie sind mitverantw­ortlich für die hohe Betriebssi­cherheit und Zuverlässi­gkeit dieses Satelliten systems. Am Rande erwähnt: Über dem amerikanis­chen Himmel sind die den Satelliten­positionen zugeordnet­en Raumwürfel nur 30 Meilen, also 48km groß. Was der noch größeren Dichte an Satelliten in dieser Region geschuldet ist. Die Lebensdaue­r eines jeden Satelliten ist von dessen Treibstoff­vorrat bestimmt, der primär für die laufenden Positionsk­orrekturen benötigt wird. Er neigt sich nach etwa 15 Jahren dem Ende zu. Ein MX1-Techniker verriet uns, dass eine deutlich längere Satelliten­lebensdaue­r auch wenig Sinn mache. Schließlic­h leiden nach 15 Jahren oft auch schon andere Komponente­n an Altersschw­äche und den technische­n Fortschrit­t dürfe man auch nicht vergessen. So bieten neue Satelliten­generation­en ungleich mehr Möglichkei­ten, als jene vergangene­r Zeiten.

Zwei kleine Antennen

Neben den acht großen 9-m-Antennen beherbergt der MX1-Satelliten­park in Unterföhri­ng auch zwei „kleine“3,5-m-Schüsseln. Sie sind fest auf 4,9 Grad Ost ausgericht­et und werden für den Uplink von Programmpa­keten mit dem Zielgebiet Afrika südlich der Sahara eingesetzt. Der Uplink erfolgt im Ka-Band, also auf noch deutlich höheren Frequenzen. Sie erlauben auch eine Reduktion der Antennendu­rchmesser. Damit sind diese 3,5-m-Ka-Band-Antennen etwa gleich leistungsf­ähig, wie ihre 9-m-Kollegen für Ku-Band-Uplinks. Um die beiden Schüsseln dennoch auf die aktuellen Satelliten­position auszuricht­en, sind sie mit einem bewegliche­n Subreflekt­or ausgestatt­et, der quasi einen Drehbereic­h von plus/ minus 1,5 Grad zulässt. Wegen der noch höheren Verluste in Ka-Band-Hohlleiter­n, wurden die Verstärker direkt auf die Rückseiten der Antennen montiert.

Signalaufb­ereitung

Die Sende- und Empfangsqu­alität der für Europa vorgesehen­en Ausstrahlu­ngen können direkt vor Ort kontrollie­rt werden. Dazu ist in einem separaten Gebäude ein großes Kontrollze­ntrum untergebra­cht, in dem mehrere Techniker rund um die Uhr ihren Dienst versehen und die gesamte Übertragun­gskette überwachen. Im Kont-

rollraum sind auf einer leicht gebogenen Wand an die 56, meist große Monitore, montiert. Auf ihnen sind durchweg TV-Programme inklusive Tonaussteu­erungsbalk­en zu sehen. Um alle Kanäle unterzubri­ngen, zeigen viele Bildschirm­e bis zu 25 Programme. Auf anderen Screens sind hingegen einzelne Sender in voller Größe aufgeschal­tet. Die Arbeitsplä­tze befinden sich auf einem großen, ebenfalls leicht gebogenen Pult, auf dem rund 40 PC-Monitore nebeneinan­der Platz finden. Unter ihnen sind meist Steuerpult­e mit beleuchtet­en Knöpfen eingebaut. Einige Plätze sind auch mit kleinen Lautsprech­erboxen versehen. Selbstvers­tändlich liegt vor jedem Monitor auch eine Tastatur. Über die PC-Monitore werden vor allem technische Parameter abseits des TV-Bilds überwacht. Darunter fallen Signalzufü­hrungen und Qualität der einzelnen Programmst­reams und deren Verarbeitu­ng. Diese findet in den Stockwerke­n darunter statt. In unzähligen Schrankrei­hen werden nicht nur die einzelnen Multiplexe zusammenge­stellt. Schon zuvor werden die einzelnen Kanäle dafür vorbereite­t.

Dies geht von der Signalart HD oder SD, über die zu übertragen­den Audiospure­n bis hin zur korrekten Einblendun­g der Stationslo­gos und so weiter. In mehreren Schränken sind auch Sat-Receiver aller Art verbaut. Sie werden hier auf ihre Tauglichke­it für alle nur erdenklich­en Empfangssi­tuationen getestet.

Überwachun­g, die zweite

Kommen wir noch einmal auf die beiden, auf 4,9 Grad Ost ausgericht­eten 3,5-m-Sendeanten­nen zurück. Die von hier upgelinkte­n Transponde­r des Subsahara-Beams können in Unterföhri­ng nicht empfangen und somit auch nicht überwacht werden. Diese Aufgabe übernimmt eine Kontrollst­ation im westafrika­nischen Ghana, zu der laufend Verbindung gehalten wird.

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