Satellitenpark Unterföhring
Der Satellitenpark in Unterföhring am nordöstlichen Stadtrand von München, wird von MX1, einem globalen Mediendienstleister, betrieben. Er ist im Besitz des Satellitenbetreibers SES. Bei uns besser als Astra bekannt.
Von hier erfolgt nicht nur der Uplink für zahlreiche Programme. Hier befindet sich auch ein Playoutcenter, über das der Sendebetrieb von mehreren Kanälen bewerkstelligt wird.
Die SES
Als 1988 der erste Astra-Satellit startete, ahnte niemand, dass aus dem luxemburgischen Unternehmen ein Global Player werde. Heute beschäftigt SES samt seiner Tochtern, zu denen auch MX1 zählt, über 2 000 Mitarbeiter. Aktuell betreibt man weltweit 57 geostationäre und 16 MEO-Satelliten. Über sie werden mehr als 99 Prozent der Weltbevölkerung erreicht. Alleine die Astra-Position auf 19,2 Grad Ost wird von 117,65 Millionen Haushalten empfangen.Die Deutschland-Zentrale von SES Astra befindet sich in Unterföhring. Von hier schickt die SES über ihre Tochterfirma MX1 viele deutsche TV-Programme zu den Astra-Satelliten auf 19,2 Grad Ost. Der Satellitenpark Unterföhring enthält zehn Parabolantennen. Sie sind in zwei Reihen zu je fünf Stück nebeneinander angeordnet. Acht Antennen haben einen Durchmesser von je 9 m und sind drehbar. Über sie erfolgt der Uplink im Ku-Band. Wobei hier jedoch nicht der Frequenzbereich gemeint ist, der von unseren LNBs empfangen wird, sondern jener, der unmittelbar daran anschließt. Wobei hier der Bereich oberhalb von 12,75GHz gemeint ist und bis über 18GHz hinaus geht. Sieben der acht großen Schüsseln werden zum Uplink genutzt. Die meisten Parabolantennen sind auf die Position 19,2 Grad Ost ausgerichtet, zu der sie Pakete mit meist deutschsprachigen Programmen hochschicken. Daneben wird mit einer Antenne auch 28,2 Grad Ost angepeilt. Wobei hier Businessanwendungen, also nicht Fernsehen für Jedermann, zur britischen Astra-Position gesendet werden. Eine 9-m-Schüssel dient als Reserve, auf die im Bedarfsfall alle Sendegeräte umgeschaltet werden können. Über jede der großen Antennen können sechs bis acht Transponder übertragen werden.
Sendeequipment
Genau genommen befinden sich die Antennen nicht auf einer grünen Wiese, sondern auf dem begrünten Dach des Sendegebäudes. So wird sichergestellt, dass die, den einzelnen Schüsseln zugeordnete Sendetechnik direkt unter diesen platziert ist. Dies ist vonnöten, um die Signalverluste auf dem Weg von den Senderschränken, in denen sich neben den eigentlichen Sendern auch Signalverstärker befinden, so gering als möglich zu halten. Schließlich wird das Sendesignal über Hohlleiter-Leitungen, sie sind vereinfacht ausgedrückt, rechtwinkelige, in ihren Abmessungen auf die Sendefrequenzen abgestimmte Rohre. Trotz der kurzen Leitungswege beträgt der Verlust alleine auf den wenigen Metern zwischen Sendeschrank und Antenne etwa 50 Prozent. Womit nur die Hälfte der Sendenergie von der Uplinkantenne abgestrahlt wird. Die Sendeleistungen bewegen sich je nach Uplinkfrequenz zwischen etwa 150 und 200 Watt. Wird über die Reserveantenne gearbeitet, muss wegen der längeren Leitungswege mit doppelter Sendeleistung gefahren werden, um die deutlich höheren Verluste auszugleichen.
Zweiter Uplink
Die Sendeleistungen sind übrigens keine fest eingestellten Werte, sondern werden je nach Wettersituation nachgeregelt. Regen und dicke Wolken wirken dämpfend. Deshalb wird die Leistung während solcher Bedingungen hochgeregelt. Bei zu schlechtem Wetter, wie etwa einem Gewitter über Unterföhring, wird auf eine Ausweich-Uplinkstation bei Nürnberg umgeschaltet. Dieser Wechsel dauert etwa zwei Sekunden und wird während des Sommers rund zwei- bis dreimal pro Woche vorgenommen. Umgeschaltet werden allerdings nur jene Transponder, die eine besonders hohe Ausfallsicherheit beim Satellitenbetreiber gebucht haben.
Was oben ankommt
Obwohl das Satellitensignal von den Reflektoren stark gebündelt wird, erreicht die Sendekeule in 36000km Höhe, also dort, wo die geostationären Satelliten positioniert sind, eine Breite von 50km. Was aber auch heißt, dass ein Großteil der Sendeenergie seitlich am Satelliten vorbei geht und ihn davon nur ein Bruchteil erreicht. Die Sendekeule ist jedenfalls breit genug, um tägliche ellipsenförmige Bewegung der Satelliten abzufangen und zu ihnen währenddessen niemals den Kontakt abreißt. Abgesehen davon werden die Sendeantennen viertelstündlich nachjustiert. Dazu empfangen sie Signale der angepeilten Satelliten und reagieren unmittelbar auf Signalstärkeschwankungen. So wird gewährleistet, dass jeder Satellit stets möglichst starke Uplinksignale erreicht und so auch deren Sendeleistung
auf einheitlichem Niveau bleibt. Bei der Nachregelung der Sendeantennen wird auch auf die tägliche Drift der Satelliten in Richtung Osten Rücksicht genommen.
Das Raumsegment
Alle Satelliten, also nicht nur die Astras, verharren nicht still auf ihrer geostationären Position, sondern beschreiben dort kleine elliptische Bahnen. Die Ursache liegt im Einfluss des Mondes, der sich auf der Erde unter anderem für die Gezeiten verantwortlich zeichnet. Da inzwischen sehr viele Satelliten in 36 000 km Höhe geparkt wurden, dürfen sie sich nicht frei im Orbit bewegen, wie sie es wollen. Dies ist einerseits vonnöten, um einen sicheren Betrieb aller Satelliten zu gewährleisten. Außerdem würden zu starke Pendel bewegungen zu empfindlichen Empfangs beeinträchtigungen mit unseren fest ausgerichteten Schüsseln nach sich ziehen. Um dies zu gewährleisten, ist jeder Satelliten position ein Raum würfel zugedacht, dessen Grenzen er nicht überschreiten darf. In dem von unseren Breiten einsehbaren Himmelssegment haben diese Raumwürfel eine Kantenlänge von 70km. Alle SES-Satelliten halten sich jedenfalls penibel an diese Vorgaben. Sie sind mitverantwortlich für die hohe Betriebssicherheit und Zuverlässigkeit dieses Satelliten systems. Am Rande erwähnt: Über dem amerikanischen Himmel sind die den Satellitenpositionen zugeordneten Raumwürfel nur 30 Meilen, also 48km groß. Was der noch größeren Dichte an Satelliten in dieser Region geschuldet ist. Die Lebensdauer eines jeden Satelliten ist von dessen Treibstoffvorrat bestimmt, der primär für die laufenden Positionskorrekturen benötigt wird. Er neigt sich nach etwa 15 Jahren dem Ende zu. Ein MX1-Techniker verriet uns, dass eine deutlich längere Satellitenlebensdauer auch wenig Sinn mache. Schließlich leiden nach 15 Jahren oft auch schon andere Komponenten an Altersschwäche und den technischen Fortschritt dürfe man auch nicht vergessen. So bieten neue Satellitengenerationen ungleich mehr Möglichkeiten, als jene vergangener Zeiten.
Zwei kleine Antennen
Neben den acht großen 9-m-Antennen beherbergt der MX1-Satellitenpark in Unterföhring auch zwei „kleine“3,5-m-Schüsseln. Sie sind fest auf 4,9 Grad Ost ausgerichtet und werden für den Uplink von Programmpaketen mit dem Zielgebiet Afrika südlich der Sahara eingesetzt. Der Uplink erfolgt im Ka-Band, also auf noch deutlich höheren Frequenzen. Sie erlauben auch eine Reduktion der Antennendurchmesser. Damit sind diese 3,5-m-Ka-Band-Antennen etwa gleich leistungsfähig, wie ihre 9-m-Kollegen für Ku-Band-Uplinks. Um die beiden Schüsseln dennoch auf die aktuellen Satellitenposition auszurichten, sind sie mit einem beweglichen Subreflektor ausgestattet, der quasi einen Drehbereich von plus/ minus 1,5 Grad zulässt. Wegen der noch höheren Verluste in Ka-Band-Hohlleitern, wurden die Verstärker direkt auf die Rückseiten der Antennen montiert.
Signalaufbereitung
Die Sende- und Empfangsqualität der für Europa vorgesehenen Ausstrahlungen können direkt vor Ort kontrolliert werden. Dazu ist in einem separaten Gebäude ein großes Kontrollzentrum untergebracht, in dem mehrere Techniker rund um die Uhr ihren Dienst versehen und die gesamte Übertragungskette überwachen. Im Kont-
rollraum sind auf einer leicht gebogenen Wand an die 56, meist große Monitore, montiert. Auf ihnen sind durchweg TV-Programme inklusive Tonaussteuerungsbalken zu sehen. Um alle Kanäle unterzubringen, zeigen viele Bildschirme bis zu 25 Programme. Auf anderen Screens sind hingegen einzelne Sender in voller Größe aufgeschaltet. Die Arbeitsplätze befinden sich auf einem großen, ebenfalls leicht gebogenen Pult, auf dem rund 40 PC-Monitore nebeneinander Platz finden. Unter ihnen sind meist Steuerpulte mit beleuchteten Knöpfen eingebaut. Einige Plätze sind auch mit kleinen Lautsprecherboxen versehen. Selbstverständlich liegt vor jedem Monitor auch eine Tastatur. Über die PC-Monitore werden vor allem technische Parameter abseits des TV-Bilds überwacht. Darunter fallen Signalzuführungen und Qualität der einzelnen Programmstreams und deren Verarbeitung. Diese findet in den Stockwerken darunter statt. In unzähligen Schrankreihen werden nicht nur die einzelnen Multiplexe zusammengestellt. Schon zuvor werden die einzelnen Kanäle dafür vorbereitet.
Dies geht von der Signalart HD oder SD, über die zu übertragenden Audiospuren bis hin zur korrekten Einblendung der Stationslogos und so weiter. In mehreren Schränken sind auch Sat-Receiver aller Art verbaut. Sie werden hier auf ihre Tauglichkeit für alle nur erdenklichen Empfangssituationen getestet.
Überwachung, die zweite
Kommen wir noch einmal auf die beiden, auf 4,9 Grad Ost ausgerichteten 3,5-m-Sendeantennen zurück. Die von hier upgelinkten Transponder des Subsahara-Beams können in Unterföhring nicht empfangen und somit auch nicht überwacht werden. Diese Aufgabe übernimmt eine Kontrollstation im westafrikanischen Ghana, zu der laufend Verbindung gehalten wird.