Legal, halblegal, illegal
Streamingboxen, auch als IPTV- oder IP-Boxen bekannt, sind über bekannte Einkaufsportale ab etwa 45 bis 100 Euro zu bekommen. Sie schaffen den Zugang zu linearen TV-Programmen und Videoportalen. Auch zu solchen, die nicht frei verfügbar sind.
Wir haben uns eine solche Box in der Praxis angesehen und mussten feststellen, dass sie weniger halten, als sie versprechen.
Unsere Box
Unsere Streamingbox hört auf den Namen EstgoST 4K E9 und ist etwa 11,3 × 11,3 × 2,4 cm groß. Ein kleines vierstelliges Display zeigt die Uhrzeit an. An der rechten Seite finden ein SD-Cardreader, eine USB-3.0- und zwei USB-2.0-Schnittstellen. Rückwärts ist eine weitere USB-2.0-Buchse, ein analoger AV-Ausgang, eine optische Digitalaudio-Buchse, sowie eine HDMI-Buchse und der Netzteilanschluss eingebaut. Auch eine Netzwerkbuchse ist vorhanden. Zusätzlich verfügt das Gerät über WLAN. Ihm liegt eine Fernsteuerung bei, die an jene unserer TVs und Receiver erinnert. gegen Aufpreis sind auch größere Fernsteuerungen mit Tastatur und Touchpad erhältlich. Sie sollen die Bedienung der Box erleichtern. Eine Gebrauchsanleitung liegt dem kleinen Kästchen nicht bei. Das CE-Symbol, das die Einhaltung relevanter EU-Normen signalisiert, fehlt der Box ebenso. Im Inneren der EstgoSZ arbeitet ein RK3328 Quad Core 64 Bit Prozessor. Weiter sind ein 4-GB-ROM- und 64-GB-RAM-Speicher verbaut. Als Betriebssystem kommt Android 7,1 zum Einsatz. Die Verwandtschaft zwischen Smartphones und Android-Streamingboxen ist größer, als man denkt. Beide kommen mit vergleichbarer Bildschirmoberfläche und einer Reihe vorinstallierter Apps. Nach der Einbindung der Box in das Heimnetzwerk ist sie auch schon betriebsbereit. Über den Kartenschlitz und die USB-Schnittstellen können eigene Audiodateien, Fotos und Videos angesehen werden. Weiter erkennt die Box auch die Festplatten unserer Linux-Sat-Receiver. Auf sie zugreifen können wir dennoch nicht, weil die Eingabe von Username und Passwort nicht so funktioniert, wie es sollte.
Legale Apps
Bei unseren Boxen wurden bereits im Hauptmenü große Kacheln mit Direktzugängen zu Youtube, Google Play (Anmel- dung erforderlich) und Netflix geschaffen. Um den Video-Streamingdienst nutzen zu können, wird ein offizielles Abo benötigt. Also alles legal. Unter der Kachel Apps finden sich weitere legale Anwendungen, die ebenfalls eine Registrierung benötigen. Zu ihnen zählen der Chrome-Browser, das Portal eines großen Onlinehändlers und FilmOn.TV, über das man unter anderem viele britische TV-Programme sehen kann, die wegen ihrer Ausstrahlung über den UK-Spotbeam auf 28,2 Grad Ost in weiten Teilen Deutschlands und Österreichs nicht über Satellit empfangbar sind.
Weitere für uns interessante Apps, wie die Videoportale des US-Sportsenders ESPN, dem Pay-TV-Kanal Showview und CNN lassen sich hierzulande nicht nutzen. Entweder wegen eines fehlenden Abos oder wegen Geoblocking.
Der erste Eindruck
Zugegeben, der erste Eindruck, den unsere Streamingbox hinterlassen hatte, war ziemlich ernüchternd. Vor 15 Jahren hätten wir gesagt, Super, Toll! Damals war alleine der Umstand, ohne PC ins Internet zu kommen, bewunderungswürdig. Heute beherrschen unsere Smart-TVs diese Disziplin besser. Sie bieten nicht nur mehrere funktionierende Dienste, sondern sind auch ungleich bequemer zu handhaben. Womit kaum praktischer Gegenwert in den Streamingboxen zu sehen ist.
Immer noch legal?
Der Mehrwert dieser kleinen, meist um die 10 × 10 cm kleinen Boxen erschließt sich erst, wenn mit ihnen etwas geht, was uns der Fernseher nicht bieten kann. Die vorinstallierte App Mobdro enthält unter anderem eine Sammlung von über 330 TV-Stationen aus aller Welt, wobei der Schwerpunkt auf Europa liegt. Meist handelt es sich dabei um frei empfangbare Programme. Es sind aber auch solche dabei, die über Satellit aus urheberrechtlichen Gründen verschlüsselt sind. Zu ihnen zählt ORF1, sowie SRF1 und 2. Scrollt man durch die Senderliste, findet man aber auch immer wieder typische Pay-TV-Kanäle. Meist sind es ausländische, wie etwa von der britischen Sky-Plattform, aber auch internationale Dokumentationskanäle. Selbst unter die 23 deutschen Programme haben sich fünf Pay-TV-Kanäle, davon eines ohne Ton, eingeschlichen. Spätestens beim Einschalten eines dieser Programme verlassen wir den Pfad der Legalität. Ob sie zudem der große Reiz sind, ist bei der meist nur durchschnittlichen SD-Bildqualität der verbotenen Sender ohnehin zweifelhaft. Im Mobdro-Movieportal sind Kacheln für zahlreiche Filmsparten enthalten. Über sie steigt man in quasi laufende Sparten-
programme ein. Ob es sich bei ihnen um gehackte Pay-TV-Kanäle oder nur um von einem Server der Reihe nach abgespielten Videos handelt, ist uns nicht bekannt. Ebenso wenig, ob es sich hier noch um eine legale Anwendung handelt. Die Bildqualität entspricht jedenfalls üblichem SD. Das Audio klingt allerdings schauderhaft. Etwa so, als käme es ungefähr mit 24 kBit/s.
Illegal
Auf dem Weg zu noch mehr Programmvielfalt installieren wir auf der Streamingbox mit dem Pulse-Player eine weitere App. Sie ist quasi eine Oberfläche, für die mehrere Streaminglisten angeboten werden, die in den Pulse-Player zu laden sind. Zunächst werden zwei, nennen wir sie offizielle Listen, Bundles genannt, angeboten, die durchweg nur für Jedermann frei zugängliche Inhalte bieten. Darunter fallen etwa die deutschen öffentlich-rechtlichen und privaten Programme. Letztere in SD. Weiter finden sich darin Zugänge zu Mediatheken, wie jene von ARD und ZDF und ausgewählte, nach Sparten sortierte Sendungen in- und ausländischer Mediatheken. All das ist noch nicht illegal. Abgesehen von einzelnen grauen Schafen, wie dem ORF, in der Live-TV-Liste. Pay-TVSender findet man hier jedenfalls nicht. Neben den offiziellen Bundels gibt es weitere, die von Drittanbietern zusammengestellt wurden. Sie enthalten nicht nur, was wir sehen dürfen, sondern auch sehr viel von dem, was Gott und die Welt verboten haben. Natürlich findet sich in diesen Listings neben ausländischen, auch der große deutsche Pay-TV- und der amerikanische Streaminganbieter mit rotem Schriftzug. All das läuft in guter HD-Bildqualität, die den offiziellen, nur gegen Bezahlung zugänglichen Signalen nicht oder kaum nachstehen. Genau genommen greift man über den Pulse-Player nicht direkt auf die genannten Plattformen zu, sondern auf so genannte Sicherungskopien, die von unbekannten Nutzern zur Verfügung gestellt werden. Dementsprechend steigt man auch nicht in die originalen Benutzeroberflächen dieser Anbieter ein, sondern in eine Art Liste, aus der der Wunschfilm alleine nach Titel auszuwählen ist. Zusatzinfos über den Inhalt gibt es nicht. Nachdem ein Film angeklickt wurde, heißt es erst einmal warten, bis eine Liste mit verfügbaren Streams eingeblendet wird. Aus ihr ist jener Stream auszuwählen, über den man den Movie ansehen möchte. Unserer Erfahrung nach braucht es jedenfalls mehrere Versuche und Minuten, ehe man einen Stream gefunden hat, der auch hoffentlich bis zum Ende funktioniert.
Unzuverlässig und Dubios
So sehr solche illegalen Gratiszugänge zu Pay-TV-Inhalten auch reizen mögen, man darf nie davon ausgehen, dass diese für lange Zeit bestehen bleiben. Schon morgen oder auch schon in 5 Minuten, kann der ganze Zauber vorbei sein. Das durften auch wir live erleben. Zu Beginn unserer Tests hatten wir eines der Drittanbieter-Bundels auf unsere Box gespielt, das auch anstandslos funktionierte. Am nächsten Morgen war bereits Schluss mit