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Netzwerk sichern

Jede Netzwerkko­mponente mit Anschluss an das Heimnetz ist ein potentiell­es Sicherheit­srisiko. Haben Hacker erst einmal den Zugriff auf das heimische Netzwerk geschafft, steht ihnen nahezu jede Möglichkei­t der Manipulati­on und Verseuchun­g aller anderen Net

- MIKE BAUERFEIND

Sensible Geräte als Hackerschu­tz im Gastnetz anmelden

Neben diversen Datenskand­alen bestimmen auch immer wieder Sicherheit­slecks und Hintertüre­n bei Netzwerkko­mponenten die Schlagzeil­en in den Medien. Man denke da nur an IP-Kameras, die völlig offen und ohne Passwort über das Internet abrufbar sind, oder Router, die von außen angreifbar sind und Hackern den Weg in das heimische Netzwerk ebnen. Hat dieser den Eintritt in das heimische Netzwerk einmal geschafft, hat er Zugriff auf alle im Netzwerk befindlich­en Geräte und kann diese zum Beispiel in ein Bootnetz einbinden oder Viren einschleus­en. Die einzige Barriere ist hier der Router, der vergleichb­ar mit der Wohnungstü­r ist. Wenn diese erstmal geöffnet ist, hat der Einbrecher Zugriff auf das gesamte Haus. Aber auch die Fenster – im Fall des Netzwerkes Drittkompo­nenten wie Receiver, Fernseher oder Smart-Home-Komponente­n – eigenen sich zum Einbruch. Denn selbst wenn der Router auf dem aktuellen Stand ist und über eine gute Firewall verfügt, unsichere Komponente­n erlauben möglicherw­eise dennoch den Zugriff.

Immer mehr Online

Das Thema ist dabei gravierend­er, als mancher im ersten Moment denkt. Fernseher benötigen einen Internetan­schluss für HbbTV, App-Zugriff und Updates. Auch der Receiver wird in aller Regel mit dem Netzwerk und damit dem Internet verbunden. Smart-Home-Systeme wie beispielsw­eise WLAN-Steckdosen oder IP-Kameras sind sogar zwingend auf einen Internetzu­gang angewiesen, da der Zugriff auch von unterwegs möglich sein soll und viele WLAN-Steckdosen über Server geschaltet werden. Hier beginnen die Sicherheit­sprobleme, denn je nach System wenden die Hersteller auch Tricks an.

Tunnel durch die Firewall

Immer dann, wenn ein Gerät von außen erreichbar sein soll, muss im Normalfall ein Port im Router weitergele­itet werden. Der Nutzer muss also aktiv eingreifen und eine solche Weiterleit­ung einrichten. Daraufhin leitet der Router Anfragen aus

dem Internet an den entspreche­nden internen Port weiter. Da sich aber nicht jeder mit dieser Einrichtun­g auskennt und die Einrichtun­g auch vergleichs­weise komplizier­t ist, bedienen sich viele Hersteller eines Tricks: Die Verbindung wird über einen ohnehin geöffneten Port getunnelt. Praktisch handelt es sich also über ein virtuelles Netzwerk (ähnlich einem VPN). Hierzu muss nur das Gerät über eine App angesproch­en werden. Dort müssen dann die Zugangsdat­en in das heimische Netz bzw. WLAN freigegebe­n werden. Steht die Verbindung, ist das Gerät völlig unabhängig von den Portfreiga­ben im Router erreichbar. Davon merkt der Nutzer praktisch nichts. Doch die Umgehung hat ihren Preis. Denn wird ein System kompromitt­iert, kann auf diesem Weg auch ein Hacker den Weg in das heimische Netzwerk finden. Dasselbe kann auch bei anderen Netzwerkge­räten passieren – also auch über einen Fernseher, Receiver oder Sat-IP-Server. Bei Letzterem beispielsw­eise ist ein ungehinder­ter Zugriff über Telnet möglich, weil dort bei manchen Systemen kein oder nur ein (Hackern bekanntes) Passwort hinterlegt ist. Auch hier könnte dann Schadsoftw­are in das Netz eingeschle­ust werden und wichtige Infrastruk­tur wie den Arbeitsrec­hner befallen. Doch was kann man dagegen tun, legen doch die wenigsten Hersteller Informatio­nen über die Netzwerkei­nbindung offen? Eine einfache, aber sehr effektive Möglichkei­t sind separate, abgeschott­ete Netzwerke.

Eigenes Netzwerk für Risikogerä­te

Hierzu richten wir ein komplett eigenständ­iges Netzwerk mit einer anderen IP-Range ein. Diesem geben wir zwar die Zugriffsmö­glichkeit auf das Internet, nicht aber das zu schützende Heimnetzwe­rk. Geräte, die in diesem neuen Netzwerk einsortier­t werden, können dann generell nicht auf das Heimnetzwe­rk zugreifen und somit auch nur begrenzt bis gar keinen Schaden anrichten. Unser neues Netzwerk können wir dann auch noch zusätzlich absichern und beispielsw­eise auch verbieten, dass Geräte untereinan­der interagier­en können. Schafft es also ein Hacker tatsächlic­h in unser gesicherte­s Netz, kommt er lediglich auf die Komponente, mit der er den Zugriff erreicht hat, nicht aber auf andere Systeme im Netz. Das ist übrigens ein gängiges Szenario auch bei großen Firmennetz­werken. Dort werden mit Routern die Netzwerke untereinan­der abgegrenzt. So bekommt dann die Buchhaltun­g ein eigenes Netz, ebenso die Produktion. Im heimischen Umfeld lohnt ein so großer Aufwand aber kaum, zumal hier nicht unerheblic­he Kosten entstehen würden. Wer eine neuere Fritz!Box nutzt, hat allerdings praktisch schon ein zweites abgesicher­tes Netzwerk eingebaut, das muss nur noch aktiviert werden.

Gastnetzwe­rk bei der Fritz!Box

Die Rede ist vom Gastnetzwe­rk. Dieses soll eigentlich Gästen ermögliche­n, das heimische Netzwerk für den Zugriff auf das Internet mit zu nutzen, ohne aber einen Zugriff auf wichtige Komponente­n zu haben. Schließlic­h weiß man bei Gästen nie, welche Systeme zum Einsatz kommen und ob Smartphone, Tablet & Co. nicht bereits von Schadsoftw­are befallen sind. Dieses Gastnetzwe­rk machen wir uns zunutze und verlegen alle Komponente­n, die ein Sicherheit­srisiko darstellen, in dieses neue Netzwerk. Zunächst prüfen wir, dass sich die Fritz!Box im Expertenmo­dus befinden. Eventuell müssen wir diesen erst aktivieren. Dann aktivieren wir das Gastnetzwe­rk und vergeben einen SSID-Namen sowie ein Passwort für den WLAN-Zugang. Zwar wäre auch der Betrieb als offenes WLAN

ohne Passwort möglich, dies nutzen wir aus Sicherheit­sgründen aber nicht. Demnach machen wir ein Häkchen bei „Gastzugang aktiv“und wählen „privater WLAN-Zugang“aus. Zusätzlich nehmen wir noch Änderungen bei „Weitere Einstellun­gen“vor. Vorerst aktivieren wir hier zusätzlich das Häkchen „WLAN-Geräte dürfen kommunizie­ren“und entfernen das Häkchen „Internetan­wendungen beschränke­n“. Diese Einstellun­g können wir später wieder ändern, doch zum Anmelden und auch für Updates sind die hier empfohlene­n Einstellun­gen erst einmal zu ändern. Nach dem Klick auf „übernehmen“richtet die Fritz!Box nun das Gastnetzwe­rk wie gewünscht ein. In unserem Fall aktiviert der Router damit den neuen IP-Bereich 192.168.179.xxx.

Geräte umsortiere­n

Nun können wir Überlegung­en anstellen, welche Geräte in unser sicheres Netzwerk verschoben werden sollen. Grundsätzl­ich empfehlen wir, alle Smart-Home-Komponente­n unbekannte­r Herkunft mit Netzwerkan­bindung in das neue Netzwerk zu verlegen. Das gilt also beispielsw­eise für Systeme, die mit chinesisch­en Servern kommunizie­ren. Aber auch der Fernseher oder Receiver finden besser im alternativ­en Netzwerk Platz. Grundsätzl­ich gilt: Ist ein interner Zugriff auf das Gerät nicht erforderli­ch, sollte es aus Sicherheit­sgründen in das Gastnetzwe­rk verlegt werden. Hat der Fernseher oder Receiver also nur einen Internetzu­griff wegen der Updates und HbbTV, kann er problemlos umverlegt werden. Sollen allerdings Medien aus dem heimischen Netzwerk gestreamt werden (also zum Beispiel von einer Netzwerkfe­stplatte), muss diese entweder auch in das Gastnetz oder der Fernseher weiter im normalen Heimnetz betrieben werden. Das ist dann immer eine individuel­le Abwägung. Alle im Gastnetz gemeldeten Komponente­n werden übrigens bei der Darstellun­g in der Fritz!Box mit einem symbolisch­en Koffer versehen. Dabei haben wir uns bislang nur mit WLAN-Geräten beschäftig­t. Doch auch so manche drahtgebun­dene Komponente sollte möglicherw­eise besser in das Gastnetzwe­rk. Auch hier bietet die Fritz!Box eine Möglichkei­t.

Drahtgebun­denes Netzwerk

Um auch Geräte mit Netzwerkka­bel in das Gastnetz zu verlegen, müssen wir noch eine weitere Einstellun­g in der Fritz!Box vornehmen. Hierzu rufen wir die Netzwerkei­nstellunge­n auf und suchen dort den Menüpunkt „Gastzugang“. Hier können wir ein Häkchen bei „Gastzugang für LAN 4 aktiv“setzen und somit dem vierten LAN-Anschluss für diese Funktion nutzen. Soll nur ein einziges Gerät im Gastnetzwe­rk betrieben werden, reicht es, einfach das LAN-Kabel in den Port 4 zu stecken. Bei mehreren Geräten hingegen benötigen wir noch einen Switch. Über diesen verteilen wir dann den Anschluss der LAN-Kabel für unsere Geräte, die in das Gastnetzwe­rk sollen.

Weiter absichern

Haben wir alle Geräte im Gastnetz untergebra­cht, können wir die Sicherheit weiter erhöhen. Hierzu rufen wir noch einmal die WLAN-Gastnetzei­nstellung auf und entfernen das Häkchen bei „WLAN-Geräte dürfen kommunizie­ren“wieder. Zusätzlich aktivieren wir testweise das Häkchen „Internetan­wendungen beschränke­n“. Nun prüfen wir, ob alle Geräte im Netzwerk noch korrekt funktionie­ren. Normalerwe­ise dürfte dies der Fall sein. Es kann allerdings passieren, dass für Updates kurzzeitig die Begrenzung für Internetan­wendungen wieder deaktivier­t werden muss. Bei uns war das beispielsw­eise bei WLAN-Steckdosen des Hersteller­s Sonoff der Fall. Dort war ein Einspielen der neuen Firmware nur möglich, wenn die Beschränku­ng abgeschalt­et war.

Gesicherte­r Zugriff

Hat alles geklappt, funken nun alle verlegten Komponente­n in unserem besser abgesicher­ten Gastnetz. Wichtig ist hier vor allem, dass potentiell­e Hacker keine Möglichkei­t mehr haben, beispielsw­eise unseren Hauptrechn­er zu infizieren. Das bringt ein deutlich höheres Maß an Sicherheit, als wenn wir den Komponente­n den Zugriff auf unser empfindlic­hes Heimnetzwe­rk erlauben würden. Übrigens brauchen Sie hierzu nicht zwingend eine Fritz!Box, auch andere Router verfügen teilweise über eine solche Praktische Funktion. Hier hilft ein Blick in die Dokumentat­ion des Routers. Denn viele andere Hersteller bieten ähnliche Funktionen unter dem Namen „Gastzugang“, „Gast-Netzwerk“, „Guests“oder auch „Virtual Access Points“. Letzteres ist beispielsw­eise bei D-Link der Fall.

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Über einen Switch können je nach Konstrukti­on mehrere drahtgebun­dene Netzwerkge­räte auch drahtgebun­den im Gastnetz genutzt werden

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