Blindscan-Vergleich
Österreich gilt bis jetzt, mit Ausnahme von Wien, wo sich bereits ein lokaler DAB-Plus-Multiplex im Regelbetrieb befindet, als Digitalradio-freie Zone. Wie bereits berichtet, wurde im Sommer 2018 aber die Lizenz für das bundesweite DAB Plus vergeben.
Das leisten aktuelle Digitalreceiver beim Blindscan in der Praxis
Nun steht der Sendestart fest. Am 28. Mai 2019, also schon sehr bald, soll es losgehen. Und das sogar in größerem Umfang als ursprünglich vorgesehen.
Sendernetzausbau
Nach den ersten, 2018 bekannt gewordenen Plänen, hätte das bundesweite österreichische Digitalradio im Mai diesen Jahres nur im Großraum Wien starten sollen. Zur allgemeinen positiven Überraschung wurde aber die für Herbst vorgesehene zweite Einschaltphase vorgezogen, sodass zum Start am 28. Mai nicht nur drei Standorte in Wien, sondern auch je einer in Linz und Graz sowie dem Sonnwendstein an der niederösterreichisch-steirischen Landesgrenze eingeschaltet werden. Damit werden von Beginn an die drei größten österreichischen Ballungsräume mit DAB Plus versorgt. Portabel Indoor werden so 44,23 Prozent der Bevölkerung erreicht. Mobil liegt der Versorgungsgrad bei 59,12 Prozent. Den von Beginn an größeren Versorgungsgrad haben wir dem Wunsch der im Multiplex verbreiteten Radioveranstalter zu verdanken. Vor allem die in den Bundesländern gelegenen Standorte sorgen von Beginn an für eine respektable Reichweite. Unter Einbeziehung der Empfangbarkeit der bayerischen Digitalradio-Multiplexe kann ab Mai ein durchgehender Digitalradio-Empfang auf der gesamten Westautobahn möglich sein. Ein gutes DAB-Plus-Autoradio und vor allem eine gute Antenne vorausgesetzt.
Recht gut sollte auch der Mobilempfang auf der Südautobahn von Wien nach Graz und weiter bis auf den Packsattel, der Landesgrenze zu Kärnten, sein. Damit hat man in diesem Bereich erstmals eine inländische Alternative zu den Digitalradiopaketen aus Pressburg (Slowakei) und Slowenien. Die größere Reichweite des österreichischen Digitalradios wird jedenfalls entscheidend dazu beitragen, es der Bevölkerung schmackhaft zu machen.
Weiterer Ausbau
Die zweite Ausbauphase mit der Inbetriebnahme weiterer Sendeanlagen für die Regionen St. Pölten, Salzburg, Innsbruck und Bregenz lässt zehn Monate auf sich warten. Was recht lange erscheint. Die lange Wartezeit ist jedoch nicht dem verzögerten Aufbau des Sendernetzbetreibers geschuldet, sondern vielmehr dem Umstand, dass für die Verbreitung und Vermarktung von über DAB Plus sendenden Stationen erst noch die dafür erforderlichen Infrastrukturen geschaffen werden müssen. Schließlich müssen sich die Sender über den Verkauf von Werbezeiten finanzieren. Das erfordert eine gewisse Anlaufzeit und schafft somit erst die Grundlage, um eine großflächige Verbreitung der großteils DAB-Plus-Only-Programme finanzieren zu können. Während der ersten Ausbauphase haben diese pro Kapazitätsenheit (CU) 877,85 Euro pro Jahr zu bezahlen. Ab Ausbauphase zwei werden pro CU 1521,12 Euro fällig und nach erfolgtem Vollausbau im Herbst 2020 wird sie mit 2000 Euro zu Buche schlagen. Die Preise verstehen sich ohne Umsatzsteuer und ohne die an die Verwertungsgesellschaften zu entrichtenden Abgaben. Die letzten vier Sendeanlagen in Bruck an der Mur, Steiermark, Rechnitz im Burgenland, sowie in Kärnten in Wolfsberg und am Dobratsch, sollen am 22.September 2020 ihren Betrieb aufnehmen. Im vorläufigen Endausbau sollen 62,58 Prozent der Bevölkerung portabel Indoor Zugang zu österreichischem DAB Plus haben. Die Mobilabdeckung soll bei 83,46 Prozent liegen.
Stichwort Jauerling
Der Senderstandort Jauerling bei Sankt Pölten liegt im Herzen Niederösterreichs. Er schließt bei der Rundfunkversorgung die Lücke zwischen Linz und Wien. Um eine durchgehend gute mobile Versorgung entlang der Westautobahn zu gewährleisten, wäre er eigentlich von Beginn an vonnöten. Andererseits werden mit ihm nur vergleichsweise wenig zusätzliche Haushalte erschlossen. Diese nachvollziehbaren wirtschaftlichen Überlegungen haben schließlich dazu geführt, dass dieser Standort erst ab 31. März 2020 in das nationale österreichische Digitalradiopaket übertragen wird.
Programme
Über das nationale DAB-Plus-Paket werden die Österreicher zunächst neun Programme in glasklarer Qualität zu hören bekommen. Neben einigen, auf UKW nur lokal empfangbaren Stationen, wie Klassik Radio, Radio Energy, Radio 88,6 und Radio Maria, sind vor allem neue Programme vertreten, für deren Verbreitung auf UKW schlicht keine Frequenzen mehr zur Verfügung stehen würden. Zu ihnen zählen die Rock Antenne, Technikum One, Radio Maxima, Arabella Plus und ERF Plus. Damit ist der Multiplex jedoch noch nicht voll belegt. Laut Informationen auf der Homepage des Sendernetzbetreibers
ORS, stehen noch 234 Standorte zur Verfügung, was etwa dem für vier Programme erforderlichen Kapazitätsvolumen entsprechen würde. Ob diese bis zum Sendestart ganz oder teilweise vergeben werden können, ist aktuell nicht bekannt.
Änderungen in Wien
Ein Teil der für den bundesweiten Multiplex vorgesehenen Digitalradioprogramme ist bereits im Wiener Citymultiplex enthalten und wird diesen wohl zum Start verlassen. Die im wiener Regionalmultiplex frei werdenden Kapazitäten werden von neuen Anbietern belegt werden. Wie uns mitgeteilt wurde, gibt es dafür bereits jetzt genügend Interessenten. Viele Österreicher fiebern bereits dem Start des heimischen nationalen Digitalradios entgegen. Ihre Geduld wurde schließlich auf eine harte Probe gestellt. Was sie aber nicht davon abgehalten hat, zumindest in grenznahen Regionen, die Programme der bayerischen Nachbarn und der Schweiz zu hören. Leider wird die Versorgungskarte des bundesweiten DAB-Plus-Multiplexen nach ihrem Endausbau mit 14 Standorten große weiße Flecken im Land hinterlassen. So bleibt etwa eine der wichtigsten Reiserouten in den Süden, die Tauernautobahn, außen vor. Auch mehrere wichtige Tourismuszentren, wie rund um Kitzbühel, Schladming und Zell am See, bleiben außen vor. Ein weiterer Ausbau des Sendernetzes um vier bis fünf Standorte wäre wünschenswert. Dass es bei einem Multiplex mit Privatprogrammen keinen Vollausbau geben kann, ist klar.
Politik gefordert
Bis Dato verbietet es die Gesetzeslage dem ORF, seine neun Regionalradios bundesweit auszustrahlen und weitere Angebote zu schaffen. Das mag in der UKWWelt seine Berechtigung gehabt haben. Im DAB-Plus-Zeitalter sind diese Einschränkungen längst überholt.