Digital Fernsehen

Kunden unzufriede­n: Vodafone und der Gigabit-Nepp

In den Medien wird das neue Gigabit-Internet der TV-Kabelanbie­ter großspurig beworben. Vor allen in dem Metropolen – darunter auch Leipzig – kann das Hochgeschw­indigkeits-Internet gebucht werden. Doch noch gibt es viele Schattense­iten, wie ein Nutzerberi­c

- KIM TRANK, RICARDO PETZOLD

Internet ist ein wichtiges Medium. Neben aktuellen Informatio­nen, E-Mails und der Kommunikat­ion über soziale Medien werden auch vermehrt Unterhaltu­ngsmedien über diesen Weg zugeführt. Während Audioabruf­inhalte noch mit geringer Bandbreite auskommen, ist es bei Video-on-Demand-Angeboten wichtiger denn je, eine ordentlich­e Bandbreite zur Verfügung zu haben. Wer ein UHD-Fernsehger­ät nutzt, möchte natürlich auch Inhalte in 4K sehen. 25 Mbit/s sollten schon zur Verfügung stehen, um dieses stabil nutzen zu können. Die Anbieter haben dies erkannt und bieten immer höher dimensioni­erte Anschlüsse an. Der Kunde hat dabei auch beim Anbieter oft die Qual der Wahl. Internet kann über die Zweidraht-Telefonlei­tung als DSL oder V-DSL, via TV-Kabel aber auch direkt via Glasfaser zugeführt werden. Speziell die Kabelnetzp­rovider wie Vodafone brüsten sich mit extrem hohen Bandbreite­n. Ein Erfahrungs­bericht zeigt, dass in der Praxis oft nicht immer das geliefert wird, was bestellt wurde.

Praxiserfa­hrung eines Nutzers

Beim Einzug in meine heutige Wohnung war im Jahr 2015 in der Straße lediglich gewöhnlich­es DSL mit 16 Mbit/s verfügbar, von denen im Schnitt 11 bis 12 Mbit/s im Haus ankamen. 2016 began-

nen sowohl die Telekom als auch Kabel Deutschlan­d mit dem Internetau­sbau. Sowohl V-DSL als auch Kabelinter­net wurden im Wohngebiet verfügbar. Aus Bequemlich­keit und vor allem, weil mein damaliger Internet-Anbieter Congstar ohne Kündigung und Vertragsne­uabschluss keinen Wechsel zu V-DSL vorsah, blieb es beim 16-Mbit-DSL-Anschluss – bis zum Dezember 2018. Vodafone Kabel offerierte den Start ins Internet-Gigabit-Zeitalter, schaltete in Leipzig den Internet-Turbo frei und schnürte für Early Adopter gleichzeit­ig ein attraktive­s Einsteiger-Paket: Dauerhaft die 1 Gigabit-Leitung zum Preis des 500 Mbit-Anschlusse­s – wer könnte da schon nein sagen? Es sollte der Beginn einer wunderbare­n Freundscha­ft werden.

Holpriger Start

Vodafone scheint beim Bestellvor­gang nicht immer zu wissen, ob das Haus be- reits modernisie­rte Kabeldosen mit drei Eingängen, welche eine eigenständ­ige Installati­on ermögliche­n, besitzt oder ob es die alten ohne Multimedia­eingang sind, die Mittels Adapter und Technikerb­esuch gefügig gemacht werden müssen. Die Hardware wird geliefert, die automatisi­erte Installati­on ist natürlich nicht möglich und nach zwei Telefonate­n mit der zugegeben sehr freundlich­en Technikhot­line hat man um 22 Uhr die Info, dass am nächsten Tag sich jemand zwecks Terminabsp­rache meldet. Der Rückruf kommt. Wenige Tage später erscheint der lang ersehnte Techniker und schaltet das schnelle Internet frei.

Hardware-Ernüchteru­ng

Vodafone bietet bis Dato als Router einzig den TG344D von Arris an. Dieser ist ein wahrlicher Heißsporn, genehmigt er sich im Normalbetr­ieb doch satte 24 Watt und ist im Ruhezustan­d mit 17 Watt auch nicht wirklich viel sparsamer. Wer als langjährig­er Nutzer einer AVM Fritzbox auf die Benutzerob­erfläche des Arris geht, ist im ersten Augenblick ein wenig verwirrt, was mit „Expertenmo­dus“gemeint ist, denn viel mehr als Name des WLANs und das Passwort lassen sich nicht einstellen und viel mehr Infos als die Dauer der Internetve­rbindung rückt die Benutzerob­erfläche nicht an Daten raus.

An der kurzen Leine

Wer Gigabit-Internet hat, wird zum ersten Mal mit einem Problem konfrontie­rt, mit dem er in der Praxis vermutlich vorher nie zu tun hatte: Das Internet ist zu schnell für die kabellose Übertragun­g. Der Arris-Router unterstütz­t den WLAN-Standard 802.11ac. In der Praxis beträgt die Nettodaten­übertragun­gsrate also etwa maximal 660 Mbit die Sekunde – aber auch nur bei freier Sicht und nicht durch mehrere Wände hindurch. Kurzum, wer nicht Computer, Spielkonso­le und Fernseher in einem Raum stehen hat und sich LAN-Kabel durch die gesamte Wohnung ziehen will, muss Prioritäte­n setzen, welches Gerät in den Genuss des Geschwindi­gkeitsraus­ches kommen soll.

Tempolimit

Ethernet-Kabel in den 5 Gigabit-Anschluss des Mainboards gestöpselt, Speedtest gestartet ... und ernüchtert. Vodafone garantiert beim Tarif „Red Internet & Phone 1000 Cable“laut dem Produktinf­ormationsb­latt mindestens 600 Mbit/s im Down- und 15 Mbit/s im Upstream. Der Speedtest spricht eine gänzlich andere Sprache. Um 20.30 Uhr auf einem Montag tröpfeln gerade mal noch knappe 53 Mbit/s durch die Leitung auf den Rechner – ein Zwanzigste­l von dem, was die Leitung hergeben könnte. Noch dramatisch­er wird es, wenn man beispielsw­eise seine Fotos in die Cloud sichern oder ein paar Dateien in die

Dropbox schieben möchte. 0,5 Mbit/s pro Sekunde quälen sich nun durchs Kabelnetz. Das ist die Hälfte der Leistung, die der Eingangs erwähnte DSL 16 000er Anschluss schaffte – und zwar zu jeder Tageszeit. Der Wochentag spielt bei der Netzaus-/überlastun­g dabei keine Rolle. An einem Freitag um 17.40 Uhr kommen zum Beispiel 400Mbit/s im Downstream und 4,1 im Upstream durch die Leitung, an einem Sonntagabe­nd um 18.45 Uhr sind es 48,9 MBit/s oder 0,4 MBit/s. Selbst wenn man die versproche­ne Geschwindi­gkeit außer Acht lässt und sich mit 50 Mbit/s Downstream in den Stoßzeiten zufrieden gibt – man hat schließlic­h immer noch mehr Speed als vorher –, wird man nicht glücklich: Die Netzüberla­stung verdirbt auch jegliche Freude an der VOIP-Telefonie. Der Gesprächsp­artner wird zwar klar und deutlich verstanden, man selber kommt auf der anderen Seite im besten Fall nur sehr leise, im schlechtes­ten Fall komplett abgehakt an.

Freie Fahrt

Allen Tagen ist gemein: Sobald man sich außerhalb der Stoßzeiten befindet und sich alle Nachbarn ins Reich der Träume verabschie­det haben, ist der Weg frei für ungebremst­en Internet-Spaß. So wandern beispielsw­eise um Mitternach­t von einem Montag auf Dienstag rund 925 Mbit/s durch die Leitung. Bleibt man noch länger wach, darf man sich auf knapp 960 Mbit/s im Downstream freuen. Wer mag, schaufelt sich dann mit rund 100 MB die Sekunde Daten auf die Festplatte. „Bereits“ab 23 Uhr steht beim Upload die volle Bandbreite zur Verfügung, hier gibt die Leitung wirklich alles her, was geht – manchmal sind es bis zu 51,5Mbit/s im Upstream.

Vodafone-Service

Bereits Mitte Dezember 2018 wurde der Vodafone-24-Stunden-Service über die Geschwindi­gkeitsprob­leme angesproch­en. Die Antwort war wenig ermutigend: Die Auslastung in diesem Segmet sei in den Abendstund­en sehr hoch – der Service vermutet, dass es ein Fehler im Marketing gibt und der Gigabit-Anschluss im entspreche­nden Wohngebiet gar nicht buchbar sein sollte. Das hilft jedoch nur bedingt weiter, denn selbst jeder kleinere Tarif bricht in den Abendstund­en auf nicht nutzbare Werte zusammen. Ende Januar 2019 hat der Kundenserv­ice zwar immer noch keine Lösung parat, verspricht jedoch, dass bis Juli 2019 in diesem Einzugsgeb­iet die Kapazitäte­n ausgebaut werden sollen.

 ??  ??
 ??  ?? Optisch schick, aber technisch noch nicht ganz ausgereift ist der Kabelroute­r von Vodafone
Optisch schick, aber technisch noch nicht ganz ausgereift ist der Kabelroute­r von Vodafone
 ??  ??
 ??  ?? Die Fritz!Box Cable 6591 wurde speziell für den Einsatz in schnellen Kabelnetze­n konzipiert
Die Fritz!Box Cable 6591 wurde speziell für den Einsatz in schnellen Kabelnetze­n konzipiert

Newspapers in German

Newspapers from Germany