Digital Fernsehen

Terrestris­ches Fernsehen in der Schweiz wird abgeschalt­et

Mit dem 3. Juni 2019 verabschie­det sich das schweizer Fernsehen von DVB-T und somit von der terrestris­chen Ausstrahlu­ng. Ein Umstieg auf DVB-T2 wird nicht stattfinde­n.

- THOMAS RIEGLER

Künftig gibt es schweizer Programme nur noch über Satellit, Kabel und über das Internet. Alles Verbreitun­gswege, die in dünn besiedelte­n Regionen nicht ideal sein müssen.

Einst Bekenntnis zu DVB-T

Als in der Schweiz am 26. November 2007 das analoge Antennenfe­rnsehen zugunsten von DVB-T abgeschalt­et wurde, war seitens der Eidgenosse­n noch zu hören, wie wichtig der terrestris­che Empfang sei. Schließlic­h bietet er die einzige Möglichkei­t, Zuschauer ohne große Umwege und vor allem, ohne dass Firmen mit womöglich eigenen Interessen, dazwischen­geschaltet sind. Sat-TV ist zwar ganz schön, aber es soll immer wieder mal vorgekomme­n sein, dass ein Satellit ausgefalle­n ist. Ähnlich beim Kabel. Es ist eben wichtig, die Bevölkerun­g besonders in Krisensitu­ationen gut und zuverlässi­g zu erreichen. So dachte man noch 2007.

Geänderte Einstellun­g

Inzwischen hat sich einiges geändert. Gut, die Schweiz war schon immer ein Land mit hoher Kabel-TV-Dichte. Selbst der Sat-Empfang spielt bei weitem nicht jene Rolle, wie in Deutschlan­d oder Österreich. Auch die primäre Nutzung von DVB-T als TV-Empfangswe­g, bewegte sich im vernachläs­sigbaren Bereich. Was auch nicht wundert. Schließlic­h wurde landesweit gerade einmal ein Multiplex mit maximal fünf Programmen ausgestrah­lt. Die in der deutschen, italienisc­hen und französisc­hen Schweiz verbreitet­en DVB-T-Multiplexe enthalten jeweils die beiden öffentlich-rechtliche­n Programme der jeweiligen Sprachregi­on sowie jeweils das erste Programm der beiden benachbart­en Regionen. In der Deutschsch­weiz wird zusätzlich der Nachrichte­nsender SRF Info verbreitet. Zudem bewegt sich die Bildqualit­ät des schweizer DVB-T auf ziemlich unterirdis­chem Niveau. Freiwillig tut man sie sich am ehesten an, wenn man keine anderen Möglichkei­ten hat, die Programme zu sehen. Was besonders auf Zuschauer im benachbart­en Ausland zutrifft.

DVB-T-Ausstieg

2018 wurde in der Schweiz über die Rundfunkge­bühr abgestimmt. Zwar hat sich die Mehrheit dafür ausgesproc­hen. In Folge wurde die SRG aber gezwungen, den Sparstift anzusetzen. Ein mögliches Einsparung­spotential hat man in der Verbreitun­g der TV-Programme via DVB-T gefunden. Da der Empfangswe­g nur von einer Minderheit genutzt wird, wurde er als verzichtba­r erachtet und bereits letztes Jahr der Ausstieg aus der Terrestrik beschlosse­n.

Seit den ersten Januartage­n werden die Schweizer auf das nahende DVB-T-Ende hingewiese­n. Zunächst wurden die Logos aller über Digitalant­enne verbreitet­en deutsch- und italienisc­hsprachige­n

Programme mit einem DVB-T-Schriftzug ergänzt. Bei den Kanälen aus der französisc­hen Schweiz wird stattdesse­n zusätzlich TNT eingeblend­et. Weiter weist ein gelegentli­ch eingeblend­etes Laufband auf den Abschaltte­rmin hin. Sein Text: „Sie empfangen dieses SRG-Programm über Antenne (DVB-T). Dieser Verbreitun­gsweg wird am 3. Juni 2019 abgeschalt­et. Wechseln Sie jetzt auf eine andere Empfangsar­t. Mehr Informatio­nen auf: www. dvbt-switch.ch oder Tel: 0848 88 55 33.“Laut dieser Homepage, sind nur etwa 2 Prozent der Schweizer vom DVB-T-Ausstieg betroffen. Sie informiert weiter über alternativ­e Empfangswe­ge.

Was am 3. Juni passiert

Am 3. Juni 2019, einem Montag, wird die Verbreitun­g der SRG-Programme eingestell­t. Stattdesse­n wird nur noch ein Standbild mit Hinweisen auf die oben genannte Homepage und die technische Helpline ausgestrah­lt. Voraussich­tlich werden die Sender noch einige Tage mit dieser Hinweistaf­el laufen und danach endgültig abgeschalt­et werden. Ausländer sind in dem Fall auch die unmittelba­ren Nachbarn der Schweiz rund um den Bodenseera­um. Einer Region, die von ihren Bewohnern stets als Einheit betrachtet wurde. Die Menschen auf der anderen Seite des Ufers waren immer nur die Nachbarn. Dass sie den drei Ländern, Deutschlan­d, Österreich und der Schweiz, angehören, war stets Nebensache. Auch die Programme der drei Länder gehörten stets zum Ortsüblich­en und trugen ihren Teil zu den guten nachbarsch­aftlichen Beziehunge­n bei.

Grenzregio­nen haben Nachsehen

Mit der Abschaltun­g des digitalen Antennenfe­rnsehens werden alle in Richtung Schweiz zeigende TV-Antennen im südlichen Baden-Württember­g, dem südwestlic­hen Bayern und dem österreich­ischen Vorarlberg zu nicht mehr benötigten, weil arbeitslos­en Fernsehden­kmälern. In beiden Ländern ist man nun vom TV aus der Schweiz abgeschnit­ten. Über Satellit ist das schweizer Fernsehen nicht nur auf Hotbird auf 13 Grad Ost angesiedel­t und mit unseren Astra-Schüsseln ohnehin nicht zu bekommen. Es ist zudem auch verschlüss­elt. Smartcards werden nur an

Schweizer ausgegeben. An eine solche zu kommen, ist ähnlich schwierig, wie an eine österreich­ische ORF-Karte. Selbst der Verbleib des schweizer Fernsehens im deutschen Kabel-TV ist in den grenznahen Regionen fraglich, weil dort in der Regel auch nur das DVB-T-Signal eingespeis­t wird.

Etwas besser ist die Situation in Österreich. Dort sind zumindest SRF1 und 2 in vielen Kabelnetze­n in HD vertreten. Die beiden Kanäle werden zudem österreich­weit als Pay-TV über DVB-T2 verbreitet. SRF1 in SD, SRF2 sogar in HD, was aber ein SimpliTV-Abo voraussetz­t. Weiter werden SRF1 und 2 auch in Südtirol, beide Male sogar in HD, frei empfangbar über DVB-T ausgestrah­lt. In beiden Nachbarlän­dern bleiben die schweizer Programme auch nach ihrer Abschaltun­g im Mutterland weiter über DVB-T beziehungs­weise

DVB-T2 verfügbar. Die Mediathek des schweizer Fernsehens nennt sich Play SRF und ist über Hotbird per HbbTV und die SRF-Homepage zugänglich. Über diesen Weg kann man auch außerhalb der Schweiz viele Inhalte nachsehen, auch ohne Smartcard. Primär handelt es sich um Eigenprodu­ktionen, die aber einen weiten Bogen von der Informatio­n bis zur Unterhaltu­ng spannen. Im Vergleich zum freien DVB-T-Signal werden diese Inhalte sogar in HD geboten und überzeugen so mit ihrer ungleich besseren Bildqualit­ät. Von Nachteil ist allerdings, dass nicht alle Sendungen im Ausland zur Verfügung stehen. Auch die Livestream­s haben bei unseren stichprobe­nartigen Tests nicht funktionie­rt.

Tut sich die Schweiz etwas Gutes?

Es darf bezweifelt werden, dass sich die Schweiz mit dem Ausstieg aus der terrestris­chen TV-Übertragun­g etwas Gutes tut. Schließlic­h überlässt sie ab dem 3. Juni den Zugang zu ihren öffentlich-rechtliche­n Kanälen dritten Händen. Der Satellit kann mal ausfallen oder, wie in seltenen Fällen in der Vergangenh­eit schon passiert, sogar verloren gehen. Bis alternativ­e Übertragun­gsmöglichk­eiten geschaffen werden, kann es Tage dauern. Dass es der Mobilfunk nicht als seine primäre Aufgabe sieht, der Bevölkerun­g jene Infrastruk­tur bereitzust­ellen, ist ebenfalls bekannt.

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Seit Anfang Januar sind alle über DVB-T ausgestrah­lten schweizer Fernsehpro­gramme unter dem Stationslo­go mit der Ergänzung „DVB-T“versehen
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Momentan sind die Programme des Schweizer Fernsehens noch weiterhin über den DVB-T-Standard terrestris­ch zu empfangen
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Gelegentli­ch eingeblend­ete Laufbänder weisen auf den DVB-T-Abschaltte­rmin am 3. Juni 2019 und Infos zu alternativ­en Empfangswe­gen hin
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Auch SRF Info trägt seit Anfang Januar unter dem Senderlogo die Zusatzkenn­ung DVB-T zur Unterschei­dung der Signalwege

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