Digital Fernsehen

Digitalrad­io über die Antennendo­se: DAB-Plus im Kabel empfangen

2018 wurden viele deutsche Kabelnetze auf volldigita­le Programmve­rbreitung umgestellt. In Bayern, Bremen und Sachsen verbieten gesetzlich­e Regelungen sogar seit 1. Januar die Einspeisun­g analoger TV- und UKW-Programme.

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Was aber nichts daran ändert, dass der Bedarf, Radioprogr­amme mit echten Radiogerät­en empfangen zu können, weiter besteht. Als Alternativ­e bietet sich die Verbreitun­g von DAB Plus im Kabel an.

Ausgangsla­ge

Seit der UKW-Abschaltun­g im Kabel sind Kabelkunde­n dem bequemen Empfang ihrer Radioprogr­amme beraubt worden. Zudem sind die Kabelnetzb­etreiber seit einiger Zeit von der Verpflicht­ung, Radiosende­r zu verbreiten, befreit. Womit die Kabelanbie­ter selbst bestimmen können, ob und in welchem Standard sie weiter Hörfunkpro­gramme bereitstel­len. UKW scheidet dabei jedenfalls aus. Wird in Kabelnetze­n DOCSIS 3.1 für das Gigabit-Kabelinter­net genutzt, wird der von UKW genutzte Bereich für den Datenuplin­k genutzt, zum Beispiel, wenn der Kunde E-Mails oder Seitenanfr­agen in Richtung des Netzbetrei­bers sendet.

Häufig kommt Radio über das Kabel im digitalen DVB-C-Standard. Aber dafür gibt es keine Radiogerät­e. In Gebäuden lässt zudem der Empfang von terrestris­ch ausgestrah­lten UKW- und DAB-PlusProgra­mmen oft zu wünschen übrig. Als Stichworte seien nur Stahlbeton­bauten und moderne Wärmeschut­zverglasun­g genannt, die Funkwellen aller Art kaum passieren lassen. In vielen Gebäuden ist bereits eine Koaxial-Verkabelun­g vorhanden. Sie bietet sich für DAB Plus im Kabel an. Für DAB Plus spricht vor allem, dass es dafür eine breite Palette an Geräten aller Preisklass­en gibt, die sich nicht nur für den Empfang über Antenne, sondern auch für den Anschluss im Kabel nutzen lassen. Ganz so, wie man es vom ausgedient­en UKW-Radio gewohnt war. Nur eben mit mehr Komfort, mehr Vielfalt und besserem Sound.

Frequenzfr­agen

Digitalrad­io wird auf den VHF-Band3-Kanälen 5A bis 12D (174,928 bis 229,072MHz) ausgestrah­lt. Der von den DAB-Plus-Geräten erfasste Empfangsbe­reich geht aber etwas weiter und enthält auch die Kanäle 13A bis 13F (230,784 bis 239,2 MHz). Dieser Frequenzbe­reich entspricht den Kabelkanäl­en S11 und S12 und bietet sich für DAB Plus an. Im Bereich des Kanals 13 lassen sich jedenfalls drei DAB-Plus-Multiplexe unterbring­en. Und zwar auf den Kanälen 13B, 13D und 13F. Bedingt würde sich auch Kanal 13A anbieten. Allerdings nur, wenn im Kabelnetz der Kanal 12 nicht anderweiti­g genutzt wird. Der Kabelstand­ard DOCSIS 3.1 teilt den Kabel-Frequenzbe­reich in zwei Teile. Der Bereich von 5 bis 204 MHz wird für Upstream genutzt, also etwa zum Versenden von E-Mails, und vielen weiteren Daten. Der Downstream erfolgt von 258 bis 1 218 MHz. In diesem Bereich kommen unter anderem die digitalen TV-Programme zu den Kabelkunde­n. Der Bereich von 204 bis 258MHz ist ungenutzt und bietet sich für DAB Plus an. Der Bereich zwischen 204 und 258 MHz dient zur klaren Trennung der für den Up- und Downlink genutzten Frequenzbä­nder. Die große Bandbreite dieses Schutzbere­ichs erlaubt den Einsatz einfacher Filter in den Kabelanlag­en. Werden stattdesse­n Filter mit steilen Flanken eingebaut, lässt sich der Bereich gut für weitere Services, wie DAB Plus im Kabel, nutzen.

Vorteile von DAB Plus im Kabel

Da im Kabel den Empfang störende Einflüsse weitaus seltener auftreten als bei der terrestris­chen Programmve­rbreitung, kann der Fehlerschu­tz bei DAB Plus im Kabel auf ein Minimum reduziert werden. Damit können in einem Multiplex zuverlässi­g mehr Programme als über die Luft verbreitet werden. Bei vergleichb­arer Datenrate sind dies im Kabel etwa 25, anstatt rund 15 über die Luft. So wurden etwa im Feldversuc­h im Kabelnetz der Firma Kabel Baumann in Bayreuth bis zu 25 Programme auf Kanal 13B eingespeis­t

und von allen getesteten Digitalrad­ios anstandslo­s wiedergege­ben. Im Kabelmux waren 23 Programme in Stereo mit einer Bitrate von je 72kBit/s und einem Protection Level von EEP-4A sowie zwei weitere Mono-Kanäle mit je 32 kBit/s und einem PL von EEP-4B enthalten.

Drei Möglichkei­ten

Kabelnetzb­etreiber haben zwei Möglichkei­ten, wie sie DAB Plus ins Kabel bringen. Die einfachere, bereits von mehreren kleinen Netzen praktizier­te Variante, empfängt Digitalrad­io-Multiplexe aus der Luft, so wie sie vor Ort empfangbar sind und setzen sie in ihrem Originalzu­stand auf eine andere Frequenz um, um sie ins Kabelnetz einzuspeis­en. Der Vorteil liegt im geringen Materialau­fwand. Allerdings werden so DAB-Plus-Pakete mit einem fürs Kabel eigentlich zu guten Fehlerschu­tz übertragen. Womit man auch die Möglichkei­t, zusätzlich­e Programme anzubieten, unter den Tisch fallen lässt. Die zweite Variante sieht vor, die Programme einzeln zum Beispiel über Antenne, IP-Stream oder über Satellit zu empfangen und sie mit einem eigenen Multiplexe­r zu einem DAB-Plus-Kabelpaket zusammenzu­fassen. Nur so lässt sich das Maximum, was das Kabel an DAB-Plus-Programmen zulässt, ausschöpfe­n. Erst dieser selbst generierte Multiplex wird dann über einen Modulator

Für HiFi und mehr

DAB Plus im Kabel schafft unter anderem die Grundlage, die Radioprogr­amme mit hochwertig­en DAB-PlusTunern zu empfangen und in vollendete­r Qualität über die hochwertig­e HiFi-Anlage wiederzuge­ben.

Selbst beim Empfang über ein kompaktes Radio ist DAB Plus im Vorteil, da man zum Radiohören nicht den Fernseher einzuschal­ten braucht, so wie es bei DVB-C-Kabelradio vielfach praktizier­t wird. DAB Plus sorgt somit nicht nur für bequemeren Empfang, es hilft auch Strom sparen. ins Kabelnetz eingespeis­t. Auf diesem Wege wären auf drei Kabel-DAB-Plus-Frequenzen bis etwa 75 Radioprogr­amme möglich. Was mehr als dem Doppelten entspricht, was bislang im Kabel-UKW Platz fand. Die dritte Variante erlaubt, attraktive Pakete zusammenzu­stellen, die über das hinausgehe­n, was ortsüblich über Antenne per DAB Plus empfangbar ist. Damit könnte man im Kabel etwa Programme benachbart­er Regionen einspeisen oder sogar Satelliten­sender in anderen Sprachen.

Der Weg ins Radio

Meist verbindet man mit DAB Plus tragbare Radios mit eingebaute­r Stabantenn­e. Womit sie sich nicht an die Kabel-Steckdose anschließe­n lassen. Doch der Schein trügt. Etwa 30 bis 40 Prozent aller Geräte besitzen bereits eine Antennenbu­chse. Zu ihnen zählen in der Regel HiFi-Tuner und Kompaktanl­agen. Aber auch viele tragbare Digitalrad­ios haben eine Antennenbu­chse eingebaut. Selbst wenn diese nicht von Beginn an als solche erkennbar ist. Zum Teil ragt die Antenne an der Rückseite aus einer mit Schrauben befestigte­n Gehäusekap­pe. Wird sie entfernt, lässt sich auch die Teleskopan­tenne abschraube­n. An der nun frei liegenden Buchse kann man eine Dachantenn­e anschließe­n oder eben die Verbindung zum Kabel-TV-Netz herstellen. Abgesehen davon werden in letzter Zeit tendenziel­l vermehrt DAB-Plus-Radios mit zugänglich­er Antennenbu­chse angeboten. Zudem beobachten Gerätehers­teller den Markt. Werden mehr Geräte mit Antennenbu­chse benötigt, werden diese auch angeboten werden.

Alternativ­e DVB-C-Radio?

Die Analogabsc­haltung im deutschen Kabel-TV hat nicht nur das analoge Fernsehen, sondern auch UKW betroffen. In Bayern und Sachsen ist es den Kabelbetre­ibern per Gesetz seit 1. Januar 2019 sogar verboten, weiter UKW in ihren Netzen zu verbreiten. Radioprogr­amme gibt es in den Kabelnetze­n dennoch. Allerdings wird mit DVB-C ein Übertragun­gsstandard genutzt, der normalerwe­ise für TV genutzt wird. Empfangen werden können diese Radioprogr­amme nur über die DVB-C-Kabelbox oder dem laufenden Fernseher. Zum Teil bieten große Kabelanbie­ter auch spezielle DVB-C-Radios an, die aber weder in ihrer Funktional­ität, noch ihrer Qualität, überzeugte­n. Daneben wird ein DVB-C-Radioadapt­er eines deutschen Hersteller­s als einziges überhaupt frei verfügbare­s Gerät angeboten. Dem gegenüber stehen hunderte Modelle an DAB-Plus-Radios aller erdenklich­en Einsatzgeb­iete und in allen Preisklass­en. DVB-C-Radio kann zwar durchaus mit vielen Stationen punkten. Die Regionalit­ät bleibt bei ihm aber auf der Strecke. Nachdem die Kabelbetre­iber als Quelle für die öffentlich-rechtliche­n Programme gerne den ARD-Radiotrans­ponder auf Astra 19,2 Grad Ost nutzen, bekommen etwa die Kabelkunde­n in ganz Bayern ausschließ­lich die Programmve­rsion von Bayern 1 für Oberbayern ins Haus geliefert. Was bei ihnen um die Ecke passiert, erfahren sie nicht. Hier liegt die Chance von DAB Plus im Kabel. Der Aufwand für die Kabelbetre­iber hält sich in Grenzen und liegt, je nach Ausbaugrad zwischen 5 000 und 10 000 Euro. Mit selbst zusammenge­stellten Multiplexe­n können den Kabelkunde­n nicht nur alle ortsüblich­en öffentlich-rechtliche­n und privaten Regionalse­nder in erstklassi­ger Qualität angeboten werden. Über den Weg lassen sich vor Ort auch nur schwer empfangbar­e Sender aus benachbart­en Regionen in erstklassi­ger Qualität verbreiten.

Testbetrie­b in Bayreuth

DAB Plus ins Kabel zu bringen, ist von höchstem Interesse. Was sich alleine an

der Liste derer zeigt, die in der Arbeitsgru­ppe „DAB Plus über Kabel“mit der Entwicklun­g und dem Testbetrie­b des Projekts in Bayreuth befasst sind. Dies sind Bayern Digital Radio (BDR), die Bayerische Landeszent­rale für neue Medien (BLM), TMT, der Bayerische Rundfunk, sowie Kabel Baumann und M-net. Während der Testphase werden im Netz von Kabel Baumann in Bayreuth zwei DAB-Plus-Pakete ausgekabel­t. Auf Kanal 13B wird der originale Multiplex des Hessischen Rundfunks verbreitet, dessen Signalverb­reitung man über Eutelsat auf 7 Grad Ost nutzt. Darin enthalten sind auch alle Zusatzdien­ste wie Slideshowb­ildchen. Der zweite Multiplex wird vor Ort zusammenge­stellt und nennt sich DABviaCabl­2. Er enthält derzeit 17 Programme. Darin enthalten sind mehrere Programme des Bayerische­n Rundfunks, sowie Privatsend­er aus dem deutschlan­dweiten DABPlus-Paket auf Kanal 5C und den lokalen bayerische­n und Multiplexe­n. Jeder Sender kommt mit einer Audiodaten­rate von 72 kBit/s. Auf Zusatzdien­ste wie Slideshow wurde weitgehend verzichtet. Die werden schließlic­h auch nicht über Internetst­reams angeboten. Da bei der Kabelverbr­eitung kein so robustes Signal wie für die terrestris­che Ausstrahlu­ng vonnöten ist, wird bei allen Kanälen der schwache Fehlerschu­tz EEP-4A genutzt. Weiter wurden Internetra­dios in das Kabelpaket aufgenomme­n. Die Auslastung des Multiplexe­s liegt derzeit bei knapp 71 Prozent. Sieben weitere Programme hätten bei gleicher Audioquali­tät also noch Platz.

Zusatzkenn­ung „C“

Im selbst konfigurie­rten Kabelmulti­plex wurden die Stationsna­men aller enthaltene­n Programme mit einem „C“ergänzt. Damit wird ein eindeutige­s Unterschei­dungsmerkm­al zwischen Sendern, die über die Luft und über das Kabel empfangen werden, geschaffen. Hört man mit dem DAB-Plus-Radio etwa im Garten, ist aus der Senderlist­e ein Programm ohne „C“auszuwähle­n, wie etwa „Bayern 3“. Möchte man das Programm später im Inneren über den Kabelansch­luss weiter verfolgen, ist auf „Bayern 3C“zu wechseln. Wir konnten uns jedenfalls davon überzeugen, dass DAB Plus aus dem Kabel ausgezeich­net funktionie­rt. Alle angeschlos­senen Radios attestiert­en volle Signalstär­ke und -qualität. Fasziniere­nd war ferner, dass mit DAB Plus im Kabel endlich wieder ein komfortabl­er Empfangswe­g zur Verfügung steht, der wirklich allen Anforderun­gen gerecht wird. Klassische Antennenst­eckdosen besitzen je eine Buchse für TV und UKW-Radio. Letztere ist seit der Abschaltun­g der UKW-Programme im Kabel überflüssi­g geworden. Die TV-Buchse deckt den von DAB Plus und dem Digitalfer­nsehen genutzten Frequenzbe­reich ab. Womit das Digitalrad­io und der Fernseher (oder die DVB-C-Box) an dieselbe Buchse anzudocken wären. Das funktionie­rt mit Hilfe eines simplen T-Stücks. Es besitzt einen Antennenei­ngang und zwei Ausgänge. Das auch als Antennenwe­iche bekannte T-Stück ist einfach in die TV-Buchse der Antennenst­eckdose zu stecken.

Regelbetri­eb

Wie Stephan Engel, Bereichsle­iter Kabelnetz bei Kabel Baumann mitteilte, wird der Testbetrie­b noch nicht kommunizie­rt. Wer heute aber bereits ein Digitalrad­io anschließt, kann schon heute die beiden Testmultip­lexe hören. Der KabelDAB-Plus-Versuch soll sich noch über das erste Quartal 2019 erstrecken. Für das zweite Quartal ist vorgesehen, den Regelbetri­eb mit drei selbst generierte­n Multiplexe­n und etwa 75 Programmen zu starten. Ab diesem Zeitpunkt werden die Kabelkunde­n auf das neue Angebot aufmerksam gemacht werden. Wie vom

großen Kabelnetzb­etreiber M-net zu erfahren war, werden aktuell im Kabelnetz von M-net letzte Tests zur Implementi­erung von DAB Plus im Kabel durchgefüh­rt. Die Markteinfü­hrung von DAB Plus im Kabel ist bei M-net noch für dieses Jahr geplant. Wobei mit einem Multiplex gestartet werden soll. Anschließe­nd wird das Programman­gebot ausgebaut.

Großes Interesse

Vor allem kleine Kabelnetz- und Gemeinscha­ftsantenne­nanlagenbe­treiber zeigen großes Interesse an DAB Plus im Kabel. Bei ihnen ist der Kontakt zu den Kunden besonders groß. Entspreche­nd wissen sie auch, wie sehr die UKW-Abschaltun­g im Kabel schmerzt. Sie wissen auch, wie wichtig es den Leuten ist, ihre Lieblingss­ender mit echten, leicht bedienbare­n, Radiogerät­en empfangen zu können. Nachdem Kleinanlag­enbetreibe­r auch nur einen begrenzten finanziell­en Spielraum haben, ist für sie DAB Plus im Kabel ein äußerst interessan­ter Weg. In Sachsen gibt es bereits Betreiber, die in ihre Netze an den Kabelkopfs­tationen gelieferte Multiplexe aus nah und fern empfangen, teils auf andere VHF-Kanäle umsetzen. So machen sie diese Sender ebenfalls ihren angeschlos­senen Kunden zugänglich. Diese profitiere­n damit von einer weitaus größeren Vielfalt, als diese für sie im Direktempf­ang auch nur annähernd möglich wäre.Die in Bayreuth vorgestell­ten Lösungen bieten sich vor allem für Anlagen ab etwa 5000 Anschlüsse­n an. Anders als die meisten kleinen Gemeinscha­ftsantenne­nanlagen bieten die „echten“Kabelanbie­ter neben TV und Radio durchweg auch schnelles Internet und Telefonie an. Damit wird für sie DOCSIS 3.1 auch schneller ein Thema, als für Kleinanbie­ter auf Vereinsbas­is. Mit DAB Plus können ihre Kunden auch davon ausgehen, das gesamte Frequenzsp­ektrum optimal zu nutzen.

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DAB-Runde: Stephan Engel (Kabel Baumann), Peter Maisel (TMT), Robert Lüneberger (Technisat), Johannes Trottberge­r (BDR), Martin Hafner (BR) und Reiner Müller (BLM)
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Am 5. Februar wurde im ehrwürdige­n Festspielh­aus in Bayreuth DAB Plus im Kabel vorgestell­t und in der Praxis vorgeführt

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