Abschaltung der SD-Kanäle vom ORF in Österreich
Wie die meisten anderen deutschsprachigen Sender strahlt auch der österreichische ORF seine Programme über Astra 19,2 Grad Ost parallel in SD und HD aus.
Die SD-Signale können nur von ORF-Smartcards decodiert werden. Nicht aber von kartenlosen Cams. Da stellt sich die Frage: Wie lange bleibt SD noch?
Ablaufdatum längst eingeläutet
Der Ausstieg aus der SD-Ausstrahlung wird bereits seit Jahren vorbereitet. Schrittweise, quasi sich selbst regulierend, über die Art, wie die Österreicher ihre Programme decodieren wollen. Dazu gibt es zunächst die altbekannte ORF-Smartcard. Sie entschlüsselt alle österreichischen Kanäle, egal ob SD oder HD.
Möchte man sich zumindest die Option offen halten, entweder das Pay-TV-Paket von HD Austria oder Simpli Sat zu abonnieren, braucht es zwingend ein geeignetes kartenloses CI Plus-Modul. Wobei Simpli Sat auf die Irdeto-Verschlüsselung und HD Austria auf Viaccess setzt. Beide Modultypen werden von mehreren Herstellern angeboten. Gemeinsam bei ihnen ist, dass sie nur der Zugang zu den HD-Versionen der ORF-Kanäle sowie den Privatsendern ATV und Servus TV gewährleisten.
Zumindest mit dem von ORF Digital zertifizierten, auch für Simpli Sat geeigneten Modul können die nur aus urheberrechtlichen Gründen verschlüsselten österreichischen Sender ohne Zusatzkosten angesehen werden. Möchte man mit einem HD-Austria-Cam-Modul nur die „freien“verschlüsselten Sender ORF HD, ATV HD, ATV2 und Puls 4 gucken, wird eine kleine jährliche Servicepauschale fällig.
Zuletzt können die Zuschauer noch zu einem Sat-Receiver greifen, der bereits mit integriertem Decoder für ORF und Co sowie Simpli Sat ausgerüstet ist. Auch mit ihm kann man nur die HD-Kanäle der österreichischen Programme sehen.
Logischer Schritt
Dass die kartenlosen CI-Plus-Module und der Simpli-Sat-Receiver keine österreichischen SD-Programme mehr sichtbar machen, ist alleine dem Umstand geschuldet, dass es ohnehin seit vielen Jahren keine Set-Top-Boxen und TV-Geräte mit Multituner mehr gibt, die nur SD wiedergeben können. HD ist längst allgemeiner Standard. Mit dem Verzicht auf die SD-Entschlüsselung möchte man sicherstellen, dass die Zuschauer nicht fälschlicherweise die qualitativ minderwertigeren Signale nutzen. Die Notwendigkeit, noch in SD ausstrahlen zu müssen, sinkt alleine durch die steigende Verbreitung von HD-fähigem Empfangsequipment. Weiter weist der ORF seine Zuschauer mit Schwerpunktaktionen auf sein HD-Angebot hin. Schließlich ist bekannt, dass längst nicht alle HD-Boxen-Besitzer alle ORF-Programme auch in HD konsumieren. Eine Folge dessen, weil sie erst nach und nach auf Satellit aufgeschaltet wurden.
Selbst wenn heute noch ORF-Smartcards ausgegeben werden, so sind sie letztlich doch ein Auslaufmodell. Ab wann man auf sie verzichtet, wird laut derzeitigem Stand der Dinge von der Marktentwicklung abhängen. Noch aber sind sie willkommen und begehrt. Dazu genügt ein Blick auf das aktuelle Angebot an HDund UHD-Receivern. Unter ihnen finden sich genug Modelle, die keinen Schacht für die Aufnahme eines CI-Plus-Moduls besitzen. Sehr wohl aber haben sie einen Schacht, in den man eine Smartcard, wie eben eine ORF-Karte, schieben kann.
Lange Vorbereitungsphase
Auf die Schnelle werden die SD-Kanäle des ORF über Astra nicht abgeschaltet werden. Dieser Schritt setzt eine gründliche Vorbereitung voraus. Erinnern wir uns zurück an die Analogabschaltung auf Astra. Damals wurden die Zuschauer schon
einige Jahre zuvor auf das Abschaltdatum vorbereitet. Letztlich wird bei der künftigen SD-Abschaltung auch in Österreich eine mit Deutschland vergleichbare Vorgehensweise zu erwarten sein. Wobei es auch darum geht, dass sich die öffentlich-rechtlichen und privaten Sender auf einen gemeinsamen Termin einigen. So wollen die Programmanbieter vermeiden, Zuschauer an die Konkurrenz zu verlieren, nur weil diese noch länger mit alten DVB-S-Boxen zu sehen ist. Ein denkbares Szenario ist – übrigens nicht nur für Österreich –, dass man mit dem Ausstieg aus SD gleichzeitig ins UHD-Zeitalter einsteigt. Womit die frei werdenden Transponderkapazitäten künftig für das ultrascharfe Fernsehen weiter genutzt werden würden. Dies könnte 2022 bis 2023 geschehen. Also im selben Zeitraum, der auch in Deutschland immer wieder als denkbarer Zeitpunkt für das Ende der SD-Ausstrahlungen genannt wird.
ORF2 Europe
Die frei empfangbare ORF2 Europe zeigt parallel zur Inlandsversion von ORF2 im Zeitraum von etwa 6 bis 0.30 Uhr alle Inhalte, für die der Sender die entsprechenden Übertragungsrechte besitzt. Vor allem Unterhaltungsprogramme und Werbeblöcke werden ausgeblendet. Stattdessen wird nur eine Teletexttafel gezeigt. ORF2 E wird auf Astra 19,2 Grad Ost auf 12,692 GHz (Polarisation horizontal, Symbolrate 22 000 MSym/s, FEC 5/6, Modulation DVB-S/QPSK) in SD übertragen.
Vor allem aus Deutschland wird der Wunsch seit Jahren nach einer HD-Ausstrahlung von ORF2 E immer wieder laut, ganz besonders, seitdem der ORF sein Radioprogramm Ö3 mit Standbildern versehen in HD über Astra verbreitet. Ein übertriebener, unnötiger Luxus, wie viele meinen. Zumal beim bebilderten Hörfunkprogramm kein Mehrwert im Vergleich zum reinen Audio zu erkennen ist. Allerdings gilt zu berücksichtigen, dass ein Standbildsender wie das visualisierte Radioprogramm Ö3, nur sehr wenig an Übertragungskapazität benötigt. jedenfalls deutlich weniger, als für die Verbreitung eines herkömmlichen TV-Programms vonnöten wäre. Hinzu kommt, dass der von ORF2 E genutzte Transponder keine freien Kapazitäten mehr für ein HD-Programm hätte.
Klar ist auch, dass der ORF kaum gewillt sein dürfte, für sein Europaprogramm Extrageld für die HD-Ausstrahlung in die Hand zu nehmen. Das Ausland ist schließlich nicht in seinem Versorgungsauftrag enthalten. Vielleicht wird das Programm auch deshalb eher lieblos gestaltet.
DVB-T2
Zusätzlich zu den codierten HD-Versionen von ORF1 und den ortsüblichen ORF2-Bundesländerversionen werden ORF1 und ORF2 Wien in SD österreichweit über Mux A unverschlüsselt verbreitet. Genauso, wie die beiden Privatsender ATV und ATV2 über Mux F und B. Zum Start des Mux A in DVB-T2 wurde bekannt, dass die freie SD-Ausstrahlung der beiden ORF-Kanäle nur bis 2019 angeboten werden soll.
Wie lange die freien ORF-Kanäle noch über DVB-T2 zu sehen sein werden, ist bislang nicht entschieden. Ihre weitere Verbreitung wäre jedenfalls wünschenswert. Nicht nur wegen der Zaungäste im südlichen Bayern und der Ostschweiz. Die freien Signale sind auch für alle Österreicher, die die Programme zum Beispiel über DVB-T2-Sticks am Rechner oder kompakte Mini-TVs empfangen, von höchster Bedeutung. Zumal beide Gerätetypen durchweg nur für den Empfang freier Programme geeignet sind.