Übertragungsstandard MPEG4 bei Satellitenübertragung im Detail
Der technische Fortschritt lässt sich besonders beim Digitalen Satellitenfernsehen eindrucksvoll beobachten. DVB-S ist zwar noch nicht Schnee von gestern, aber längst ein alter Hut.
Mit heute üblichen HD-Boxen können wir so gut wie alle Programme sehen, die für den Direktempfang gedacht sind. Und das in hervorragender Bildqualität.
Kurzer Rückblick
Das digitale Satellitenfernsehen startete über Astra auf 19,2 Grad Ost im Sommer 1997. Damals waren der Übertragungsstandard DVCB-S und das Komprimierungsverfahren MPEG-2 das Maß der Dinge. Genauso, wie Fernsehen im alten 4:3-Format und Standardqualität. Seit damals hat sich das Fernsehen weiterentwickelt. Anstatt der alten Röhrenglotze mit maximal 82cm Bilddiagonale sind nun Flachmänner mit bis zu über viermal so großem Bild üblich. Zudem wurde die Bildqualität verbessert. HD liefert ein bis zu viermal so scharfes Bild wie SD und UHD ist im Vergleich zum Steinzeitfernsehen gar 20 mal knackiger. Das heißt aber auch, dass HD und UHD ein weitaus größeres Datenaufkommen mit sich bringen. Das Datenvolumen ließe sich mit dem bereits in die Jahre gekommenen DVB-S und MPEG-2 nur sehr schwer (HD) bis gar nicht (UHD) übertragen.
DVB-S2 und MPEG-4
Mit dem alten Übertragungsstandard DVB-S und der MPEG-2-Komprimierung würden auf einem Satellitentransponder bestenfalls zwei HD-Programme Platz finden. Was für die Sendeanstalten zu teuer käme, um ihre Kanäle wirtschaftlich tragfähig übertragen zu können.
Da die alten DVB-S-Boxen ohnehin nicht in der Lage waren und sind, HD darzustellen, waren die Konsumenten ohnehin gezwungen, sich neues Empfangsequipment für das hochauflösende Fernsehen zuzulegen. Also war die Gelegenheit günstig, für HD auch gleich einen neuen Übertragungsstandard, nämlich DVB-S2, und ein effizienteres Komprimierungsverfahren, MPEG-4, einzuführen. DVB-S2 und MPEG-4 erlaubten, etwa vier bis fünf HD-Programme auf einem Transponder in guter Qualität unterzubringen. Was etwa gleichviel ist und auch bei DVB-S und MPEG-2 in guter SD-Qualität auf einem Satellitentransponder Platz fand. Damit wurden gleichzeitig die Grundlagen geschaffen, um den Sendern eine finanzierbare Möglichkeit zur HD-Ausstrahlung bereitzustellen. Ohne DVB-S2 und MPEG-4 könnten wir heute bestenfalls eine Handvoll hochauflösender Kanäle sehen.
Geht auch für SD
DVB-S2 und MPEG-4 haben jedoch nichts mit HD an sich zu tun. Ihre Vorteile lassen sich für Satellitenausstrahlungen aller Art nutzen. Also auch für TV in Standardauflösung, bei der ebenfalls die Hälfte der benötigten Datenrate bei gleichbleibender Bildqualität eingespart werden kann. Womit sich auch die Übertragungskosten halbieren lassen. Was wiederum kleinen Sendern die Chance gibt, überhaupt erst auf Satellit starten zu können. Da aber auch die großen Anstalten sparen müssen, greifen auch sie vermehrt für ihre SD-Ausstrahlungen zu DVB-S2 und/oder MPEG-4.
Auch bei uns
Eine Praxis, die international immer häufiger genutzt wird, auch im deutschen Sprachraum. So werden etwa auf Astra 19,2 Grad Ost bereits RTL Plus Österreich, der österreichische Musiksender GoTv, RTL Schweiz und Vox Schweiz, die Lokalsender Regio TV, Baden TV, RheinMain TV, LT1 und BTV und weitere Sender in DVB-S und MPEG-4 in Standardauflösung ausgestrahlt. Betrachten wir die Situation bei frei empfangbaren Stationen etwas näher: Auf 19,2 Grad Ost werden 132 deutschsprachige und weitere 41 internationale Sender im alten DVB-S mit MPEG-2 verbreitet. Sie können auch mit Digitalboxen aus der Steinzeit gesehen werden. DVB-S2 und/oder MPEG-4 werden indes bereits von 78 deutschen und 24 fremdsprachigen Stationen genutzt. Davon strahlen längst nicht alle in HD aus. Dass man sich von ihnen mit einer betagten DVB-S-Box von selbst aussperrt, liegt auf der Hand.
Weitere Satellitenpositionen
Der Trend zu effizienteren Übertragungsmodi ist abseits von Astra bereits deutlich weiter fortgeschritten. Neue Programme werden seit einigen Jahren kaum mehr noch in DVB-S und MPEG-2 aufgeschaltet. DVB-S2 und MPEG-4 sind allgemein üblich. Nicht nur bei regulären TV-Programmen, sondern auch bei Video-Überspielungen. Schon heute gibt es einzelne Satelliten, auf denen nur noch in DVB-S2 gesendet wird. Auf anderen haben DVB-S-Signale inzwischen absoluten Seltenheitswert. Ansonsten liegt der Anteil an DVB-S2-Kanälen jedenfalls um die 40 Prozent. Der Trend, hin zu DVB-S2 und MPEG-4 hält jedenfalls an und es ist nur eine Frage der Zeit, bis er in relevantem Umfang auch auf unseren populären Direktempfangssatelliten abseits von HD im hohen Maße Einzug hält. Potenzieller Kandidat dafür sind neben den Astras auf 19,2 und 28,2 Grad Ost auch Türksat auf 42 Grad Ost.
Sat-DX
DVB-S2 und MPEG-4 haben uns zwar viele neue Sender beschert. Allerdings sind DVB-S2-Signale in der Regel etwas
schwieriger zu bekommen als jene in DVB-S. Was etwa dann schmerzlich auffällt, nachdem ein DVB-S-Transponder einer anspruchsvollen DX-Position auf DVB-S2 umgestellt wurde. Konnte man ihn zuvor gerade noch sehen, bleibt der Bildschirm bei DVB-S2 oft genug dunkel. Hier können nur größere Antennen und/ oder ein moderner Receiver mit besonders empfindlichem FBC-Tuner helfen. Allerdings ohne Empfangsgarantie.
HD-Boxen Standard
HD-Boxen sind abwärtskompatibel. Sie empfangen nicht nur DVB-S2 mit MPEG4, sondern auch DVB-S mit MPEG-2 und alle weiteren Kombinationen beider Übertragungsstandards und Komprimierungsverfahren. Sogar UHD-Kanäle werden mit ihnen eingelesen. Da HD-Receiver jedoch noch nicht den neuen Komprimierungsstandard HEVC beherrschen, sind sie nicht in der Lage, UHD-Programme wiederzugeben.
Kombireceiver
Kombireceiver empfangen neben Sat-TV auch digitales Antennen- und oft auch Kabelfernsehen. Dazu haben sie üblicherweise zwei Tuner eingebaut, die von den allgemeinen Funktionen der Box profitieren. Beherrschen sie, wie bei HD-Sat-Receivern üblich, den Komprimierungsstandard MPEG-4, steht dieser für alle Empfangswege zur Verfügung. Gerade hier liegt aber der Teufel im Detail begraben. Während nämlich HD-Satellitenprogramme in MPEG-4 kommen, wird das deutsche DVB-T2 mit der noch neueren und effizienteren HEVC-Komprimierung ausgestrahlt. Womit man in Deutschland mit einem HD-Kombireceiver zwar ausge_zeichnet Sat-TV, aber kein digitales Antennenfernsehen, gucken kann. In anderen Ländern könnte man damit aber sehr wohl auch DVB-T/-T2 empfangen.