Labornotizen
Der Einstieg von Netflix vor reichlich vier Jahren hat zweifellos für einen anhaltenden Streaming-Boom in Deutschland gesorgt. Mittlerweile teilen sich die vier Anbieter Amazon Video, Maxdome, Netflix und Sky Ticket den Markt in Deutschland. Doch es ziehen Gewitterwolken auf.
Denn schon jetzt war die Wahl zwischen den vier Streamingdiensten nicht unbedingt einfach. Alle vier haben exklusive Inhalte und auch eigenproduzierte Serien oder Filme. Die gibt es freilich nur beim eigenen Streamingdienst und nicht den Mitbewerbern. Woll- te man alles sehen, kam man um teure vier Abos nicht herum. Dennoch waren alle vier recht breit aufgestellt, viele Serien und Filme gab es bei mehreren der Anbieter zu sehen. Nun aber droht ein Zerfall, und das nicht zugunsten der Zuschauer.
Weitere Anbieter
Denn für 2019 haben gleich mehrere Studios beziehungsweise Rechteinhaber eigene Streamingplattformen angekündigt. So will Disney mit „Disney Play“noch in diesem Jahr einen eigenen Dienst in Deutschland starten. Ebenfalls angekündigt ist der Start einer eigenen Streamingplattform von Warner gemeinsam mit dem hauseigenen Pay-TV-Sender HBO. Auch die deutschen Diensteanbieter planen für die Zukunft. So will RTL mit einem eigenen Streamingdienst Netflix Konkurrenz machen und auch ProSiebenSat.1 bastelt an einer neuen Plattform, die die bisher getrennten Dienste Maxdome sowie 7TV zu einem Portal zusammenführen will.
Kundenfreundlich?
Gehen die Pläne auf und entstehen damit wirklich vier konkurrenzfähige Diens- te, muss der Kunde demnächst also zwischen mindestens sieben verschiedenen Anbietern wählen. Neben der Frage, auf welchen Endgeräten diese empfangbar sind, kommt dann noch die Wahl der passenden Dienste für den Kunden. Wer alles sehen möchte, muss künftig also noch tiefer in die Tasche greifen. Dabei stehen gerade bei Netflix Gerüchten zufolge demnächst wieder einmal Preiserhöhungen an.
Natürlich leidet bei so vielen Anbietern auch die Übersichtlichkeit. Glücklicherweise gibt es Dienste wie „wer-streamtes.de“, die nach Eingabe der gewünschten Serie oder des Spielfilms auflistet, wo diese gesehen werden können. Doch es gibt noch ein weiteres Problem, das mit dem Markteintritt von Disney und Warner einhergeht.
Inhalte wandern ab
Denn insbesondere bei Netflix ist der Anteil an Serien und Filmen, deren Rechte Warner gehören, relativ groß. Man denke dabei nur an Erfolgsserien wie „Game of Thrones“oder die zahlreichen Marvel-Serien. Es ist sehr wahrscheinlich, dass sowohl Disney als auch Warner die Drittvermarktung eigener Produktionen einstellen werden und künftig deren Produktionen nur noch über den eigenen Streamingdienst zu sehen sein werden. Das kann durchaus relevante Löcher in das Angebot von Netflix aber auch Amazon Video und Maxdome reißen. Nicht auszuschließen, dass deshalb nicht wenige Abonnenten zu den neuen Diensten abwandern könnten.
Der Markt wird es regeln
Wir werden erleben, wie sich der Markt dann entwickelt. Sicher ist aber eines: Für den Konsumenten wird es nicht nur teurer, sondern noch einmal deutlich unübersichtlicher. Schade, und ob die Dienste wirklich die Gewinner dieser Kannibalisierung des Streaming-Marktes sein werden, kann keineswegs als sicher angesehen werden.
Bedenkliche Entwicklung
Aus unserer Sicht keine kundenfreundliche Entwicklung. Geschuldet ist dies sicherlich auch dem Erfolg der etablierten Streamingdienste. Statt Einnahmen aus der Vermarktung der Inhalte über diese Plattformen erhoffen sich Disney, Warner & Co. ein größeres Stück des Kuchens vom Streamingmarkt.
Ob das am Ende nicht vielleicht doch nur Krümel sind und der aufwendige Betrieb der eigenen Plattformen vielleicht weniger bringt als die reine Vermarktung, das wird die Zukunft zeigen.