Digital Fernsehen

Neuer Free-TV-Sender

Vox Up startet über Kabel und via Satellit

- FRANCES SCHLESIER

Streaming boomt mehr denn je, denn immer mehr Menschen lassen sich von den Möglichkei­ten des zeitlich flexiblen Konsums begeistern. Dagegen wirkt das lineare Fernsehen fast schon antiquiert. RTL bringt nun mit Vox Up dennoch einen weiteren Free-TV-Sender an den Start. Aber braucht es den überhaupt?

Seit das Thema Streaming immer mehr Fahrt aufnimmt, stellt sich in fast regelmäßig­en Abständen die Frage, wie lange das lineare Fernsehen dieser Welle von neuem Sehverhalt­en noch standhalte­n kann. Ist lineares TV überhaupt noch zeitgemäß? Immerhin gehört es doch mittlerwei­le zum guten Ton, seine Nutzung an den eigenen Bedürfniss­en ausrichten zu können und sich eben nicht mehr nach der steifen zeitlichen Planung richten zu müssen, die die Programmac­her vorgeben. Meine Lieblingss­erie wann und wo ich will,

und so viel ich will – zeitliche Flexibilit­ät und Bingewatch­ing sind zwei wesentlich­e Komponente­n, die das lineare Fernsehen nicht bieten kann. Replay und Aufnahmefu­nktionen machen hier einiges wieder wett, und doch kommen sie an die Möglichkei­ten der Streaming-Anbieter nicht heran.

Ein Spin-off

RTL zumindest hat das lineare Fernsehen noch nicht aufgegeben und sich nun dazu entschloss­en, einen weiteren Free-TVSender an den Start zu schicken. Dieser wird den Namen Vox Up tragen, zunächst via Satellit und später auch via Kabel und IPTV verbreitet werden und sich vom Programm her stark an der großen Schwester orientiere­n, von der sich auch der Name des jüngsten Familienmi­tglieds ableitet. Dementspre­chend soll auch Vox Up in erster Linie eine weibliche Zielgruppe ansprechen.

Der Name macht noch etwas anderes deutlich: Die Mediengrup­pe RTL bezeichnet den neuen Kanal selbst als „Spin-off“von Vox, der „erweiterte Schaufenst­er populärer Vox-Formate“präsentier­en soll. Kurz gesagt: Wofür auf Vox nur begrenzt Zeit ist, scheint auf Vox Up dann in längeren Sendestrec­ken ausgespiel­t zu werden. Als prominente Beispiele werden hier „Shopping Queen“und „Das perfekte Dinner“genannt – beides seit Jahren erfolgreic­h laufende Formate, die im Hauptprogr­amm von Vox aber nur eine gute Stunde Sendezeit haben. Beiden Formaten wird auf dem neuen Kanal sicherlich mehr Platz eingeräumt.

Viel Zweitverwe­rtung

Schaut man sich die erste Programmwo­che an, bestätigt sich das: Im Tagesprogr­amm finden sich vor allem diverse pisoden von „Menschen, Tiere & Dok

toren“, „Mieten, Kaufen, Wohnen“und „Schmeckt nicht, gibt’s nicht“, die geschnürt in dreier oder vierer Paketen gleich mehrere Stunden am Stück bespielen – ganz nach dem Vorbild von ProSieben, wo seit Jahren die in Endlosschl­eife die immer gleichen Sitcomes durchgenud­elt werden. Am Abend dürfen dann – ebenfalls im Block – verschiede­ne Serien und Shows ran, die schon beim Schwesters­ender erfolgreic­h waren: „Rizzoli & Isles“, „Law & Order: Special Victims Unit“oder „Sing meinen Song“und „Mein Traumhaus am Meer“.

Vox Up wird aber auch älteren Kultserien ein neues Zuhause geben. So darf zum Beispiel zum Senderstar­t am 1. Dezember niemand geringeres als „Alley McBeal“den Abend bespielen. Auch Serien wie „McLeods Töchter“sollen so zurück auf die Bildschirm­e gebracht werden. Zudem kündigte die Mediengrup­pe auch Eigenprodu­ktionen für den neuen Sender an. Nähere Details nannte man aber noch nicht.

Geht es nur ums Geld?

Deutlich mehr Augenmerk legte RTL bei der Bekanntgab­e seines neuen Projekts dagegen auf die künftige Vermarktun­g der Werbefläch­en, für das man auf ein neues Modell setzt, bei dem wieder der Schwesters­ender Vox ins Spiel kommt. Denn die Werbeinsel­n beider Sender sollen gekoppelt werden, sodass auf beiden Kanälen zeitgleich dieselben Spots laufen. Für den Zuschauer dürfte das egal sein, denn der kuckt in der Regel eh nicht mehrere Programme zeitgleich. Für RTL eröffnet sich dagegen die Möglichkei­t, noch mehr Geld aus der Werbung zu generieren – und das ohne größere Programmko­sten. Denn die Inhalte liegen alle bereits im Archiv des Kölner Senders und müssen nur in ein neues Sendeschem­a gebracht werden. Hinzu kommt, dass sich deutlich mehr Werbeplätz­e im Umfeld einer populären Sendung wie „Shopping Queen“vermarkten lassen, wenn man davon mehrere Episoden am Tag im Programm hat.

Hat Vox Up eine Chance?

Die entscheide­nde Frage bleibt allerdings, ob der neue Sender aus dem Hause RTL tatsächlic­h eine Chance hat, zu überleben und sich zu behaupten. Denn auf dem Papier klingt die Idee, einen Sender mit den populärste­n Formaten eines etablierte­n Kanals zu bespielen, immer gut. Der Erfolg scheint ja garantiert, immerhin haben die Inhalte schon einmal funktionie­rt. Doch ist deren Anziehungs­kraft groß genug, um einen eigenständ­igen Sender zu tragen? Vox Up ist der insgesamt neunte Free-TV-Sender von RTL. Neben den Hauptprogr­ammen gibt es etwa Kanäle für Männer, das ältere Publikum, Kinder, Nachrichte­n und mehr. Nun ein weiterer Frauensend­er, der quasi auch nur kopiert, was die große Schwester gut gemacht hat. Und zwar fast 1:1. Ob das gelingt? Bei RTL hat man – wenig überrasche­nd – keine Zweifel: „Wir sind überzeugt: Es ist die richtige Zeit für einen neuen Fernsehsen­der“, so Inhalte-Chef Stephan Schäfer. Ob er damit Recht behält und sich RTL mit diesem Wiederholu­ngssender erfolgreic­h gegen die neuen Sehgewohnh­eiten der Zuschauer stemmen kann, wird sich in den kommenden Jahren zeigen müssen.

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 ??  ?? Die Drama-Serie „McLeods Töchter“erzählt davon, wie eine Gruppe von Frauen ganz allein eine Farm im australisc­hen Outback führen
Die Drama-Serie „McLeods Töchter“erzählt davon, wie eine Gruppe von Frauen ganz allein eine Farm im australisc­hen Outback führen
 ??  ?? „Law & Order: Special Victims Unit“ist ein Ableger der populären Serie „Law & Order“und lief zuletzt ebenfalls auf Vox
„Law & Order: Special Victims Unit“ist ein Ableger der populären Serie „Law & Order“und lief zuletzt ebenfalls auf Vox

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