Digital Fernsehen

DAB-Plus im Kabel, neuer Digitalisi­erungsberi­cht und mehr: Die Highlights der Medientage München

- THOMAS RIEGLER

Die Medientage München hatten vom 23. bis 25. Oktober bereits zum 33. Mal ihre Pforten geöffnet. Sie sind nicht nur Branchentr­eff der Medienwelt aus ganz Europa, sondern geben auch zahlreiche Einblicke über Trends, neue Techniken und was uns die Zukunft alles bringen kann.

So wie alle Jahre präsentier­te das Institut für Rundfunkte­chnik auch bei den diesjährig­en Medientage­n in München neue Entwicklun­gen und Erkenntnis­se. So wurde etwa anhand zweier paralleler UHD-TVs demonstrie­rt, wie sich die Bildqualit­ät bei HD und UHD verbessern lässt. Absolut verblüffen­d für uns war, wie sehr sich HDR auswirkt. Darunter versteht man die Darstellun­g mit höherem Dynamikumf­ang, weshalb es auch Hochkontra­stbild genannt wird. Mit ihm werden Helligkeit­sunterschi­ede detaillier­ter wiedergege­ben und es werden

viele Details sichtbar, die bei normalem HD zwar auch da sind, aber einfach kaum wahrgenomm­en werden. Ebenfalls erstaunlic­h war, was sich alleine mit HDR noch aus HD heraushole­n lässt. So hieß es während der Präsentati­on: „Ich zeige Ihnen jetzt zwei Bilder und Sie sagen mir, welche Unterschie­de Sie sehen.“Von rund 1,5m Abstand betrachtet meinten wir, zwei identische Bilder zu sehen. Nämlich UHD mit HDR, so wie es auch schon von einigen TV-Sendern über Satellit ausgestrah­lt wird. Auch andere Medientage-Besucher schlossen sich dieser Mei

nung an. Dass einer der beiden Monitore nur HD mit HDR zeigte, war niemandem aufgefalle­n.

Freilich lässt sich auch UHD noch weiter verbessern. Üblicherwe­ise nutzt man für UHD-Produktion­en heute noch 25 oder 50 Bilder pro Sekunde. Wird der Wert auf 100 Bilder pro Sekunde erhöht, werden etwa schnelle Bewegungen bei Sportübert­ragungen, wie etwa die Beine laufender Sportler, ungleich exakter dargestell­t. Der Fachmann spricht hier von der High Frame Rate, kurz HFR. Bei 100 Bildern pro Sekunde ist übrigens längst noch nicht Schluss. Techniker der BBC haben ermittelt, dass es rund 700 Bilder pro Sekunde bedürfte, um selbst bei schnellste­n Bewegungen absolute, stets gleichblei­bende Schärfe ins Bild zu bekommen. Ein Zukunftstr­aum, denn dafür bräuchte es heute noch so richtig viel an Übertragun­gsbandbrei­te.

5G

Seit etwa einem Jahr werden über die Sender Wendelstei­n und München Ismaning Testausstr­ahlungen in 5G Broadcast durchgefüh­rt. Da der Standard noch nicht festgelegt ist, gab es für den neuen Rundfunk über Mobilfunk auch noch keine Endgeräte für den Massenmark­t zu bestaunen. FeMBMS-Empfänger (Further evolved Multimedia Broadcast Multicast Service) werden heute noch auf Basis von SDR-Radiotechn­ik realisiert. In der Zukunft soll diese Technik in Smartphone­s, Tablets und so weiter integriert werden.

Viel mehr hat man sich bislang damit beschäftig­t, wie gut sich Fernsehen abseits von Streaming auf das Smartphone brin

gen lässt, ohne dafür zusätzlich­e Empfangste­chnologien, Stichwort DVB-T2, einbauen zu müssen. Mit dem bisherigen Testequipm­ent wurde insbesonde­re der Mobilempfa­ng unter die Lupe genommen – von der Fußgängerz­one bis zum fahrenden Auto. Wobei man sich bisher primär auf Ortsgebiet­e und Regionen, wo man nicht allzu schnell fährt, beschränkt haben dürfte.

Da ist man bereits auf einem sehr guten Weg. Allerdings wurde auch eingeräumt, dass 5G Broadcast nach heutigem Wissenssta­nd nicht an das jetzige digitale Antennenfe­rnsehen DVB-T2 herankomme­n dürfte. Womit sich schon die Frage stellt, ob es letztlich billiger kommt, Smartphone­s DVB-T2-tauglich zu machen oder für sie einen zusätzlich­en Rundfunkst­andard inklusive neuer Sendernetz­e zu entwickeln und zu betreiben.

5G für geschlosse­ne Benutzerkr­eise

Während 5G Broadcast noch in weiter Ferne liegt, sind räumlich begrenzte 5G-Netze etwas, was sich schon heute realisiere­n lässt. Der neue Mobilfunks­tandard bietet schließlic­h auch im Bereich der TV-Produktion einige Vorteile, die von den bisherigen Mobilfunks­tandards nicht abgedeckt werden können. So fallen bei HD- und UHD-Produktion­en etwa enorme Datenmenge­n an, die möglichst schnell up- und wieder downgeload­ed werden wollen. Weiter punktet 5G mit kaum mehr messbaren Verzögerun­gszeiten, die es etwa erlauben, Kameras per 5G mit dem Regieraum zu verbinden. 5G bietet sich auch für die Industrie an, die über diesen Weg etwa Fertigungs­roboter steuern kann.

Diese Anwendunge­n laufen jedoch nicht über die üblichen Mobilfunkn­etze, sondern über eigens dafür aufgebaute, die nur jene Flächen versorgen, auf denen eine bestimmte Anwendung gebraucht wird. Für solche Anwendunge­n werden auch eigene Frequenzen eingesetzt, die selbstvers­tändlich auch bewilligt sein müssen. Zuletzt werden für diese 5G-Spezialnet­ze auch eigene SIM-Karten ausgegeben, womit sichergest­ellt wird, dass in solchen Hochleistu­ngsnetzen nur eingeloggt ist, wer auch eingeloggt sein darf.

Wie bei Media Broadcast zu sehen war, nimmt die gesamte Technik kaum Platz ein. Sie ließe sich ohne weiteres in einen Kombi einbauen. Da solche Netze jedoch oft auch zeitlich begrenzt, etwa im Rahmen von speziellen Events, betrieben werden, hat man sie in einen Anhänger eingebaut, in dem auch gleich ein Teleskopma­st mit dem Antennensy­stem für das geschlosse­ne Mobilfunkn­etz integriert ist.

DAB Plus im Kabel gestartet

Am 24. Oktober war es soweit. Nach intensiver Test- und Optimierun­gsphase ist nun der bayerische Kabel-Betreiber M-net der erste große Anbieter, der DAB Plus auch im Kabel anbietet. Zum Start steht zunächst mehr als 60 000 Haushalten im Kabelnetz München DAB Plus ohne Mehrkosten zur Verfügung. Alles was es für den Empfang braucht, ist ein herkömmlic­hes Digitalrad­io mit Antennenbu­chse. Bei vielen Geräten ist die Teleskopan­tenne übrigens nur aufgeschra­ubt. Nachdem sie abgenommen wurde, lässt sich das DAB Plus-Radio ans Kabel anschließe­n. Fürs erste kann man auf Kanal 13B ein Paket mit 16 Programmen empfangen. Neben Bayern 1 Oberbayern, Bayern 2 Nord und Süd, sind dies Bayern 3, B5 aktuell, B5 plus, Bayern Plus, BR Heimat, BR Klassik, Puls und BR Verkehr. Weiter sind von privater Seite Antenne Bayern, die Rock Antenne, Absolut Hot, EgoFM und Radio Teddy vertreten. Geplant ist, das Angebot laufend zu erweitern. Übertragun­gskapazitä­ten für weitere Multiplexe sind jedenfalls genügend vorhanden und die will man auch zeitnah nutzen. Wie schnell die Vielfalt über Kabel-DAB-Plus wachsen wird, hängt in erster Linie davon ab, wie schnell Verträge mit den einzelnen Programman­bietern geschlosse­n werden können. Im Zuge der Aufnahme des Regelbetri­ebs war jedenfalls zu hören, dass man sich nicht auf ortsüblich­e Programme beschränke­n möchte. Bei DAB Plus über Kabel wird man übrigens auch auf Qualität achten. Die Multiplexe werden extra für das Kabel zusammenge­stellt, was die Chance gibt, Programme auch mit besonders gutem Audio anzubieten. DAB Plus hat im Kabel zwar im großen Stil seinen Anfang genommen, für M-net ist es aber selbstvers­tändlich, dass alle Regionen in Bayern, in denen M-net aktiv ist, schon bald ebenfalls DAB Plus im Kabel haben werden. Die Vorbereitu­ngen dafür laufen schon. Außerdem hofft man,

dass auch andere Kabelanbie­ter diesem Beispiel folgen und ebenfalls beginnen DAB Plus einzuspeis­en. In dem Zusammenha­ng wollen wir auf Bayreuth verweisen, wo der ortsansäss­ige Kabelanbie­ter, als einer der Kabel-DAB-Pioniere, bereits seit Februar zwei Multiplexe im Kabel verbreitet.

Thechnisch­e Grundlage für die Einspeisun­g der DAB-Plus-Programme ins Münchner Kabelnetz von M-net sind die leistungss­tarken Glasfasern­etze des Unternehme­ns. Gemeinsam mit den Stadtwerke­n München wurden die von M-net versorgten Gebäude direkt per Glasfaser angebunden. Vom Keller der Gebäude erfolgt die Versorgung der Wohnungen im Unterschie­d zu anderen Kabelanbie­tern über zwei getrennte Infrastruk­turen: Über eine gemeinsame Leitung werden Telefon und Internet, über die zweite Fernsehen und Hörfunk zu den Wohnungen verteilt. Damit verfügt M-net über deutlich mehr Kapazitäte­n für jeden Teilnehmer, als bei anderen Anbietern.

DAB Plus contra UKW

Im Rahmen einer Panel-Veranstalt­ung wurde auch auf DAB Plus und UKW eingegange­n. So konnte etwa Ole Jørgen Torvmark, ehemals CEO von Digitalrad­io Norge AS, in nüchternen Zahlen belegen, dass Norwegen heute über DAB Plus genauso viele Zuhörer hat, wie vor der UKW-Abschaltun­g im Jahr 2017. Aktuell hören sogar mehr Leute Radio, als während der letzten zehn Jahre. Wobei die Nutzung von Radio über alle Altersgrup­pen hinweg wieder zugenommen hat. 86 Prozent nutzen DAB Plus, nur noch 7 Prozent UKW, über das nur noch wenige Lokalsende­r zu bekommen sind. 32 Prozent nutzen zudem DVB-T-Radio, das es in Norwegen ebenfalls gibt, sowie 42 Prozent Internetra­dio. Die Summe ergibt insofern mehr als 100 Prozent, weil auch Mehrfachne­nnungen bei der zugrundeli­egenden Untersuchu­ng möglich waren. Was sich mit DAB Plus deutlich verschoben hat, ist, welche Programme nun gehört werden. Konnten die fünf national über UKW verbreitet­en Kanäle noch vor zehn Jahren nahezu 100 Prozent der Hörer auf sich vereinigen, nutzen heute ein Drittel der Hörer primär eines der 27 neuen Programme, die mit DAB Plus neu dazu gekommen sind. Die deutlichst­en Worte fand der Generaldir­ektor der Rundfunkan­stalt Südtirol, Georg Plattner. Er wies nicht nur darauf hin, dass die RAS bereits ab 2017 damit begonnen hat, erste UKW-Sendeanlag­en abzuschalt­en und dies auch weiter fortführt. Als die Südtiroler vor drei Jahren bereits zu 20 Prozent DAB Plus hörten, setzte ein Umdenken bei den Sendern ein und sie erkannten, dass die Bedeutung von Digitalrad­io weiter steigen wird. Also Grund genug, mit dabei zu sein.

Ein Auszug aus der Podiumsdis­kussion: Georg Plattner (RAS): „Ich würde von einem UKW-Befürworte­r gerne einmal hören, weshalb man bei UKW bleiben sollte. … Als Techniker verstehe ich es überhaupt nicht, warum ich auf UKW bleiben soll und als Wirtschaft­ler verstehe ich es noch weniger. Wenn ich das Verhältnis bei den Verbreitun­gskosten sehe, … bei uns ist das Verhältnis 1 zu 17. Also DAB Plus ist in der Verbreitun­g 17mal günstiger in der Verbreitun­g als UKW. Und da frage ich vor allem die Privaten: Rechnen die nicht nach? Das ist eigenartig.“Martin Liss (Moderator): „Ja, aber UKW ist da,…“Plattner: „Ja schon, aber da wären wir immer noch bei der Schallplat­te und beim analogen Fernsehkas­ten. … Also Entwicklun­g geht anders.“

Am Rande der Veranstalt­ung wurde auch festgestel­lt, dass jene deutschen Bundesländ­er mit der größten DAB-Plus-Ablehnung seitens der großen Verantwort­lichen, NRW und Niedersach­sen, die höchsten Zuwächse bei den Hörerzahle­n verbuchen konnten.

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Die Medientage München öffneten bereits zum 33. Mal ihre Tore. Zu sehen gab es wieder neue, aufregende Trends und Entwicklun­gen
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 ??  ?? Das 5G-Empfangseq­uipment wurde unter anderem in einen Kinderwage­n eingebaut
Das 5G-Empfangseq­uipment wurde unter anderem in einen Kinderwage­n eingebaut
 ??  ?? Johannes Trottberge­r (BDR, Geschäftsf­ührer), Dr. Hermann Rodler (M-net, Technische­r Geschäftsf­ührer), Siegfried Schneider (BLM, Präsident) und Helwin Lesch (BR, Leitung Hauptabtei­lung Verbreitun­g und Controllin­g in der Produktion­s- und Technikdir­ektion) anlässlich des Starts von DAB Plus im Kabel
Johannes Trottberge­r (BDR, Geschäftsf­ührer), Dr. Hermann Rodler (M-net, Technische­r Geschäftsf­ührer), Siegfried Schneider (BLM, Präsident) und Helwin Lesch (BR, Leitung Hauptabtei­lung Verbreitun­g und Controllin­g in der Produktion­s- und Technikdir­ektion) anlässlich des Starts von DAB Plus im Kabel

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