DAB-Plus im Kabel, neuer Digitalisierungsbericht und mehr: Die Highlights der Medientage München
Die Medientage München hatten vom 23. bis 25. Oktober bereits zum 33. Mal ihre Pforten geöffnet. Sie sind nicht nur Branchentreff der Medienwelt aus ganz Europa, sondern geben auch zahlreiche Einblicke über Trends, neue Techniken und was uns die Zukunft alles bringen kann.
So wie alle Jahre präsentierte das Institut für Rundfunktechnik auch bei den diesjährigen Medientagen in München neue Entwicklungen und Erkenntnisse. So wurde etwa anhand zweier paralleler UHD-TVs demonstriert, wie sich die Bildqualität bei HD und UHD verbessern lässt. Absolut verblüffend für uns war, wie sehr sich HDR auswirkt. Darunter versteht man die Darstellung mit höherem Dynamikumfang, weshalb es auch Hochkontrastbild genannt wird. Mit ihm werden Helligkeitsunterschiede detaillierter wiedergegeben und es werden
viele Details sichtbar, die bei normalem HD zwar auch da sind, aber einfach kaum wahrgenommen werden. Ebenfalls erstaunlich war, was sich alleine mit HDR noch aus HD herausholen lässt. So hieß es während der Präsentation: „Ich zeige Ihnen jetzt zwei Bilder und Sie sagen mir, welche Unterschiede Sie sehen.“Von rund 1,5m Abstand betrachtet meinten wir, zwei identische Bilder zu sehen. Nämlich UHD mit HDR, so wie es auch schon von einigen TV-Sendern über Satellit ausgestrahlt wird. Auch andere Medientage-Besucher schlossen sich dieser Mei
nung an. Dass einer der beiden Monitore nur HD mit HDR zeigte, war niemandem aufgefallen.
Freilich lässt sich auch UHD noch weiter verbessern. Üblicherweise nutzt man für UHD-Produktionen heute noch 25 oder 50 Bilder pro Sekunde. Wird der Wert auf 100 Bilder pro Sekunde erhöht, werden etwa schnelle Bewegungen bei Sportübertragungen, wie etwa die Beine laufender Sportler, ungleich exakter dargestellt. Der Fachmann spricht hier von der High Frame Rate, kurz HFR. Bei 100 Bildern pro Sekunde ist übrigens längst noch nicht Schluss. Techniker der BBC haben ermittelt, dass es rund 700 Bilder pro Sekunde bedürfte, um selbst bei schnellsten Bewegungen absolute, stets gleichbleibende Schärfe ins Bild zu bekommen. Ein Zukunftstraum, denn dafür bräuchte es heute noch so richtig viel an Übertragungsbandbreite.
5G
Seit etwa einem Jahr werden über die Sender Wendelstein und München Ismaning Testausstrahlungen in 5G Broadcast durchgeführt. Da der Standard noch nicht festgelegt ist, gab es für den neuen Rundfunk über Mobilfunk auch noch keine Endgeräte für den Massenmarkt zu bestaunen. FeMBMS-Empfänger (Further evolved Multimedia Broadcast Multicast Service) werden heute noch auf Basis von SDR-Radiotechnik realisiert. In der Zukunft soll diese Technik in Smartphones, Tablets und so weiter integriert werden.
Viel mehr hat man sich bislang damit beschäftigt, wie gut sich Fernsehen abseits von Streaming auf das Smartphone brin
gen lässt, ohne dafür zusätzliche Empfangstechnologien, Stichwort DVB-T2, einbauen zu müssen. Mit dem bisherigen Testequipment wurde insbesondere der Mobilempfang unter die Lupe genommen – von der Fußgängerzone bis zum fahrenden Auto. Wobei man sich bisher primär auf Ortsgebiete und Regionen, wo man nicht allzu schnell fährt, beschränkt haben dürfte.
Da ist man bereits auf einem sehr guten Weg. Allerdings wurde auch eingeräumt, dass 5G Broadcast nach heutigem Wissensstand nicht an das jetzige digitale Antennenfernsehen DVB-T2 herankommen dürfte. Womit sich schon die Frage stellt, ob es letztlich billiger kommt, Smartphones DVB-T2-tauglich zu machen oder für sie einen zusätzlichen Rundfunkstandard inklusive neuer Sendernetze zu entwickeln und zu betreiben.
5G für geschlossene Benutzerkreise
Während 5G Broadcast noch in weiter Ferne liegt, sind räumlich begrenzte 5G-Netze etwas, was sich schon heute realisieren lässt. Der neue Mobilfunkstandard bietet schließlich auch im Bereich der TV-Produktion einige Vorteile, die von den bisherigen Mobilfunkstandards nicht abgedeckt werden können. So fallen bei HD- und UHD-Produktionen etwa enorme Datenmengen an, die möglichst schnell up- und wieder downgeloaded werden wollen. Weiter punktet 5G mit kaum mehr messbaren Verzögerungszeiten, die es etwa erlauben, Kameras per 5G mit dem Regieraum zu verbinden. 5G bietet sich auch für die Industrie an, die über diesen Weg etwa Fertigungsroboter steuern kann.
Diese Anwendungen laufen jedoch nicht über die üblichen Mobilfunknetze, sondern über eigens dafür aufgebaute, die nur jene Flächen versorgen, auf denen eine bestimmte Anwendung gebraucht wird. Für solche Anwendungen werden auch eigene Frequenzen eingesetzt, die selbstverständlich auch bewilligt sein müssen. Zuletzt werden für diese 5G-Spezialnetze auch eigene SIM-Karten ausgegeben, womit sichergestellt wird, dass in solchen Hochleistungsnetzen nur eingeloggt ist, wer auch eingeloggt sein darf.
Wie bei Media Broadcast zu sehen war, nimmt die gesamte Technik kaum Platz ein. Sie ließe sich ohne weiteres in einen Kombi einbauen. Da solche Netze jedoch oft auch zeitlich begrenzt, etwa im Rahmen von speziellen Events, betrieben werden, hat man sie in einen Anhänger eingebaut, in dem auch gleich ein Teleskopmast mit dem Antennensystem für das geschlossene Mobilfunknetz integriert ist.
DAB Plus im Kabel gestartet
Am 24. Oktober war es soweit. Nach intensiver Test- und Optimierungsphase ist nun der bayerische Kabel-Betreiber M-net der erste große Anbieter, der DAB Plus auch im Kabel anbietet. Zum Start steht zunächst mehr als 60 000 Haushalten im Kabelnetz München DAB Plus ohne Mehrkosten zur Verfügung. Alles was es für den Empfang braucht, ist ein herkömmliches Digitalradio mit Antennenbuchse. Bei vielen Geräten ist die Teleskopantenne übrigens nur aufgeschraubt. Nachdem sie abgenommen wurde, lässt sich das DAB Plus-Radio ans Kabel anschließen. Fürs erste kann man auf Kanal 13B ein Paket mit 16 Programmen empfangen. Neben Bayern 1 Oberbayern, Bayern 2 Nord und Süd, sind dies Bayern 3, B5 aktuell, B5 plus, Bayern Plus, BR Heimat, BR Klassik, Puls und BR Verkehr. Weiter sind von privater Seite Antenne Bayern, die Rock Antenne, Absolut Hot, EgoFM und Radio Teddy vertreten. Geplant ist, das Angebot laufend zu erweitern. Übertragungskapazitäten für weitere Multiplexe sind jedenfalls genügend vorhanden und die will man auch zeitnah nutzen. Wie schnell die Vielfalt über Kabel-DAB-Plus wachsen wird, hängt in erster Linie davon ab, wie schnell Verträge mit den einzelnen Programmanbietern geschlossen werden können. Im Zuge der Aufnahme des Regelbetriebs war jedenfalls zu hören, dass man sich nicht auf ortsübliche Programme beschränken möchte. Bei DAB Plus über Kabel wird man übrigens auch auf Qualität achten. Die Multiplexe werden extra für das Kabel zusammengestellt, was die Chance gibt, Programme auch mit besonders gutem Audio anzubieten. DAB Plus hat im Kabel zwar im großen Stil seinen Anfang genommen, für M-net ist es aber selbstverständlich, dass alle Regionen in Bayern, in denen M-net aktiv ist, schon bald ebenfalls DAB Plus im Kabel haben werden. Die Vorbereitungen dafür laufen schon. Außerdem hofft man,
dass auch andere Kabelanbieter diesem Beispiel folgen und ebenfalls beginnen DAB Plus einzuspeisen. In dem Zusammenhang wollen wir auf Bayreuth verweisen, wo der ortsansässige Kabelanbieter, als einer der Kabel-DAB-Pioniere, bereits seit Februar zwei Multiplexe im Kabel verbreitet.
Thechnische Grundlage für die Einspeisung der DAB-Plus-Programme ins Münchner Kabelnetz von M-net sind die leistungsstarken Glasfasernetze des Unternehmens. Gemeinsam mit den Stadtwerken München wurden die von M-net versorgten Gebäude direkt per Glasfaser angebunden. Vom Keller der Gebäude erfolgt die Versorgung der Wohnungen im Unterschied zu anderen Kabelanbietern über zwei getrennte Infrastrukturen: Über eine gemeinsame Leitung werden Telefon und Internet, über die zweite Fernsehen und Hörfunk zu den Wohnungen verteilt. Damit verfügt M-net über deutlich mehr Kapazitäten für jeden Teilnehmer, als bei anderen Anbietern.
DAB Plus contra UKW
Im Rahmen einer Panel-Veranstaltung wurde auch auf DAB Plus und UKW eingegangen. So konnte etwa Ole Jørgen Torvmark, ehemals CEO von Digitalradio Norge AS, in nüchternen Zahlen belegen, dass Norwegen heute über DAB Plus genauso viele Zuhörer hat, wie vor der UKW-Abschaltung im Jahr 2017. Aktuell hören sogar mehr Leute Radio, als während der letzten zehn Jahre. Wobei die Nutzung von Radio über alle Altersgruppen hinweg wieder zugenommen hat. 86 Prozent nutzen DAB Plus, nur noch 7 Prozent UKW, über das nur noch wenige Lokalsender zu bekommen sind. 32 Prozent nutzen zudem DVB-T-Radio, das es in Norwegen ebenfalls gibt, sowie 42 Prozent Internetradio. Die Summe ergibt insofern mehr als 100 Prozent, weil auch Mehrfachnennungen bei der zugrundeliegenden Untersuchung möglich waren. Was sich mit DAB Plus deutlich verschoben hat, ist, welche Programme nun gehört werden. Konnten die fünf national über UKW verbreiteten Kanäle noch vor zehn Jahren nahezu 100 Prozent der Hörer auf sich vereinigen, nutzen heute ein Drittel der Hörer primär eines der 27 neuen Programme, die mit DAB Plus neu dazu gekommen sind. Die deutlichsten Worte fand der Generaldirektor der Rundfunkanstalt Südtirol, Georg Plattner. Er wies nicht nur darauf hin, dass die RAS bereits ab 2017 damit begonnen hat, erste UKW-Sendeanlagen abzuschalten und dies auch weiter fortführt. Als die Südtiroler vor drei Jahren bereits zu 20 Prozent DAB Plus hörten, setzte ein Umdenken bei den Sendern ein und sie erkannten, dass die Bedeutung von Digitalradio weiter steigen wird. Also Grund genug, mit dabei zu sein.
Ein Auszug aus der Podiumsdiskussion: Georg Plattner (RAS): „Ich würde von einem UKW-Befürworter gerne einmal hören, weshalb man bei UKW bleiben sollte. … Als Techniker verstehe ich es überhaupt nicht, warum ich auf UKW bleiben soll und als Wirtschaftler verstehe ich es noch weniger. Wenn ich das Verhältnis bei den Verbreitungskosten sehe, … bei uns ist das Verhältnis 1 zu 17. Also DAB Plus ist in der Verbreitung 17mal günstiger in der Verbreitung als UKW. Und da frage ich vor allem die Privaten: Rechnen die nicht nach? Das ist eigenartig.“Martin Liss (Moderator): „Ja, aber UKW ist da,…“Plattner: „Ja schon, aber da wären wir immer noch bei der Schallplatte und beim analogen Fernsehkasten. … Also Entwicklung geht anders.“
Am Rande der Veranstaltung wurde auch festgestellt, dass jene deutschen Bundesländer mit der größten DAB-Plus-Ablehnung seitens der großen Verantwortlichen, NRW und Niedersachsen, die höchsten Zuwächse bei den Hörerzahlen verbuchen konnten.