Neue Komprimierung: VVC als HEVC-Nachfolgestandard
Neben immer effizienteren Übertragungsstandards wie dem unlängst vorgestellten DVB-S2x ist auch die Komprimierung für die Effizienz von Übertragungen allesentscheidend. Die Standards MPEG 2, H.264 sowie HEVC werden in den kommenden Jahren mit VVC einen Nachfolger bekommen
Die technische Weiterentwicklung bei den Videocodecs für digitales Fernsehen macht keinen Halt. Galt MPEG-2 bei der Einführung des digitalen Fernsehens Mitte der 90er Jahre als das Nonplusultra, wurde 2003 bereits das dreimal so effiziente H.264 standardisiert und in den Folgejahren für die Verbreitung von HD-Signalen eingeführt. 2013 standardisierte man das gegenüber H.264 mindestens doppelt so effiziente HEVC, das bei Blu-rays, Streaming sowie seit Frühjahr 2016 in Deutschland beim Antennenfernsehen DVB-T2 zum Einsatz kommt und oft auch als H.265 bezeichnet wird. Somit ist die Zeit reif für die nächste Evolution bei der Videocodierung. Denn nur bei niedriger Bandbreite werden sich die TV-Sender eine Ausstrahlung in UHD-Qualität via Satellit oder Kabel leisten können.
Vorstellung
Auf der IFA Berlin sowie der IBC in Amsterdam wurde nun VVC (Versatile Video Coding) als HEVC-Nachfolgestandard im Testbetrieb gezeigt. VVC (alias H.266) ist ein Video-Kompressionsverfahren, das von JVET entwickelt wird. Hier haben sich die Video Experten von MPEG und der ITU zusammengeschlossen. Genauso wie die Vorgänger Standards wird VVC nicht kostenlos sein, ein Konsortium wird sich um die Vermarktung und Einhaltung der von den Entwicklerfirmen angemeldeten Patente kümmern. Der Standardisierungsprozess
hat im Oktober 2017 offiziell begonnen. Bereits im Herbst 2018 konnte man eine Version zeigen, die 40 Prozent effizienter codiert als HEVC. Inzwischen ist man bereits mehr als 50 Prozent effektiver. Der Codec ist auch für 360°-Videos optimiert. Dadurch ist eine effizientere Datenübertragung möglich, wo die Datenkapazität im Shared-Medium Funk begrenzt ist.
Testbetrieb
Der Westdeutsche Rundfunk (WDR) und das Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut HHI testen VVC bereits ausgiebig. Das Fraunhofer HHI war maßgeblich an der Entwicklung von HEVC (H.265) und dessen Vorgänger H.264 beteiligt und ist dies auch wieder bei VVC. Wir konnten uns auf der IBC in Amsterdam selbst ein Bild machen und sind begeistert. Für die Übertragung eines HD-Signals (1 920 × 1 080 Pixel) sind nicht mal mehr als 1Mbit/s nötig, UHD-Signale (4K) sind ab 2,2 Mbit/s möglich. Für die TV-Sender ermöglichen sich neue Verbreitungsmöglichkeiten. Kleine Sparten- oder Lokalsender können sich so auf einmal die Ausstrahlung via Satellit leisten, UHD-Signale werden auf einmal auch über schlechte DSL-Leitungen möglich. Was gut ist für die Sender, ist Gift für die Satellitenbetreiber. Der Leerstand bei den Satellitentranspondern wird sich durch den neuen, effizienteren Codec noch weiter ausweiten und für SES und Eutelsat zum Umsatzvernichter werden.
Bereits heute klagen die Satellitenbetreiber über die zunehmende Konkurrenz durch die neuen, schnell wachsenden Glasfasernetze. Doch das wird noch ein bisschen dauern. Bis Ende 2020 wird VVC erst einmal standardisiert. Erste Hardware-Implementierungen werden dann im Laufe des Jahres 2021 erwartet. Ab 2022 könnten dann erste Videodienste mit VVC in Betrieb gehen. Gemäß dem Motto „Das Bessere ist der Feind des Guten“könnte VVC bei der UHD-Ausstrahlung via Satellit und Kabel der neue Standard werden und den noch jungen HEVC-Standard gleich wieder ablösen. Bei DVB-T2 wird HEVC sicherlich bis mindestens 2025, wahrscheinlich sogar bis zum Ende des aktuell genehmigten Zeitraumes 2029 der Standard bleiben.