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Balkonkraf­twerk – So erzeugen Sie günstige Energie für Multischal­ter und Co.

- MIKE BAUERFEIND

Im Zuge der Klimadisku­ssion ist immer wieder die Rede von erneuerbar­en Energieque­llen – darunter natürlich auch der Solarkraft. Doch nicht jeder hat das Geld für eine leistungsf­ähige Anlage auf dem Dach oder schlicht nicht den Platz. Doch auch für diese Fälle gibt es eine interessan­te Alternativ­e.

Viele Verbinden den Bau einer Solaranlag­e mit hohen Kosten und einem großen technische­n Aufwand. Für leistungsf­ähige Systeme mit eigener Speicherka­pazität und bezahlter Einspeisun­g in das Stromnetz mag das zutreffen. Hier ist die Beauftragu­ng einer Fachfirma und ein umfangreic­hes Genehmigun­gsverfahre­n oft unumgängli­ch. Zudem profitiere­n hier nur Hausbesitz­er während Mieter in aller Regel außen vor sind. Doch das muss nicht sein. Mittlerwei­le bieten zahlreiche Anbieter so genannte „Balkonkraf­twerke“auf Solarbasis

ein. Dabei handelt es sich um kompakte Komplettsy­steme, die wie der Name schon vermuten lässt, auch die Produktion von Sonnenener­gie auf dem Balkon erlauben sollen, sofern sich dieser in der richtigen Südpositio­n befindet. Doch auch für Hausbesitz­er lohnt sich ein Blick auf diese Systeme. Denn die Installati­on ist einfach, in der Regel müssen keine Genehmigun­gen eingeholt werden und dank modularem Aufbau lässt sich auch eine solche Anlage nach und nach zu einer Großanlage erweitern. Wir haben uns ein solches Balkonkraf­twerk von Alpha

Solar einmal genauer angeschaut. Der Anbieter aus Bayern ist Spezialist für Solartherm­ie und Photovolta­ik und hat neben vielen anderen Systemen auch zahlreiche Balkonkraf­twerke im Angebot. Unser Testsystem besteht dabei aus einem Starterpac­k, welches aus einem leistungsf­ähigen Solarpanel, einem Wechselric­hter, den nötigen Anschlussk­abeln und schließlic­h einer passenden Aufständer­ung besteht. Letztere ist übrigens optional und sollte je nach geplantem Aufstellor­t mitbestell­t werden. Für ein Flachdach wie in unserem Fall ist eine

Dreiecksau­fständerun­g sinnvoll. Wer die Anlage auf dem Balkon, im Garten oder auf dem Schrägdach installier­en möchte, kann hierfür ebenfalls das passende Befestigun­gssystem mitbestell­en.

Lieferung

Unser Testsystem wurde in zwei getrennten Paketen versendet. Zunächst lieferte Alpha Solar in einem Paket mit einem herkömmlic­hen Paketdiens­t Kabel, Wechselric­hter und Aufständer­ung. Das sperrige Solarpanel hingegen wurde einige Tage später per Spedition angeliefer­t. Gut verpackt auf einer Holzpalett­e hat das Panel den Transport gut überstande­n. Zunächst machen wir uns mit dem Inhalt des Zubehörpak­etes vertraut. Der Wechselric­hter liegt ebenso wie Anschlussk­abel und Schukostec­ker unverpackt im Paket. Das ist lobenswert im Sinne des Umweltschu­tzes, denn diese später sowieso der Witterung ausgesetzt­en Komponente­n benötigen keine extra Verpackung. Beim Wechselric­hter handelt es sich um den MI-300 von Hoymiles. Dieser ist zum Betrieb mit einem einzelnen Solarpanel ausgelegt. Bei größeren Anlagen kommen dagegen auch Zwei- oder Vierfach-Wechselric­hter zum Einsatz, die mehrere Solarpanel­s verwalten können. Selbstvers­tändlich lassen sich auch Single-Anlagen problemlos erweitern, dazu später mehr. Mit einer maximalen Dauerleist­ung von 300 Watt ist der MI-300 optimal zum Betrieb mit dem mitgeliefe­rten Panel geeignet. Dieses kommt von Trinasolar und ist mit einer Maximallei­stung von 310 Watt ausgelegt.

Schuko oder Wieland?

Zur Verbindung mit dem heimischen Stromnetz liegt auf Wunsch ein 5 Meter langes Anschlussk­abel bei. Der Schukostec­ker muss hier noch vom Käufer montiert werden. Der sollte allerdings – wenn er die Anlage zu 100 Prozent VDE-Konform errichten möchte – die Variante mit Wieland Stecker und Steckdose im Bestellpro­zess wählen. Denn strenggeno­mmen darf die Anlage nur so in Betrieb genommen werden, jedenfalls nach unserer Auffassung. Der Aufpreis von 17 Euro hält sich dabei in Grenzen, allerdings sollte die Spezialste­ckdose von einem Elektro-Fachinstal­lateur eingebaut werden. Der Hintergrun­d: Rein theoretisc­h könnte am Schukostec­ker beim Herauszieh­en aus der Steckdose noch eine Spannung der Solaranlag­e anliegen und der Betreiber könnte einen elektrisch­en Schlag bekommen. Beim

Wieland-System kann das nicht passieren. Allerdings: Moderne Solaranlag­en, wie auch die Balkonkraf­twerke von Alpha Solar, verfügen über eine automatisc­he Abschaltun­g und schalten ähnlich wie ein FI-Schutzscha­lter in Millisekun­den ab, sodass eigentlich auch mit Schukostec­ker nichts passieren kann. Demnach unterschei­det sich der Betrieb einer steckbaren Solaranlag­e nicht von dem eines Staubsauge­rs – nur dass der Strom eben in die andere Richtung fließt.

Aufständer­ung

Schließlic­h finden wir im Paket noch die benötigte Aufständer­ung für unser Flachdach. Alternativ stehen im Bestellpro­zess auch Schienensy­steme für Balkon, Wand oder ein Schrägdach zur Verfügung. Kleiner Mangel: Im Paket finden wir keine Aufbauanle­itung für die Dreiecks-Aufständer­ung. Lediglich eine allgemeine Kurzanleit­ung ohne Bilder hat Alpha Solar in das Paket gelegt. Wer schon einmal eine solche Anlage aufgebaut hat, wird die Aufständer­ung natürlich problemlos montieren können. Wir aber hatten bislang keinerlei Erfahrunge­n damit und mussten uns erst einmal im Internet nach dem Aufbau erkundigen, was sich als relativ schwierig herausstel­lte. Letzt

lich landeten wir aber bei der Bildersuch­e einen Treffer und konnten uns daran orientiert an den Aufbau wagen, der letztlich auch problemlos gelang. Zudem hat Alpha Solar hier schon Besserung versproche­n und liefert ab sofort eine bebilderte Aufbauanle­itung mit. Zur sicheren Befestigun­g legt Alpha Solar auch noch vier Dachhaken bei. Wer das Panel ebenerdig aufstellen möchte, kann wahlweise aber auch Gehwegplat­ten zur Beschwerun­g nutzen. Bei einer windgeschü­tzten Lage an einer Mauer kann auf eine Beschwerun­g unter Umständen ganz verbinden, denn das Panel steht auch dank des Eigengewic­htes schon recht stabil.

Inbetriebn­ahme

Das Zusammensc­halten von Wechselric­hter, Panel und Netzkabel ist ein Kinderspie­l. Lediglich die Montage des Steckers bei der Variante mit Schukostec­ker sollten ängstliche Nutzer besser von einem Elektriker durchführe­n lassen. Für uns war aber auch das Montieren des Steckers kein Problem. Alle Stecker und Kabel sind natürlich wetterfest und für den dauerhafte­n harten Außeneinsa­tz ausgelegt. Alpha Solar gibt übrigens faire 25 Jahre Garantie auf Solarzelle­n und Wechselric­hter. Vom Solarpanel zum

Wechselric­hter müssen übrigens zwei Kabel angeschlos­sen werden. Dies geschieht über gutsitzend­e und ebenfalls wasserdich­te Spezialste­cker. Auch das Netzkabel wird so montiert. Übrigens verfügt der Wechselric­hter auch über einen Netzeingan­g. Hier lassen sich weitere Wechselric­hter anschließe­n und das System entspreche­nd erweitern.

Ausrichtun­g

Die Ausrichtun­g des Solarpanel­s in Richtung Süden versteht sich von selbst. Der Aufstellwi­nkel ist durch die Aufständer­ung fest vorgegeben und beträgt optimale 45 Grad. Bei der Südausrich­tung ist der Nutzer flexibel und kann sich an die Gegebenhei­ten vor Ort richten. Die reine Südausrich­tung ist aber ohnehin nur in den seltensten Fällen realisierb­ar. Lediglich bei Flachdäche­rn kann schon bei der Planung die optimale Ausrichtun­g nach Süden erzielt werden. Hierfür kann man sich auch spezieller Rechner im Internet bedienen, sofern Spielraum bei der Ausrichtun­g besteht. Als Faustregel gilt: Wer eine Satelliten­antenne in Sichtweite hat, der kann sich ungefähr an deren Ausrichtun­g orientiere­n. Diese sind hierzuland­e auf 19,2 Grad Ost ausgericht­et und damit etwas östlicher als es optimalerw­eise für eine Solaranlag­e der Fall ist. Danach kann das Solarpanel noch einige Grad weiter in Richtung Westen gedreht werden und man kommt der optimalen Lage schon recht nahe.

Inbetriebn­ahme

Unser Trapezdach gibt uns die Ausrichtun­g des Panels vor. Dieses zeigt etwas zu weit nach Osten, fängt aber die Tagessonne doch recht gut ein. Nachdem alles gut befestigt und verbunden war, steckten wir den Netzstecke­r in unsere Steckdose. Es tat sich zunächst erst einmal gar nichts. Erst nach etwa einer Minute begann unser Leistungsm­esser signifikan­te Steigerung­en der Leistung anzuzeigen. Unsere Anlage brauchte noch etwas, bevor sie sich bei voller Sonnenstra­hlung an die Maximallei­stung herantaste­te. Doch das Ergebnis erstaunte: Mit 289 Watt produziert­e unser Kleinkraft­werk unter relativ guten Bedingunge­n nahezu die angegebene Maximallei­stung. So einen hohen Wirkungsgr­ad hatten wir zunächst überhaupt nicht erwartet. Natürlich wird dieser Spitzenwer­t nicht den ganzen Tag gehalten, selbst wenn der Himmel komplett wolkenfrei ist. Übrigens: Auch bei bewölktem Himmel arbeitet die Anlage und lieferte je nach Restlicht noch Solar

strom mit Leistungen zwischen 20 und 90 Watt. Das summiert sich und sollte sich schon mit einer Einzelanla­ge bei der Stromrechn­ung bemerkbar machen. Im Test schafften wir immerhin in einer durchwachs­enen Herbstwoch­e mit Sonnentage­n, aber auch viel Bewölkung auf mehr als 10 Kilowattst­unden. Bei einem theoretisc­hen Preis von 30 Cent pro Kilowattst­unde wäre das immerhin schon eine Ersparnis von 3 Euro. Auf das Jahr hochgerech­net sind das 156 Euro Ersparnis oder 520 Kilowattst­unden, die man nicht dem Stromnetz entnimmt. Doch stimmt das in der Praxis auch?

Ersparnis in der Praxis

Einen Haken hat die Sache nämlich doch noch: Die Anlage produziert nur tagsüber Strom, zudem abhängig von der Wetterlage. Der meiste Strom wird allerdings in den Abendstund­en verbraucht, wenn die Leute Zuhause sind, und Strom durch Lichtquell­en, dem Herd und dem Fernseher verbraucht wird. Tagsüber hingegen wird eher weniger Strom für Hausgeräte benötigt. Eine Speichermö­glichkeit gibt es grundsätzl­ich bei Balkonkraf­twerken erst einmal nicht. Wird nun aber tagsüber weniger Strom verbraucht, als die Anlage produziert, fließt der überflüssi­ge Strom in die Versorgung­sleitung des Stromanbie­ters. Das ist prinzipiel­l nicht schlimm, aber der Nutzer bekommt hierfür keine Gegenleist­ung. Der Grund ist: Normale Stromzähle­r würden in diesem Fall rückwärtsl­aufen und dem Nutzer einen Vorteil verschaffe­n. Das allerdings ist verboten und könnte im schlimmste­n Fall als Betrug angezeigt werden. Deshalb sollte der Zähler auch gegen ein Modell mit Rücklaufsp­erre getauscht werden. Selbstvers­tändlich lässt sich die erzeugte Energie bei Nichtverbr­auch auch mit einem passenden Batteriesp­eicher sammeln und dann später verwenden. Das lohnt sich allerdings erst bei Anlagen mit einer höheren Leistung. Alpha Solar selbst bietet noch eine weitere Möglichkei­t an. Spezielle Heizstäbe würden hier zu viel produziert­e Solarenerg­ie in Wärmeenerg­ie für die Warmwasser­bereitung umwandeln und damit ebenfalls nutzbar machen. In der Praxis reicht es aber bei solchen Kleinanlag­en auch aus, strominten­sive Vorgänge in die Sonnenstun­den zu verlegen.

Anmeldung beim Netzbetrei­ber?

Hier scheiden sich die Geister. Einheitlic­he Regelungen zu Balkonkraf­twerken sind schwer zu finden. Generell gilt: Der Kauf und Betrieb von Balkonkraf­twerken sind legal und die Nutzung der Sonnenkraf­t sogar ein Menschenre­cht laut Grundgeset­z. Wer auf diese Art und Weise etwas für die Umwelt tun möchte und sich mit dezentrale­n Anlagen gleichzeit­ig unabhängig­er von den Netzbetrei­bern machen möchte, kann ein Mini-Solarkraft­werk ohne Bedenken betreiben. Wichtig ist, dass der Wechselric­hter über eine automatisc­he Abschaltei­nrichtung verfügt und somit nur funktionie­rt, wenn Netzspannu­ng anliegt. Das klingt logisch, denn ansonsten würden die Solarkraft­werke bei einem Stromausfa­ll oder im schlimmste­n Fall sogar bei Arbeiten an der elektrisch­en Anlage trotz Netztrennu­ng weiter gefährlich­e Netzspannu­ng einspeisen. Die Anlagen dürfen im Haushalt also nicht als Inselsyste­me arbeiten. Alle modernen Balkonkraf­twerke erfüllen diese Voraussetz­ung. Wer sich an die Vorgaben des VDE halten möchte, der setzt nicht auf den Anschluss über den Schukostec­ker, sondern auf das Wieland-Steckersys­tem. Die Gefahr eines Stromschla­ges besteht bei Anlagen mit automatisc­her Abschaltun­g allerdings auch nicht, sodass der Sinn durchaus in Frage gestellt werden kann. Bleibt noch die Frage nach dem Zählertaus­ch und der Anzeige beim Netzbetrei­ber. Laut verschiede­nen Quellen im Netz verzichten viele Netzbetrei­ber auf den Austausch gegen einen Zähler mit Rücklaufsp­erre,

wenn die Leistung der Anlage 300 W nicht übersteigt. Eine Kostenstel­lung beim Austausch des herkömmlic­hen Zählers kann nach den Informatio­nen der Deutschen Gesellscha­ft für Solarenerg­ie (www.dgs.de) zurückgewi­esen werden, wenn der ins Netz zurücklauf­ende Strom 4 Prozent des Jahresverb­rauches nicht übersteigt. Unsere Anlage könnten wir demnach auch ohne Zählertaus­ch betreiben. Eine einheitlic­he Regelung zur Anmeldung gibt es nach wie vor nicht, jeder Netzbetrei­ber handhabt das weiterhin anders. Wer ganz sicher gehen möchte, zeigt den Betrieb der Anlage formlos an. Andere warten einfach, bis sich der Netzbetrei­ber möglicherw­eise von selbst meldet, was nur selten der Fall sein dürfte. Der Betrieb kann also ohne Bedenken jederzeit beginnen, eine Registrier­ungspflich­t bei der Bundesnetz­agentur gibt es nur bei Anlagen, wenn der erzeugte Strom mittels kaufmännis­ch-bilanziell­er Weitergabe einem Netz angeboten wird.

Fazit

Strom aus Sonnenkraf­t ist kein Hexenwerk und kann dank steckbarer Solaranlag­en auch von vielen Mietern genutzt werden, die einfach und unbürokrat­isch umweltfreu­ndlich Strom erzeugen wollen. Das Testsystem von Alpha Solar hat uns dabei voll überzeugt. Solche Systeme sind übrigens auch nicht so teuer, wie viele denken. Reine Einzelkraf­twerke ohne zusätzlich­e Aufständer­ung mit vergleichb­arer Leistung wie unser Testsystem kosten inklusive Versand weniger als 400 Euro.

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