TV-Geschichte: Videorekorder sorgen in den 1960ger Jahren für Revolution
Während der 1960er-Jahre wurde das Fernsehen erwachsen. Die Sendernetze wurden weiter ausgebaut, und somit wurde der Empfang auch abseits der Ballungsräume möglich. Das Fernsehen war auf dem besten Weg, das Radio als Hauptmedium abzulösen.
Bis Mitte der 1960er-Jahre waren die meisten Fernsehgeräte in Gaststuben oder sonstigen öffentlichen Räumlichkeiten aufgestellt. In Privathaushalten waren sie noch eine seltene Ausnahme. Wer aber schon eine Glotze besaß, durfte sich über viele Freunde erfreuen. Die kamen dann nämlich gerne und häufig zu Besuch, um das Gebotene quasi im privaten Rahmen sehen zu können. Aus Schilderungen aus der eigenen Familie ist etwa bekannt, dass sich bei attraktiven Programmen nicht selten zehn Personen oder mehr zum Fernsehen angesagt hatten. Womit es im Wohnzimmer schon recht eng wurde. Das änderte sich erst, nachdem der Fernseher in immer mehr Haushalten Einzug gehalten hatte. Zu Beginn der 1960er-Jahre war Fernsehen noch etwas für eine kleine Minderheit. Nur zehn Jahre später war es längst zu einem Massenmedium geworden. Zwar hatten noch nicht alle ein eigenes TV-Gerät, aber schon die meisten. Die Kinobesitzer hatten jedenfalls keine Freude mit der Glotze. Immer weniger fanden
den Weg in die Lichtspieltheater. Womit diese nach und nach, zuerst die kleinen Dorfkinos, dicht machten.
Kommunikationssatelliten
Im August 1960 brachten die USA ihren ersten Kommunikationssatelliten in eine Umlaufbahn. Ein Satellit im heutigen Sinne war er noch nicht. Im Wesentlichen war Echo 1, so sein Name, nicht mehr, als ein etwa 30 Meter großer Ballon, dessen Haut mit einer reflektierenden Aluminiumschicht überzogen war. Die zu ihm gesendeten Funksignale wurden an seiner Hülle reflektiert und so wieder zur Erde abgelenkt. Womit sich Distanzen von 4000 bis 9000 Kilometer überbrücken ließen. Für TV-Übertragungen war Echo 1 jedoch kaum geeignet. Die über ihn empfangene Bildqualität ließ stark zu wünschen übrig. Dennoch wurde Echo 1 bis 1968 für transatlantischen Funkverkehr genutzt. Da er keine Elektronik besaß, arbeitete er nämlich zuverlässiger als die ersten echten Kommunikationssatelliten. Mit Telstar 1 startete am 10.
Juli 1962 der erste elektronische TV-Satellit. Er umkreiste die Erde in einer elliptischen Umlaufbahn von rund 960 bis 5 600 Kilometer Höhe. Womit keine ständigen TV-Übertragungen möglich waren. Sowohl die Sende- und Empfangsantenne, damals Ungetüme von rund 30 Meter Durchmesser, mussten laufend nachgeführt werden. Zwischen Amerika und Europa ergab sich so ein Zeitfenster von maximal 20 Minuten je Erdumkreisung. Die erste Liveübertragung aus den USA nach Europa erfolgte am 23. Juli 1962. Drei Bodenstationen wurden für den Transatlantikverkehr über Telstar 1 eingerichtet. In Andover, Maine, USA, sowie in Goonhilly Downs in Großbritannien wurde je eine große Hornantenne installiert. Im französischen Pleurmeur Bodou war eine große Parabolantenne vorhanden. 15 Stunden nach dem Start von Telstar1 wurde das erste Bild über den Atlantik gesendet. Zu sehen war eine wehende US-Fahne mit der Bodenstation im Hintergrund.
Der weltweit erste TV-Satellit wurde sehr bald ein Opfer des Kalten Krieges. Bei einem oberirdischen Atombombenversuch der USA in der Atmosphäre hatte der gerade in geringer Höhe darüber fliegende TV-Vogel zu viel an Strahlung abbekommen, die seine Transistoren zerstört haben. Seit November 1962 kreist Telstar 1 somit funktionslos in 158 Minuten um die Erde.
Das zweite Programm kommt
Obwohl das Fernsehen noch recht jung war, begeisterten sich Monat für Monat mehr Bürger für das neue Medium. Es hatte nur einen Haken. In der BDR gab es, genauso wie in der DDR und den meisten anderen Ländern, jeweils nur ein Programm. Die Bevölkerung sowie Bundeskanzler Adenauer und sein Kabinett wünschten sich ein zweites Fernsehprogramm. Es sollte dem Bund unterstellt sein und bundesweit ausgestrahlt werden. Zu diesem Zweck wurde am 25. Juli 1960 die Deutschland-Fernsehen GmbH gegründet. Sie sollte den Sendebetrieb mit 1. Januar 1961 aufnehmen. Am 1. August wurde bei der Deutschen Bundespost die Zuteilung eines Fernseh-Sendernetzes beantragt. Allerdings bewegte man sich mit dem Vorhaben in einer rechtlichen Grauzone. Denn die Kulturhoheit lag bei den Ländern, die somit auch für die Bereitstellung der TV-Inhalte zuständig gewesen wären. Der Bund war ausschließlich für den Sendernetzbetrieb verantwortlich. Die SPD-geführten Bundesländer fühlten sich betrogen und brachten eine Klage beim Bundesverfassungsgericht ein. Währenddessen liefen die Vorbereitungen für den Sendestart
weiter. Mit einer am 17. Dezember 1960 ausgesprochenen einstweiligen Unterlassungsanordnung war das Ende der Deutschland-Fernsehen GmbH besiegelt. Da aber auch die Länder einen zweiten TV-Kanal herbeisehnten, einigten sie sich wenige Monate später über die Einführung des später als ZDF bekannt gewordenen Senders. Dieses ging mit 1. April 1963 auf Sendung.
Doch so lange mussten die Bundesbürger nicht auf ihr zweites Programm warten. Denn quasi als Übergangslösung startete am 1. Mai 1961 das zweite Programm der ARD, das rückwirkend als ARD 2 bezeichnet wurde.
In Österreich startet das zweite Programm am 11. September 1961. Es läuft vorerst aber nur als technischer Versuchskanal und wird an nur drei Wochentagen im Großraum Wien ausgestrahlt. Das Sendernetz für das zweite Programm wurde erst ab Ende der 1960er-Jahre großflächig ausgebaut. Seit September 1970 sendete FS2, das heutige ORF2, an allen Wochentagen.
Neuer Frequenzbereich
Kaum jemand, der 1961 bereits ein TV-Gerät besaß, konnte das zweite Programm empfangen. Denn die Geräte
aus den 1950ern konnten nur den VHF-Bereich empfangen, in dem die ersten Programme übertragen wurden. Für die zweiten Programme kam ein neuer Frequenzbereich, das so genannte UHF-Band, zum Einsatz. Schnell kamen Nachrüstgeräte, besser als UHF-Konverter bekannt, auf den Markt. Sie konnten das Zweite empfangen und gaben es per Antennenkabel an den Fernseher weiter. Bis zum Start der regionalen 3. Programme in der BRD zwischen 1964 und 1969 gehörte das UHF-Empfangsteil längst zur Standardausstattung aller neuen Fernseher.
Der schwarze Kanal
Am 21. März 1960 flimmerte im DDR Fernsehen erstmals jene Sendung über die Mattscheiben, die bei den Bürgern Ostdeutschlands wohl am meisten gehasst war: Der Schwarze Kanal. Jeden Montag, unmittelbar im Anschluss eines populären Spielfilms, präsentierte der Chefkommentator des Fernsehens der DDR, Karl Eduard von Schnitzler, Ausschnitte des westdeutschen Fernsehens. In der Regel waren es Nachrichten, Reportagen und Magazine, zu denen er aggressiv und polemisch seinen Senf dazu gab. Für ihn war klar, der Westen war böse und das meiste, was im Fernsehen der BRD gezeigt wurde, war erstunken und erlogen.
Bis in den Oktober 1989 erklärte von Schnitzler, der von den DDR-Bürgern den wenig liebevoll gemeinten Spitznamen Sudel Ede erhalten hatte, die sozialistische Sicht der Dinge und somit die alleinige Wahrheit. Ihm war es ein Anliegen, seinen Genossen zu zeigen, wie schlimm es im kapitalistischen Westen zugeht und wie alltäglich Ausbeutung, Profitgier, Massenarbeitslosigkeit und Kriegslüsternheit sind. Im Westen lauert das Böse, das die friedliebende DDR nur zu Fall bringen will.
Beliebt war der Schwarze Kanal bestenfalls bei einhundertprozentigen Parteigenossen. Die meisten sahen ihn nur als Anlass, um schnellstmöglich auf das Westfernsehen umzuschalten. Manchmal schauten aber auch sie sich den Sudele Ede an. Einfach nur, um über den Stuss, der da verbreitet wurde, mal wieder herzhaft zu lachen.
Der Schwarze Kanal ist, genau genommen keine Erfindung der DDR. Im Westen war man schneller und analysierte in der von 1958 bis 1964 ausgestrahlten Reihe „Die rote Optik“, Meldungen des DDR-Fernsehens. Während der Schwarze
Kanal wöchentlich ausgestrahlt wurde, zeigte die ARD die rote Optik nur alle drei Monate.
Das Fernsehen wird bunt
Im Rahmen der 25. Funkausstellung in Berlin, gab Willy Brandt, damals Vizekanzler der BRD, am 25. August 1967 den Startschuss für das deutsche Farbfernsehen. Zumindest offiziell. Denn der große Knopf an seinem Rednerpult war nur eine Attrappe. Tatsächlich kam die Aufgabe, zum rechten Augenblick den Farbträger einzuschalten, einem Techniker im Hintergrund zu. Er dürfte sich bewusst gewesen sein, dass in dem Augenblick Fernsehgeschichte geschrieben wurde. Ob ihn dieses Wissen nervös gemacht hat, wissen wir nicht. Fakt ist aber, dass der Techniker den Farbträger bereits aktiviert hatte, als Willy Brandt um 10:57 Uhr seinen Daumen auf den Startknopf legte. So wurde das Bild bereits wenige Augenblicke bunt, bevor der inzwischen rot glänzende Startknopf gedrückt wurde. Von diesem kleinen Missgeschick dürfen nur die wenigsten Deutschen Notiz genommen haben. Im August 1967 standen gerade einmal an die 6000 Farbfernseher in den deutschen Haushalten. Kein Wunder. Farbgeräte
waren damals extrem teuer und kosteten damals zwischen 2 400 und 4 000 DM. Zum Vergleich: Das Einstiegsmodell des VW Käfers gab es zu der Zeit ab 4485DM. Dieses Geld damals in ein Auto zu investieren, dürfte ohnehin die bessere Wahl gewesen sein. Denn Farbsendungen waren damals äußerst selten und reduzierten sich auf ein bis zwei Sendungen pro Woche.
Farbfernsehen in Österreich
Am 1. Januar 1969 fällt mit der Übertragung des Neujahrskonzerts der Startschuss für das Farbfernsehen in Österreich. Farb-Versuchssendungen hatte es aber bereits seit Dezember 1965 gegeben. Obwohl in den in den Zeitungen abgedruckte TV-Programme extra auf Farbsendungen hingewiesen hatten, wird damals kaum jemand in der Lage gewesen sein, diese Testausstrahlungen in Farbe zu sehen.
Farbfernsehen in der DDR
Der 3. Oktober 1969 markiert ein denkwürdiges Datum in der ostdeutschen Mediengeschichte. An diesem Tag wurde das bis heute markanteste Wahrzeichen Berlins, der Funkturm, seiner Bestimmung übergeben. Zu diesem Anlass wurde gleichzeitig das zweite Programm des Deutschen Fernsehfunks DFF gestartet und auch das Farbfernsehen eingeführt. Anders als im deutschen Westen, setzte man in der DDR jedoch nicht auf das deutsche PAL-Farbfernsehsystem, sondern auf das französische SECAM-Verfahren, für das sich auch Väterchen Russland entschieden hatte. Ein reines Politikum mit weitreichenden Folgen. Denn Multinorm-Farbfernseher gab es damals nicht. Womit die zahlreichen Ostdeutschen die Programme aus der BRD weiter nur in Schwarzweiß sehen konnten, genauso wie das DDR-Fernsehen auch im Westen ohne Farbe blieb. Doch in der DDR lebten schon damals viele schlaue Köpfe, die sich zu helfen wussten. Sie schafften es nicht nur, fern der westdeutschen Grenze ARD, ZDF und die Dritten, selbst unter scheinbar ausweglosen Gegebenheiten, auf den Bildschirm zu zaubern, sondern wussten sehr schnell auch, wie sie ihre Ostfernseher PAL-tauglich machten.
Erste kompakte Videorekorder
Während der zweiten Hälfte der 1960er kamen die ersten transportablen Videorekorder auf den Markt. Sie arbeiteten noch mit offenen Spulen und zeichneten,
zumindest für den Heimgebrauch, nur in Schwarzweiß auf. Für den professionellen Einsatz waren bereits Farbgeräte verfügbar, die in der Regel aber nur bei TV-Anstalten für Reportagen zum Einsatz kamen. Die Geräte arbeiteten bereits mit 1/2-Zoll-Bändern, so wie sie später auch in den Videokassetten zu finden waren. Die stationären Videorekorder bei den TV-Studios waren hingegen noch große, schwere Maschinen, die mit 2 Zoll breiten Bändern (rund 5 Zentimeter) arbeiteten. Anlässlich der Funkausstellung in Berlin präsentierten Philips und Grundig das erste Heimvideosystem. Das LDL-System arbeitete mit,auf offenen Spulen aufgewickelten 1/2-Zoll-Bändern. Auf ein 450 Meter langes Band konnten 45 Minuten Bild und Ton aufgezeichnet werden. Wobei nur Schwarzweiß-Aufnahmen möglich waren. LDL-Videorekorder wurden bei identischem Innenleben in mehreren Gehäusevariationen angeboten und sahen den damals noch weit verbreiteten Tonbandgeräten zum Verwechseln ähnlich. Die Geräte kosteten etwa 2 000 DM.
Mondlandung
Der Sommer 1969 brachte das wohl bis heute größte Ereignis der Menschheit auf die TV-Bildschirme in aller Welt: die erste Mondlandung am 21. Juli 1969. Erstmals verließen Menschen unseren Planeten, um auf einem Nachbargestirn ihren Fuß zu setzen. All dem ging ein Kraftakt an technischen Entwicklungen in der Raumfahrt voraus. Aber auch die Absicht, dieses historische Ereignis live im Fernsehen zu übertragen, war eine große Herausforderung für das damals noch recht junge Medium. Rund 500 bis 600 Millionen Zuschauer verfolgten weltweit dieses einzigartige Ereignis, das von 50 Prozent aller TV-Stationen auf der Erde live übertragen wurde.
Spezielle Kameras
Um Gewicht und Übertragungsbandbreite zu sparen, wurden extra für die Mondlandung spezielle TV-Kameras entwickelt. Sie hatten bei zehn Bildern pro Sekunde eine Auflösung von 250 Zeilen und benötigten eine Übertragungsbandbreite von 4Hz bis 500kHz. Alles nur ein Bruchteil der auf der Erde üblichen TV-Systeme. Das Videosignal wurde von den Erdfunkstationen Goldstone in Kalifornien sowie Parkes (Antennendurchmesser je 64 Meter) und Honeysuckle Creek in Australien (26 Meter Durchmesser) empfangen. Das originale Videosignal wurde an den
Erdfunkstellen erst in die amerikanische TV-Norm umgewandelt, indem man die vom Mond empfangenen Bilder mit einer herkömmlichen Videokamera von einem Bildschirm abfilmte. Dabei ging leider ein Großteil der ursprünglichen Bildqualität verloren.
Die Signale vom Mond wurden zwar in Parkes mitgeschnitten. Die Originalbänder gingen jedoch verloren, sodass uns heute nur die schlechten Bilder, so wie wir sie einst live erleben konnten, erhalten geblieben sind.
Sensation im TV
Für viele, die heute Mitte 50 sind, ist die Mondlandung die erste TV-Sendung, an die sie sich zurückerinnern können. Die unscharfen Schwarzweißbilder, auf denen die Astronauten mit ihren weißen Weltraumanzügen auf dem Mond spazierten, hatten uns alle fasziniert und sind in lebendiger Erinnerung geblieben. Da machte es nichts aus, dass auf den meist flauen und eher unscharfen Bildern wenig zu erkennen war. Alleine das Wissen, dass sie in diesem Augenblick von einem Ort kamen, der für uns alle so unerreichbar weit entfernt lag, bewegte uns zutiefst.