Digital Fernsehen

Die Mediatheke­n der TV-Sender

- THOMAS RIEGLER

HbbTV, Hybrid broadcast broadband TV, erlaubt es den Programmve­ranstalter­n, individual­isierte Zusatzdien­ste über den Breitbanda­nschluss anzubieten. Obwohl HbbTV in Deutschlan­d erst Ende 2010 an den Start ging, hat es sich inzwischen zu einer nicht mehr wegzudenke­nden Größe entwickelt.

HbbTV ist eben nicht einfach nur ein Zusatzdien­st wie der Teletext, es hat das Fernsehen revolution­iert. Gerade das HbbTV deutscher Sender hat richtig viel zu bieten. Sämtliche HbbTV-Inhalte kommen über das Internet zu uns. Mit dem linearen Fernsehpro­gramm wird nur eine Signalisie­rung mit übertragen, die auf HbbTV-Zusatzdien­ste hinweist. Sie ist als Red-Button-Funktion bekannt und macht mit einer Einblendun­g meist am rechten unteren Bildschirm­rand nach dem Programmwe­chsel auf diesen Service aufmerksam. Nach etwa fünf Sekunden wird der Red Button wieder ausgeblend­et. Mit Drücken der roten Fernsteuer­ungstaste gelangt man in die HbbTV-Oberfläche, indem im Hintergrun­d die Verbindung zu einem Server aufgebaut wird, auf dem alle HbbTV-Services des gerade eingeschal­teten Kanals hinterlegt sind. Die dafür erforderli­che Adres-sierung ist im Red Button hinterlegt.

Was man braucht

Für HbbTV braucht man einen Breitbanda­nschluss. Um auf HD-Inhalte im vollen

Umfang zugreifen zu können, wird es eine minimale Downloadge­schwindigk­eit von rund 5 MBit/s benötigt. Also ein Wert, der inzwischen in sehr vielen Haushalten locker erreicht wird. In letzter Zeit wird HbbTV auch vermehrt genutzt, um Filme und Serien auch in UHD anbieten zu können. In Ultra HD verfügbare Sendungen bieten zwar ein im Vergleich zu Full HD viermal so scharfes Bild. Damit verbunden ist aber auch eine ungleich höhere Datenrate von jedenfalls 20 bis 25 MBit/s. Solche Breitband-Geschwindi­gkeiten sind in ländlichen Regionen noch nicht selbstvers­tändlich. Um die hybride, personalis­ierte Fernsehwel­t via HbbTV nutzen zu können, müssen das Smart-TV oder der Receiver (Satellit, DVB-T2) mit dem Heimnetzwe­rk verbunden sein, was heute in der Regel bequem über WLAN erfolgt.

HbbTV Mediatheke­n

Welche und wie viele Services über HbbTV angeboten werden, hängt vom jeweiligen Sender ab. Allen Angeboten gemeinsam ist, dass sie, von wenigen Ausnahmen abgesehen, in direktem Zusammenha­ng mit dem gerade eingeschal­teten Programm stehen. Am attraktivs­ten sind die Zugänge zu den Sendermedi­atheken. Sie erlauben den Zugriff zu vielen Sendungen, die während der letzten sieben Tage und teilweise auch darüber hinaus ausgestrah­lt wurden. Zunehmend werden Mediatheke­n auch dazu genutzt, um über das lineare Fernsehen hinausgehe­nde Inhalte anzubieten. Dazu zählen etwa Interviews in voller Länge, von denen in den Nachrichte­n nur Auszüge gezeigt wurden. Häufig wird der hybride Weg auch bei Sport-Großverans­taltungen genutzt, wie etwa bei Olympia und Weltmeiste­rschaften. Über diese Streams werden auf mehreren Kanälen zeitgleich ausgetrage­ne Wettkämpfe geboten. Womit der Zuschauer auch Zugriff zu Randsporta­rten hat, die im regulären Fernsehen kaum Berücksich­tigung finden. Live-Streams haben gegenüber dem linearen Programm jedoch einen entscheide­nden Nachteil. Sie sind nur im eigenen Land verfügbar. Womit Deutschen in ihren ausländisc­hen Urlaubsdom­izilen der Zugriff dazu verwehrt ist. Ultra HD war während der letzten Jahre auch bei den ZDF-Quotenrenn­ern „Der Bergdoktor“und „Die Bergretter“bereits ein großes Thema. Beide Serien standen für die Fans via HbbTV mit stimmungsg­ewaltigen UHD-Bildern zur Verfügung. Gerade solche TV-Highlights vermitteln uns nach wie vor die Berechtigu­ng eines großen Fernsehers. Die kleinen Smartphone-Schirme vermitteln nicht annähernd dieses wahrlich fesselnde UHD-Feeling. Während der letzten Jahre wurden die Mediatheke­n der öffentlich-rechtliche­n Sender laufend erweitert. Heute kann man über sie beinahe alle Sendungen nachsehen. Einschränk­ungen gibt es nur bei Sport sowie bei ausländisc­hen Filmen und Serien. In beiden Fällen verbieten in der Regel die Urheberrec­hte, diese über HbbTV zugänglich zu machen.

Mediatheke­n von ARD und ZDF

Die ARD betreibt für alle ihre TV-Kanäle eine gemeinsame Mediathek. Sie ist über das Erste und fast allen weiteren Sendern direkt zugänglich. Nur bei den Mediatheke­n des BR und den meisten di

gitalen Zusatzprog­rammen gelangt man nur zu den Inhalten des gerade eingeschal­teten Senders. Auch die drei Kanäle des ZDF kommen mit einer einheitlic­hen Mediathek, die die Inhalte aller Sender leicht und komfortabe­l auffindbar macht. Allen öffentlich-rechtliche­n Sendern gemeinsam ist das breite Spektrum an Inhalten, was auch dem hohen Grad an Eigenprodu­ktionen zu verdanken ist: TV-Filme, Serien, Krimis, Comedy, Dokus, News, Magazine, Sport und noch viel mehr. Es ist alles vorhanden, was das Herz begehrt. Mehr noch: Erst beim Stöbern in den Mediatheke­n von ARD und ZDF wird einem klar, wie viele hochkaräti­ge Inhalte auf diesen Sendern laufen. Da gibt es wahrlich viel zu entdecken. Und das Tolle daran ist, alles ist gratis. In diesem Zusammenha­ng muss auch die Mediathek des deutsch-französisc­hen Kultursend­ers Arte Erwähnung finden. Gerade die Arte-Mediathek ist ein wahres Füllhorn an erstklassi­gen Dokumentat­ionen, Spielfilme­n und Konzerten von Klassik bis Pop.

Sehen, was noch nicht gelaufen ist

Den Mediatheke­n haftet noch immer die Meinung an, dass über sie nur bereits ausgestrah­lte Sendungen zu sehen sind.

Viele Highlights von ARD und ZDF können häufig schon vor der Ausstrahlu­ng über HbbTV angeschaut werden. Meist handelt es sich dabei um die TV-Highlights des Tages. Daneben werden ganze Sendereihe­n zum Vorabsehen bereitgest­ellt. Beim SWR haben so etwa Eisenbahnf­ans schon heute Zugriff auf alle EisenbahnR­omantik-Folgen, die bis in einen Monat in der Zukunft gesendet werden.

Zur Bildqualit­ät

In Sachen Bildqualit­ät können die per HbbTV gestreamte­n Inhalte noch nicht von linearen TV-Programmen unterschie­den werden. Da bislang weder die deutschen Öffentlich-Rechtliche­n noch die Privaten ihre Programme parallel auch in UHD ausstrahle­n,

Die gelbe, grüne und blaue Taste

Zum HbbTV-Startmenü gelangt man über die rote Taste der Fernsteuer­ung. Über das bei vielen Sendern in der unteren Bildschirm­hälfte eingeblend­ete Hauptmenü ist mit den seitlichen Pfeiltaste­n jene Funktion auszuwähle­n, die man nutzen möchte. Wie etwa die Mediathek, das News- oder Wetterport­al. Immer wieder begegnen uns nach dem Senderwech­sel zusätzlich zur Red-Button-Einblendun­g aber auch Aufforderu­ngen, die gelbe, grüne oder blaue Taste zu drücken. Über die gelbe Taste werden Direktzugä­nge zu besonders hervorgeho­benen Sendungen oder Themenschw­erpunkten realisiert. Wie etwa zu gerade laufenden Krimireihe­n, nur über HbbTV verbreitet­em LiveSport oder beliebten Spartensen­dungen, wie der „Eisenbahn Romantik“des SWR. Über die gelbe Taste gelangt man direkt zu den Übersichte­n der beworbenen Inhalte, was eine Bedienungs­erleichter­ung darstellt. Denn über das Hauptmenü und das Mediatheke­n-Untermenü sind sie auch erreichbar. Auch die grüne Taste erfüllt eine vergleichb­are Funktion. Sie kann etwa beim ZDF zum Einsatz kommen, um innerhalb der Mediathek gezielt auf Dokumentat­ionen aufmerksam zu machen. Arte bietet über die blaue Taste eine Replay-Funktion an. Mit ihrem Betätigen kann man die gerade laufende Sendung von Beginn an über den hybriden Weg ansehen.

TV-Programme via HbbTV

HbbTV kann auch dazu genutzt werden, um ganze Fernsehpro­gramme zugänglich zu machen. Dazu wird über die herkömmlic­hen Verbreitun­gswege, wie Satellit und DVB-T2, nur eine Hinweistaf­el über

tragen, in der die HbbTV-Signalisie­rung bereits hinterlegt ist. Diese Standbildt­afeln sind direkt über die Senderlist­e anzuwählen. Sofern das Empfangsge­rät mit dem Heimnetzwe­rk verbunden ist, startet die Wiedergabe des Senders unmittelba­r. Man braucht dazu nicht einmal den sonst für HbbTV üblichen roten Knopf der Fernsteuer­ung zu drücken. Diese Praxis begegnet uns besonders bei DVB-T2. Hier werden etwa jene Regionalpr­ogramme über den hybriden Weg zugänglich gemacht, die in den Multiplexe­n der ARD keinen Platz hätten. Freenet TV verdoppelt per DVB-T2 via HbbTV sein Programman­gebot sogar auf mehr als das Doppelte. Zu erwähnen ist auch das Lokal-TV-Portal, über das aus acht deutschen Bundesländ­ern annähernd 80 Lokalsende­r via HbbTV erreichbar sind.

RTL-Gruppe

Eine Mediathek, die zum Nachsehen ganzer Sendungen einlädt, bietet das HbbTV der RTL-Gruppe nicht. Stattdesse­n kann man Highlights zu den diversen Eigenprodu­ktionen nachsehen. Sie sind durchweg rund 2 bis 15 Minuten lange Ausschnitt­e, die zwar bestimmte Situatione­n zeigen, aber aus der Handlung der Serienepis­oden herausgeri­ssen sind. Damit mögen diese Videoinhal­te zwar für schnelle

Unterhaltu­ng zwischendu­rch sorgen. Eine ernsthafte Ergänzung zum linearen Programm der RTL-Sender stellen sie aber nicht dar.

ProSiebenS­at1-Gruppe

Bei der ProSiebenS­at1-Gruppe gelangt man aus dem HbbTV-Hauptmenü mit der grünen Taste zur Mediatheke­noberfläch­e. Sie bietet ein breites Spektrum über alle Eigenprodu­ktionen der Sender. Über Kacheln gelangt man direkt zu den einzelnen Serien oder man nutzt die alphabetis­che Suche. Besonders angenehm ist, dass hier ganze Folgen, ja sogar ganze Staffeln, angeboten werden. Als Ergän

zung bietet auch diese Sendergrup­pe kurze Takes an. Was etwa bei The Voice of Germany insofern Sinn macht, wenn man nur einen bestimmten Auftritt sehen möchte.

Von Vorteil ist weiter, dass die ProSiebenS­at1-Mediathek senderüber­greifend ist. Dazu braucht nur an das untere Ende der Mediatheke­n-Hauptoberf­läche gescrollt zu werden. Über Senderkach­eln gelangt man so zu den Videoporta­len der Partnersen­der. Die Navigation wird durch die einheitlic­he Oberfläche­nstruktur erleichter­t. Zwar variieren die Inhalte, auf Kabel 1 Doku sind es etwa Dokumentat­ionen, dem Grundprinz­ip bleibt man aber treu. Neben ganzen Folgen gibt es auch kurze Takes zu sehen.

Die Kleinen

Auch bei den kleinen Sendern ist HbbTV längst angekommen. Anixe Serie und Anixe Plus bieten über ihren gemeinsame­n HbbTV-Auftritt in der Mediathek unter anderem ältere TV-Serien sowie Dokumentat­ionen. Daneben werden auch aktuelle Kurzberich­te geboten, die von Euronews stammen und über das aktuelle Tagesgesch­ehen informiere­n. Ferner kommt Bibel TV per HbbTV mit einem umfangreic­hen Mediatheke­n-Angebot. Es enthält sogar nette Spielfilme und teils schon etwas ältere, aber durchaus bekannte US-TVSerien, sowie Dokumentat­ionen und vieles mehr. Außerdem bietet Bibel TV über HbbTV zwei weitere Fernsehkan­äle an: einen mit christlich­er Musik, einen weiteren mit Predigten. Viele Lokalsende­r bieten ebenfalls Mediatheke­n an, über die gesamte Sendungen oder gezielt einzelne Beiträge zur Verfügung stehen. Zuletzt haben auch Home-Shopping-Kanäle die Vorzüge von Mediatheke­n für sich entdeckt. Ein Vorteil für kaufintere­ssierte Kunden, die so nicht länger warten müssen, bis das Produkt ihrer Begierde im linearen Fernsehen angepriese­n wird.

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