Die Mediatheken der TV-Sender
HbbTV, Hybrid broadcast broadband TV, erlaubt es den Programmveranstaltern, individualisierte Zusatzdienste über den Breitbandanschluss anzubieten. Obwohl HbbTV in Deutschland erst Ende 2010 an den Start ging, hat es sich inzwischen zu einer nicht mehr wegzudenkenden Größe entwickelt.
HbbTV ist eben nicht einfach nur ein Zusatzdienst wie der Teletext, es hat das Fernsehen revolutioniert. Gerade das HbbTV deutscher Sender hat richtig viel zu bieten. Sämtliche HbbTV-Inhalte kommen über das Internet zu uns. Mit dem linearen Fernsehprogramm wird nur eine Signalisierung mit übertragen, die auf HbbTV-Zusatzdienste hinweist. Sie ist als Red-Button-Funktion bekannt und macht mit einer Einblendung meist am rechten unteren Bildschirmrand nach dem Programmwechsel auf diesen Service aufmerksam. Nach etwa fünf Sekunden wird der Red Button wieder ausgeblendet. Mit Drücken der roten Fernsteuerungstaste gelangt man in die HbbTV-Oberfläche, indem im Hintergrund die Verbindung zu einem Server aufgebaut wird, auf dem alle HbbTV-Services des gerade eingeschalteten Kanals hinterlegt sind. Die dafür erforderliche Adres-sierung ist im Red Button hinterlegt.
Was man braucht
Für HbbTV braucht man einen Breitbandanschluss. Um auf HD-Inhalte im vollen
Umfang zugreifen zu können, wird es eine minimale Downloadgeschwindigkeit von rund 5 MBit/s benötigt. Also ein Wert, der inzwischen in sehr vielen Haushalten locker erreicht wird. In letzter Zeit wird HbbTV auch vermehrt genutzt, um Filme und Serien auch in UHD anbieten zu können. In Ultra HD verfügbare Sendungen bieten zwar ein im Vergleich zu Full HD viermal so scharfes Bild. Damit verbunden ist aber auch eine ungleich höhere Datenrate von jedenfalls 20 bis 25 MBit/s. Solche Breitband-Geschwindigkeiten sind in ländlichen Regionen noch nicht selbstverständlich. Um die hybride, personalisierte Fernsehwelt via HbbTV nutzen zu können, müssen das Smart-TV oder der Receiver (Satellit, DVB-T2) mit dem Heimnetzwerk verbunden sein, was heute in der Regel bequem über WLAN erfolgt.
HbbTV Mediatheken
Welche und wie viele Services über HbbTV angeboten werden, hängt vom jeweiligen Sender ab. Allen Angeboten gemeinsam ist, dass sie, von wenigen Ausnahmen abgesehen, in direktem Zusammenhang mit dem gerade eingeschalteten Programm stehen. Am attraktivsten sind die Zugänge zu den Sendermediatheken. Sie erlauben den Zugriff zu vielen Sendungen, die während der letzten sieben Tage und teilweise auch darüber hinaus ausgestrahlt wurden. Zunehmend werden Mediatheken auch dazu genutzt, um über das lineare Fernsehen hinausgehende Inhalte anzubieten. Dazu zählen etwa Interviews in voller Länge, von denen in den Nachrichten nur Auszüge gezeigt wurden. Häufig wird der hybride Weg auch bei Sport-Großveranstaltungen genutzt, wie etwa bei Olympia und Weltmeisterschaften. Über diese Streams werden auf mehreren Kanälen zeitgleich ausgetragene Wettkämpfe geboten. Womit der Zuschauer auch Zugriff zu Randsportarten hat, die im regulären Fernsehen kaum Berücksichtigung finden. Live-Streams haben gegenüber dem linearen Programm jedoch einen entscheidenden Nachteil. Sie sind nur im eigenen Land verfügbar. Womit Deutschen in ihren ausländischen Urlaubsdomizilen der Zugriff dazu verwehrt ist. Ultra HD war während der letzten Jahre auch bei den ZDF-Quotenrennern „Der Bergdoktor“und „Die Bergretter“bereits ein großes Thema. Beide Serien standen für die Fans via HbbTV mit stimmungsgewaltigen UHD-Bildern zur Verfügung. Gerade solche TV-Highlights vermitteln uns nach wie vor die Berechtigung eines großen Fernsehers. Die kleinen Smartphone-Schirme vermitteln nicht annähernd dieses wahrlich fesselnde UHD-Feeling. Während der letzten Jahre wurden die Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Sender laufend erweitert. Heute kann man über sie beinahe alle Sendungen nachsehen. Einschränkungen gibt es nur bei Sport sowie bei ausländischen Filmen und Serien. In beiden Fällen verbieten in der Regel die Urheberrechte, diese über HbbTV zugänglich zu machen.
Mediatheken von ARD und ZDF
Die ARD betreibt für alle ihre TV-Kanäle eine gemeinsame Mediathek. Sie ist über das Erste und fast allen weiteren Sendern direkt zugänglich. Nur bei den Mediatheken des BR und den meisten di
gitalen Zusatzprogrammen gelangt man nur zu den Inhalten des gerade eingeschalteten Senders. Auch die drei Kanäle des ZDF kommen mit einer einheitlichen Mediathek, die die Inhalte aller Sender leicht und komfortabel auffindbar macht. Allen öffentlich-rechtlichen Sendern gemeinsam ist das breite Spektrum an Inhalten, was auch dem hohen Grad an Eigenproduktionen zu verdanken ist: TV-Filme, Serien, Krimis, Comedy, Dokus, News, Magazine, Sport und noch viel mehr. Es ist alles vorhanden, was das Herz begehrt. Mehr noch: Erst beim Stöbern in den Mediatheken von ARD und ZDF wird einem klar, wie viele hochkarätige Inhalte auf diesen Sendern laufen. Da gibt es wahrlich viel zu entdecken. Und das Tolle daran ist, alles ist gratis. In diesem Zusammenhang muss auch die Mediathek des deutsch-französischen Kultursenders Arte Erwähnung finden. Gerade die Arte-Mediathek ist ein wahres Füllhorn an erstklassigen Dokumentationen, Spielfilmen und Konzerten von Klassik bis Pop.
Sehen, was noch nicht gelaufen ist
Den Mediatheken haftet noch immer die Meinung an, dass über sie nur bereits ausgestrahlte Sendungen zu sehen sind.
Viele Highlights von ARD und ZDF können häufig schon vor der Ausstrahlung über HbbTV angeschaut werden. Meist handelt es sich dabei um die TV-Highlights des Tages. Daneben werden ganze Sendereihen zum Vorabsehen bereitgestellt. Beim SWR haben so etwa Eisenbahnfans schon heute Zugriff auf alle EisenbahnRomantik-Folgen, die bis in einen Monat in der Zukunft gesendet werden.
Zur Bildqualität
In Sachen Bildqualität können die per HbbTV gestreamten Inhalte noch nicht von linearen TV-Programmen unterschieden werden. Da bislang weder die deutschen Öffentlich-Rechtlichen noch die Privaten ihre Programme parallel auch in UHD ausstrahlen,
Die gelbe, grüne und blaue Taste
Zum HbbTV-Startmenü gelangt man über die rote Taste der Fernsteuerung. Über das bei vielen Sendern in der unteren Bildschirmhälfte eingeblendete Hauptmenü ist mit den seitlichen Pfeiltasten jene Funktion auszuwählen, die man nutzen möchte. Wie etwa die Mediathek, das News- oder Wetterportal. Immer wieder begegnen uns nach dem Senderwechsel zusätzlich zur Red-Button-Einblendung aber auch Aufforderungen, die gelbe, grüne oder blaue Taste zu drücken. Über die gelbe Taste werden Direktzugänge zu besonders hervorgehobenen Sendungen oder Themenschwerpunkten realisiert. Wie etwa zu gerade laufenden Krimireihen, nur über HbbTV verbreitetem LiveSport oder beliebten Spartensendungen, wie der „Eisenbahn Romantik“des SWR. Über die gelbe Taste gelangt man direkt zu den Übersichten der beworbenen Inhalte, was eine Bedienungserleichterung darstellt. Denn über das Hauptmenü und das Mediatheken-Untermenü sind sie auch erreichbar. Auch die grüne Taste erfüllt eine vergleichbare Funktion. Sie kann etwa beim ZDF zum Einsatz kommen, um innerhalb der Mediathek gezielt auf Dokumentationen aufmerksam zu machen. Arte bietet über die blaue Taste eine Replay-Funktion an. Mit ihrem Betätigen kann man die gerade laufende Sendung von Beginn an über den hybriden Weg ansehen.
TV-Programme via HbbTV
HbbTV kann auch dazu genutzt werden, um ganze Fernsehprogramme zugänglich zu machen. Dazu wird über die herkömmlichen Verbreitungswege, wie Satellit und DVB-T2, nur eine Hinweistafel über
tragen, in der die HbbTV-Signalisierung bereits hinterlegt ist. Diese Standbildtafeln sind direkt über die Senderliste anzuwählen. Sofern das Empfangsgerät mit dem Heimnetzwerk verbunden ist, startet die Wiedergabe des Senders unmittelbar. Man braucht dazu nicht einmal den sonst für HbbTV üblichen roten Knopf der Fernsteuerung zu drücken. Diese Praxis begegnet uns besonders bei DVB-T2. Hier werden etwa jene Regionalprogramme über den hybriden Weg zugänglich gemacht, die in den Multiplexen der ARD keinen Platz hätten. Freenet TV verdoppelt per DVB-T2 via HbbTV sein Programmangebot sogar auf mehr als das Doppelte. Zu erwähnen ist auch das Lokal-TV-Portal, über das aus acht deutschen Bundesländern annähernd 80 Lokalsender via HbbTV erreichbar sind.
RTL-Gruppe
Eine Mediathek, die zum Nachsehen ganzer Sendungen einlädt, bietet das HbbTV der RTL-Gruppe nicht. Stattdessen kann man Highlights zu den diversen Eigenproduktionen nachsehen. Sie sind durchweg rund 2 bis 15 Minuten lange Ausschnitte, die zwar bestimmte Situationen zeigen, aber aus der Handlung der Serienepisoden herausgerissen sind. Damit mögen diese Videoinhalte zwar für schnelle
Unterhaltung zwischendurch sorgen. Eine ernsthafte Ergänzung zum linearen Programm der RTL-Sender stellen sie aber nicht dar.
ProSiebenSat1-Gruppe
Bei der ProSiebenSat1-Gruppe gelangt man aus dem HbbTV-Hauptmenü mit der grünen Taste zur Mediathekenoberfläche. Sie bietet ein breites Spektrum über alle Eigenproduktionen der Sender. Über Kacheln gelangt man direkt zu den einzelnen Serien oder man nutzt die alphabetische Suche. Besonders angenehm ist, dass hier ganze Folgen, ja sogar ganze Staffeln, angeboten werden. Als Ergän
zung bietet auch diese Sendergruppe kurze Takes an. Was etwa bei The Voice of Germany insofern Sinn macht, wenn man nur einen bestimmten Auftritt sehen möchte.
Von Vorteil ist weiter, dass die ProSiebenSat1-Mediathek senderübergreifend ist. Dazu braucht nur an das untere Ende der Mediatheken-Hauptoberfläche gescrollt zu werden. Über Senderkacheln gelangt man so zu den Videoportalen der Partnersender. Die Navigation wird durch die einheitliche Oberflächenstruktur erleichtert. Zwar variieren die Inhalte, auf Kabel 1 Doku sind es etwa Dokumentationen, dem Grundprinzip bleibt man aber treu. Neben ganzen Folgen gibt es auch kurze Takes zu sehen.
Die Kleinen
Auch bei den kleinen Sendern ist HbbTV längst angekommen. Anixe Serie und Anixe Plus bieten über ihren gemeinsamen HbbTV-Auftritt in der Mediathek unter anderem ältere TV-Serien sowie Dokumentationen. Daneben werden auch aktuelle Kurzberichte geboten, die von Euronews stammen und über das aktuelle Tagesgeschehen informieren. Ferner kommt Bibel TV per HbbTV mit einem umfangreichen Mediatheken-Angebot. Es enthält sogar nette Spielfilme und teils schon etwas ältere, aber durchaus bekannte US-TVSerien, sowie Dokumentationen und vieles mehr. Außerdem bietet Bibel TV über HbbTV zwei weitere Fernsehkanäle an: einen mit christlicher Musik, einen weiteren mit Predigten. Viele Lokalsender bieten ebenfalls Mediatheken an, über die gesamte Sendungen oder gezielt einzelne Beiträge zur Verfügung stehen. Zuletzt haben auch Home-Shopping-Kanäle die Vorzüge von Mediatheken für sich entdeckt. Ein Vorteil für kaufinteressierte Kunden, die so nicht länger warten müssen, bis das Produkt ihrer Begierde im linearen Fernsehen angepriesen wird.