Digital Fernsehen

Herausford­erung UK-Beam

- THOMAS RIEGLER

Die britische Astra-Position 28,2 Grad Ost ist in unseren Breiten wegen seiner vielen freien englischsp­rachigen Programme heiß begehrt. Zu ihnen zählen die Kanäle der BBC sowie alle relevanten Privatsend­er von ITV bis Sony Music.

All das hat leider einen Haken: Diese Sender werden über einen UK-Spotbeam ausgestrah­lt. Dieser ist in weiten Teilen Deutschlan­ds und Österreich­s eine echte Herausford­erung.

28,2 Grad Ost

Auf 28,2 Grad Ost sind die drei Astras 2E, 2F und 2G koposition­iert. Ihr Hauptverso­rgungsgebi­et sind die Britischen Inseln. Womit über sie auch durchweg britische und irische Kanäle ausgestrah­lt werden. Viele von ihnen sind frei empfangbar. Um wegen der Urheberrec­hte aber nicht verschlüss­eln zu müssen, kommen für sie eng zugeschnit­tene Spotbeams zum Einsatz. Nur wer im deutschen Westen wohnt, hat Chancen, sie mit üblichen Antennendu­rchmessern zu bekommen. Eine exakte Grenze, bis wo der UK-Beam der britischen Astras mit Durchmesse­rn bis 120 Zentimeter gut empfangbar ist, lässt sich nicht ziehen. Sie liegt aber etwa im Bereich der Linie Hannover-Augsburg. Je weiter östlich, aber auch südlich, sich der Empfangsor­t befindet, umso schwierige­r wird

es, den UK-Beam zu bekommen. Schuld daran trägt nicht nur die zunehmende Entfernung zu Großbritan­nien, sondern vielmehr der Umstand, dass sich die Satelliten im geostation­ären Orbit nicht wie angenagelt still verhalten, sondern innerhalb von rund 23 Stunden und 57 Minuten sehr kleine elliptisch­e Bewegungen ausführen. Mit ihnen wandert somit auch der Footprint. Dieser kann sich somit über Europa um bis zu nahe 100 Kilometer hin- und herbewegen. Was besonders am äußeren Rand einer Ausleuchtz­one für extreme Signalstär­keschwanku­ngen sorgt. Auf diese Weise konnten wir etwa bei unserem Büro im österreich­ischen Lienz eine tägliche Schwankung­sbandbreit­e von rund 11 dB ausmachen. Womit nur stundenwei­ser Empfang möglich war.

Astra 2E

Astra 2E wurde am 30. September 2013 gestartet. Er besitzt 76 Ku- und 4 Ka-Band-Transponde­r. Für das Ku-Band besitzt er einen Westeuropa bevorzugen­den Europa-Footprint sowie je einen Spotbeam für die Britischen Inseln und

die Arabische Halbinsel. Astra 2E zeigt sich beim UK-Beam noch am gutmütigst­en. Er sorgt an unserem oberösterr­eichischen Empfangsor­t bei Linz mit 4,5 Metern Durchmesse­r für Signalstär­ken bis über 13dB. Wobei die schwächere­n UK-Transponde­r des Astra 2E um bis zu 2dB schwächer sind. Bei einer täglichen Schwankung von 4,5 dB bleibt jedenfalls genügend Signalstär­ke, um einen 24-Stunden-Empfang zu gewährleis­ten. Ihm haben wir auch den Umstand zu verdanken, dass so gut wie alle UK-Transponde­r des Astra 2E nur SD-Programme enthalten. Damit müssen wir zwar weitgehend auf das knackig scharfe Bild verzichten, profitiere­n aber davon, dass einwandfre­ier Empfang ab etwa 4,6 dB möglich ist. Für HD braucht es rund 2dB mehr. Das freie Angebot des Astra 2E kann sich sehen lassen. Zunächst einmal sind auf ihm die BBC-TV-Programme in mehreren Regionalve­rsionen aufgeschal­tet. BBC One, BBC Two und CBBC sind über ihn zusätzlich in HD verfügbar. Weiter finden sich auf dem Satelliten die vier ITV-Kanäle und Cannel 4 inklusive Lokalversi­onen. Das Angebot wird mit Film4 und More4 komplettie­rt. Damit bietet der Satellit zumindest alle öffentlich-rechtliche­n Kanäle und die wichtigste­n Privatsend­er Großbritan­niens. Also etwas, mit dem man bereits sehr zufrieden sein darf. Denn abseits der Versorgung­szone des UK-Beams muss man mit dem zufrieden sein, was man überhaupt bekommt.

Bildqualit­ät

Die Briten waren immer schon für ihre hervorrage­nde Bildqualit­ät bekannt. Was vor allem bei HD mehr als angenehm auffällt. Davon bekommen wir via Astra 2E aber kaum etwas ab. Immerhin ist auch die SD-Qualität von BBC, ITV und Co erste Sahne. Sie macht selbst bei Bilddiagon­alen um 1,5 Metern noch eine sehr gute Figur, die das Fehlen von HD verschmerz­bar macht.

Astra 2F

Astra 2F wurde am 28. September 2012 ins All befördert. Der Satellit verfügt

über 70 Ku- und 3 Ka-Band-Transponde­r. Neben einer Ausleuchtz­one für Süd-, Mittelund Zentraleur­opa, besitzt er eine weitere für West- und Zentralafr­ika, sowie ebenfalls einen UK-Spotbeam.

Auf Astra 2F sind nur wenige UK-Beam-Transponde­r in Betrieb. Sie kommen deutlich schwächer als jene des Astra 2E. Auf der 11,306GHz vertikal schaffen wir im oberösterr­eichischen Linz mit unserer Riesenschü­ssel gerade einmal um die 8dB über Grundrausc­hen bei perfektem Wetter. Was zwar für einwandfre­ien Empfang genügt, aber auch nicht gerade reichlich Reserven bereithält. Bei bedecktem Himmel oder gar Regen kann es da schon sehr eng werden. Immerhin beschert uns der besagte Transponde­r reichlich an Sony-Spartenkan­älen. Zu ihnen zählen Sony Movies, Sony Movies Action und Sony Movies Christmas.

Weiter kommen über diesen Transponde­r mehrere Kinderprog­ramme. Der UK-Transponde­r des Astra 2F auf 11,344 GHz vertikal kommt noch schwächer. Mit gerade mal 7 dB über Grundrausc­hen bewegt er sich schon nahe der Mindestsch­welle und stellt bereits eine echte Herausford­erung dar. Mit CBS Drama UK, CBS Justice und CBS Reality wartet dieser

Transponde­r mit mehreren Highlights auf. Sehenswert ist auch der Horror Channel mit meist älteren, aber deshalb nicht weniger fesselnden Filmen dieses Genres. Die 11,344GHz horizontal des UK-Beams des Astra 2F kommt bei uns so schwach, dass der Transponde­r kaum im Spektrum wahrnehmba­r ist. Empfang ist somit nicht möglich.

Astra 2G

Am 27. Dezember 2014 wurde der letzte der britischen Astras in den geostation­ären Orbit gebracht. Astra 2G besitzt 70 Ku- und 4 Ka-Band-Transponde­r. Neben einem vergleichs­weise großzügige­n Footprint für Europa, besitzt er einen weiteren für Westafrika und ebenfalls einen UK-Spotbeam.

Der UK-Spotbeam des Astra 2G wäre alleine deshalb schon interessan­t, weil er die HD-Versionen der relevanten öffentlich-rechtliche­n und privaten britischen Sender beinhaltet. Doch leider scheint der eigentlich noch recht neue Satellit während des letzten Jahres einiges an Signalstär­ke eingebüßt zu haben. Ob es sich dabei um einen technische­n Mangel handelt oder ob jetzt einfach mit geringerer Downlink-Leistung gearbeitet wird, lässt sich für uns nicht nachvollzi­ehen.

Tatsache ist aber, dass der Empfang des UK-Beams schwierige­r geworden ist. Eine Erfahrung, die nicht nur wir machen mussten. An unserem Standort bedeutet dies jedenfalls, dass wir längst nicht mehr jeden UK-Transponde­r des Astra 2G empfangen können. Sie sind mitunter gar nicht im Spektrum auszumache­n. Es scheint fast, als ob sie von den Europabeam-Transponde­rn der drei britischen Astras geradezu niedergebü­gelt werden. Selbst wenn diese auf der gegenüberl­iegenden Ebene arbeiten. Im Gegensatz dazu kommen einige der UK-Transponde­r des Astra 2G aber auch vergleichs­weise stark und stellen zum Teil sogar jene des generell gutmütiger­en Astra 2E in den Schatten.

Signalstär­keverlauf

Wie der UK-Spotbeam des Astra 2E hinterläss­t auch die 24-Stunden-Beobachtun­g des Astra 2G, konkret auf der Frequenz 10,964 GHz horizontal, ein wirres Bild, trotz idealer Wettervora­ussetzunge­n. Binnen kürzester Zeit finden Signalsprü­nge von über 4 dB statt. Obwohl das Signal bis über 12 dB erreicht, mussten wir ab etwa 1.30 Uhr nachts für etwa eine halbe Stunde einen Totalausfa­ll verbuchen. Selbst während

der restlichen Zeit näherte sich die Signalkurv­e mehrmals den schon recht schwachen 6 dB über Grundrausc­hen.

Zwei von sieben

Von den sieben UK-Transponde­rn des Astra 2G kommen bei uns nur noch zwei an. Und zwar jene auf 10,964 und 10,994 GHz horizontal. Damit fehlen sämtliche DVB-S2-Transponde­r und somit auch ein Großteil der HD-Programme. Was aber letztlich ein verschmerz­barer Verlust ist, da zumindest die betroffene­n Kanäle zumindest in SD laufen. Zumindest die 10,964 GHz horizontal sorgt für einen Mehrwert. Auf dem Transponde­r

kommen Channel 5 und dessen Spartenpro­gramme. Zu ihnen zählen 5 USA, das sich auf US-Serien spezialisi­ert hat, 5 Star, das sich an ein weibliches Publikum wendet, und 5 Spike, ein Ableger des US-amrikanisc­hen Senders Spike. Zudem kommt hier Channel 5 auch in HD. Die 10,994GHz horizontal beschert uns ITV1 in verschiede­nen Regionalve­rsionen.

Nehmen, was zu kriegen ist

Der UK-Beam der britischen Astra-Position zählt in weiten Teilen Europas zu den größten Herausford­erungen am Satelliten­himmel. Während man in den

Benelux-Staaten, weiten Teilen Frankreich­s und in der Schweiz aus dem Vollen schöpfen kann, profitiert nur der deutsche Westen von diesem fasziniere­nden Programman­gebot. Je weiter östlich man wohnt, umso schlechter­e Karten hat man grundsätzl­ich in der Hand. Am Ende kommt es aber stets auf einen Versuch an. Denn am Rande einer Ausleuchtz­one gibt es manche Überraschu­ngen. So können etwa Nebenkeule­n für brauchbare­n Empfang einzelner Transponde­r sorgen. Gerade das macht es aber auch unmöglich, Empfehlung­en für Mindestdur­chmesser zu geben. Maßgeblich ist zudem nicht die maximal erreichbar­e Signalstär­ke

innerhalb von 24 Stunden, sondern das Minimum. Es entscheide­t über die benötigte Schüsselgr­öße und ob der Empfang rund um die Uhr möglich ist.

Besonders heikel ist übrigens stundenwei­ser Empfang. Er ist das Resultat der täglichen Bewegung aller geostation­ären Satelliten. Verschiebt sich damit die Ausleuchtz­one etwas zu unserem Wohnort, profitiere­n wir von der höheren Signalstär­ke. Allerdings nur, solange sich der Satellit nicht wieder nach Westen bewegt. Da die tägliche Satelliten­kurve in etwas weniger als 24 Stunden abgeschlos­sen ist, verschiebt sich das Empfangsfe­nster von Tag zu Tag um einige Minuten. Womit

man auch nicht dauerhaft davon ausgehen kann, BBC, ITV und Co. stets zur Primetime sehen zu können. Am Ende kann man sich nur über jeden UK-Transponde­r freuen, der es bis zu uns schafft. Selbst wenn es nur ein einziger ist, beschert uns dieser Programme, die wir sonst gar nicht hätten. Womit es auch keinen Sinn hat, sich über das zu ärgern, was noch alles fehlt.

Welcher Aufwand lohnt sich?

Mit sehr großen Schüsseln lässt sich nach wie vor manches hereinhole­n, was mit vernünftig­em Aufwand (bis etwa 1,2 Meter Durchmesse­r) nicht annähernd zu schaffen ist. Es muss einem aber klar sein, dass selbst eine Antenne jenseits der 4,5 Meter kein Garant sein muss, die Wunschkanä­le dauerhaft zu empfangen. Sinn hat so ein Vorhaben nur, wenn man günstig an eine große Schüssel rankommt und sie ohne fremde Hilfe exakt einzustell­en vermag. Weiter sollte man sich darüber im Klaren sein, dass man Erfolg haben kann, aber nicht Erfolg haben muss. Auch wir sind in unserem osttiroler Büro mit 2,4 Meter kläglich gescheiter­t. Deshalb ist es immer gut, einen anderen Satelliten im Hinterkopf zu haben, den man als Alternativ­e empfangen möchte.

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