M7 stellt Diveo ein: Ist die Hardware nun Schrott?
Zwar war es in den letzten Monaten etwas ruhiger geworden, dennoch schlug die Meldung ein wie eine Bombe: Der Programmanbieter M7 stellt in Deutschland seinen Dienst Diveo Ende November ein. Für die Mitbewerber keine schlechte Nachricht, für Verbraucher aber wird die Auswahl geringer.
Erst im Januar 2018 war Diveo an den Start gegangen und wollte neben Freenet als dritte Konkurrenz zu HD Plus den Markt aufmischen. Zum Preis von 7,90 Euro bot Diveo seinen Kunden ein mit HD Plus vergleichbares Programmpaket an, welches mittels speziellem CI-Plus-Modul oder eigenem Receiver größtenteils über Satellit empfangbar war und im Wesentlichen dem Privatsenderangebot von HD Plus entsprach. Dieses Entdecker-Paket war somit etwas teurer als das Astra-Urgestein, hatte allerdings neben dem Satellitenempfang auch noch ein paar Extra-Funktionen zu bieten. So gab es alle Sender auch nochmals als Streamingkanäle über eine App. Durch das Vorhandensein von allen großen Privatsendern und den öffentlich-rechtlichen Kanälen zur mobilen Nutzung entsprach dieser Zusatzdienst weitestgehend zusätzlich noch Streamingdiensten wie Waipu TV oder Zattoo. Ein Mehrwert, der offenbar trotzdem nur wenige Nutzer überzeugte.
Drei Paketvarianten
Neben dem Erlebnis-Grundpaket stand noch das Paket Entdecker (11,90 Euro/ Monat) sowie Vielfalt (16,90 Euro/Monat) zur Verfügung. Das größte Paket beinhaltete dabei neben den schon er
wähnten HD-Sendern weitere 27 Premiumsender – viele davon sogar in HD. Dazu gehörten Spielfilmsender wie Kinowelt, Sony AXN HD oder Sony Channel HD, sowie das komplette MTV-Musikpaket. Letzteres konnte sogar vollständig mit dem CI-Plus-Modul über Astra entschlüsselt werden. Unklar ist nun, ob ein anderer Anbieter die MTV-Premiumpakte nach dem Aus von Diveo ins Programm nehmen wird. Die Kunden von Diveo wurden über E-Mail von der Einstellung des Dienstes informiert. Auch frisch abgeschlossene Verträge werden dadurch Ende November aufgelöst. Die Hardware können Diveo-Nutzer behalten.
Alternativen
Kurz nach der Meldung hat übrigens HD Plus den Abonnenten von Diveo ein interessantes Angebot gemacht: Wer sein Modul oder Receiver nach Kauf einer Jahreskarte für HD Plus zum Anbieter nach München einschickt, bekommt das erste Jahr zum halben Preis. Doch ist HD Plus tatsächlich eine Alternative und welche Möglichkeiten haben Diveo-Kunden noch? Wer Diveo hauptsächlich im Erlebnis-Paket genutzt hat, um die Privatsender via Satellit in HD zu empfangen, wird in HD Plus sogar eine preiswertere Alternative finden. Hier sind monatlich regulär
nur 5,75 Euro fällig. Allerdings wird in aller Regel neue Hardware benötigt: Entweder ein CI-Plus-Modul oder ein zertifizierter Receiver für HD Plus. Das Modul oder der Receiver von Diveo sind hier leider untauglich. Wer sich beispielsweise für ein Modul entscheidet, zahlt inklusive Modul im ersten haben Jahr 75 Euro und kann dann zu den genannten 5,75 Euro verlängern. Dafür gibt es alle großen Privatsender in HD und mit RTL UHD und UHD1 sogar zwei Sender in UHD. Verzichten müssen Diveo-Kunden beim Satellitenempfang nur auf Insight UHD. Eine weitere Alternative stellt Freenet TV dar. Auch hier gibt es die wichtigen Privatsender in HD und zwar nicht nur über Satellit, sondern bei Bedarf auch digital über Antenne via DVB-T2. Der Clou: Das CI-Plus-Modul von Freenet kann in einen normalen Flachbildfernseher gesteckt werden und via Klick im Kundenportal wahlweise die Sender über Satellit oder eben DVB-T2 entschlüsseln. Das kann sich je nach Gegebenheiten vor Ort durchaus als Vorteil herausstellen. Auch eigene Receiver stehen zur Verfügung – dann aber entweder nur für Satellit oder terrestrischen Digitalempfang. Das Senderangebot entspricht im Wesentlichen dem von HD Plus, allerdings ohne die beiden UHD-Sender. Die Kosten entspre
chen mit 5,75 Euro exakt denen von HD Plus. Wer die technischen Voraussetzungen hat, kann natürlich auch auf einen Kabelanbieter oder bei passender Internetanbindung den Dienst Magenta TV der Telekom zurückgreifen.
Streaming
Etwas anders sieht es aus, wenn der ehemalige Diveo-Kunde auch das mobile Streamingangebot von Diveo genutzt hat. Dieses war ja jeweils im Grundpreis mit enthalten und konnte via Smartphone auch unterwegs zum Live-Streaming vieler linearer Sender eingesetzt werden. Neben dem Empfang auch der Privatsender in HD gab es sogar eine Replay-Funktion und Sendungen konnten im bis zu zehn Stunden fassenden Cloud-Privatarchiv gespeichert werden. Über offizielle und nicht ganz so offizielle Wege konnten diese Sender sogar auf einem Flachbildfernseher wiedergegeben werden – zum Beispiel über einen Chromecast oder das Fire TV. Nur Kunden von Magenta TV haben die Möglichkeit, viele lineare Sender ähnlich wie bei Diveo zusätzlich auch mobil über das Handy oder Tablet zu streamen. Die anderen Mitbewerber müssen dagegen weitestgehend passen. Freenet TV bietet gar keine vergleichbaren Dienste an, HD Plus kann mit HD Plus Connect und HD Plus Guide zumindest für die eigenen vier Wände eine Streamingmöglichkeit auf ein Tablet oder Smartphone anbieten. Allerdings ist hier ein passender Receiver oder Fernseher erforderlich, der die Sender entschlüsselt und dann ins heimische Netz streamt. Diveo hingegen funktionierte völlig eigenständig und auch unterwegs mit 3G oder LTE. Wer diese Funktion benötigt, muss nun zusätzlich einen Streamingdienst hinzubuchen.
Zusätzliche Bezahlsender
Bisher haben wir nur Alternativen für die regulären Privatsender aufgezeigt. Kniffliger
wird es bei den Bezahlsendern, die zusätzlich im Vielfalt-Paket enthalten waren. Auch hier wäre wieder die erste Adresse Magenta TV. Die Telekom bietet nämlich ein sehr großes Spektrum einzeln abonnierbarer Themenpakete wie „Film“, „Doku“, „Lifestyle“oder „Sport“an. Hier finden sich viele Pay-TV-Sender aus dem Diveo-Paket wieder. Einige dieser Sender können auch bei Sky über das Entertainment-Paket abonniert werden. Dort steht dann auch der Satellitendirektempfang oder der Empfang via Streaming über Sky Ticket zur Verfügung. Weitere Möglichkeiten bieten die Streamingdienste Waipu TV und Zattoo, die ebenfalls einige der Sender im Portfolio haben. Wer einen Fire TV besitzt, kann manche Sender auch über Amazon Channels
buchen – zum Beispiel Sony AXN oder Sony Channel. Allerdings ist dort eine Premium-Mitgliedschaft erforderlich. Keine Lösung gibt es bisher für das Premium-MTV-Paket. Dieses wurde exklusiv von Diveo vertrieben und ist derzeit bei keinem anderen Anbieter zu bekommen. Überhaupt sind bei den genannten Alternativen immer nur einige der Sender enthalten, die im Vielfalt-Paket zu sehen waren. Alle bekommt man selbst dann nicht zusammen, wenn man alle genannten Alternativen gleichzeitig bucht. Davon völlig abgesehen würde das auch die Kosten in unverhältnismäßige Höhen schnellen lassen. Das ist sehr schade, denn damit verschwindet ein doch recht umfangreiches und interessantes Paket an Bezahlsendern zunächst einmal vom
deutschen Markt. In jedem Fall müssen Umsteiger in neue Hardware investieren. Bei den beiden Mitbewerbern stehen jeweils ein CI-Plus-Modul und verschiedene zertifizierte Receiver zur Verfügung. Zusätzlich gibt es HD Plus auch mit dem HD Plus TV-Key zur Nachrüstung auf neuen Flachbildfernsehern von Samsung sowie direkt integriert in aktuellen TV-Geräten von Samsung oder Panasonic. Dort ist generell keine zusätzliche Hardware mehr erforderlich und es gibt sogar eine praktische Replay-Funktion.
Alte Hardware weiter nutzen?
Bleibt die Frage, was man mit dem Modul oder Receiver von Diveo noch anfangen kann, wenn man das Angebot von HD Plus nicht nutzen möchte. Im Falle vom Modul sieht es da trübe aus. Dieses dürfte in Zukunft wohl kaum mehr Wert besitzen als ein Briefbeschwerer. Denn: Es handelt sich um ein einfaches Viaccess-Modul mit einer intern verbauten Empfangskarte für Diveo. Diese Karte im Micro-SIM-Format steckt in einem fest verbauten Plastikmodul, welches sich nur durch Öffnen des kompletten Modules entfernen lässt. Erst dann könnte – rein theoretisch – eine normale Entschlüsselungskarte eingesteckt werden. Dass
Modul lässt sich aber nur gewaltsam öffnen unter dem Lösen von genieteten Stellen. Dieser Aufwand dürfte kaum Sinn machen, zumal in Deutschland kein Anbieter in dieser Verschlüsselung sendet. Etwas besser sieht es beim Receiver aus. Dieser kann immerhin noch als FTA-Empfänger für unverschlüsselte Sender weiterverwendet werden, wenn auch mit Einschränkungen.
MZ-101
Eigentlich war der große Vorteil des Diveo-Receivers, dass er lineare TV-Sender sowohl über Satellit als auch hybrid im Streaming empfangen konnte. Nur so war es Diveo überhaupt möglich, Sender wie beispielsweise Sony TV HD einzuspielen. Diese sind nämlich nicht über Astra empfangbar und wurden daher hybrid zugespielt. Nach dem Ende von Diveo werden diese Sender natürlich nicht mehr empfangbar sein. Überhaupt wird es wohl keine Möglichkeiten mehr geben, die hybriden Funktionen des Gerätes in irgendeiner Form weiter zu nutzen. Was allerdings durchaus funktionieren wird, ist der Empfang von FTA-Sendern über Satellit in HD und SD. Prinzipiell betrifft dies alle öffentlich-rechtlichen Sender sowie die Privatsender in Standard-Auflösung.
Die Hauptkanalliste von Diveo lässt sich allerdings nicht umsortieren, sodass der Weg hier über eine eigene Favoritenliste läuft. Das sollte prinzipiell funktionieren, auch wenn es für den Nutzer etwas Arbeit bedeuten wird. Ein Empfang der HD-Versionen der Privatsender wird auf diesem Weg allerdings nicht mehr möglich sein. Die vorhandene Hardware lässt sich leider nicht ohne weiteres auf den Empfang via HD Plus oder Freenet umstellen, zumal ein Standard-Karteneinschub oder ein CI-Plus-Port fehlen. Lediglich ein Einschub für eine SIM-Karte ist vorhanden, hier steckt auch die Viaccess-Empfangskarte von Diveo.
Kein richtiger Sendersuchlauf
Und es gibt noch eine weitere Einschränkung: Zwar erlaubt der Receiver via DiSEqC1.0 neben Astra auf 19,2 Grad Ost auch den Empfang von 9 Grad Ost, 13 Grad Ost und 23,5 Grad Ost, es ist aber kein regulärer Sendersuchlauf möglich. Dieser besteht vielmehr aus einem Download der Kanalliste von Diveo und beinhaltet nur Sender auf Astra 19,2 Grad Ost. Einen manuellen Suchlauf gibt es nicht, ebenso wenig einen regulären „echten“Suchlauf auf den Positionen. Da man davon ausgehen muss, dass
Diveo nach der Abschaltung seine Kanalliste nicht weiter pflegen wird, ist aus jetziger Sicht das Einpflegen neuer Sender oder gar Satellitenpositionen mit dem Receiver nicht möglich.
Kaum Wiederverkaufswert
Das schränkt tatsächlich die künftige Nutzbarkeit des Receivers deutlich ein. Auch der Wiederverkaufswert auf Plattformen wie Ebay dürfte für das Gerät nur sehr gering sein. Übrigens funktioniert der Receiver nur mit eingesteckter Empfangskarte. Wird diese entfernt, gibt es eine Fehlermeldung. Auch ein Anschluss an das Netzwerk ist zwingend erforderlich, sonst startet der Receiver ebenfalls nicht.
Fazit
Durch die Abschaltung von Diveo verlässt uns leider ein sehr interessanter Dienst. Wer wirklich sowohl den Satellitenempfang als auch die Streamingdienste regelmäßig genutzt hat, wird kaum ein vergleichbares Angebot am Markt finden. Durchgesetzt hat sich Diveo bei seinen Kunden vermutlich vor allem wegen der fehlenden Bekanntheit nicht. Bis zuletzt war der Dienst eher nur technisch versierten und weniger der Allgemeinheit bekannt. Hätte M7 etwas mehr Werbebudget in die Hand genommen, wäre das Ende des Dienstes möglicherweise doch nicht so schnell gekommen. Wir finden das Verschwinden dieser interessanten Plattform jedenfalls ausgesprochen schade. 3