DVB-T feiert Comeback in der Schweiz
Im Sommer hat sich die öffentlich-rechtliche Schweizer Radio- und Fernsehgesellschaft SRG vom DVB-T-Antennenfernsehen verabschiedet. Sehr zum Ärger der Nachbarn, die die Programme per Direktempfang oder über Kabel, gerne geschaut haben. Mit dem Aus von DVB-T war damit Schluss. Nun ist wieder frischer Wind in diese Angelegenheit gekommen.
Den Ausschlag hatte eine badische Politikerin gegeben. Sie wandte sich an die SRG mit der Bitte um eine Stellungnahme, warum in der Ostschweiz ein DVB-T-Sender in Betrieb genommen wurde, der nach Österreich sendet, nicht aber nach Deutschland. Dabei nahm die Politikerin Bezug auf ein Projekt, das nicht an die große Glocke gehängt wurde und das, wider ihrem Wissen, auch noch nicht abgeschlossen ist. Mit anderen Worten: Noch sendet kein „neues“DVB-T in der Schweiz.
Die Vorgeschichte
Die emotionale Bindung der Vorarlberger im äußersten Westen Österreichs zu ihren schweizer Nachbarn ist extrem groß. So bemühten sich die Vorarlberger Kabelbetreiber um eine Ausnahmeregelung mit
der SRG. Diese erlaubte zunächst, SRF1 und SRF2 ab Juli wieder in den lokalen Kabelnetzen anzubieten. So wie etwa bei Magenta TV.
Der Plan
Weiter wurde uns unter dem Siegel der Verschwiegenheit anvertraut, dass die Vorarlberger einen Plan hätten, den sie nicht an die große Glocke hängen wollen. Sie bemühen sich, auf eigene Kosten über den 1 793 Meter hohen „Hohen Kasten“die Schweizer Programme wieder per DVB-T auszustrahlen. Den Hohen Kasten hatte man deshalb ins Visier genommen, weil sich sein Gipfel nur vier Kilometer von der österreichischen Grenze befindet und dieser Senderstandort schon bisher jener war, der Vorarlberg am besten erreicht hat. Der mit der Ausstrahlung
unvermeidliche Overspill nach Österreich, würde die Einspeisung von SRF 1 und 2 weiter absichern. Im Vorfeld mussten die gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden. So brauchte es eine Sendegenehmigung der schweizer Regulierungsbehörde inklusive Frequenzzuweisung. Weiter musste ein Abkommen mit dem Schweizer Fernsehen geschlossen werden.
Stellungnahme der SRG
Wie bereits erwähnt, stellte sich die Frage, ob eine vergleichbare privatrechtliche Regelung zur Verbreitung der Schweizer TV-Programme auch für das deutsche Grenzgebiet denkbar ist. In der Antwort der SRG erläuterte Jean-Michel Cina, Verwaltungsratspräsident der SRG, die Voraussetzungen, unter denen eine Wei
terverbreitung per DVB-T in der Schweiz durch Dritte möglich ist. So könnten privatrechtliche Unternehmen in der Schweiz frei empfangbare TV-Programme ohne Zustimmung der Programmveranstalter über DVB-T und Kabel weiterverbreiten. Als Voraussetzung gilt jedoch, dass das beabsichtigte Versorgungsgebiet in der Schweiz liegen muss. Weiter benötigt der Betreiber eines solchen DVB-T-Senders eine Funkkonzession des Bundesamtes für Kommunikation, kurz BAKOM. Außerdem müsste eine solche Sendeanlage auf eigene Kosten betrieben werden. Zuletzt sind vom Senderbetreiber Urheberrechtsabgaben an die Urheberrechtsstelle Suissimage zu entrichten. Weiter betonte Cina, dass der Vorarlberger Kabelnetzbetreiber alle diese Kriterien erfüllt.
Weiter verriet die SRG, dass derzeit auch private Investoren in der Region Genf die Inbetriebnahme eines oder zweier DVB-TSender prüfen. Über sie sollen die beiden französischsprachigen schweizer Kanäle RTS1 und 2 verbreitet werden.
Zum Hohen Kasten
Inzwischen sind weitere Details zum Hohen Kasten bekannt geworden. So wurde von der BAKOM der Kanal 34 zugeteilt.
Gesendet werden soll ferner in DVB-T und MPEG-2. Womit Kanal und Übertragungsnorm dieselben sind, wie sie bis Sommer in der deutschen Schweiz üblich waren. Dabei hatte die Behörde wohl auch die eigenen Bürger im Fokus, die so ihre vielleicht noch vorhandenen DVB-T-Boxen wieder weiter verwenden können. Was aber auch bedeutet, dass SRF1 und 2 terrestrisch nur in SD ausgestrahlt werden. Angesichts dessen, dass aber im Vergleich zu früher anstatt fünf nur zwei Programme verbreitet werden sollen, können beide mit entsprechend besserer Bildqualität ausgestrahlt werden. Weiter wäre denkbar, dass künftig mit einem robusteren Fehlerschutz gearbeitet wird. Dieser würde den Empfang des Multiplexes auch in größerer Entfernung erleichtern.
Übrigens sollen auch die Ausstrahlungscharakteristik und Sendeleistung dieselben sein, wie zuvor. Was bedeuten würde, dass DVB-T künftig vom Hohen Kasten wieder mit einer Sendeleistung von rund 1,79 kW ausgestrahlt werden würde. Soviel weiter zu erfahren war, arbeitete man Mitte November noch am Aufbau der Sendetechnik am Hohen Kasten. Ab wann diese betriebsbereit sein wird, ist noch nicht bekannt. Es dürfte sich jedenfalls
auszahlen, den Kanal 34 schon mal gelegentlich in die Frequenzbeobachtungen einzubeziehen.
Modell für Bodenseeraum?
Grundsätzlich wäre die gerade in ihrer Endphase der Vorbereitungen befindliche Vorarlberger Lösung auch für den südbadischen Grenzraum, also dem deutschen Bodenseeraum, denkbar. Dass von deutscher Seite diesbezüglich noch nichts unternommen wurde, mag aber auch daran liegen, dass hier Kabel-TV primär in der Hand weniger sehr großer Anbieter liegt. Diese handeln mitunter auch etwas träge und favorisieren wohl Lösungen, die eher allen Kunden etwas bringen. In Vorarlberg hatte man wohl den Vorteil, dass in Österreich Kabelfernsehen meist von kleinen Anbietern kommt. Diese reagieren schneller auf Veränderungen und stellen sich schwierigen Problemen.