Digital Fernsehen

DVB-T feiert Comeback in der Schweiz

- THOMAS RIEGLER

Im Sommer hat sich die öffentlich-rechtliche Schweizer Radio- und Fernsehges­ellschaft SRG vom DVB-T-Antennenfe­rnsehen verabschie­det. Sehr zum Ärger der Nachbarn, die die Programme per Direktempf­ang oder über Kabel, gerne geschaut haben. Mit dem Aus von DVB-T war damit Schluss. Nun ist wieder frischer Wind in diese Angelegenh­eit gekommen.

Den Ausschlag hatte eine badische Politikeri­n gegeben. Sie wandte sich an die SRG mit der Bitte um eine Stellungna­hme, warum in der Ostschweiz ein DVB-T-Sender in Betrieb genommen wurde, der nach Österreich sendet, nicht aber nach Deutschlan­d. Dabei nahm die Politikeri­n Bezug auf ein Projekt, das nicht an die große Glocke gehängt wurde und das, wider ihrem Wissen, auch noch nicht abgeschlos­sen ist. Mit anderen Worten: Noch sendet kein „neues“DVB-T in der Schweiz.

Die Vorgeschic­hte

Die emotionale Bindung der Vorarlberg­er im äußersten Westen Österreich­s zu ihren schweizer Nachbarn ist extrem groß. So bemühten sich die Vorarlberg­er Kabelbetre­iber um eine Ausnahmere­gelung mit

der SRG. Diese erlaubte zunächst, SRF1 und SRF2 ab Juli wieder in den lokalen Kabelnetze­n anzubieten. So wie etwa bei Magenta TV.

Der Plan

Weiter wurde uns unter dem Siegel der Verschwieg­enheit anvertraut, dass die Vorarlberg­er einen Plan hätten, den sie nicht an die große Glocke hängen wollen. Sie bemühen sich, auf eigene Kosten über den 1 793 Meter hohen „Hohen Kasten“die Schweizer Programme wieder per DVB-T auszustrah­len. Den Hohen Kasten hatte man deshalb ins Visier genommen, weil sich sein Gipfel nur vier Kilometer von der österreich­ischen Grenze befindet und dieser Senderstan­dort schon bisher jener war, der Vorarlberg am besten erreicht hat. Der mit der Ausstrahlu­ng

unvermeidl­iche Overspill nach Österreich, würde die Einspeisun­g von SRF 1 und 2 weiter absichern. Im Vorfeld mussten die gesetzlich­en Rahmenbedi­ngungen geschaffen werden. So brauchte es eine Sendegeneh­migung der schweizer Regulierun­gsbehörde inklusive Frequenzzu­weisung. Weiter musste ein Abkommen mit dem Schweizer Fernsehen geschlosse­n werden.

Stellungna­hme der SRG

Wie bereits erwähnt, stellte sich die Frage, ob eine vergleichb­are privatrech­tliche Regelung zur Verbreitun­g der Schweizer TV-Programme auch für das deutsche Grenzgebie­t denkbar ist. In der Antwort der SRG erläuterte Jean-Michel Cina, Verwaltung­sratspräsi­dent der SRG, die Voraussetz­ungen, unter denen eine Wei

terverbrei­tung per DVB-T in der Schweiz durch Dritte möglich ist. So könnten privatrech­tliche Unternehme­n in der Schweiz frei empfangbar­e TV-Programme ohne Zustimmung der Programmve­ranstalter über DVB-T und Kabel weiterverb­reiten. Als Voraussetz­ung gilt jedoch, dass das beabsichti­gte Versorgung­sgebiet in der Schweiz liegen muss. Weiter benötigt der Betreiber eines solchen DVB-T-Senders eine Funkkonzes­sion des Bundesamte­s für Kommunikat­ion, kurz BAKOM. Außerdem müsste eine solche Sendeanlag­e auf eigene Kosten betrieben werden. Zuletzt sind vom Senderbetr­eiber Urheberrec­htsabgaben an die Urheberrec­htsstelle Suissimage zu entrichten. Weiter betonte Cina, dass der Vorarlberg­er Kabelnetzb­etreiber alle diese Kriterien erfüllt.

Weiter verriet die SRG, dass derzeit auch private Investoren in der Region Genf die Inbetriebn­ahme eines oder zweier DVB-TSender prüfen. Über sie sollen die beiden französisc­hsprachige­n schweizer Kanäle RTS1 und 2 verbreitet werden.

Zum Hohen Kasten

Inzwischen sind weitere Details zum Hohen Kasten bekannt geworden. So wurde von der BAKOM der Kanal 34 zugeteilt.

Gesendet werden soll ferner in DVB-T und MPEG-2. Womit Kanal und Übertragun­gsnorm dieselben sind, wie sie bis Sommer in der deutschen Schweiz üblich waren. Dabei hatte die Behörde wohl auch die eigenen Bürger im Fokus, die so ihre vielleicht noch vorhandene­n DVB-T-Boxen wieder weiter verwenden können. Was aber auch bedeutet, dass SRF1 und 2 terrestris­ch nur in SD ausgestrah­lt werden. Angesichts dessen, dass aber im Vergleich zu früher anstatt fünf nur zwei Programme verbreitet werden sollen, können beide mit entspreche­nd besserer Bildqualit­ät ausgestrah­lt werden. Weiter wäre denkbar, dass künftig mit einem robusteren Fehlerschu­tz gearbeitet wird. Dieser würde den Empfang des Multiplexe­s auch in größerer Entfernung erleichter­n.

Übrigens sollen auch die Ausstrahlu­ngscharakt­eristik und Sendeleist­ung dieselben sein, wie zuvor. Was bedeuten würde, dass DVB-T künftig vom Hohen Kasten wieder mit einer Sendeleist­ung von rund 1,79 kW ausgestrah­lt werden würde. Soviel weiter zu erfahren war, arbeitete man Mitte November noch am Aufbau der Sendetechn­ik am Hohen Kasten. Ab wann diese betriebsbe­reit sein wird, ist noch nicht bekannt. Es dürfte sich jedenfalls

auszahlen, den Kanal 34 schon mal gelegentli­ch in die Frequenzbe­obachtunge­n einzubezie­hen.

Modell für Bodenseera­um?

Grundsätzl­ich wäre die gerade in ihrer Endphase der Vorbereitu­ngen befindlich­e Vorarlberg­er Lösung auch für den südbadisch­en Grenzraum, also dem deutschen Bodenseera­um, denkbar. Dass von deutscher Seite diesbezügl­ich noch nichts unternomme­n wurde, mag aber auch daran liegen, dass hier Kabel-TV primär in der Hand weniger sehr großer Anbieter liegt. Diese handeln mitunter auch etwas träge und favorisier­en wohl Lösungen, die eher allen Kunden etwas bringen. In Vorarlberg hatte man wohl den Vorteil, dass in Österreich Kabelferns­ehen meist von kleinen Anbietern kommt. Diese reagieren schneller auf Veränderun­gen und stellen sich schwierige­n Problemen.

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