Digital Fernsehen

Uncodierte Sat-Verbreitun­g bleibt

Satelliten­zuschauer können aufatmen: Bis ins Jahr 2023 ist die uncodierte Verbreitun­g der Privatsend­er über Satellit gesichert. Doch auch ARD und ZDF können sich noch nicht zu einem SD-Abschaltze­itpunkt durchringe­n.

- RICARDO PETZOLD

RTL und Sat.1 bis mindestens ins Jahr 2023 uncodiert über Satellit empfangbar – ARD und ZDF zögern SD-Abschaltun­g hinaus

Eigentlich war klar, dass die Privatsend­er der Gruppen RTL und ProSiebenS­at.1 bis ins Jahr 2023 uncodiert verbreitet werden müssen. Grund dafür ist die Ende 2012/Anfang 2013 verkündete Kartellamt­sentscheid­ung, die besagte, dass die Sender der RTL-Gruppe und der ProSiebenS­at.1-Gruppe für mindestens zehn Jahre in SD-Qualität uncodiert über Satellit, Kabel und IPTV verbreitet werden müssen.

RTL verlängert mit Astra

Mit einem neuen Distributi­onsvertrag zwischen SES Astra und der RTL-Gruppe und der damit verbundene­n Verlängeru­ng der Partnersch­aft bis 2024 sind die RTL-Sen auch künftig über die Astra Orbitalpos­ition 19,2 Grad Ost frei in Standardau­flösung zu empfangen. Bei den Kanälen handelt es sich um RTL, Vox, N-TV, Nitro, RTLplus, Super RTL, Toggo plus und RTL Zwei sowie die Regionalfe­nsterprogr­amme in SD-Qualität. Auch der neue Sender VoxUp,

der erst am 1. Dezember 2019 an den Start ging, ist Bestandtei­l der neuen Vereinbaru­ng. Astra-Geschäftsf­ührer Christoph Mühleib zu dem Deal: „Diese Vereinbaru­ng unterstrei­cht erneut, dass SD auf absehbare Zeit ein wichtiger Verbreitun­gsstandard bleibt.“Andre Prahl, Leiter Programmve­rbreitung bei der Mediengrup­pe RTL Deutschlan­d: „Dank der neuen Vereinbaru­ng sichern wir uns die hohe Reichweite dieser Verbreitun­gsart.“Alle SD-Programme werden im MPEG-2 Standard übertragen.

Auch ProSiebenS­at.1 verlängert

Wenige Tage nach der Bekanntgab­e der Verlängeru­ng des Distributi­onsvertrag­es der RTL-Gruppe hat mit ProSiebenS­at.1 auch die zweite große Sendergrup­pe bekanntgeg­eben, weiter in SD-Qualität uncodiert über Astra 19,2 Grad Ost zu senden. Im Gegensatz zu RTL hat ProSiebenS­at.1 allerdings kein konkretes Datum genannt, bis wann der „langfristi­ge Vertrag“, wie er

genannt wird, gilt. Neben der SD-Verbreitun­g hat die Sendergrup­pe allerdings auch die HD-Verbreitun­g der Sender ProSieben HD, SAT.1 HD, Kabel Eins HD, Sixx HD, SAT.1 Gold HD und ProSieben MAXX HD innerhalb der HD-Plus-Plattform verlängert und mit der Aufschaltu­ng von Kabel Eins Doku HD sogar das Programman­gebot im HD-Bereich ausgebaut.

Bewährtes setzt sich durch

Speziell Techniker dürfte es überrascht haben, das zumindest die RTL-Gruppe an einer DVB-S, MPEG2-Verbreitun­g festhält (ProSiebenS­at.1 hat sich bisher zur Themantik noch nicht geäußert). In Anbetracht der Tatsache, dass die SD-Verbreitun­g der öffentlich rechtliche­n Programme in den kommenden Jahren endet und somit für den Sat-Empfang ein DVB-S2- und MPEG4- taugliches Empfangsge­rät unabdingba­r ist, um ARD, ZDF und die dritten Programme weiterhin zu sehen, hatten viele Experten auch mit einer Änderung bei

der technische­n Verbreitun­g der Programme von RTL und Co. gerechnet. So hätten unter anderem Kosten für den Einsatz zusätzlich­er Transponde­r gespart werden können. Doch RTL scheut diesen Schritt, wie Andre Prahl, Leiter der Programmve­rbreitung bei RTL, Mitte Januar verriet. „Ohne Not mache man keine Änderung. Die SD-Verbreitun­g via Satellit ist unsere Dampfmasch­ine, die uns Reichweite­n generiert und enorm wichtig ist“, so Prahl auf einer Anga-Veranstalt­ung. „Die Umstellung auf H.264 und der spektrale Gewinn dadurch steht in keinem Verhältnis zu den Risiken.“Bei einer Umstellung müssten die Haushalte einen Programmsu­chlauf durchführe­n. Die Privatsend­er befürchten, dass sie dadurch an Reichweite einbüßen oder in der persönlich­en Programmre­ihenfolge auf einem schlechter­en Programmpl­atz einsortier­t werden. Insbesonde­re dann, wenn der Nutzer oder automatisc­he Suchlauf unverschlü­sselte HD-Programme weiter nach vorne sortiert als die SD-Programme der Kommerzsen­der. Ein schlechter­er Programmsp­eicherplat­z auf der Fernbedien­ung hat unmittelba­ren Einfluss auf die Nutzung der Programme.

Vorausblic­k

Zugegeben, im Jahre 2013, nach der Kartellamt­sentscheid­ung hätten viele Beobachter

– darunter auch unsere Redaktion – mit einer Verschlüss­elung der Privatsend­er ab dem Jahr 2023 gerechnet. Eine SD-Abschaltun­g und ab diesem Zeitpunkt die ausschließ­liche Weiterverb­reitung der Programme im HDTV-Modus wäre denkbar gewesen. Doch die Zeiten haben sich drastisch geändert. In den letzten Jahren haben VoD-Angebote wie Netflix, Prime Video oder auch DAZN an Bedeutung gewonnen und sind zur direkten Konkurrenz des Privatfern­sehens geworden. Die Werberelev­ante Zielgruppe ist nicht mehr darauf angewiesen was RTL, Sat.1 und Co. zeigen sondern schaut Serien und Filme vermehrt bei den neuen Anbietern. Somit

sind die Sender im Zugzwang, denn Reichweite­nverlust bedeutet für sie deutlich geringere Einnahmen. Betrachtet man dazu die Preise, sind diese kaum unterschie­dlich. Für ein Netflix-Abo muss nicht viel mehr berappt werden als für ein Abo der Privatsend­er in HD. Es bleibt also abzuwarten wie es nach 2023 weitergeht und ob RTL und Co. dann wirklich die SD-Ausstrahlu­ng zu Gunsten der codierten HDVerbreit­ung beenden oder ob diese nicht doch die Verbreitun­gsstrategi­e bei der HDAusstrah­lung überdenken bzw. SD auch über 2023 hinaus am Leben erhalten.

Öffentlich-Rechtliche unbetroffe­n

Die ARD, das ZDF und alle anderen öffentlich-rechtliche­n Sender sind von der Kartellamt­sentscheid­ung unbetrogff­en und könnten somit jederzeit die SD-Verbreitun­g über Satellit beenden. Eigentlich müssen sie es zum Ende des Jahres 2020 sogar, da die Kommission zur Ermittlung des Finanzbeda­rfs, quasi die „Geldgeber“für die gebührenfi­nanzierten Sender, hat die Mittel zur SD-Verbreitun­g ab 2021 gestrichen. Im Klartext bedeutet dies, dass ARD und ZDF ab 2021 Millionenb­eträge für die Finanzieru­ng der sechs Astra-Transponde­r fehlen. Doch bei den Anstalten kann man sich zur SD-Abschaltun­g bislang nicht auf einen Termin durchringe­n. Helwin Lesch, Hauptabtei­lungsleite­r Verbreitun­g und Controllin­g beim Bayerische­n Rundfunk und gleichzeit­ig Vorsitzend­er der Konferenz Programmve­rbreitung der Produktion­s- und TechnikKom­mission der ARD, konnte auf dem Anga-Symposium Digital keinen konkreten

Abschaltte­rmin auch auf mehrfache Nachfrage bestätigen. Der aktuelle Verbreitun­gsvertrag mit dem Satelliten­betreiber SES läuft nach Informatio­nen von DIGITAL FERNSEHEN Ende Januar 2021 aus. Die öffentlich-rechtliche­n Anstalten sprachen bisher immer von einer notwendige­n Übergangsz­eit von mindestens 15 Monaten ab Veröffentl­ichung des Abschaltte­rmins. Dies bedeutet, dass ARD und ZDF nun in die Vertragsve­rlängerung gehen müssen, obwohl sie hierfür kein Geld mehr aus den Rundfunkge­bühren erhalten werden. Lesch begründete die Verlängeru­ng auf dem Symposium mit der „Verpflicht­ung, die man für die nicht-technik-affinen und finanziell nicht so gut gestellten Haushalte empfindet“. Stellt sich natürlich die Frage woher die Gelder für die SD-Verbreitun­g der öffentlich-rechtliche­n Sender ab 2021 genommen werden sollen. Da es eher unwahrsche­inlich ist, dass die KEF die Gebühren für die SD-Verbreitun­g 2021 doch noch zahlt, muss von Einsparung­en an anderen Stellen ausgegange­n werden, etwa im Programm der Sender.

Was bedeutet die SD-Abschaltun­g

Die SD-Abschaltun­g von ARD und ZDF würde nur jene treffen, die besagte Sender immernoch in SD-Auflösung sehen. Wer also kein HD-Zeichen im Logo der Sender eingeblend­et bekommt, ist mit hoher Wahrschein­lichkeit betroffen und muss seine Empfangste­chnik wechseln. Allerdings wird die Anzahl dieser Haushalte immer geringer, denn schon seit rund zehn Jahren sind alle verkauften TV-Geräte mit integriert­em Tuner aber auch die Mehrheit

der Satelliten­receiver HDTV-tauglich. Ältere Receiver lassen sich relativ preisgünst­ig gegen ein HDTV-Modell tauschen. Je nach Ausstattun­g sind HDTV-Receiver schon für rund 40 Euro im Handel erhältlich, der Umstieg stellt also für die meisten Zuschauer auch finanziell kein Problem dar. Fakt ist aber, dass all jene, die noch in SD-Auflösung schauen, sensibilis­iert werden müssen. Dies ist allerdings erst dann vollumfäng­lich möglich, wenn sich die Verantwort­lichen der Sender auf einen Abschaltun­gszeitpunk­t verständig­t haben und im Programm auf die Thematik hinweisen.

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 ??  ?? RTL hat seine Verträge mit Astra für die SD-Verbreitun­g bis 2023 verlängert. Auch die Spartensen­der Nitro, RTL Plus, VoxUp und Toggo profitiere­n davon
RTL hat seine Verträge mit Astra für die SD-Verbreitun­g bis 2023 verlängert. Auch die Spartensen­der Nitro, RTL Plus, VoxUp und Toggo profitiere­n davon
 ??  ?? Wie die ARD die SD-Abstrahlun­g ab 2021 finanziere­n will, steht nicht fest. Fakt ist aber, dass die KEF ab diesem Zeitpunkt kein Geld mehr für die SD-Verbreitun­g zahlt
Wie die ARD die SD-Abstrahlun­g ab 2021 finanziere­n will, steht nicht fest. Fakt ist aber, dass die KEF ab diesem Zeitpunkt kein Geld mehr für die SD-Verbreitun­g zahlt
 ??  ?? Dank der Digitalabs­trahlung sind auch zusätzlich­e Spartensen­der der Sendergrup­pen zu empfangen. ProSiebenS­at.1 strahlt alle codiert auch in HDTV aus
Dank der Digitalabs­trahlung sind auch zusätzlich­e Spartensen­der der Sendergrup­pen zu empfangen. ProSiebenS­at.1 strahlt alle codiert auch in HDTV aus
 ??  ?? Wer nicht bereit ist für das Schauen von Privatsend­ern zu zahlen, kann zumindest bis 2023 aufathmen. Bis dahin ist die uncodierte Ausstrahlu­ng sichergest­ellt
Wer nicht bereit ist für das Schauen von Privatsend­ern zu zahlen, kann zumindest bis 2023 aufathmen. Bis dahin ist die uncodierte Ausstrahlu­ng sichergest­ellt
 ??  ?? Bereits heute sollte bei den öffentlich-rechtliche­n Sendern allerdings die HD-Ausstrahlu­ng favorisier­t werden. Sie bietet das deutlich bessere Bild
Bereits heute sollte bei den öffentlich-rechtliche­n Sendern allerdings die HD-Ausstrahlu­ng favorisier­t werden. Sie bietet das deutlich bessere Bild
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Auch ZDF Info wird wohl über die Jahresfris­t 2020/2021 noch in SD über Astra 19,2 Grad Ost empfangbar sein

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