MDR setzt auf Zuschauer-Feedback
Eine neue Zuschauerbefragung des MDR soll unter anderem tagesaktuelle Themen aufgreifen.
Mitte Januar startete der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) mit „MDR fragt“eine neue Art der Zuschauerbefragung. Im Gespräch mit DIGITAL FERNSEHEN gibt sich MDR-Chefredakteur Torsten Peuker transparent, wer die Themen für das Meinungsbarometer liefern wird und tritt auf Nachfrage dem häufig geäußerten Vorwurf der angeblich politisch gelenkten Umfrage eindeutig entgegen.
Herr Peuker, mit „MDR fragt“soll ein Meinungsbarometer für die Region Mitteldeutschland geschaffen werden. Gibt es denn dieses Meinungsbaromenter zu gesellschaftlichen Themen nicht bereits durch begleitende Wahlanalysen, wie Bürger in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zu gesellschaftlichen Themen und aktuellem Wandel stehen?
Das MDR Meinungsbarometer wird nicht die klassischen repräsentativen Umfragen, wie Wahlumfragen, ersetzen. Wahlumfragen mit den von Ihnen beschriebenen Auswertungen finden in der Regel in zeitlich großen Abständen statt. Bei unserem Projekt „MDR fragt – Das Meinungsbarometer für Mitteldeutschland“geht es vor allem darum, dass wir schnell, im besten Fall sogar tagesaktuell, Themen aufgreifen und die mitteldeutsche Perspektive entsprechend im Programm auswerten und platzieren können. Ein weiterer wichtiger Unterschied: Mit diesem neuen Instrument haben wir einen Rückkanal zu den Menschen, die sich an Befragungen beteiligen.
Wie nimmt man an diesen anonymen Abstimmungen teil und wie genau wollen Sie gewährleisten, dass nur Menschen aus diesen drei Bundesländern teilnehmen?
Um am MDR Meinungsbarometer teilnehmen zu können, muss man sich zunächst registrieren und dabei auch entsprechend persönliche Angaben machen. Dabei vertrauen wir auf die Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Bei einer Auswertung von Befragungen könnten Daten dementsprechend auch nach Bundesländern gefiltert werden. Details dazu kann man auf der Webseite einsehen. https://www.mdr.de/nachrichten/mitmachen/mdrfragt/index.html
Laut MDR-Intendantin Prof. Karola Wille will der Sender in dieser Region „allen Teilen der Gesellschaft eine Stimme geben“. Warum ist das aus Ihrer Sicht bisher dem öffentlichrechtlichen Rundfunk, der Landespolitik in den drei Bundesländern sowie diversen Umfrageinstituten nicht gelungen?
Tatsächlich hat der MDR ganz grundsätzlich den Anspruch, in seinen Programmen die Lebenswirklichkeit in Mitteldeutschland in seiner Vielfalt und aus ganz unterschiedlichen Perspektiven abzubilden. Das neue Tool für Online-Befragungen ist eine wichtige Ergänzung mit Blick auf den Meinungsaustausch auf digitalen Plattformen, im Netz und in den Sozialen Medien. Dort werden meist die lautesten Stimmen beachtet. Wir wollen mit „MDR fragt“tatsächlich möglichst alle, auch die leiseren Positionen aufnehmen und in diesem Sinne Allen eine Stimme geben, um so zum gesellschaftlichen Diskurs beizutragen.
Wer sucht denn die Fragen aus?
„MDR fragt – Das Meinungsbarometer für Mitteldeutschland“steht dem gesamten MDR zur Verfügung. Entsprechend können alle Redaktionen journalistische Schwerpunkte setzen und Fragestellungen einbringen. Es gibt ein Redaktionsteam „MDR fragt“, das bei der Formulierung von Befragungen sowie bei der Auswertung unterstützt und bei Bedarf auf medienwissenschaftliche Expertise zurückgreifen kann.
Wann genau wird es mit welcher Fragestellung los gehen?
Momentan sind wir in der Startphase des Projektes, d. h. wir laden unsere Nutzerinnen und Nutzer ein, sich möglichst zahlreich bei „MDR fragt“anzumelden. Soviel schon vorab: Da die erste Befragung zeitlich um die „Grüne Woche“startet, wird sie sich dem Thema „Ernährung“widmen.
Welche Themengebiete sind bei den Befragungen für das Meinungsbarometer darüber hinaus noch in Planung?
Wir orientieren uns bei den Befragungen an aktuellen und gesellschaftlich relevanten Themen. Die Bandbreite kann und wird dann so vielfältig sein, wie die Berichterstattung in unseren Programmen.
Wie und wann werden die Ergebnisse der Umfragen den Zuschauern und Zuhörern jeweils präsentiert?
Wir haben technisch die Möglichkeit, Befragungen sehr schnell auszuwerten und die Ergebnisse können dementsprechend zeitnah in allen Programmen des MDR präsentiert werden. Die Ergebnisse werden zudem auch immer unter www.mdrfragt.de nachzulesen sein.
Nach all den lauten „Lügenpresse“- und „GEZ-Staatsfunk“-Rufen gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk, z.B. auf Pegida-Demonstrationen oder auch in sozialen Netzwerken in den letzten Jahren: Wie groß ist Ihrer Meinung nach das Vertrauen in Ergebnisse von Umfragen des MDR in den drei Bundesländern?
Generell ist das Vertrauen in den MDR sehr hoch. Das erleben wir zum einen in unserer täglichen Arbeit, zum anderen wird dies auch durch Zahlen belegt. So weist der aktuelle MDR-Nutzermonitor aus, dass 90 Prozent der Menschen in Mitteldeutschland dem MDR Vertrauen schenken. Übrigens: Innerhalb kurzer Zeit nach dem Start von „MDR fragt – Dem Meinungsbarometer für Mitteldeutschland“, haben sich bereits mehr als 5000 Menschen* angemeldet. Auch das ist für uns ein Beleg für das hohe Vertrauen in den MDR.
Manche Beitragszahler sehen den öffentlich-rechtliche Rundfunk sowie dessen Fragestellungen als generell politisch gelenkt und stellen damit die politische Unabhängigkeit in Frage. Gibt es ein so genanntes „Framing-Manual“für eine politisch korrekte redaktionelle Ausgestaltung Ihrer Umfragen? Oder gibt es generell Tabus bei den Umfragen?
Es gibt kein derartiges Manual. Grenzen ergeben sich dort, wo sie die Menschenwürde und Persönlichkeitsrechte berühren.
Werden Sie denn kritische Umfragen auf Zuschauerwunsch zur Verbesserung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks dulden, zum Beispiel welche Anzahl politischer Kommentare sich Zuschauer im MDR wünschen, wie viele Klassikprogramme das öffentlich-rechtliche Radio maximal bereithalten darf oder aber wie viele verschiedene Rundfunkanstalten maximal bei Fußballspielen gleichzeitig anwesend sein sollten? Alles nur Beispiele.
Wir nehmen generell die Reaktionen unseres Publikums sehr ernst. Wie wir mit Anregungen umgehen, entscheiden wir jeweils nach journalistischen Kriterien.
Kritiker könnten anmerken, dass es bei anstehenden Reformen der ARD doch darum gehen muss, künftig innerhalb der ARD-Anstalten wie dem MDR zu sparen und nicht gerade jetzt neue Umfrage-Projekte aus der Taufe zu heben. Welche zusätzlichen Kosten entstehen durch das neue Meinungsbarometer?
Für unsere Programme werden laufend neue Ideen und Projekte entwickelt, die wir – wie „MDR fragt“– durch entsprechende Umschichtungen finanzieren. Formate, die die Zuschauerbindung und -nähe ermöglichen, werden bevorzugt von uns umgesetzt und haben darüber hinaus einen hohen journalistischen Mehrwert. Unsere Aufgabe ist es, auch in einer digitalen Gesellschaft präsent zu sein und zu investieren.
Vielen Dank für das Gespräch.