Inhalte in den Mediatheken: TV-Premieren auf Abruf genießen
Die Mediatheken der Sender sind mittlerweile zu echten Streamingdiensten mit hochwertigen Inhalten geworden. Insbesondere die öffentlich-rechtlichen Sender haben aufgeholt und bieten sogar zahlreiche Premieren per Mediathek.
Wenn eine Serie oder ein Film produziert werden, dann ist der kommende Werdegang eigentlich klar. Bei Filmen findet die Premiere in der Regel im Kino statt. Einige Wochen oder Monate später beginnt die Auswertung auf Blu-ray und DVD und parallel oft die ersten Ausstrahlungen im Pay-TV. Dort laufen die Streifen häufig zunächst gegen Extra-Zahlung auf Abruf und erst Wochen später im normalen Filmpaket. Erst danach feiert der Film dann irgendwann Premiere im Free-TV. Die Filmindustrie nennt das Verwertungskette, und die ist streng und taggenau vorgegeben. Einen Schritt weiter ging in der Vergangenheit der Disney-Konzern. Dort verschwanden Produktionen regelmäßig nach Ausnutzung der Verwertungskette komplett aus dem Sichtfeld des Zuschauers, um im Jahr später erneut „Premiere“feiern zu können.
Streamingdienste verändern alles
Doch mit dem Aufkommen der Streamingdienste scheint das System gehörig durcheinander zu kommen. So laufen Filme teilweise gar nicht oder zumindest
zunächst nicht im Kino, sondern werden zuerst bei Anbietern wie Netflix, Amazon Prime Video oder Maxdome gezeigt. Das trifft umso mehr für Eigenproduktionen der Streamingdienste zu – beispielsweise „Bird Box“mit Sandra Bullock bei Netflix. Auch Serien werden teilweise so verwertet, dass sie zuerst im Streaming oder parallel zur Ausstrahlung im Pay-TV auch schon dort zu sehen sind. Das macht bei Eigenproduktionen schon Sinn, schließlich haben oft die Streamingdienste auch die Produktionskosten und damit das Risiko übernommen. Doch auch bei den Mediatheken macht sich mittlerweile ein Trend breit, der ebenfalls an der üblichen Verwertungskette rüttelt.
Mediatheken
Diese sind inzwischen zur echten Alternative zum linearen Fernsehen herangewachsen oder zumindest zur praktischen Ergänzung. Hat man eine Sendung verpasst, so lässt sich diese in aller Regel auch einige Wochen lang jederzeit über die Mediathek wiedergeben. Voraussetzung ist ein Anschluss des Fernsehers oder Receivers an ein ausreichend schnelles Internet und die Möglichkeit der Wiedergabe am Gerät. Das bedeutet im Idealfall die Gerätefunktion, HbbTV wiederzugeben. Aber auch Mediaplayer oder Fernseher mit App-Funktion haben oft einige Mediatheken-Apps mit im Portfolio. Interessanterweise braucht sich der Zuschauer im Gegensatz zu früheren Zeiten nicht mehr mit minderer Qualität zufriedengeben. So bieten beispielsweise die Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Sender ihre Inhalte mit automatisch angepasster Qualität an. Das bedeutet: Reicht die Internetgeschwindigkeit aus, wird in der besten Auflösung (in der Regel HD) gestreamt, ansonsten wird die Qualität entsprechend heruntergefahren. Und es gab in den Mediatheken sogar schon Inhalte in 4K zu sehen.
4K im Streaming
Ein prominentes Beispiel ist „Der Bergdoktor“. Hier zeigte das ZDF in der Mediathek einige Wochen lang die beliebte Serie in 4K und damit in deutlich besserer Qualität als im eigenen Programm. Denn über Satellit sendet das ZDF nach wie vor in halber HD-Auflösung (720p). Und auch der Kultursender arte ist ein Vorreiter beim Thema 4K über die Mediathek. Dieser bietet nämlich von Zeit zu Zeit UHDTV Thementage in Partnerschaft mit verschiedenen Vertreibern (zum Beispiel Satellitenbetreiber ASTRA) und über HBBTV, Android TV und Apple TV 4K an. Der Vorteil der Mediatheken-Ausstrahlung ist dabei klar: Es sind keine Investitionen in verbesserte Playout-Technik erforderlich, und auch die angemietete Satellitenkapazität muss nicht aufgestockt werden. Ohnehin in 4K produzierte Inhalte werden stattdessen einfach auf Abruf angeboten. Das Ablegen und Verlinken dieser Inhalte
auf einem Server reicht aus. Doch nicht nur bei der Auflösung überholen die Mediatheken inzwischen die regulären Ausstrahlungen. Auch die Aktualität kann sich sehen lassen.
Erstausstrahlung in Mediathek
Vielleicht ist es Ihnen auch aufgefallen: Sender wie Das Erste oder ZDF erwähnen in letzter Zeit häufig in Programmhinweisen auch die Verfügbarkeit der Sendung in der Mediathek. Soweit nichts besonders, die Privatsender tun dies ja auch, häufig sogar ziemlich aggressiv wie aktuell die ProSIebenSat.1-Gruppe mit Hinweisen auf den Streamingdienst Join. Doch oft kommt der Hinweis „…oder jetzt schon in der Mediathek“. Das macht neugierig. Sind Serien, Filme oder Eigenproduktionen tatsächlich auf Abruf früher zu sehen als im regulären Fernsehen? Wir machen den Test und haben uns die Mediatheken der ARD und vom ZDF einmal genauer angeschaut. Zunächst suchen wir beim Ersten die beliebte Telenovela „Sturm der Liebe“. Während am Morgen die Wiederholung der Folge 3303 ausgestrahlt wird, können diese Folge und viele vorausgegangene Folgen (immerhin bis zu 3247 vom 14.10.2019) in der Mediathek abgerufen werden. Und sogar Folge 3304 ist abrufbar. Tatsächlich lässt sich die aktuelle Folge also bereits am Vormittag schauen, obwohl die Erstausstrahlung erst nachmittags 15:10 Uhr verfügbar ist. Wir stöbern weiter und finden „Das Geheimnis der Freiheit“und „Der Zürich-Krimi: Borchert und die tödliche Falle“, die beide ihre Premiere im Streaming feiern und erst Mittwoch und Donnerstagabend im Ersten zu sehen sind. Ruft man im Webbrowser die Seite des Ersten auf, so gibt es dort sogar eine kleine Kennzeichnung, die auf die Vorab-Premiere im Netz hinweist. In der Programmwerbung weist die ARD ebenfalls häufiger auf die Premieren in der Mediathek hin und nennt diese Initiative „Auf Rot geht’s los“in Anlehnung an die unvergessliche Samstagabendshow „Auf los geht’s los“mit Joachim „Blacky“Fuchsberger in der 1980ern.
Vorab-Strategie ZDF
Beim ZDF gibt es sogar eine richtige Vorab-Strategie. Unter dem Motto „Vorab – zuerst online“stellt der Sender die jeweils aktuellste Folge zahlreicher Serien zunächst über die Mediathek, bevor diese im regulären Programm laufen. Beispiele sind hier „Die Rosenheim-Cops“, „Die Bergretter“oder „Notruf Hafenkante“. Auch Dokumentationen und andere Eigenproduktionen – zum Beispiel „Nelson Müllers Lebensmittelreport“oder die Terra-X-Serie „Deutschland bei Nacht“kann vor der Premiere im linearen Fernsehen bereits über die Mediathek gestreamt werden. Somit wird der Empfang der Abrufdienste immer interessanter, sogar ein Aufzeichnen ist problemlos möglich – zumal die Inhalte nun deutlich länger verfügbar sind als noch vor einiger Zeit.
Inhalte auf Festplatte
Die öffentlich-rechtlichen Sender stellen ihre Inhalte stets unverschlüsselt in die Mediathek. Ein Umstand, der das Archivieren der Inhalte besonders leicht macht. Wer einen Linux-Receiver mit Enigma2 nutzt, kann dies über ein spezielles Plugin nutzen. Zum einen muss dort das „Mediaportal“installiert werden. Dieses erlaubt den Zugriff auf die Inhalte der Mediatheken. Dieser Umweg ist erforderlich, weil
ein Herunterladen über HbbTV nicht möglich ist. Als zweites Tool wird dann noch „MediaInfo“benötigt. Beide Plugins sind beispielsweise im Feed von OpenATV zu finden. Anschließend wird der gewünschte Inhalt zunächst über das Mediaportal herausgesucht und gestartet. Nun wird einfach die Aufnahmetaste gedrückt und es öffnet sich das Menü des Plugins MediaInfo. Mit der grünen Taste (Herunterladen) wird der Download des Files gestartet.
MediathekView
Auch ohne Linux-Receiver lassen sich Sendungen auf Festplatte bannen. Wer nur mal eben schnell einen bestimmten
Inhalt benötigt, navigiert im Netz einfach auf die Seite www.mediathekviewweb.de. Dort kann dann schnell gesucht und das gewünschte File auf Festplatte gebannt werden. Das ist für einzelne Sendungen der bequemste Weg. Sollen allerdings ganze Staffeln heruntergeladen werden (so bietet zum Beispiel das ZDF gerade die komplette Staffel der Kult-Serie „Schwarzwaldklinik“an), so lohnt sich das Windows-Programm MediathekViewWeb. Dieses wird auf dem Rechner installiert oder kann direkt als Portal-Version gestartet werden. Dort lassen sich viele Sendungen auf einmal anklicken und anschließend auf die Festplatte speichern. Das ist zweifellos der bequemste Weg zum Downloaden einer größeren Anzahl an Files. Welche Variante auch immer genutzt wird, auf diese Weise lässt sich in kurzer Zeit ein ansehnliches Archiv anlegen. Leider klappt das aber nur bei den öffentlichrechtlichen Sendern, da die Privatsender ihre Inhalte gegen Download schützen. Auch aus den Nachbarländern Österreich und Schweiz lassen sich Medien nicht so ohne weiteres herunterladen. Hier ist der Knackpunkt das Geoblocking. Wird allerdings auf dem Rechner ein VPN-Dienst verwendet, können auch diese Medien auf den Rechner gespeichert werden.