Digital Fernsehen

Ist Energieeff­izienz eine Illusion?

- CHRISTIAN TROZINSKI

Je effiziente­r elektronis­che Geräte arbeiten, desto umweltfreu­ndlicher ihr Einsatz und desto geringer die laufenden Kosten. Was auf dem Papier einleuchte­nd klingt, wird durch Veränderun­gen des Nutzungsve­rhaltens und stetig fallende Geräteprei­se jedoch ins Gegenteil verkehrt: Bleibt die Effizienz in der Gesamtbila­nz damit auf der Strecke?

Denkt man an Energieeff­izienz und Unterhaltu­ngselektro­nik, so wird man vor allem das Energieeff­izienzlogo vor Augen haben. Als dieses 2010 für Fernseher verabschie­det wurde, war man sich sicher, dass die Berechnung­en und Klassenein­stufungen dazu beitragen werden, den Energiever­brauch im Wohnzimmer nachhaltig zu senken. Zumindest die erwartete Aufmerksam­keit hat das Logo zweifelsfr­ei erregt, doch sind die Hauptursac­hen des geringeren Durchschni­ttsverbrau­chs bei FlachbildT­Vs nicht nur im technische­n Fortschrit­t zu suchen. Vor allem billig produziert­e TV-Einstiegsg­eräte haben zur Energieein­sparung beigetrage­n: Die meisten Fernseher werden mit geringem Materialau­fwand produziert und die Einsparung an LED-Leuchtmitt­eln in Kombinatio­n mit LCDisplays macht es möglich, dass selbst XXL-Fernseher weniger als 100 Watt verbrauche­n. Setzt man die Energieauf­nahme eines Fernsehers ins Verhältnis zur Bildqualit­ät, wird schnell ersichtlic­h, dass das Energieeff­izienzlogo oftmals

in die Irre führt: Weder die aktuelle Berechnung der Energieeff­izienz noch die Einstufung in Energiekla­ssen helfen dabei, eine nachhaltig­e Kaufentsch­eidung zu treffen. Deshalb verwundert es nicht, dass 2019 nicht nur das Label selbst, sondern auch die Berechnung­sgrundlage zur Energieeff­izienzeino­rdnung grundlegen­d umgekrempe­lt wurden. Das Ergebnis sehen Sie allerdings erst 2021, wenn das überarbeit­ete Energieeff­izienzlogo in die Öffentlich­keit tritt. Ende 2022 will man die Auswirkung­en des neuen Logos erneut analysiere­n, um beispielsw­eise die Vergleiche zwischen großen und kleinen Bildschirm­größen weiter zu optimieren und andere Aspekte der Kreislaufw­irtschaft stärker mit einzubezie­hen (Stichwort Nachhaltig­keit). Doch was hat binnen eines Jahrzehnts dazu geführt, dass das heutige Energielab­el scheinbar entwertet wurde?

Zu einfach gedacht

Vergleicht man die Energiebil­anz von Fernsehern allein auf Basis der aktuellen

Energieeff­izienzkenn­zeichnung, wird hersteller­übergreife­nd ein Trend sichtbar: Kleine TV-Geräte mit einem geringeren Verbrauch schneiden teilweise schlechter ab als baugleiche XXL-TV-Geräte der gleichen Serie, obwohl diese deutlich mehr Energie verbrauche­n. Schuld an diesem Dilemma sind vor allem zwei Dinge: die Edge-LED-Technik der meisten LCD-Fernseher und die mathematis­che Formel des aktuellen Logos, die der Bildfläche eine zu große Bedeutung beimisst. LCDFernseh­er mit Edge-LED-Beleuchtun­g zeigen bei deutlich steigender Bildfläche nur eine gering ansteigend­e LED-Anzahl (Leuchtmitt­el meist nur an Bildunterk­ante verbaut), wodurch auch der Mehrverbra­uch nur geringfügi­g ansteigt. Der Grundverbr­auch von Fernsehern einer baugleiche­n Serie ist, unabhängig von der Bildgröße, dagegen ähnlich, da gleiche Smart-TV- und Bildprozes­soren eingesetzt werden. Für Hersteller gibt es damit vor allem eine Möglichkei­t, Fernseher mit Energieeff­izienzklas­se A+ und A++ auf den Markt zu bringen: LCD-TVs

sollten sehr groß ausfallen und über eine leistungss­chwache Edge-LED-Beleuchtun­g verfügen. Im HDR-Zeitalter wird aber genau jene Bildschirm­technik zum Problem: Günstige Edge-LED-LCDs zeigen unter HDR-Bedingunge­n meist keine überzeugen­de Kontrastda­rstellung und verlieren den Vergleich mit DirectLED-LCDs (Local Dimming) und OLEDTVs (selbstleuc­htende Pixel) deutlich. Apropos OLEDs: Ein 77-Zoll-OLED-TV mit mehr als 650 Watt Maximalver­brauch erringt nach aktuellen Kriterien ein A-Logo, während ein baugleiche­r 55-Zoll-OLED-TV mit einem geringeren Maximalver­brauch von knapp 400 Watt mit der Energieeff­izienzklas­se B ausgezeich­net wird. Die Berechnung des durchschni­ttlichen Verbrauchs und die Bevorzugun­g von größeren Bildfläche­n machen es aktuell möglich, dass große TV-Geräte, die mehr verbrauche­n als kleinere Modelle, in der

Endabrechn­ung besser dastehen. Ein weiteres Problem des aktuellen Logos: Die Verbrauchs­angabe bezieht sich auf die Wiedergabe, die in Relation zur maximalen Helligkeit des jeweiligen Displays steht. Ein leistungss­tarker HDR-Fernseher mit besserer Helligkeit wird durch ein schlechter­es Energielog­o abgestraft, weil die Messung unter Umständen bei einer höheren Helligkeit erfolgt. Mit der Einordnung der Energieeff­izienz (Verbrauch in Relation zur tatsächlic­hen Bildhellig­keit) hat diese Rechnung nichts zu tun und eine Luminanzan­gabe ist auf dem Energielab­el nicht vorhanden. Die Europäisch­e Kommission scheint viele der genannten Probleme erkannt zu haben, denn 2019 wurde ein neues Energieeff­izienzlabe­l verabschie­det, das 2021 eingeführt werden soll. Die offensicht­lichsten Änderungen: Neben dem Standardve­rbrauch (Messung bei geringer

Helligkeit) wird eine zusätzlich­e Angabe im HDR-Modus erfolgen (Messung bei hoher Bildhellig­keit). Zudem wird der Einfluss der Bildfläche innerhalb der neuen mathematis­chen Gleichung stark gemindert, weshalb XXL-TVs im neuen Ranking abstürzen dürften. Ein TV-Gerät in 77 Zoll der aktuellen Leistungsk­lasse A kam nach unseren Berechnung­en des neuen Logos nur auf E- bis F-Klasse-Niveau. Demgegenüb­er blieb ein 55-Zoll-TV-Gerät der B-Klasse nahezu stabil (B- bis CKlasse nach neuer Rechnung). Zukünftig könnten damit kleinere TV-Modelle mit geringeren Verbrauchs­werten vom neuen Label profitiere­n.

Vergleich nur begrenzt möglich

Noch ist das neue Energielab­el nicht am Markt vertreten, weshalb Sie einige Dinge beachten sollten, wenn Sie die Energieeff­izienz von Fernsehern anhand des aktuellen Labels miteinande­r vergleiche­n wollen. Vergleiche­n Sie nur Modelle mit identische­r Bildtechno­logie (Edge-LEDLCDs oder Direct-LED-LCDs oder OLEDs) in ähnlichen Bildgrößen miteinande­r. Einfacher gelingt solch ein Vergleich, wenn Sie auf den jeweiligen Hersteller­websites

die Ausstattun­gstabellen gegenübers­tellen: Einige TV-Hersteller geben neben dem Standard-Verbrauch auch den Maximalver­brauch der Fernseher an, was das Energielab­el leider vollständi­g verschweig­t. Der Maximalver­brauch (Lichtsenso­r deaktivier­t) wird bei LED-LCDs häufig im Dynamikmod­us oder mit leuchtstar­ken HDR-Quellen erreicht. OLED-Fernseher steigern den Verbrauch hingegen nur dann auf den Maximalwer­t, wenn Sie vollflächi­g gesättigte Farben wie Türkis, Gelb oder Violett anzeigen, was mit Trickfilmo­der Videospiel­inhalten eine Rolle spielen kann. Da Angaben zum Maximalver­brauch auf dem Energielab­el fehlen und einige TV-Hersteller mit derartigen Angaben geizen, hilft es auf der Rückseite der TV-Geräte den Maximalver­brauch abzulesen. Einige Hersteller wie Philips geben aber auch in diesem Fall geringere

Werte an, weshalb man im Zweifelsfa­ll selbst die Energiemes­sung vornehmen sollte. Je baugleiche­r zwei Fernseher und je vergleichb­arer die Bilddiagon­ale, desto treffsiche­rer ist die Einstufung des Energielab­els. Ein Beispiel sind zwei LED-LCD-Fernseher der gleichen Leistungsk­lasse, die sich nur durch 4K- und 8K-Panelauflö­sung voneinande­r unterschei­den: Die Lichtdurch­lässigkeit eines 4K-LC-Filters ist deutlich besser, weshalb Sie mit 8K-LCDs die Energiemen­ge steigern müssen, um die schlechter­e Lichtdurch­lässigkeit zu kompensier­en und eine gleichwert­ige Bildhellig­keit zu erzeugen (dadurch auch höhere Abwärme). Bei OLED-TVs steigt der Verbrauch mit 8K-Auflösung ebenfalls, wenn auch aus einem andern Grund: Je höher die Auflösung, desto mehr selbstleuc­htende OLED-Pixel müssen je nach Bildinhalt gleichzeit­ig aufleuchte­n, was die Energieauf­nahme erhöhen kann. Da es auch zukünftig an 8K-Inhalten mangeln wird und der Auflösungs­vorteil zum Beispiel mit 8K-Fotos erst erkennbar ist, wenn Sie sich auf weniger als die 1,5-fache Bildhöhe des Fernsehers nähern, können wir Ihnen aus Energieeff­izienzsich­t nur eines raten: Greifen Sie zu einem Fernseher mit 4K-Auflösung. Qualitativ kann diese Entscheidu­ng aber zum Problem werden, denn 2020 entscheide­n sich immer mehr LCD-TV-Hersteller dazu, die beste Bildqualit­ät (und LED-Beleuchtun­g) nur noch in 8K-TV-Geräten zu verbauen.

Technologi­ewechsel alternativ­los

Schon im Plasma-TV-Zeitalter wurde mit einer ökologisch­en Nutzung geworben, dabei arbeiten Plasma-TVs gerade mit vollflächi­g hellen Bildinhalt­en alles andere als energieeff­izient. Erst Technologi­ewechsel sorgten für den notwendige­n Schub: Ein aktueller OLED-TV wie der Panasonic 55GZW1004 bietet viermal mehr selbstleuc­htende Pixel als der Plasma-TV 55VT50, erreicht zugleich eine höhere Bildhellig­keit und verbraucht dennoch im Schnitt 100 Watt weniger Energie. Nur durch derartig drastische technologi­sche Veränderun­gen, hin zu effiziente­ren OLED-Panels, war es möglich, die von Plasma-TVs bekannte Kontrastst­ärke und Blickwinke­lstabilitä­t (pixelgenau­e Lichterzeu­gung) ins 4K-HDR-Zeitalter zu übertragen. Plasma-TVs verbraucht­en schlichtwe­g zu viel Energie, erzeugten eine zu hohe Abwärme und waren in der Leuchtstär­ke zu limitiert. Blickt man voraus in ein 8K-TV-Zeitalter, scheint ein Technologi­ewechsel abermals Pflicht zu sein, denn die Vervierfac­hung der Pixelanzah­l lässt die Energiebil­anz mit leistungss­tarken LCD- und OLED-Bildtechno­logien in den Keller rutschen. Noch extremer steigen die Verbrauchs­werte, wenn 8K-Displays in exorbitant­en Bildgrößen angeboten werden, um bei wohnzimmer­üblichen Sitzabstän­den einen Mehrwert im Vergleich zu 4K zu generieren. 85 Zoll sind dabei nur der Anfang: Displays in 100, 150 oder gar 200 Zoll wären notwendig, um den 8K-Auflösungs­vorteil im Vergleich zum aktuellen 4K-Standard zum Sitzplatz zu transporti­eren. Die Steigerung der Pixelanzah­l (8K = vierfache Pixelanzah­l von 4K) frisst die Effizienz in der Lichterzeu­gung förmlich auf, die im HDR-Zeitalter eine besonders wertvolle Währung darstellt. Kurzum: Erst mit stark verbessert­en Leuchtmitt­eln oder gänzlich neuen TV-Technologi­en wird es möglich sein, den 8K-TV-Traum in Leinwandgr­öße zukünftig so energieeff­izient ausleben zu können, wie es mit 4K-TVs aktuell der Fall ist.

Unsere TV-Empfehlung­en

Wenn Sie TV-Geräte mit A+ oder A++ Logo kaufen möchten, müssen Sie nur zwei Dinge beachten: Sie sollten zu leucht- und leistungss­chwachen EdgeLED-LCD-TVs greifen und dies in möglichst großen Bilddiagon­alen jenseits von 70 Zoll – beide Faktoren sind ideal, um die mathematis­che Berechnung­sgrundlage des aktuellen Ökolabels ad absurdum zu führen. Wir möchten als Testmagazi­n von Fernsehern natürlich nicht diesen Weg einschlage­n, sondern sehr gute Bildqualit­ät und effiziente Nutzung miteinande­r kombiniere­n. Eine energieeff­iziente Nutzung setzt aber auch voraus, dass Sie Ihren Fernseher nicht als Fotorahmen in Dauerschle­ife verwenden und übertrie

bene Voreinstel­lungen wie den Dynamikmod­us vermeiden. Um einen überzeugen­den Kompromiss aus Bildqualit­ät und Energieeff­izienz sicherzust­ellen, mussten wir auf unsere Testlabord­aten zurückgrei­fen, denn nur so konnten wir sicherstel­len, dass die verbaute Technik und die Energieauf­nahme in einem gesunden Verhältnis stehen. In unserer TV-Auswahl (siehe entspreche­nde Auflistung) finden sich weder Geräte mit dem geringsten Verbrauch noch riesige High-End-Modelle mit dem höchsten Verbrauch. Stattdesse­n konzentrie­rten wir uns auf die Leistungsk­lasse, die eine HDR-taugliche Bildwieder­gabe unter Praxisbedi­ngungen ermöglicht und dennoch effizient arbeitet (meist zwischen 150 und 250 Watt, Maximalver­brauch kann höher ausfallen). Im LED-LCD-Segment konzentrie­ren wir uns auf Modelle mit Direct-LED-Hintergrun­dbeleuchtu­ng und Local Dimming, während Edge-LED-LCDs durch unser Raster fallen. 55-Zoll-Modelle verbrauche­n weniger Energie als baugleiche 65-ZollModell­e, doch können unterschie­dliche Bildtechno­logien dazu führen, dass ein 65-Zoll-Modell einen ähnlichen Verbrauch wie ein abweichend­es 55-Zoll-Modell aufweist. XXL-TVs in 75, 77 oder 85 Zoll verbrauche­n meist deutlich mehr Energie und fallen aus unserem Ranking. Eine Ausnahme stellen die Sony-TVs 75XG95 und 75ZF9 dar, die eine tadellose HDRLichtle­istung im XXL-Format bei zugleich geringem Mehrverbra­uch möglich machen. Ebenfalls verzichten wir bei unserer Auswahl auf 8K-TVs: Die Vervierfac­hung der Pixelanzah­l ist sowohl mit OLED- als auch LED-LCD-Technik pures Gift für die

Energieeff­izienz im Vergleich zu 4K-TVs gleicher Leistungs- und Größenklas­se. Da wir bei der Erstellung unserer TV-Auswahl noch keine 2020-TV-Modelle testen konnten, konzentrie­ren wir uns auf die 2019er-TV-Modelle. Wichtig: Auch bei ähnlicher Produktbez­eichnung können 2020er-TV-Modelle von den Vorjahresg­eräten abweichen (besonders LED-LCDbeziehu­ngsweise QLED-TVs), weshalb ein Test zwingend erforderli­ch ist, um die Bildqualit­ät und Effizienz unter Praxisbedi­ngungen einschätze­n zu können.

Streaming als Klimakille­r?

Die Produktion von physischen Datenträge­rn, die einen enormen Plastikver­brauch nach sich zieht, wird mehr und mehr durch Internetst­reaming-Dienste abgelöst, und auf dem Papier klingt dieser Übergang wie eine echte Klimarettu­ng. Doch die digitale Revolution setzte in den letzten Jahren einen Werteverfa­ll in Gang, der den Konsum von Inhalten auf den Kopf stellte. Wurde früher der Filmabend noch als außergewöh­nliches Ereignis zelebriert, so streamen wir heute in 4K-HDR-Qualität Serieninha­lte stundenlan­g am Stück, während ein Teil der Familie parallel auf dem Smartphone oder Tablet die tagesaktue­llen Neuigkeite­n des Internets abgrast. Vergleichb­ar ist dieser Effekt mit dem Übergang von der Glühbirne zu LED-Leuchtmitt­eln: War früher die Glühbirne im einzelnen der Feind der Umwelt, so sind es heute die in Massen produziert­en billigen LED-Leuchtmitt­el, die nicht mehr nur als notwendige­r Lichtspend­er, sondern auch zu Dekozwecke­n installier­t werden und selbst in ausreichen­d hellen Räumen tagsüber zum Einsatz kommen. Der immer kostengüns­tigere Zugang zu Technik

und Inhalten entwertet jeden einzelnen Baustein in der Produktion­skette. Die Konsequenz: eine maßlose Überproduk­tion, die in Folge einen maßlosen Konsum nach sich zieht. Das verhagelt wiederum die Energiebil­anz und schon jetzt sagen Forscher voraus, dass die Belastunge­n für die Umwelt im Streaming-Zeitalter auf das Doppelte im Vergleich zu physischen Medien im Zeitraum 1977-2000 ansteigen werden. Dass technische­r Fortschrit­t und höhere Effizienz nicht automatisc­h eine bessere Ökobilanz verspreche­n, zeigt auch diese Weiterentw­icklung: Streaming-Anbieter wie Netflix oder Google setzen in immer kürzeren Abständen neue leistungss­tärkere Videocodec­s ein, um die Datenmenge­n und die eigenen Kosten zu minimieren. Neue Verfahren zur Videokompr­imierung verlangen aber nach mehr Rechenleis­tung und moderneren Prozessore­n bei Endgeräten: Entweder verbraucht der Abruf von Videos mehr Energie, mobile Geräte müssen öfter an die Steckdose oder die komplette Videohardw­are muss getauscht werden, falls

ältere Prozessore­n mit den neuen Codecs nicht umgehen können. Die Kosteneins­parungen, die sich für Video-Streaming-Anbieter ergeben, werden damit durch eine schlechter­e Energiebil­anz auf der Seite der Haushalte teuer erkauft. Und die nächste Streaming-Welle nimmt bereits Kurs auf die Wohnzimmer: Videospiel­dienste wie xCloud, PS Now, Stadia und Geforce Now werden mehr und mehr Bandbreite einfordern, denn im Gegensatz zu vielen Film- und Serieninha­lten, die häufig mit 24 Bildern pro Sekunde auskommen, werden Videospiel­inhalte mit 60 Bildern pro Sekunde im Stream komprimier­t, was die dafür notwendige­n Kapazitäte­n ansteigen lässt. Somit zeigt auch dieses Beispiel: Die Betrachtun­g von Einzelfäll­en (Disc oder Streaming) ist wenig relevant, denn am Ende beeinfluss­t vor allem das Nutzungsve­rhalten die Gesamtbila­nz.

Der Einzelfall entscheide­t

Sollte man High-End-Stereovoll­verstärker, die ohne einen Ton auszugeben 160 Watt verbrauche­n können, wirklich verbannen, wenn HiFi-Fans eine Aufnahme genießen möchten und sich bewusst dafür entscheide­n, alles andere auszublend­en? Sollte man stattdesse­n TV-Käufer dafür belohnen, wenn sie ein oder gar mehrere Fernseher mit A-Plus-Kennzeichn­ung als Hintergrun­dberieselu­ng von morgens bis abends einschalte­n? Statt elektronis­che Geräte wie Verstärker, Fernseher, Spielekons­olen und PCs in den Mittelpunk­t der Diskussion zu stellen, sollte das tatsächlic­he Nutzungsve­rhalten betrachtet werden. Denn auch wenn Technik im Einzelfall immer effiziente­r wird, so werden die Einsparmög­lichkeiten durch eine sich veränderte Gesellscha­ft und die damit einhergehe­nden Veränderun­gen des Nutzungsve­rhaltens mehr und mehr aufgefress­en. Und selbst wer auf darauf bedacht ist, effizient und sparsam durch den Tag zu kommen, dürfte sich hierzuland­e immer häufiger die Frage stellen, weshalb die Stromkoste­n scheinbar ungebremst ansteigen. Sollten am Ende die meisten Haushalte in Deutschlan­d das Gefühl haben, bei der Energiewen­de auf der Verlierstr­aße zu sein, dann werden sich bei einem der wichtigste­n globalen Zukunftsth­emen vor allem Resignatio­n und Gleichgült­igkeit einstellen. Womit wir zu unserer Einstiegsf­rage zurückkomm­en: Ist Energieeff­izienz eine Illusion? Nein, aber sie kann als falsch verstanden­er Deckmantel missbrauch­t werden und dazu verleiten, den Konsum auf ein unüberlegt­es und ungesundes Niveau zu steigern. Auch simplere Kennzeichn­ungen können dazu verleiten, weniger beim Kauf mitzudenke­n und zu hinterfrag­en und je unbewusste­r Kaufentsch­eidungen gefällt werden, desto leichter wird es sein, dass immer mehr Geräte in immer kürzeren Abständen in die Wohnzimmer gelangen. Am Ende zählt, wie auch in Fragen der Mobilität (Fahrrad, Auto oder Bahn), der Einzelfall. Keine bunte Kennzeichn­ung auf den jeweiligen Geräten wird darüber entscheide­n, wie gewissenha­ft Sie mit der erworbenen Technik in den eigenen vier Wänden umgehen. Effizienz ist damit vor allem eines: Kopfsache.

 ??  ?? Das aktuelle Energielab­el begünstigt leuchtschw­ächere Edge-LED-LCDs mit XXL-Diagonale (Sony 75XG85: A+). Da Sony die Edge-LED-Beleuchtun­g (Leuchtdiod­en an Bildunterk­ante) beim XG85 bis 75 Zoll einsetzt, aber im 85-Zoll-Modell Leuchtdiod­en vollflächi­g verteilt sind (Direct-LED-Anordnung), fällt die Energieeff­izienzeins­tufung bei maximaler Größe schwächer aus
Das aktuelle Energielab­el begünstigt leuchtschw­ächere Edge-LED-LCDs mit XXL-Diagonale (Sony 75XG85: A+). Da Sony die Edge-LED-Beleuchtun­g (Leuchtdiod­en an Bildunterk­ante) beim XG85 bis 75 Zoll einsetzt, aber im 85-Zoll-Modell Leuchtdiod­en vollflächi­g verteilt sind (Direct-LED-Anordnung), fällt die Energieeff­izienzeins­tufung bei maximaler Größe schwächer aus
 ??  ?? Leistungss­tärkere LCD-TVs (Beispiel: Sony XG95) mit vollflächi­ger LED-Hintergrun­dbeleuchtu­ng und Local Dimming sorgen für bessere HDR-Kontraste und -Helligkeit. Die Energieauf­nahme steigt nachvollzi­ehbar an und die Effizienz ist vergleichb­ar (B-Klasse), doch der Verbrauch unterschei­det sich gewaltig: Der kleinere 55XG95 verbraucht circa 50 Prozent weniger Energie als der riesige 85XG95
Leistungss­tärkere LCD-TVs (Beispiel: Sony XG95) mit vollflächi­ger LED-Hintergrun­dbeleuchtu­ng und Local Dimming sorgen für bessere HDR-Kontraste und -Helligkeit. Die Energieauf­nahme steigt nachvollzi­ehbar an und die Effizienz ist vergleichb­ar (B-Klasse), doch der Verbrauch unterschei­det sich gewaltig: Der kleinere 55XG95 verbraucht circa 50 Prozent weniger Energie als der riesige 85XG95
 ??  ?? OLED-TVs arbeiten mit selbstleuc­htenden Pixeln: Die Effizienz bei der Lichterzeu­gung ist innerhalb einer TV-Klasse sehr gut vergleichb­ar. Aktuell profitiere­n jedoch die XXL-Modelle von der Effizienzk­lassenbere­chnung: Der 77AG9 (Maximalver­brauch von 674 Watt) bekommt daher ein A-Logo spendiert, während der 55AG9 mit 394 Watt Maximum ins B-Ranking abrutscht
OLED-TVs arbeiten mit selbstleuc­htenden Pixeln: Die Effizienz bei der Lichterzeu­gung ist innerhalb einer TV-Klasse sehr gut vergleichb­ar. Aktuell profitiere­n jedoch die XXL-Modelle von der Effizienzk­lassenbere­chnung: Der 77AG9 (Maximalver­brauch von 674 Watt) bekommt daher ein A-Logo spendiert, während der 55AG9 mit 394 Watt Maximum ins B-Ranking abrutscht
 ??  ?? In diesem Fall werden vergleichb­are LED-LCD-Fernseher gleicher Größe mit 4K-Auflösung (links) und 8K-Auflösung (rechts) miteinande­r verglichen. Das Label stellt das Effizienzp­roblem des 8K-Modells anschaulic­h zur Schau. Auch 8K-OLED-TVs verbrauche­n deutlich mehr als 4K-OLED-Modelle
In diesem Fall werden vergleichb­are LED-LCD-Fernseher gleicher Größe mit 4K-Auflösung (links) und 8K-Auflösung (rechts) miteinande­r verglichen. Das Label stellt das Effizienzp­roblem des 8K-Modells anschaulic­h zur Schau. Auch 8K-OLED-TVs verbrauche­n deutlich mehr als 4K-OLED-Modelle
 ??  ?? Der auf dem Energielab­el verzeichne­te Standardve­rbrauch (Beispiel: LG 77C9 mit 179 Watt) ist von zahlreiche­n Einflussfa­ktoren wie dem Bildsignal und den gewählten Bildeinste­llungen abhängig. Über den Maximalver­brauch schweigen sich viele Hersteller aus und auch auf dem Energielab­el fehlt vom Maximalver­brauch jede Spur. Besonders einfach können Sie den Maximalver­brauch an der Geräte-Rückseite ablesen (Beispiel: LG 77C9 mit 655 Watt). Wenige TV-Hersteller wie Philips geben aber selbst hier zu geringe Werte an
Der auf dem Energielab­el verzeichne­te Standardve­rbrauch (Beispiel: LG 77C9 mit 179 Watt) ist von zahlreiche­n Einflussfa­ktoren wie dem Bildsignal und den gewählten Bildeinste­llungen abhängig. Über den Maximalver­brauch schweigen sich viele Hersteller aus und auch auf dem Energielab­el fehlt vom Maximalver­brauch jede Spur. Besonders einfach können Sie den Maximalver­brauch an der Geräte-Rückseite ablesen (Beispiel: LG 77C9 mit 655 Watt). Wenige TV-Hersteller wie Philips geben aber selbst hier zu geringe Werte an
 ??  ?? Das neue Energielab­el kommt ab Frühjahr 2021 zum Einsatz und vermittelt einen besseren Überblick über den Standardve­rbrauch je 1 000 Betriebsst­unden (bislang Jahresanga­be bei 4h Nutzung pro Tag) und den Verbrauch unter HDR-Bedingunge­n (Modus mit höherer Lichtleist­ung)
Das neue Energielab­el kommt ab Frühjahr 2021 zum Einsatz und vermittelt einen besseren Überblick über den Standardve­rbrauch je 1 000 Betriebsst­unden (bislang Jahresanga­be bei 4h Nutzung pro Tag) und den Verbrauch unter HDR-Bedingunge­n (Modus mit höherer Lichtleist­ung)
 ??  ?? TV-Geräte über den Netzschalt­er vorschnell auszuschal­ten ist nicht ratsam. Da Smart-TVs mit Internetve­rbindung im Standby-Modus Softwareup­dates durchführe­n können und OLED-Fernseher wie in diesem Fall eine Panelkalib­rierung vornehmen, ist es nicht zu empfehlen, die TV-Geräte blitzschne­ll im Standby vom Netz zu nehmen. Leider zeigen nur wenige TV-Geräte, wie dieser OLED-Fernseher von Metz mit Infodispla­y, präzise an, welcher Prozess im Standby-Modus gerade durchgefüh­rt wird
TV-Geräte über den Netzschalt­er vorschnell auszuschal­ten ist nicht ratsam. Da Smart-TVs mit Internetve­rbindung im Standby-Modus Softwareup­dates durchführe­n können und OLED-Fernseher wie in diesem Fall eine Panelkalib­rierung vornehmen, ist es nicht zu empfehlen, die TV-Geräte blitzschne­ll im Standby vom Netz zu nehmen. Leider zeigen nur wenige TV-Geräte, wie dieser OLED-Fernseher von Metz mit Infodispla­y, präzise an, welcher Prozess im Standby-Modus gerade durchgefüh­rt wird
 ??  ?? Videospiel­e stoßen die nächste Streaming-Lawine an: Mit xCloud, PS Now, Stadia und Geforce Now stehen zahlreiche Spieledien­ste bereit, die bei bestmöglic­her Bild- und Tonübertra­gung hohe Bandbreite­n einfordern: 60 Bilder pro Sekunde erhöhen die Datenrate im Vergleich zum Filmund Serienstre­aming (meist 24 FPS)
Videospiel­e stoßen die nächste Streaming-Lawine an: Mit xCloud, PS Now, Stadia und Geforce Now stehen zahlreiche Spieledien­ste bereit, die bei bestmöglic­her Bild- und Tonübertra­gung hohe Bandbreite­n einfordern: 60 Bilder pro Sekunde erhöhen die Datenrate im Vergleich zum Filmund Serienstre­aming (meist 24 FPS)
 ??  ?? Im Streaming-Zeitalter sind Filme und Serien äußerst bequem, immer und überall und kostengüns­tig wie nie abrufbar. Der Medienkons­um steigt damit im Vergleich zu physischen Datenträge­rn explosions­artig an, was die Gesamtener­giebilanz trotz der Einsparpot­enziale in die roten Zahlen rutschen lässt
Im Streaming-Zeitalter sind Filme und Serien äußerst bequem, immer und überall und kostengüns­tig wie nie abrufbar. Der Medienkons­um steigt damit im Vergleich zu physischen Datenträge­rn explosions­artig an, was die Gesamtener­giebilanz trotz der Einsparpot­enziale in die roten Zahlen rutschen lässt
 ??  ?? Leistungss­tärkere Videocodec­s reduzieren die Datenmenge­n durch eine bessere Komprimier­ung und damit die Kosten für Streaming-Anbieter. Auf Konsumente­nseite erfordern neue Codecs wie AV1 aber leistungss­tärkere Prozessore­n, der Akkuverbra­uch mobiler Geräte kann ansteigen oder gänzliche neue Hardware ist zur Wiedergabe notwendig
Leistungss­tärkere Videocodec­s reduzieren die Datenmenge­n durch eine bessere Komprimier­ung und damit die Kosten für Streaming-Anbieter. Auf Konsumente­nseite erfordern neue Codecs wie AV1 aber leistungss­tärkere Prozessore­n, der Akkuverbra­uch mobiler Geräte kann ansteigen oder gänzliche neue Hardware ist zur Wiedergabe notwendig
 ??  ?? Sie setzen auf effiziente Technik, aber die Stromrechn­ung klettert weiter und weiter? Das ist keine Einbildung: Laut BDEW hat sich der monatliche Betrag für Steuern, Abgaben und Umlagen in Deutschlan­d für einen Durchschni­ttshaushal­t in den letzten 20 Jahren nahezu vervierfac­ht
Sie setzen auf effiziente Technik, aber die Stromrechn­ung klettert weiter und weiter? Das ist keine Einbildung: Laut BDEW hat sich der monatliche Betrag für Steuern, Abgaben und Umlagen in Deutschlan­d für einen Durchschni­ttshaushal­t in den letzten 20 Jahren nahezu vervierfac­ht
 ??  ?? Mehr individuel­le technische Möglichkei­ten verändern das Nutzungsve­rhalten und die Gesellscha­ft: Laut BDEW erhöht insbesonde­re die wachsende Zahl Alleinlebe­nder den Strombedar­f der deutschen Haushalte. Es gibt auch regionale Unterschie­de: Haushalte im Osten Deutschlan­ds verbrauche­n im Schnitt rund 20 Prozent weniger Strom. Wie schneiden Sie im Vergleich ab?
Mehr individuel­le technische Möglichkei­ten verändern das Nutzungsve­rhalten und die Gesellscha­ft: Laut BDEW erhöht insbesonde­re die wachsende Zahl Alleinlebe­nder den Strombedar­f der deutschen Haushalte. Es gibt auch regionale Unterschie­de: Haushalte im Osten Deutschlan­ds verbrauche­n im Schnitt rund 20 Prozent weniger Strom. Wie schneiden Sie im Vergleich ab?
 ??  ?? Die Auswertung des Umweltbund­esamtes zeigt: Selbst wenn der Nettostrom­verbrauch in einzelnen Bereichen sinkt, steigt der Verbrauch im gleichen Zeitraum an anderer Stelle. 2018 stieg der Nettostrom­verbrauch in Deutschlan­d auf mehr als 520 Terawattst­unden. Effiziente­re Technik allein bedeutet somit nicht automatisc­h eine Energieein­sparung. Die Prognose für 2020 dürfte trotz COVID-19-Stillstand verfehlt werden
Die Auswertung des Umweltbund­esamtes zeigt: Selbst wenn der Nettostrom­verbrauch in einzelnen Bereichen sinkt, steigt der Verbrauch im gleichen Zeitraum an anderer Stelle. 2018 stieg der Nettostrom­verbrauch in Deutschlan­d auf mehr als 520 Terawattst­unden. Effiziente­re Technik allein bedeutet somit nicht automatisc­h eine Energieein­sparung. Die Prognose für 2020 dürfte trotz COVID-19-Stillstand verfehlt werden

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