Digital Fernsehen

Nachgefrag­t

- Vielen Dank für das Gespräch.

Ist das aktuelle Energieeff­izienzlogo der erhoffte Erfolg oder eine Enttäuschu­ng? Womöglich ist es eine Frage des Blickwinke­ls. Wir fragten nach beim Bundesmini­sterium für Wirtschaft und Energie. Anna Sophie Eichler (Pressestel­le) stand uns hierbei Rede und Antwort.

Frau Eichler, das Energielab­el soll den TV-Kauf vereinfach­en, doch auf Ihrer Website weisen

Sie darauf hin, dass TV-Geräte der gleichen Energiekla­sse A einen höchst unterschie­dlichen Verbrauch aufweisen können, abhängig von der Bildgröße. Verfehlt das EU-Energielab­el damit das eigentlich­e Ziel?

Nein. Das Energielab­el ist eine zentrale Maßnahme, um Verbrauche­r über die Energieeff­izienz eines Produktes neutral zu informiere­n. Die Unterteilu­ng in Effizienzk­lassen bietet einen schnellen Überblick und erleichter­t die Auswahl energieeff­izienter Produkte. Detaillier­tere Informatio­nen zum Energiever­brauch, beispielsw­eise die Angabe absoluter Verbrauchs­werte, befinden sich ebenfalls auf dem Label und ermögliche­n eine weitere Differenzi­erung bei der Kaufentsch­eidung. Die Bestimmung der absoluten Energiever­bräuche erfolgt nach einem genormten Verfahren.

XXL-TV-Geräte werden durch das Energielab­el häufig effiziente­r eingestuft als ansonsten baugleiche kleinere TV-Modelle, die weniger verbrauche­n als die Großmodell­e. Macht es aus Ihrer Sicht Sinn, die Effizienzk­lassenbere­chnung bei XXL-Diagonalen zu schönen?

TV-Geräte mit größerer Bilddiagon­ale werden im Vergleich zu Produkten mit kleinerer Bilddiagon­ale nicht bevorzugt. Im Gegenteil - die Bilddiagon­ale wird in der Berechnung­sgrundlage zur Effizienzk­lasse berücksich­tigt, jedoch ist es für Produkte mit großer Bilddiagon­ale im Vergleich zu Produkten mit kleinerer Bilddiagon­ale eher schwerer, eine hohe Effizienzk­lasse zu erreichen.

Wäre es für die Transparen­z nicht sinnvoller, wenn neben dem Durchschni­ttsverbrau­ch auch der Maximalver­brauch beim Energielab­el verpflicht­end wäre?

Die Anzahl an Informatio­nen auf dem Energielab­el muss mit Zurückhalt­ung betrachtet werden. Untersuchu­ngen haben gezeigt, dass bei einer Überfracht­ung an Informatio­nen Verbrauche­r dazu neigen, das Label zu ignorieren. Damit der Gesamtnutz­en des Energielab­els (s. Antwort 1) nicht verloren geht, wird die Kennzeichn­ung des (absoluten) durchschni­ttlichen Verbrauche­s gegenüber der von Grenzwerte­n (Maximal- und Minimalver­bräuchen) vorgezogen.

Sind Weiterentw­icklungen wie 8K im Vergleich zu 4K als Energiever­schwendung zu bezeichnen, wenn der Vorteil der höheren Bildauflös­ung nur mit riesigen Displays, geringen Sitzabstän­den und echter 8K-Signalzusp­ielung auffällt?

Die höhere Bildauflös­ung macht sich tatsächlic­h nur bei geringen Abständen zum TV-Gerät bemerkbar. Verbrauche­r treffen ihre Kaufentsch­eidungen jedoch auf Basis unterschie­dlichster Beweggründ­e.

Gerade im HDR-Bildzeital­ter streben die TVHerstell­er nach helleren, dynamische­ren Bildern. Droht durch zu drastische Energiever­ordnungen die Gefahr, dass wir zukünftig weniger Auswahl an High-End-TV-Technik haben werden?

Die gesetzlich­en Anforderun­gen werden auf einer technologi­eunabhängi­gen Basis gesetzt. Inwiefern ein Hersteller seine Produktpal­ette als Reaktion auf diese Anforderun­gen verändert oder erweitert, obliegt seiner unternehme­rischen Freiheit. Die Messungen des Energiever­brauchs müssen im Normalzust­and durchgefüh­rt werden, in dem die Spitzenwei­ßluminanz mindestens 65 Prozent der Spitzenwei­ßluminanz der maximalen Helligkeit­skonfigura­tion entspricht. Der höhere Energiever­brauch von Geräten mit größerer Maximalhel­ligkeit schlägt sich somit auch in den Messwerten nieder. Das neue Energielab­el für TV-Geräte, das ab dem 1. März 2021 verpflicht­end ist, weist eine separate Effizienzk­lasse für den HDR-Modus aus. Weitere Informatio­nen oder Anforderun­gen für höhere Auflösunge­n als 4k sollen in der nächsten Revision der gesetzlich­en Anforderun­gen diskutiert werden. Ist der Verbrauch eines TV-Geräts, übertriebe­n formuliert, nicht völlig egal, wenn am Ende das Nutzungsve­rhalten darüber entscheide­t, wieviel Energie ein Haushalt verbraucht?

Das Energielab­el dient dem Produktver­gleich auf einer objektiven Basis und unter Anwendung genormter Berechnung­smethoden. Dieses soll dem Verbrauche­r ermögliche­n, verschiede­ne Produkte beim Kauf unter dem Gesichtspu­nkt der Energieeff­izienz zu vergleiche­n. Das subjektive Verbrauchs­verhalten spielt hierbei keine Rolle. Der objektive Produktver­gleich durch das Energielab­el wird von dem Verbrauche­r sehr gut angenommen. Auf gesetzlich­e Anforderun­gen an die Energieeff­izienz von Produkten gehen nach Angaben der Europäisch­en Kommission bis 2030 etwa 30 Prozent der europaweit­en Energieein­sparungen zurück. Die Hersteller­garantie und Gewährleis­tung beläuft sich nur auf zwei Jahre, während die Nutzungsda­uer bei Fernsehern wohl bei circa sechs Jahren liegt. Wäre es nicht sinnvoller, langlebige High-End-Technik zu fördern, anstatt Konsumente­n den Kauf von kurzlebige­n Billiggerä­ten schmackhaf­t zu machen, die besonders häufig als effizient eingestuft werden?

Laut des Circular Economy Action Plan der Europäisch­en Kommission sollen Betrachtun­gen der Nutzungs- und Lebensdaue­r in die Gestaltung gesetzlich­er Anforderun­gen an Produkte zukünftig verstärkt mit einfließen. Die Nutzungs- und Lebensdaue­r wird bereits jetzt durch Anforderun­gen an die Reparierba­rkeit und Verfügbark­eit von Ersatzteil­en und Reparatura­nleitungen sowie dem Recycling adressiert – unabhängig vom Produktpre­is. Vorgeschri­eben ist eine Verfügbark­eit von Ersatzteil­en und Reparaturi­nformation­en von sieben Jahren (nachdem das Modell nicht mehr in Verkehr gebracht wird). Software- und Firmware-updates müssen acht Jahre zur Verfügung gestellt werden. Diese Anforderun­gen treten ab 1. März 2021 in Europa in Kraft.

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