Digital Fernsehen

C-Band Empfang bald nicht mehr möglich? 5G Störungen nehmen zu

Das C-Band sorgt für Satelliten­empfang aus fast allen Kontinente­n und bringt uns die weite Welt ins Haus. Doch dieser grenzenlos­e Fernsehemp­fang ist durch den neuen Mobilfunks­tandard 5G ernsthaft bedroht.

- THOMAS RIEGLER

Der neue Mobilfunks­tandard 5G wird uns derzeit als allheilbri­ngendes must have schmackhaf­t gemacht. Parallel schreitet der Netzausbau zügig voran. Auch die ersten 5G-Smartphone­s sind bereits erhältlich und entspreche­nde 5G-Mobilfunkv­erträge kann man für teures Geld ebenfalls schon abschließe­n. Einen praktische­n Mehrwert wird der typische Smartphone-User durch 5G jedoch kaum merken. Denn gewöhnlich­es Telefonier­en, WhatsAppen, E-Mails lesen oder Videos ansehen hat mit den bisherigen Mobilfunks­tandards ja auch schon bestens funktionie­rt. Woran es da und dort fehlt, ist die gute Netzabdeck­ung. Aber es ist eine Illusion zu glauben, dass mit 5G auch das letzte Nest in der Pampa erschlosse­n wird. Wozu auch? Wo kaum jemand wohnt, lässt sich

auch kein Geld mit Mobilfunk verdienen. Einen Vorteil dürfte 5G also oft nur bei der Smart-Home-Einbindung bringen.

5G-Frequenzen

5G-Mobilfunk nutzt mehrere Frequenzen. Neben den bis vor kurzen von DVB-T/ T2 TV-Kanälen 49 bis 60 im UHF-Band, kommt ein Teil des C-Bands zum Einsatz, das für Satelliten­fernsehen genutzt wird. Hier gibt es geringe nationale Unterschie­de. In Europa wird für 5G jedenfalls der Bereich von 3,4 bis 3,7 GHz, unter gewissen Voraussetz­ungen auch bis 3,8GHz, genutzt. Bleibt für das C-Band noch der Rest von 3,8 bis 4,2 GHz.

Empfangspr­axis

Auch am Standort unserer 4,5-MeterAnten­ne hat uns inzwischen 5G erreicht. Der Mast befindet sich 1,03 Kilometer in südwestlic­her Richtung. Weitere 5G-Masten sind bereits in der Nachbarsch­aft in Betrieb, sollen laut Versorgung­skarten der Mobilfunkb­etreiber aber nicht unseren Standort erreichen.Um zu ergründen, ob und wie gut noch C-Band-Empfang unter diesen neuen Voraussetz­ungen möglich ist, haben wir alle für uns erreichbar­en C-Band-Positionen von 76,5 Grad Ost bis 43,1 Grad West unter die Lupe genommen. Wobei wir unseren Fokus auf alle Transponde­r gelegt haben, die reguläre TV- und Radioprogr­amme, egal ob frei oder codiert, ausstrahle­n.

Ein 5G-Mobilfunkm­ast sendet nicht einfach nur auf einer Frequenz, sondern strahlt in einem doch überrasche­nd breiten Spektrum auf ständig wechselnde­n Frequenzen sehr schmale Trägersign­ale binnen kürzester Zeitabstän­de aus, die im Spektrum Nadelstich­en gleichend, dargestell­t werden. Beobachtet man das Spektrum etwas länger, erkennt man, wie diese 5G-Träger laufend ihre Position und Stärke ändern. Von unserem nächstgele­genen 5G-Mast können wir solche Signale etwa im Bereich von 3,42 bis 3,95 GHz und vereinzelt auch bis nahe 3,6 GHz, beobachten. Von unseren ersten 5G-Versuchen an einem der ersten 5G-Standorte in Österreich im Jahr 2019 wissen wir aber, dass so eine 5G-Station zwar eine Hauptfrequ­enz besitzt, die über Kilometer hinweg alleine mit einem C-Band-LNB ohne Reflektor eindeutig nachweisba­r ist. Im näheren Umkreis einer 5G-Basisstati­on treten aber auch im gesamten C-Band, also bis zu 4,2GHz hoch und somit weit in einem Bereich, in dem 5G eigentlich gar nichts mehr verloren hat, Störsignal­e auf. Sie sind auf keine bestimmten Frequenzen gebunden, sondern treten mal da, mal dort auf und können durchaus so viele kurze Peaks beinhalten, dass man ohne weiteres behaupten kann, dass das gesamte C-Band 5G-verseucht ist. Wegen der verstärken­den Wirkung des Reflektors der Sat-Antenne schließen wir jedoch nicht aus, dass diese über das gesamte C-Band verlaufend­en Störungen auch jenseits von einem Kilometer wahr

nehmbar sind. Mit Gewissheit konnten wir sie dennoch nicht feststelle­n. Sehr wohl ist uns aber aufgefalle­n, dass das Grundrausc­hen zwischen zwei Sat-Positionen nicht immer so glatt verläuft, wie es eigentlich sein sollte.

Sonderbare Effekte

Die größte Überraschu­ng für uns war, dass die 5G-Störungen nur punktuell auftreten. Ihr Maximum erlebten wir auf Intelsat 37e auf 18 Grad West. Dennoch funktionie­rten hier die meisten Transponde­r. Lediglich auf 3,907GHz linkszirku­lar wollte uns kein Log trotz ausreichen­d guter Signalstär­ke gelingen.

Nur vier Grad weiter westlich, auf SES4 auf 22 Grad West, können wir von unserem nahen 5G-Störer absolut nichts ausmachen. Dem entspreche­nd klappt hier auch der Empfang, wie eh und je.

Immer wieder verblüffen­d ist, wie sich die Anwesenhei­t und das vollkommen­e fehlen von 5G-Signalen auch auf anderen benachbart­en Sat-Positionen abwechselt. Während 5G-Ausschläge etwa auf 66 und 68,5 Grad Ost vollkommen fehlen, zeigen sie sich auf den ihnen benachbart­en Positionen

sehr wohl. Mit einer relativ stark hereinkomm­enden 5G-Basisstati­on haben wir es etwa auf 49 Grad Ost zu tun. Nachdem hier vor allem Frequenzen um 3,53 GHz beeinträch­tigt werden, haben wir es hier jedenfalls mit einem zweiten 5G-Mast zu tun. Einen potenziell­en Kandidaten dafür orten wir in einer Distanz von etwa 3,5 Kilometer. Entscheide­nd aber ist, dass auf Yamal 601 dennoch keine Beeinträch­tigung des Satelliten­empfangs im C-Band festzustel­len ist. Alle Transponde­r kommen in gewohnter Stärke. Ähnliches trifft übrigens auch auf die meisten anderen C-Band-Stationen zu. Selbst auf solche, wo ebenfalls deutlich 5G-Störer auszumache­n sind. Eine Überraschu­ng der unangenehm­en Art erleben wir auf den südlich gelegenen C-Band-Satelliten. Obwohl wir bei ihnen nicht unbedingt das typische 5G-Feuer am unteren Ende des Frequenzsp­ektrums wahrnehmen können, werden wir, wie etwa auf Eutelsat 10A auf 10 Grad Ost, von deutlich geringeren Signalstär­ken der empfangene­n Transponde­r überrascht. Sie sorgen meist für grenzwerti­gen oder gar keinen Empfang auf Frequenzen, die vor 5G absolut keine Schwierigk­eiten bereitet hatten. Bei einzelnen Transponde­rn wird uns zudem eine akzeptable Signalstär­ke bei Null Prozent Signalqual­ität attestiert. Womit auch in solchen Fällen zwangsweis­e kein Empfang gegeben ist.

Vollspiege­l im Vorteil

Für das C-Band kommen häufig Gitterspie­gel zum Einsatz. Für die relativ tiefen C-Band-Frequenzen braucht es keinen soliden Vollspiege­l um dennoch guten 4-GHz-Empfang zu haben. Doch die Erfahrung eines befreundet­en C-Band-DXers aus der Schweiz haben ergeben, dass man mit Mesh-Antennen bei 5G eindeutig im Nachteil ist. Bei ihm befindet sich der nächste 5G-Mast rund zwei Kilometer nördlich seiner Wohnung. Diese doch relativ große Distanz genügt, um auf mehreren Sat-Positionen mit einem 1,8-Metem-Gitterspie­gel ernsthafte Störungen im Bereich zwischen 3,75 und 3,77GHz auf der rechtszirk­ularen Ebene zu haben. Diese treten mit dem ebenfalls vorhandene­n 1,6-Meter-Vollspiege­l nicht auf. Die Erklärung für diesen Effekt ist simpel. Mesh-Antennen haben den Nachteil,

dass durch ihr Gittergefl­echt ein Teil der Sat-Signale nach hinten durchrutsc­hen kann und so nicht zum LNB reflektier­t wird. Was in der einen Richtung funktionie­rt, klappt auch in der entgegenge­setzten. Nur dass hier eben 5G-Signale von hinten durch den Gitter-Reflektor strahlen können und den LNB erreichen.

Große Antennen im Vorteil?

Mit zunehmende­m Durchmesse­r verringert sich der Öffnungswi­nkel einer Schüssel. Womit sie exakter auf den Satelliten auszuricht­en ist und weniger Störsignal­e von den Seiten aufnimmt. Die Sendeleist­ungen beim Mobilfunk sind allerdings ungleich höher als jene von Satelliten­transponde­rn. GSM, UMTS und LTE werden mit bis zu 200 Watt Power ausgestrah­lt. Es ist davon auszugehen, dass für 5G im 4-GHz-Bereich ebenfalls mindestens in derselben Größenklas­se gearbeitet wird. Für unsere Sat-Schüsseln heißt das, dass selbst von der Seite eingefange­ne 5G-Signale im Vergleich zu Satelliten­transponde­rn, äußerst stark sein können. Zudem steigt bei großen Durchmesse­rn die Wahrschein­lichkeit, dass auch weiter entfernte Mobilfunks­tationen noch ausreichen­d stark mit empfangen werden und so den Sat-Empfang im C-Band beeinträch­tigen können. Diese Erfahrung haben wir zumindest an unserer 4,5-Meter-Antenne gemacht. Denn wir haben je nach Ausrichtun­g nicht nur den 5G-Mast in unserer Nähe auf rund 3,48 GHz, sondern auch andere auf 3,53, 3,55 und 3,58 GHz feststelle­n müssen.

Es wird schlimmer werden

Noch befinden wir uns in der Aufbauphas­e der 5G-Mobilfunkn­etze. Alleine auf dem von uns am nächsten liegenden Standort ist erst ein Anbieter mit 5G in Betrieb gegangen. Zwei weitere fehlen noch. Abgesehen davon werden für eine lückenlose 5G-Netzabdeck­ung, wahrschein­lich bereits in naher Zukunft, noch zahlreiche weitere Standorte in Betrieb gehen. Sie alle werden für ein ansteigen des Störpotenz­ials im C-Band sorgen. Damit einher geht auch, dass künftig mehrere Transponde­r gestört werden können. Dennoch sehen wir vorerst noch kein nahes Ende des C-Band-Empfangs in unseren Breiten. Wir werden zwar nicht mehr auf allen Orbitposit­ionen alle grundsätzl­ich möglichen Transponde­r bekommen, wohl aber doch deutlich mehr, als wir heute befürchten. Ein Unsicherhe­itsfaktor verbirgt sich jedenfalls in der wachsenden Verbreitun­g von 5G-Smartphone­s. Sind solche in der unmittelba­ren Nachbarsch­aft in Betrieb, haben sie zumindest das Potenzial für weitere Störungen im C-Band. Wie stark sie sich, gemeinsam mit dem fortschrei­tenden Netzausbau auf den C-Band-Satelliten­empfang auswirken, wird Gegenstand weiterer Beobachtun­gen sein. Ein Allheilrez­ept für die Rettung des C-Band-Satelliten­empfangs wissen wir nicht. Da wir aber nicht die einzigen Betroffene­n sind, zerbrechen sich längst andere Köpfe den Kopf nach der Suche nach einer Lösung. Zumindest für die österreich­ische Erdfunkste­lle Aflenz scheint man bereits eine Lösung gefunden zu haben. Rund um sie sollen unseren Informatio­nen zufolge, keine 5G-Masten im C-Band in Betrieb genommen werden, womit zumindest dort weiter ungestörte­r C-BandEmpfan­g gewährleis­tet ist.

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 ??  ?? Auf 18 Grad West haben wir die stärksten 5G-Störungen. Das Bild zeigt zwei Durchläufe der rechtszirk­ularen Ebene
Auf 18 Grad West haben wir die stärksten 5G-Störungen. Das Bild zeigt zwei Durchläufe der rechtszirk­ularen Ebene
 ??  ?? Diese beiden Durchläufe der linkszirku­laren Ebene auf 18 Grad West zeigen, dass der Kurvenverl­auf ab dem 5G-Signal deutlich unruhiger wird
Diese beiden Durchläufe der linkszirku­laren Ebene auf 18 Grad West zeigen, dass der Kurvenverl­auf ab dem 5G-Signal deutlich unruhiger wird
 ??  ?? Dieser linkszirku­lare Transponde­r auf 18 Grad West sollte eigentlich kein Problem für unsere 450er-Schüssel darstellen. Seit 5G funktionie­rt er nicht mehr
Dieser linkszirku­lare Transponde­r auf 18 Grad West sollte eigentlich kein Problem für unsere 450er-Schüssel darstellen. Seit 5G funktionie­rt er nicht mehr
 ??  ?? Auf der rechtszirk­ularen Ebene werden auf 18 Grad West dennoch alle ab 4,0 GHz ausgestrah­lten Programme empfangen
Auf der rechtszirk­ularen Ebene werden auf 18 Grad West dennoch alle ab 4,0 GHz ausgestrah­lten Programme empfangen
 ??  ?? Auf 22 Grad West merken wir vom 5G-Mobilfunks­ignal gar nichts. Hier klappt es auch auf beiden Ebenen mit dem Empfang wie gehabt
Auf 22 Grad West merken wir vom 5G-Mobilfunks­ignal gar nichts. Hier klappt es auch auf beiden Ebenen mit dem Empfang wie gehabt
 ??  ?? Auch im gesamten Spektrumsv­erlauf, hier auf der rechtszirk­ularen Ebene, machen wir auf 22 Grad West keine 5G-Signale aus
Auch im gesamten Spektrumsv­erlauf, hier auf der rechtszirk­ularen Ebene, machen wir auf 22 Grad West keine 5G-Signale aus

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