UKW am Ende: Schweiz stellt UKW-Verbreitung ein
Die Schweiz hat den Termin für den UKW-Ausstieg fixiert. In rund zwei Jahren werden alle UKW-Sender in der Schweiz ausgeknipst werden. UKW braucht man nicht mehr. Die meisten hören über DAB Plus oder über IP.
In der Schweiz setzte sich DAB Plus schon sehr früh durch. Dank exzellent ausgebauter digitaler Sendernetze und einer beachtlichen Vielfalt an Programmen findet kaum ein Eidgenosse UKW noch als unentbehrlich. Während der letzten Jahre ist es geradezu überflüssig geworden. Aktuelle Untersuchungen
belegen, dass nur noch 13 Prozent der Schweizer ihre Radioprogramme ausschließlich über UKW konsumieren. Gerade 29 Prozent nutzen neben digitalen Empfangswegen gelegentlich auch noch UKW. Alleine diese Zahlen belegen eindeutig, dass das analoge Radio in der Schweiz längst ein Auslaufmodell ist. 71
Prozent der Schweizer hören Rundfunk ausschließlich digital. Davon entfallen, Stand Frühjahr 2020, 39 Prozent auf DAB Plus und 32 Prozent auf Internetradio. Im ersten Halbjahr 2020 waren in den schweizer Haushalten bereits 5 Millionen DAB-Plus-Radios anzutreffen. Bei 8,57 Millionen Einwohnern besitzen fast 60 Prozent ein solches Gerät. Im Juni 2020 hatten zudem bereits 1,8 Millionen Fahrzeuge DAB Plus an Bord. Wobei neben fest verbauten Radios auch solche in DIN-Ausführung und Nachrüstlösungen berücksichtigt wurden. Mobil hören die Schweizer sogar am meisten Digitalradio. Auf DAB Plus entfallen 47 Prozent, auf IP 8 Prozent. Den Rest kann noch UKW für sich verbuchen. Wenngleich, so wie auch bei allen anderen Nutzungsvarianten, mit stark sinkenden Zahlen.
UKW-Ausstieg fixiert
Dieser Trend war bereits vor Jahren deutlich zu erkennen. So haben sich bereits 2015 der öffentlich-rechtliche und private Rundfunk zusammengefunden, um über einen zeitnahen Ausstieg von UKW zu beraten. Denn allen ist klar geworden, dass UKW vor allem Geld kostet und nichts mehr bringt. Alleine mit UKW wären die schweizer Privatradios längst nicht mehr überlebensfähig. UKW ist eben nur noch ein Verbreitungsweg, der für schlechten Empfang und sehr hohe Verbreitungskosten steht und kaum noch genutzt wird. Im August 2020 haben sich die SRG und die Privatsender auf einen Abschalttermin für UKW geeinigt. Demnach wird die SRG ihre UKW-Sender im August 2022 abschalten. Unmittelbar darauf folgen die Privaten. Sie wollen ihre UKW-Frequenzen bis spätestens Januar 2023 stilllegen.
Beste DAB-Plus-Versorgung
Besonders die Multiplexe der öffentlich-rechtlichen SRG SSR und der Swiss Mediacast mit vornehmlich Privatsen
dern, erfreuen sich einer ausgezeichneten Versorgung. Sie wird von Urlaubern und Einheimischen als meist sehr viel besser als auf UKW beschrieben. Besonders auf Bergstraßen und somit dort, wo UKW gerne arg schwächelt, sorgt DAB Plus für astreinen Empfang. Alleine über diese beiden Bedeckungen werden in der Deutschschweiz 34 Programme verbreitet. Zudem gibt es im ganzen Land verteilt 19 lokale Multiplexe, über die die kleinen Lokalsender über DAB Plus zu hören sind. Heute gibt es in der Schweiz keinen einzigen Sender mehr, der nur auf UKW ausgestrahlt wird. Alleine dadurch besteht keine Notwendigkeit mehr, am Radio überhaupt noch die UKW-Taste zu drücken. Angesichts der erstklassigen Versorgung und der ungleich größeren Programmvielfalt auf DAB Plus, ist UKW im wahrsten Sinne des Wortes überflüssig geworden. Über 100 ortsübliche Programme per DAB Plus sind keine Seltenheit. Im Vergleich dazu bekommt man auf UKW vielleicht 15 bis 20. Noch drastischer zeigt sich die Überflüssigkeit von UKW, wenn man berücksichtigt, dass seit 2012 pro Jahr etwa 500000 DABPlus-Radios von den Schweizern gekauft wurden. Alleine im ersten Halbjahr 2020 wurden trotz der durch Corona bedingten Einschränkungen über 245 000 Geräte verkauft. Die Chancen stehen also gut, dass die Nutzungszahlen von UKW exklusiv bis zur Abschaltung der SRG-Programme weit in den einstelligen Prozentbereich absacken werden.
Das baldige UKW-Aus ist auch für Deutsche und Österreicher im grenznahen Raum kein Nachteil. Denn über DAB Plus kommen nicht nur mehr schweizer Programme bei uns an, sie sind auch noch in größerer Entfernung wirklich gut zu empfangen als über UKW.
Schweizer DXer freuen sich
UKW-DXer haben es bislang in der Schweiz eher schwer. Denn im Lande sind unzählige UKW-Sender in Betrieb, die den Fernempfang extrem erschweren. Nach der UKW-Abschaltung wird erwartet, dass dann UKW-Programme unter anderem aus Deutschland und Frankreich, wieder weit ins Land hinein gut zu hören sein werden. So gesehen könnte der UKW-Ausstieg den Schweizern Programme aus der Nachbarschaft bescheren, die sie vielleicht nicht oder nur schwer über DAB Plus hören könnten. Schließlich wissen wir alle, dass UKW selbst dann noch funktioniert, wenn es bereits rauscht. Zudem werden in brauchbarem Mono auf UKW beachtliche Reichweiten erzielt.
DAB Plus vor IP
In der Vergangenheit war unter anderem bei Radioveranstaltern in Deutschland und Österreich, die als DAB-Plus-Gegner bekannt waren, IP als der Übertragungsweg der Zukunft angepriesen worden. Dass er sich in der Tat zu einer ernstzunehmenden Größe entwickelt hat, ist unbestritten. Die Entwicklung in der Schweiz zeigt uns allerdings auch, dass IP überbewertet wird. So fällt etwa auf, dass Internetradio als primärer Empfangsweg seit 2015 nur marginal an Reichweite gewonnen hat. Lag IP 2015 mit 26 Prozent noch vor DAB Plus, so liegt es heute mit 32 Prozent bereits deutlich abgeschlagen nur auf Platz 2. Im selben Zeitraum konnte sich DAB Plus von 23 auf 39 Prozent steigern.
Was bringt der UKW-Ausstieg
Es ist kein Geheimnis, dass die Verbreitungskosten auf UKW zumindest etwa zehnmal so hoch sind als bei DAB Plus. Im Vergleich zum DAB-Plus-/UKW-Simulcast lässt sich mit dem Ende der UKWVerbreitung so richtig Geld sparen. Nämlich etwa 91 Prozent. Ein Faktor, der den wirtschaftlichen Betrieb eines Senders selbst bei sinkenden Werbeeinnahmen erlaubt. Die Schweizer selbst werden vom UKW-Aus nur wenig bis gar nichts merken. Schließlich hört der Großteil bereits heute digital. Auch der Anteil der Autos mit DAB-Plus-Empfang steigt ständig. Womit zu erwarten ist, dass von den heute noch UKW hörenden 45 Prozent der Autofahrer bis 2022 nur noch ein Bruchteil übrig bleiben wird. Hier hilft der verpflichtende Einbau von Digitalradio in Neuwagen ebenso weiter wie die einfache Nachrüstmöglichkeit.
Was bedeutet das für uns?
Aus heutiger Sicht wird die Schweiz das zweite Land in Europa sein, das sich von UKW verabschiedet. Am Rande sind auch wir davon betroffen. Denn die Schweiz ist nicht nur ein Nachbarland Deutschlands und Österreichs, sondern auch ein beliebtes Ausflugs- und Urlaubsziel. Auch als Transitland ist es von Bedeutung. In zwei Jahren werden wir in der Schweiz nur noch im Auto Radio hören können, wenn dieses mit DAB Plus ausgestattet ist. Dabei ist man übrigens nicht auf die mitunter schlechten Werkslösungen angewiesen. Der alte Gebrauchte lässt sich kostengünstig mit wirklich guten DABPlus-Autoradioadaptern nachrüsten, die mit Magnetfuß-Dachantenne exzellente Empfangsresultate liefern.