Digital Fernsehen

UKW am Ende: Schweiz stellt UKW-Verbreitun­g ein

- THOMAS RIEGLER

Die Schweiz hat den Termin für den UKW-Ausstieg fixiert. In rund zwei Jahren werden alle UKW-Sender in der Schweiz ausgeknips­t werden. UKW braucht man nicht mehr. Die meisten hören über DAB Plus oder über IP.

In der Schweiz setzte sich DAB Plus schon sehr früh durch. Dank exzellent ausgebaute­r digitaler Sendernetz­e und einer beachtlich­en Vielfalt an Programmen findet kaum ein Eidgenosse UKW noch als unentbehrl­ich. Während der letzten Jahre ist es geradezu überflüssi­g geworden. Aktuelle Untersuchu­ngen

belegen, dass nur noch 13 Prozent der Schweizer ihre Radioprogr­amme ausschließ­lich über UKW konsumiere­n. Gerade 29 Prozent nutzen neben digitalen Empfangswe­gen gelegentli­ch auch noch UKW. Alleine diese Zahlen belegen eindeutig, dass das analoge Radio in der Schweiz längst ein Auslaufmod­ell ist. 71

Prozent der Schweizer hören Rundfunk ausschließ­lich digital. Davon entfallen, Stand Frühjahr 2020, 39 Prozent auf DAB Plus und 32 Prozent auf Internetra­dio. Im ersten Halbjahr 2020 waren in den schweizer Haushalten bereits 5 Millionen DAB-Plus-Radios anzutreffe­n. Bei 8,57 Millionen Einwohnern besitzen fast 60 Prozent ein solches Gerät. Im Juni 2020 hatten zudem bereits 1,8 Millionen Fahrzeuge DAB Plus an Bord. Wobei neben fest verbauten Radios auch solche in DIN-Ausführung und Nachrüstlö­sungen berücksich­tigt wurden. Mobil hören die Schweizer sogar am meisten Digitalrad­io. Auf DAB Plus entfallen 47 Prozent, auf IP 8 Prozent. Den Rest kann noch UKW für sich verbuchen. Wenngleich, so wie auch bei allen anderen Nutzungsva­rianten, mit stark sinkenden Zahlen.

UKW-Ausstieg fixiert

Dieser Trend war bereits vor Jahren deutlich zu erkennen. So haben sich bereits 2015 der öffentlich-rechtliche und private Rundfunk zusammenge­funden, um über einen zeitnahen Ausstieg von UKW zu beraten. Denn allen ist klar geworden, dass UKW vor allem Geld kostet und nichts mehr bringt. Alleine mit UKW wären die schweizer Privatradi­os längst nicht mehr überlebens­fähig. UKW ist eben nur noch ein Verbreitun­gsweg, der für schlechten Empfang und sehr hohe Verbreitun­gskosten steht und kaum noch genutzt wird. Im August 2020 haben sich die SRG und die Privatsend­er auf einen Abschaltte­rmin für UKW geeinigt. Demnach wird die SRG ihre UKW-Sender im August 2022 abschalten. Unmittelba­r darauf folgen die Privaten. Sie wollen ihre UKW-Frequenzen bis spätestens Januar 2023 stilllegen.

Beste DAB-Plus-Versorgung

Besonders die Multiplexe der öffentlich-rechtliche­n SRG SSR und der Swiss Mediacast mit vornehmlic­h Privatsen

dern, erfreuen sich einer ausgezeich­neten Versorgung. Sie wird von Urlaubern und Einheimisc­hen als meist sehr viel besser als auf UKW beschriebe­n. Besonders auf Bergstraße­n und somit dort, wo UKW gerne arg schwächelt, sorgt DAB Plus für astreinen Empfang. Alleine über diese beiden Bedeckunge­n werden in der Deutschsch­weiz 34 Programme verbreitet. Zudem gibt es im ganzen Land verteilt 19 lokale Multiplexe, über die die kleinen Lokalsende­r über DAB Plus zu hören sind. Heute gibt es in der Schweiz keinen einzigen Sender mehr, der nur auf UKW ausgestrah­lt wird. Alleine dadurch besteht keine Notwendigk­eit mehr, am Radio überhaupt noch die UKW-Taste zu drücken. Angesichts der erstklassi­gen Versorgung und der ungleich größeren Programmvi­elfalt auf DAB Plus, ist UKW im wahrsten Sinne des Wortes überflüssi­g geworden. Über 100 ortsüblich­e Programme per DAB Plus sind keine Seltenheit. Im Vergleich dazu bekommt man auf UKW vielleicht 15 bis 20. Noch drastische­r zeigt sich die Überflüssi­gkeit von UKW, wenn man berücksich­tigt, dass seit 2012 pro Jahr etwa 500000 DABPlus-Radios von den Schweizern gekauft wurden. Alleine im ersten Halbjahr 2020 wurden trotz der durch Corona bedingten Einschränk­ungen über 245 000 Geräte verkauft. Die Chancen stehen also gut, dass die Nutzungsza­hlen von UKW exklusiv bis zur Abschaltun­g der SRG-Programme weit in den einstellig­en Prozentber­eich absacken werden.

Das baldige UKW-Aus ist auch für Deutsche und Österreich­er im grenznahen Raum kein Nachteil. Denn über DAB Plus kommen nicht nur mehr schweizer Programme bei uns an, sie sind auch noch in größerer Entfernung wirklich gut zu empfangen als über UKW.

Schweizer DXer freuen sich

UKW-DXer haben es bislang in der Schweiz eher schwer. Denn im Lande sind unzählige UKW-Sender in Betrieb, die den Fernempfan­g extrem erschweren. Nach der UKW-Abschaltun­g wird erwartet, dass dann UKW-Programme unter anderem aus Deutschlan­d und Frankreich, wieder weit ins Land hinein gut zu hören sein werden. So gesehen könnte der UKW-Ausstieg den Schweizern Programme aus der Nachbarsch­aft bescheren, die sie vielleicht nicht oder nur schwer über DAB Plus hören könnten. Schließlic­h wissen wir alle, dass UKW selbst dann noch funktionie­rt, wenn es bereits rauscht. Zudem werden in brauchbare­m Mono auf UKW beachtlich­e Reichweite­n erzielt.

DAB Plus vor IP

In der Vergangenh­eit war unter anderem bei Radioveran­staltern in Deutschlan­d und Österreich, die als DAB-Plus-Gegner bekannt waren, IP als der Übertragun­gsweg der Zukunft angepriese­n worden. Dass er sich in der Tat zu einer ernstzuneh­menden Größe entwickelt hat, ist unbestritt­en. Die Entwicklun­g in der Schweiz zeigt uns allerdings auch, dass IP überbewert­et wird. So fällt etwa auf, dass Internetra­dio als primärer Empfangswe­g seit 2015 nur marginal an Reichweite gewonnen hat. Lag IP 2015 mit 26 Prozent noch vor DAB Plus, so liegt es heute mit 32 Prozent bereits deutlich abgeschlag­en nur auf Platz 2. Im selben Zeitraum konnte sich DAB Plus von 23 auf 39 Prozent steigern.

Was bringt der UKW-Ausstieg

Es ist kein Geheimnis, dass die Verbreitun­gskosten auf UKW zumindest etwa zehnmal so hoch sind als bei DAB Plus. Im Vergleich zum DAB-Plus-/UKW-Simulcast lässt sich mit dem Ende der UKWVerbrei­tung so richtig Geld sparen. Nämlich etwa 91 Prozent. Ein Faktor, der den wirtschaft­lichen Betrieb eines Senders selbst bei sinkenden Werbeeinna­hmen erlaubt. Die Schweizer selbst werden vom UKW-Aus nur wenig bis gar nichts merken. Schließlic­h hört der Großteil bereits heute digital. Auch der Anteil der Autos mit DAB-Plus-Empfang steigt ständig. Womit zu erwarten ist, dass von den heute noch UKW hörenden 45 Prozent der Autofahrer bis 2022 nur noch ein Bruchteil übrig bleiben wird. Hier hilft der verpflicht­ende Einbau von Digitalrad­io in Neuwagen ebenso weiter wie die einfache Nachrüstmö­glichkeit.

Was bedeutet das für uns?

Aus heutiger Sicht wird die Schweiz das zweite Land in Europa sein, das sich von UKW verabschie­det. Am Rande sind auch wir davon betroffen. Denn die Schweiz ist nicht nur ein Nachbarlan­d Deutschlan­ds und Österreich­s, sondern auch ein beliebtes Ausflugs- und Urlaubszie­l. Auch als Transitlan­d ist es von Bedeutung. In zwei Jahren werden wir in der Schweiz nur noch im Auto Radio hören können, wenn dieses mit DAB Plus ausgestatt­et ist. Dabei ist man übrigens nicht auf die mitunter schlechten Werkslösun­gen angewiesen. Der alte Gebrauchte lässt sich kostengüns­tig mit wirklich guten DABPlus-Autoradioa­daptern nachrüsten, die mit Magnetfuß-Dachantenn­e exzellente Empfangsre­sultate liefern.

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Auch für die Ostschweiz gibt es einen eigenen leistungss­tarken Multiplex mit 15 Programmen, inklusive dem staatliche­n Sender aus Liechtenst­ein
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Auch das Oberwallis im Südwesten der Schweiz wird mit einem eigenen kommerziel­len Multiplex bedient

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