Nationaler DABPlus-Multiplex
Am 25. August 2020 wurde der Aufbau des nationalen österreichischen Digitalradio-Sendernetzes abgeschlossen. 83 Prozent der Bevölkerung können nun heimisches DAB Plus empfangen. Auch in Österreich begeistert DAB Plus zunehmend.
Mit 25. August konnte der Ausbau des bundesweiten österreichischen DAB-Plus-Multiplexes „DAB+ Austria“abgeschlossen werden. Zuletzt wurde mit den Standorten Koralpe (Wolfsberg) und Dobratsch-Villacher Alpe (Klagenfurt) auch der äußerste Süden des Landes erschlossen. Im gegenwärtigen Endausbau wird das bundesweite österreichische Digitalradio über 14 Standorte ausgestrahlt und erreicht 83 Prozent der Bevölkerung. Damit werden vor allem die wesentlichen Ballungsräume und Hauptverkehrsachsen des Alpenlandes mit glasklarem Digitalempfang versorgt. Vor allem weite Teile der Bundesländer Steiermark, Salzburg, Tirol und Vorarlberg bleiben zum derzeitigen Ausbaugrad ohne Versorgung. Was vielerorts, vor allem auch in einigen beliebten Urlaubsregionen, bedeutet, dass das österreichische Digitalradio mal spielt und mal wieder nicht.
Diese Lücken sind dem Sendernetzbetreiber und den Programmveranstaltern sehr wohl bekannt und es besteht auch der Wunsch, diese zu schließen. Wie schnell man dies jedoch in Angriff nehmen kann, ist noch offen. Denn das österreichische DAB Plus wird vollständig von privaten Programmveranstaltern getragen. Wobei die meisten der gegenwärtig elf ausgestrahlten Programme über keine oder keine nennenswerte UKW-Verbreitung verfügen. Was aber auch heißt, dass für diese Anbieter DAB Plus eine echte finanzielle Herausforderung ist. Denn sie kämpfen gleich an mehreren Fronten. Zum einen müssen sie von der Bevölkerung erst entdeckt und bekannt werden, was eine wichtige Voraussetzung ist, um Reichweite und damit verbunden auch Werbeeinnahmen, zu generieren.
Auch wenn in manchen Regionen der Empfang des nationalen österreichischen Multiplexes noch zu wünschen übrig lässt, darf man sich nicht über die Lücken ärgern, sondern muss das Engagement der österreichischen Privatsender abseits der großen Platzhirsche des Landes honorieren. Denn bislang weigern sich die reichweitenstärksten österreichischen Radiosender, allem voran jene des ORF, auch auf DAB Plus zu senden.
Schwierige Gesetzeslage
Die aktuelle österreichische Gesetzeslage zwängt den öffentlich-rechtlichen ORF in ein enges Korsett. Ihm wäre es etwa nicht möglich, über DAB Plus zusätzliche exklusive Programme auszustrahlen, so wie es etwa bei den deutschen ARD-Anstalten üblich ist. Dabei hat der ORF in der bereits länger zurückliegenden Vergangenheit zu verstehen gegeben, dass er über DAB Plus gerne einige weitere Programme anbieten möchte. Das Potenzial dafür wäre jedenfalls da. Denn im öffentlich-rechtlichen österreichischen Rundfunk vermisst man vieles, was etwa bei seinen Kollegen in München gang und gäbe ist. Als Stichworte seien nur eine Brauchtumswelle und einen Infosender genannt. Der ORF dürfte nicht einmal seine neun Bundesländerradios in einem gemeinsamen nationalen Multiplex ausstrahlen. Das wäre zwar durchaus im Sinne der Zuhörer, Stichwort Pendler, ist aber von Gesetzes wegen untersagt. Womit nur die bundesweit verbreiteten Kanäle Ö1, Ö3 und FM4 übrig bleiben würden. Dass sich der ORF unter diesen Voraussetzungen wenig für Digitalradio interessiert, ist nachvollziehbar. Hier wäre die Politik dringend gefordert. Mit einer Anpassung der Rundfunkgesetze könnte so die Grundlage geschaffen werden, dass sich die ORF-Radios und auch die Privaten weiterentwickeln könnten.
Neues Radioprogramm
Gleichzeitig mit dem Erreichen des Sendernetz-Endausbaus wurde auf dem nationalen österreichischen Multiplex DAB+ Austria mit Radio Klassik Stephansdom ein elftes Programm aufgeschaltet. Womit in der Senderliste zwei Klassiksender mit fast identischem Namen vertreten waren. Um Verwechslungen zu vermeiden, änderte Radio Klassik Stephansdom wenige Tage nach seiner Aufschaltung seine Kennung in Stephans Klassik. Bei diesem Sender handelt es sich um einen der Digitalradiopioniere des Landes. Radio Stephansdom, so sein ursprünglicher Name, war bereits beim DAB-Plus-Testbetrieb vor Jahren in Wien mit an Bord. Radio Klas
sik Stephansdom ist der einzige österreichische Sender, der ausschließlich klassische Musik spielt. Damit ist er für Kulturinteressierte noch vor dem öffentlich-rechtlichen Ö1 die erste Adresse im Lande. Wie der ursprüngliche Name vermuten lässt, gehört der Sender der katholischen Kirche, konkret der Erzdiözese Wien. Dementsprechend findet man auf dem Sender auch inspirierende kirchliche und soziale Inhalte.
Tatsächlich viel mehr Programme
Österreich hat einen großen Vorteil. Es ist relativ klein und bietet vielerorts die Chance, auch ausländisches Digitalradio zu empfangen. Wobei vor allem den aus Bayern einstrahlenden Multiplexen eine tragende Bedeutung zukommt. Im Westen profitiert man zusätzlich von der digitalen Vielfalt aus der Schweiz. So konnte man im grenznahen Raum schon vor dem Start des heimischen DAB Plus jedenfalls 33 hochwertige Programme, meist sogar deutlich mehr, empfangen. Zudem sorgt, je nach Region, auch DAB Plus aus Tschechien, der Slowakei, Slowenien und sogar Kroatien für weitere Vielfalt. Wegen sprachlicher Barrieren sind diese Pakete zwar nicht so populär wie die aus der deutschsprachigen Nachbarschaft, werden aber dennoch als Bereicherung wahrgenommen.
Positiv überrascht
Als am 28. Mai 2019 das bundesweite österreichische DAB Plus über die ersten Standorte ausgestrahlt wurde, fragte sich mancher, ob es denn die zunächst ausgestrahlten neun Programme überhaupt wert sind, sich auch mit dem österreichischen Angebot näher zu befassen. Schließlich fanden sich im Paket keine der großen und im ganzen Land bekannten Sender. Doch schnell merkten die Österreicher, dass das, was die digitalen Sender zu bieten haben, nicht nur in keiner Weise dem Altbekannten nachstehen, sondern dieses durchaus zu ersetzen in der Lage sind. Zudem finden sich im bis heute elf Kanäle umfassenden Angebot etliche Formate, die es so in der österreichischen UKW-Welt nicht wirklich gibt. In ihr findet man weder eine bundesweit verfügbare Rockwelle noch Sender, die wirklich nur Klassik spielen. Mit Radio Klassik Stephansdom und Klassik Radio, einen Ableger des gleichnamigen deutschen Senders, gibt es nun gleich zwei davon. Und von einem Kinderradio wagte man in der Alpenrepublik nicht einmal zu träumen. Über DAB Plus ist es nun Realität. In der Tat konnten wir bereits viele Stimmen wahrnehmen, die in den digitalen österreichischen Programmen neue Lieblingssender gefunden und den alten Platzhirschen wie Ö3 den Rücken gekehrt haben. Zudem sorgt das Interesse auch am heimischen DAB Plus dafür, dass immer mehr Digitalradios von den Österreichern gekauft werden.
Noch Platz für mehr
Im nationalen österreichischen Multiplex ist noch Platz für fünf weitere Programme. Zwei Plätze können noch an Privatsender vergeben werden, drei sind für den ORF reserviert. Angesichts dessen, dass DAB Plus auch in Österreich immer mehr Anhänger findet, wären die beiden großen privaten Player Kronehit und Radio Austria sowie der ORF gut beraten, diese Kapazitäten in Anspruch zu nehmen.