Zwillingsantenne in Betrieb nehmen Teil 2
Das Ausrichten und Zusammenschalten zweier Antennen ist mit mehreren Herausforderungen verbunden. Die Arbeiten werden durch die sich ständig ändernden Empfangsbedingungen erschwert. Und es muss ein passender Verteiler her.
Die Länge der Koaxialkabel von den Anschlussdosen beider Antennen zum Verteiler muss absolut gleich sein. Wobei auf den Millimeter genau zu arbeiten ist. Weiter sollte die Kabellänge stets ein ungerades Vielfaches der Wellenlänge sein.
Dazu ist die gewünschte Empfangsfrequenz auf die entsprechende Wellenlänge in Meter umzurechnen. Dies erfolgt mit der Formel:
= C/f
= Wellenlänge in Meter
C = Konstante für Lichtgeschwindigkeit = 299 792 458 m/s f = Frequenz in Hz
Die Frequenzen werden üblicherweise in MHz angegeben. Wobei 1 MHz 1 000 000 Hz entspricht. Anstatt etwa 175 MHz ist in die Formel demnach
175 000 000 Hz einzutragen. Entsprechend der Formel haben wir es im VHF Band 3 bei der Formel mit durchaus hohen Wellenlängen zu tun. Am unteren Bandende bei 175 MHz sind dies etwa 1,7131m, also 171,3cm, und am oberen Bandende bei 229MHz 1,309m und somit 130,9 cm. Nachdem wir bei DAB Plus kaum einen einzigen entfernten Multiplex mit einer Zwillingsantenne empfangen wollen, sondern nach Möglichkeit mehrere, empfiehlt sich bei der für die Kabellänge maßgeblichen Wellenlänge die goldene Mitte, etwa bei Kanal 9A und somit 202 MHz, vorzusehen. Sie erfordert eine Länge von 1,484m.
Stichwort Verkürzungsfaktor
Elektromagnetische Funkwellen bewegen sich in Leitungen langsamer als in der Luft. Sie werden durch den Kabelaufbau, konkret dem Dielektrikum des Antennenkabels, gebremst. Diesen Bremseffekt nennt man Verkürzungsfaktor. Dieser variiert je nach Art des Dielektrikums etwa zwischen 0,7 und 0,98. Bei vielen Antennenkabeln liegt er bei etwa 0,85. Bei dem von uns verwendeten Antennenkabel Kathrein LCD 111 liegt er laut Datenblatt bei 0,84.
Die bereits errechnete Wellenlänge ist mit dem Verkürzungsfaktor zu multiplizieren. Womit sich die Kabellänge für die errechnete Wellenlänge etwas verringert. Bei 202MHz etwa von 1,484m auf 1,247m. Dieser Wert ist dann auch maßgeblich für die Kabellänge zwischen Antenne und Verteiler.
Ungerades Vielfaches
Die Kabellänge zwischen den Anschlussdosen der beiden Antennen und dem Verteiler sollen ein ungerades Vielfaches der errechneten Wellenlänge inklusive Verkürzungsfaktor sein. Also etwa bei einer Abstimmung auf Kanal 9A bei einem Kabel mit einem Verkürzungsfaktor von 0,84, 124,7cm bei einfacher Wellenlänge. Ist diese Länge zu kurz, ist die dreifache Wellenlänge, in diesem Beispiel 374,1 cm, vorzusehen.
Über allem steht jedoch, dass die Länge der beiden Anschlussleitungen absolut gleich lang ausgeführt sein muss.
In der Praxis
Egal ob eine Antennenanlage für DAB Plus oder DVB-T2 errichtet wird, geht es bei beiden jeweils darum, über den Frequenzbereichen verteilt, mehrere Multiplexe empfangen zu wollen. Womit die exakte Kabellänge etwas ins Hintertreffen gelangt. Entscheidend ist eigentlich nur, dass man sich zumindest innerhalb der Kabellängengrenzen des Frequenzbereichs bewegt. Inklusive Verkürzungsfaktor, hier mit 0,84, lägen diese für DAB Plus zwischen 110,0cm (229MHz) und 143,9 cm (175 MHz). Womit die nächst zulässige, längere Kabellänge bei dreifacher Wellenlänge, zwischen 330 und 431,7 cm liegen würde.
Antennenverteiler
Zum Zusammenschalten zweier Antennen wird ein Zweifach-Antennenverteiler, oft auch als Antennenweiche bezeichnet, benötigt. Er besitzt eine äußerst geringe Durchgangsdämpfung von <0,2 dB und sorgt so für eine Gewinnerhöhung von bis zu 3 dB.
Gute Antennenverteiler haben nur einen großen Nachteil. Es gibt sie seit den 1990ern nicht mehr. Modelle wie eine Kathrein EVA 23 für das VHF-Band 3 (DAB Plus) oder die EVA 25 für den UHF-Bereich (DVB-T2) kann man mit geduldiger Suche und Glück, vielleicht noch auf diversen Marktplätzen im Internet finden und ersteigern. Als Alternative bieten sich nur
Sat-Verteiler mit F-Buchsen an. Ihr Nachteil liegt allerdings in der ungleich höheren Durchgangsdämpfung. Diese kann bei minderwertigen, billigen Modellen bis zu 3dB betragen. Womit man alles verliert, was man eigentlich mit der zweiten Antenne gewinnen könnte.
Deshalb empfiehlt sich dringend der Griff zu hochwertigen Markenprodukten. Sie kosten zwar bis zum Dreifachen der billigen Massenware, punkten dafür aber mit deutlich geringer Dämpfung. Wobei man sich im Klaren sein muss, dass diese immer noch weit über den Traumwerten alter Antennenverteiler liegen. Was unweigerlich zur Folge hat, dass ein mit ihnen aufgebauter Zwilling nicht ganz so gut arbeiten wird, wie mit Bauteilen von einst.
Antennenverteiler einbauen
Die heute verfügbaren Sat-Verteiler sind nicht für den Einsatz im Freien vorgesehen. Ihnen mangelt es am Gehäuse, das sie und die Anschlüsse vor der Unbill der Witterung schützt. Diese Aufgabe kann eine Feuchtraum-Installationsdose übernehmen, so wie man sie von der Elektro-Hausinstallation kennt. Die Größe der Dose wird nicht nur von den Abmessungen
des Verteilers bestimmt, sondern auch von den an ihn anzuschraubenden Steckern. Weiter wird Platz für die im Inneren zu in Schlaufen unterzubringenden Kabeln zu berücksichtigen. Der Biegeradius sollte idealerweise nicht zu gering bemessen sein und mindestens dem sechsfachen Kabeldurchmesser betragen. Was sich in der Praxis oft nicht so ganz einhalten lässt. Jedenfalls benötigt man für den Verteiler eine schon ziemlich große Installationsdose.
Antennen ausrichten
Sobald an den beiden Antennen die Verbindungsleitungen zum Verteiler angeschlossen wurden, geht es ans erste Ausrichten. Dies erfolgt zunächst, indem eine der beiden Antennen direkt am Empfangsgerät, das man idealerweise in unmittelbarer Nähe des Montageorts aufgebaut hat, anschließt. Wir haben dazu verschiedene PC-Software wie den DAB Player und Qirx, das uns anhand der Spektrumsanzeige auch schwächste Signale anzeigt, genutzt.
Nun ist der Ausleger mit beiden an ihm montierten Antennen so auszurichten, dass der Wunschmultiplex mit der angeschlossenen Antenne möglichst stark empfangen wird. Wobei es zunächst zu berücksichtigen gilt, dass das Signal selbst bei bester Ausrichtung noch zu schwach für Audiowiedergabe sein kann. Mitunter lässt sich auch gar nichts erkennen. In solchen Fällen sind der Reihe nach alle anderen Multiplexe des angepeilten Senderstandorts auszuprobieren. Denn sie müssen vor Ort nicht gleich gut ankommen.
Signalschwankungen
Kämen die zu empfangenden Signale stets mit selber Signalstärke, wäre das Ausrichten eines Zwillings eine Angele
genheit weniger Minuten. Aber genau das tun sie nicht. Beim Fernempfang entscheiden viele Faktoren, wie gut ein Signal gerade ankommt. Alleine die sich ständig verändernden Ausbreitungsbedingungen in der Atmosphäre sorgen für ständige Schwankungen. Diese werden noch verstärkt, wenn entfernte Senderstandorte nicht direkt, sondern über Reflexionen empfangen werden. Da sind Schwankungen im Bereich von 4 bis 5dB ohne weiteres möglich. Und zwar innerhalb weniger Minuten. So kann es durchaus vorkommen, dass sich die Empfangsvoraussetzungen während des Umsteckens der Antennen soweit ändern, dass man meint, die zweite funktioniert deutlich besser oder auch umgekehrt.
Um sich ein genaues Bild zu machen, sollte der Empfang stets über einen längeren Zeitraum beobachtet werden. Zudem kann es erforderlich sein, die Ausrichtung beider Antennen zueinander auch zu verändern. Mitunter gelingt der Empfang am besten, wenn beide Antennen zueinander nicht parallel sind. Am Ende gilt es jene Einstellung zu finden, bei der beide Antennen möglichst die gleichen Empfangsleistungen liefern. Dann steht ihrem Zusammenschalten nichts mehr im Wege.
Für einen unserer DVB-T2-Zwillingsantennen müssten wir etwa eine ganz unkonventionelle Aufbauart wählen, bei der zwei Einzelausleger zum Einsatz kamen, die im stumpfen Winkel zueinander stehen. Zudem waren wir aufgrund der Marktsituation gezwungen, zwei verschiedene Antennen zusammenzuschalten. Damit haben wir gleich mehrere Vorgaben, wie eine Zwillingsantenne aufzubauen ist, gebrochen. Entscheidend ist aber, dass wir so zum gewünschten Ziel kamen.
In Teil 3 widmen wir uns dem Antennenverstärker der terrestrischen Anlage.