Duell im Auto: DAB PlusWerksradio gegen nachgerüstetes Digitalradio
Immer wieder wird uns von den unzureichenden Empfangsleistungen der in den Autos fest verbauten DAB-Plus-Radios berichtet. Doch wie groß kann der Unterschied zwischen einem guten und einem fest eingebauten Digitalradio wirklich sein?
Während der letzten Jahre hatten wir schon mehrfach das meist zweifelhafte Vergnügen, die Empfangsleistungen fest eingebauter DAB-Plus-Autoradios unter die Lupe zu nehmen. Ihre Empfangsleistungen lagen dabei durchweg unter dem, was wir inzwischen seit annähernd zwei Jahrzehnten gewohnt sind. Mit Schuld für die unzureichenden Empfangsleistungen sind dabei nicht unwesentlich die verbauten Antennensysteme mit ihrer teils stark ausgeprägten Richtwirkung. Hinzu kommt, dass Werksradiolösungen nicht einmal ansatzweise den Funktionsumfang von DIN-Einbauradios bieten können.
Nachdem wir in einem Audi A6 zusätzlich ein DIN-DAB-Plus-Autoradio eingebaut hatten, gab uns das die Gelegenheit, die Empfangsleistungen beider Geräte parallel zu vergleichen. Dabei wurden die hinteren Lautsprecher vom neu installierten Einbauradio, einem Kenwood KDCX7200DAB mit Magnetfuß-Dachantenne, angesteuert. Das Werksradio, ein Multimediasystem von Harman/Becker JTB074 mit der im Auto verbauten Antenne, war mit den vorderen Boxen verbunden.
Unsere Teststrecke, Teil 1
Unsere Teststrecke führt uns vom im äußersten Osten Oberösterreichs gelegenen Enns über Salzburg, Bischofshofen und Zell am See bis nach Lienz in Osttirol. Zunächst haben wir uns am bayerischen Voralpenmux auf Kanal 7A versucht. Dieser kommt, so wie wir es gewohnt sind, mit dem DIN-Einbauradio bereits ab Fahrtbeginn vergleichsweise gut. Bis etwas über Linz hinaus ist nur Grasnarbenempfang mit immer wieder kurzen Unterbrechungen möglich. Kein Wunder: Hier befinden wir uns schließlich am äußersten östlichen Ende der Reichweite bayerischer Sender. Das betrifft nicht nur DAB Plus, sondern auch UKW und DVB-T2. Ohne mitunter hohen Antennenaufwand, besonders bei DVB-T2, wäre hier gar nichts mehr zu machen. Dennoch schlägt sich der von einer guten Magnetfußantenne am Autodach gespeiste Kenwood recht wacker. Westlich von Linz, nachdem die Autobahn eine längere Steigung hinter sich gelassen hat, funktioniert der Empfang des bayerischen Voralpenmuxes so gut wie einwandfrei. Nur gelegentliche kurze Aussetzer im Bereich von Sekundenbruchteilen sind wahrzunehmen. Mehr darf man vom bayerischen Digitalradio während der Fahrt durch Oberösterreich nicht erwarten, womit der Empfang so gut wie einwandfrei ist und es auch bleibt, nachdem wir bereits Salzburg hinter uns gelassen hatten und nun auf der Tauernautobahn in Richtung Süden unterwegs sind. Etwas südlich von Golling beenden wir unseren Test mit dem bayerischen Kanal 7A.
Das Werksradio hat sich währenddessen weitgehend in Zurückhaltung geübt. Von Enns bis über Linz hinaus übt es sich in Schweigen. Erst bei Sattledt beginnt es, die ersten nennenswerten Laute von sich zu geben, stets nur für wenige Sekunden und an Stellen, an denen die Autobahn gerade über Hügelkuppen führt. So geht es bis Mondsee, wo das Werksradio des Audi A6 auf einen Schlag störungsfrei zu spielen beginnt. Die hier gelegene Autobahnraststätte markiert übrigens auch bei vielen anderen Werkslösungen die östliche Grenze des bayerischen DAB PlusEmpfangs. Bis das Audi-Radio zu spielen begann, konnten wir uns schon seit einer Stunde und bereits 104 zurückgelegten Kilometern am fast perfekten DAB Plus mit dem nachtäglich eingebauten Kenwood-DIN-Radio erfreuen.
Teststrecke, Teil 2
Südlich von Golling wechseln wir auf das österreichische DAB Plus, dessen Ausbau in den gebirgigen Regionen mehr als zu wünschen übrig lässt. Bislang und bis auf weiteres sind in Österreich nur die Ballungsräume um die Landeshauptstädte und das Flachland zwischen Oberösterreich und dem nördlichen Burgenland zumindest halbwegs gut versorgt. Im Bundesland Salzburg schalten wir beide Autoradios auf Kanal 5B, wo der österreichische DAB-Plus-Mux über den Sender Gaisberg ausgestrahlt wird. Übrigens der einzige Standort im ganzen Bundesland. Auf der Autobahn bis Bischofshofen schlagen sich beide Digitalradios relativ gut. Wobei auffällt, dass das Werksradio nach Tunnels manchmal sogar früher zu spielen beginnt als das Kenwood. Dieses bleibt dennoch im Vorteil und spielt außerhalb der Tunnels noch beifahrertauglich. Was man vom Werksradio umso weniger behaupten kann, je weiter wir nach Süden vordringen. Unmittelbar bei der Autobahnabfahrt Bischofshofen reißt mit ihm der Empfang auf einen Schlag ab und ist auch nicht wieder gekommen.
Das Kenwood spielt indes so gut wie aussetzerfrei weiter. Immerhin bis zum
östlichen Tunnelportal der Umfahrung von Schwarzach im Pongau. Was uns 15 Minuten und 15 Kilometer länger gerade noch einwandfreien heimischen DAB PlusEmpfang beschert. Die Signalstärkeanzeigen des Kenwood attestieren aber, dass sich dieser im Bereich des gerade noch Machbaren bewegt. Weiter westlich ist mit dem nachgerüsteten Digitalradio nur noch punktueller Empfang möglich. Wie etwa bei Taxenbach und im Bereich der Abzweigung ins Gasteinertal.
An möglichen DAB Plus-Empfang des österreichischen Muxes ist erst wieder in Osttirol zu denken. Wobei der nächstgelegene Sender rund 75 Kilometer von Lienz entfernt am Dobratsch bei Villach (Kärnten) steht und dessen Versorgungsgebiet bereits etwa auf halber Strecke topografisch bedingt endet.
Im Großraum Lienz und Lienzer Talboden haben wir nur ein rund 100 Meter langes Straßenstück gefunden, auf dem das Werksradio spielt. Mit dem nachträglich eingebauten Radio ist meist zwar auch kein beifahrertauglicher Empfang möglich. Es spielt aber sehr oft, halt mit vielen Unterbrechungen dazwischen. Daneben finden sich aber auch Straßenstücke von einem bis über sieben Kilometer, wo DAB Plus vom Dobratsch auf Kanal 6A durchgehend einwandfrei spielt. Währenddessen attestiert uns das Kenwood überraschend hohe Signalqualitäten und eigentlich, zumindest aus DX-Sicht, hohe Signalstärken. Sie liegen rund bei -90 bis –98dBm (RSSI). Je geringer der Zahlenwert, umso besser der Empfang. Von direkten Vergleichen wissen wir, dass das Audi-Werksradio um die -86dBm benötigt, um zu spielen zu beginnen. Ein Wert, der in Österreich abseits der Hauptversorgungszone des heimischen DAB Plus und beim Empfang von Multiplexen kaum erreicht wird. Zum Vergleich: Wenn die Signalfehlerrate nicht zu hoch ist, spielt das Kenwood auch noch bei -99 dBm perfekt.