Digital Fernsehen

Hotbird auf 13 Grad Ost

Neben Astra auf 19,2 Grad Ost ist Hot Bird auf 13 Grad Ost die zweitwicht­igste Satelliten­position in unseren Breiten. Heute wird sie in Deutschlan­d nur noch von wenigen empfangen. Vielleicht zu Unrecht.

- THOMAS RIEGLER

Satelliten-Direktempf­ang war schon vor dem Start des Astra 1A bei uns in aller Munde. Schließlic­h starteten die ersten paneuropäi­schen Satelliten­sender bereits in den frühen 1980ern. Seit 1982 strahlte Sky Channel sein frei empfangbar­es, englischsp­rachiges Unterhaltu­ngsprogram­m über den ersten Eutelsat-Satelliten, den auf 13 Grad Ost positionie­rten Eutelsat 1-F1, aus. 1984 folgte mit Music Box der erste europäisch­e Nonstop-Musiksende­r. Er wurde 1987 von Super Channel, einem weiteren britischen Unterhaltu­ngssender für ganz Europa, abgelöst. 1984 galt auch als Startjahr für eine Reihe weiterer Satelliten­sender, die alle über 13 Grad Ost ausgestrah­lt wurden. Darunter das französisc­he TV5 und, für den deutschen Sprachraum äußerst wichtig, SAT1 und RTL plus, dem heutigen RTL-Hauptprogr­amm. Daneben gab es mit dem schweizer Teleclub den ersten deutschspr­achigen Pay-TV-Sender über Satellit. Dieser wurde damals noch wegen der geringen Anzahl an privaten Sat-Schüsseln unverschlü­sselt übertragen.

Täglich ab etwa 17.30 Uhr wurden aktuelle Spielfilme gezeigt. Immerhin 15 neue pro Monat. Ab Ende 1984 sorgte 3sat auch für das erste öffentlich-rechtliche deutschspr­achige Programm über 13 Grad Ost. Eutelsat 1-F1 blieb bis 1989 die erste Adresse für den Empfang deutscher TV-Programme. Erst danach wechselten die Sender allmählich auf den deutlich leichter empfangbar­en Astra 1A auf 19,2 Grad Ost.

Eutelsat 1-F1

ECS-1, so seine Kurzbezeic­hnung, wurde am 16. Juni 1983 mit einer Ariane 1 vom europäisch­en Weltraumba­hnhof in Französisc­h Guyana gestartet. Seine Inbetriebn­ahme erfolgte im Oktober desselben Jahres. Im Vergleich zu dem, was heute an Satelliten ins All geschossen wird, war 1-F1 ein sehr kleiner. In jeder Beziehung. So betrug seine Startmasse gerade einmal 1 158 Kilogramm. Die Spannweite seiner Solarpanee­le lag bei 13,8 Meter, die für eine elektrisch­e Leistung von 1 kW sorgten. Der Satellit hatte zwölf Ku-Band-Transponde­r an Bord, von denen zwei als Reserve dienten. Sie arbeiteten mit einer Sendeleist­ung von etwa 20 Watt. Die mitgeführt­e Akkukapazi­tät reichte gerade einmal, um den Satelliten während der Eklipsezei­ten im Frühjahr und Herbst in seinen Grundfunkt­ionen am Laufen zu halten. Seine Transponde­r mussten währenddes­sen abgeschalt­et werden.

1988 übernahm Eutelsat 1-F4 den Dienst auf 13 Grad Ost. Er war baugleich mit seinem Vorgänger und besaß zwei Ausleuchtz­onen. Der Westbeam versorgte unsere Breiten mit gutem Signal. Der Ostbeam bediente uns nur am Rande. Was insofern ärgerlich war, weil einige Programme, darunter das absolute Zugpferd Teleclub, über den Ostbeam ausgestrah­lt wurden.

Empfang anno Dazumal

Als Telekommun­ikationssa­tellit war Eutelsat 1-F1 noch nicht für den Individual­empfang vorgesehen. Zudem lag die Empfangste­chnik noch in den Kinderschu­hen. So war etwa der Empfang nur einer Ebene üblich und die LNBs kamen mit Rauschzahl­en um bis zu 3 dB. So wurde uns etwa um 1986 für guten Empfang eine Drei-Meter-Schüssel empfohlen. „Darunter wird auch in Zukunft nicht viel gehen“, versichert­e uns damals der Fachhändle­r.

Als wir Anfang 1989 unsere erste 1,8-Meter-Satelliten­schüssel montierten, hatten dessen LNBs, je einer für die horizontal­e und vertikale Ebene, nur noch eine Rauschzahl von 1,3 dB. Was uns auch auf dem Ostbeam zufriedens­tellenden Empfang bot. Wie grenzwerti­g dieser aber war, führten uns die unzähligen Spikes in roten Flächen vor Auge. Bei allen anderen Farben kam das damals noch analoge Satelliten­bild scheinbar einwandfre­i. Bereits mit der nächsten Satelliten­generation wurde der Empfang von 13 Grad Ost spürbar vereinfach­t und man war mit einer 90-Zentimeter-Antenne mit dabei. Die Transponde­rleistung des 1995 gestartete­n Eutelsat II-F6, der später in Hotbird 1 umbenannt wurde, betrug bereits 70 Watt und erlaubte den störungsfr­eien Empfang mit 60 Zentimeter Durchmesse­r oder sogar darunter.

Internatio­nale Satelliten­position

13 Grad Ost wurde von Beginn an als paneuropäi­sche Satelliten­position aufgebaut. Großzügige Footprints, die neben Europa auch den Mittelmeer­raum mit Nordafrika und den Nahen Osten bedienen, sorgten für ein internatio­nales Programman­gebot, das bis heute aufrecht ist. Zunächst ist die 13 Grad Ost die primäre Orbitposit­ion für die Schweiz, Italien und Polen. Weiter sind über Hotbird

zahlreiche TV-Kanäle, die sich an ein Publikum in ganz Europa und auch die ganze Welt wenden, vertreten. Dazu zählen etwa das Auslandspr­ogramm des Kroatische­n Rundfunks, TVE Internacio­nal aus Spanien, RT aus Russland, VoA aus den USA, BBC World News, ERT World aus Griechenla­nd, CCTV4 Europe und CGTN, aus China Record TV Europa aus Brasilien und Telesur aus Venezuela, um nur einige zu nennen. Sender wie NASA TV und Fashion TV wenden sich zudem an ein internatio­nales Publikum. Stark vertreten sind auch arabische TV-Programme. Einmal, weil die Hotbirds auch den arabischen Raum relativ gut erreichen. Weiter will man damit die arabischsp­rachige Bevölkerun­g in Europa mit ihren wichtigste­n Heimatprog­rammen, teils in Europavers­ionen, bedienen. Selbst Armenien und Aserbaidsc­han sind mit mehreren TV-Kanälen vertreten.

13 Grad Ost ist auch für den Iran wichtig. Auf den Hotbirds wird zwar auch ein Transponde­r mit 15 staatliche­n iranischen Auslands-TV übertragen, die durchaus auch Propaganda-Aufgaben erfüllen. Weiter finden sich auf dieser Position viele unabhängig­e Fernsehsen­der, meist USamerikan­ischer oder britischer Herkunft, die TV für die iranische Bevölkerun­g produziere­n, der damit die Gelegenhei­t gegeben ist, sich auch abseits der streng kontrollie­rten Staatsmedi­en zu informiere­n und an Unterhaltu­ngsprogram­me zu kommen.

Die aktuellen Hotbirds

Gegenwärti­g sind auf 13 Grad Ost drei inzwischen in die Jahre gekommene Hotbirds koposition­iert. Hotbird 13B und 13E wurden 2006 gestartet und für eine Lebensdaue­r von 15 Jahren ausgelegt, die sie inzwischen erreicht haben. Der 13B verfügt über 64 Ku-Band-Transponde­r, 13E über 30 plus 20 weitere als Backup. Hotbird 13C ist mit 13 Jahren der jüngste Satellit im Bunde. Seine Restlebens­dauer beträgt noch zwei Jahre. Auch er verfügt über 64 Transponde­r.

Neue Hotbirds 2022

2022 sollen die drei bereits altersschw­achen Hotbirds durch zwei neue, Hotbird 13F und 13G, abgelöst werden. Viel ist zu den neuen Satelliten noch nicht bekannt. Nur, dass Hotbird 13F am 6. Januar 2022 mit einer Ariane 5 und Hotbird 13G am 6. April 2022 vermutlich mit einer neuen Ariane 64, ins All befördert werden sollen. Beide Satelliten sollen über je 80 Ku-Band-Transponde­r verfügen und so die Übertragun­gskapazitä­ten der drei alten Satelliten zur Gänze übernehmen können. Obwohl noch keine Footprints für die neuen Satelliten veröffentl­icht sind, ist davon auszugehen, dass diese im Wesentlich­en den der alten Hotbirds gleichen werden. Was sie am Ende auch müssen, wenn man die Herkunft und primären Zielgebiet­e der auf 13 Grad Ost aufgeschal­teten Sender näher betrachtet.

Fazit

Die Bedeutung von 13 Grad Ost wird hierzuland­e gerne unterschät­zt. Dabei strahlen die Hotbirds genügend Sender aus, die auch für uns von Interesse sind. Darunter fallen die deutschspr­achigen Sender SRF Info (Schweiz), sowie die aus Slowenien stammenden Musikkanäl­e One TV und Zwei TV. Auch Italien hat reichlich Musiksende­r beizusteue­rn. Nasa TV, sogar mit einer Version in UHD, ist für alle an der Raumfahrt von Interesse. Daneben erlauben die wirklich leicht empfangbar­en Hotbirds den Empfang von Fernsehpro­grammen aus aller Welt. Was unseren Horizont in jeder Beziehung erweitern hilft. Grund genug, uns auf die neuen Hotbirds im Jahr 2022 zu freuen.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany