Digital Manufacturing

Lager-, Säge- und Roboterhan­dling-lösung

- VON STEPHANIE RIEGEL-STOLZER

Retrofit nach Maß – was die Teilmodern­isierung bei Liebherr gebracht hat

26 Jahre lang leistete die Lager- und Sägetechni­k von Kasto bei Liebherrco­mponents Kirchdorf treue Dienste. Um steigende Anforderun­gen in der Zylinderfe­rtigung zu bewältigen, entschied sich das Unternehme­n zu einer Modernisie­rung und Erweiterun­g. Was das Retrofit des bestehende­n Langgutlag­ers und die Teilerneue­rung der Sägetechni­k gebracht hat.

BAGGER UND Radlader, Planierrau­pen sowie Raupen- und Mobilkrane haben eines gemeinsam: Um ihre Arbeit zu verrichten, benötigen sie hydraulisc­he Antriebe. Die Maschinen müssen häufig tonnenschw­ere Lasten tragen – dafür ist die Hydraulik, mit der sich sehr große Kräfte und Drehmoment­e erzeugen lassen, ideal. Zudem ist die Technik präzise und robust und daher für die harten Einsatzbed­ingungen auf Baustellen oder im Bergbau geeignet.

Hydraulikz­ylinder für jeden Einsatzfal­l

Ein bekannter Hersteller von Hydrauliks­ystemen ist Liebherr. Die familienge­führte Firmengrup­pe mit rund 43.000 Mitarbeite­rn ist unter anderem in den Produktber­eichen Baumaschin­en, Mining, Raupen- und Mobilkrane sowie in der Umschlagte­chnik tätig. Am Gründungss­tandort im baden-württember­gischen Kirchdorf an der Iller befindet sich die mechanisch­e Fertigung der Liebherr-components Kirchdorf Gmbh. Das Unternehme­n ist Teil der Komponente­nsparte von Liebherr. Pro Jahr verlassen etwa 75.000 Zylinder, Dämpfer und Systemlösu­ngen das Werk, um weltweit innerhalb und außerhalb der Liebherrgr­uppe zum Einsatz zu kommen.

Die Produktpal­ette reicht von dynamisch hoch beanspruch­ten Zylindern für Baumaschin­en und Industrie über Großzylind­er mit Kolbendurc­hmessern bis 500 Millimeter und maximalen Hublängen von acht Metern bis hin zu Leichtbauu­nd Sonderzyli­ndern.

Verarbeite­t werden dabei Stähle in unterschie­dlichen Güten. Die Rohmateria­lien werden in Form von Rohren und Stangen angeliefer­t, in einem automatisc­hen Langgutlag­er bevorratet und in der hauseigene­n Sägerei auf die richtige Länge zugeschnit­ten.

Neue Säge steigert Effizienz und Qualität

Bei der Lager- und Sägetechni­k setzt Liebherr-components Kirchdorf schon lange auf Kasto: Ein automatisc­hes Kragarmund Kassettenl­ager mit 733 Plätzen und eine Großbandsä­ge vom Typ Kastohba sind seit 26 Jahren im Dienst. „Bis vor kurzem lief hier auch noch eine Produktion­skreissäge, die genauso alt war“, erinnert sich Stefan Lützel vom Industrial Engineerin­g bei Liebherr Components. „Diese haben wir aber mittlerwei­le in den mehr als verdienten Ruhestand versetzt.“

Der Grund dafür war eine umfassende Modernisie­rung der Sägetechni­k, die das Unternehme­n im Jahr 2016 angestoßen hatte. Damals entschiede­n sich die Verantwort­lichen für die Anschaffun­g einer neuen Säge, um die Effizienz und Schnittqua­lität weiter zu steigern und größere Durchmesse­r bearbeiten zu können. Die alte Kreissäge wurde durch eine Hochleistu­ngs-bandsäge vom Typ Kastotec SC 4 ersetzt. Die Säge ist mit dem Kasto Performanc­e Cutting (Kpc)-paket ausgestatt­et. Dieses beinhaltet unter anderem eine verbessert­e Sägebandfü­hrung und Schwingung­sdämpfung für eine noch höhere Zerspanung­sleistung.

Retrofit als wirtschaft­liche Alternativ­e

Das Langgutlag­er und die Kastohbaba­ndsäge waren mechanisch noch völlig in Ordnung, allerdings waren Antriebe und Steuerunge­n nach so langer Zeit nicht mehr Stand der Technik. „Das machte sich zum einen bei der Verfügbark­eit bemerkbar, zum anderen waren Ersatzteil­e immer schwerer zu beschaffen“, kommentier­t Lützel. „Kasto bot uns als wirtschaft­liche Alternativ­e zu einem Austausch einen Retrofit beider Anlagen an.“

Dabei wurden unter anderem die Schaltschr­änke und Bedienpult­e, die Energiefüh­rungskette­n und Kabel zum Regalbedie­ngerät, Messsystem­e und Antriebsre­gler des Lagersyste­ms ausgetausc­ht. Auch die Antriebe von Lager und Säge brachte Kasto mithilfe von modernen Drehstromm­otoren auf den neuesten Stand. Zudem wurde die in die Jahre gekommene Steuerung sowie die

Sicherheit­stechnik nach aktuellen Standards neu installier­t.

Der Roboter macht‘s

Liebherr Components entwickelt­e gemeinsam mit Kasto zudem eine maßgeschne­iderte Lösung, um das Handling der gesägten Abschnitte zu automatisi­eren. Zwischen den beiden Sägen verfährt ein Industrier­oboter auf einer Linearachs­e. Dieser ist mit mehreren wechselbar­en Magnetgrei­fern ausgestatt­et, um die unterschie­dlichen Werkstücke von der Materialab­fuhr der Sägemaschi­nen aufzunehme­n. Bis zu 350 Kilogramm kann der Arm des Roboters heben. Entlang der Linearachs­e sind insgesamt 18 Stellplätz­e für Paletten und Behälter aufgereiht. Welcher Ladungsträ­ger sich wo befindet, ist in der Steuerung des Roboters hinterlegt – so kann er jedes Teil präzise und sanft auf dem dafür vorgesehen­en Platz ablegen. Anschließe­nd transporti­eren Mitarbeite­r die gesägten Abschnitte per Stapler oder Hubwagen zur weiteren Bearbeitun­g.

Alles aus einer Hand

Kasto war als Generalunt­ernehmer für die Umsetzung des kompletten Projekts verantwort­lich: von der Modernisie­rung der bestehende­n Säge- und Lagertechn­ik über den Aufbau der neuen Bandsäge bis hin zur Installati­on und Inbetriebn­ahme der Linearachs­e und des Industrier­oboters. Auch die Integratio­n der verschiede­nen Maschinens­teuerungen in ein einheitlic­hes und leicht zu bedienende­s System übernahmen die Kasto-experten.

„Einen Ansprechpa­rtner für sämtliche Fragen zu haben und nicht mehrere Anbieter koordinier­en zu müssen, war für uns ein großer Vorteil“, betont Lützel. Dafür teilte Kasto die Aufgaben in mehrere Abschnitte auf: Im August 2016 erfolgte das Retrofit, im Dezember wurde die Kastotec geliefert und aufgebaut. Diese banden die Spezialist­en im Januar 2017 an den Industrier­oboter an, bevor im folgenden Dezember auch die vorhandene Kastohba in das neue System integriert wurde.

Die positiven Veränderun­gen in der Fertigung sind nicht zu übersehen – und vor allem nicht zu überhören: „Früher waren unsere Sägen mit sogenannte­n Ablagelöff­eln ausgestatt­et, von denen die Abschnitte in die Behälter gefallen sind – das hat jedes Mal einen Heidenlärm verursacht“, erläutert Stefan Lützel. Der Roboter hingegen platziert die Werkstücke exakt und leise – das hat das Arbeitskli­ma in der Werkshalle deutlich verbessert.

Ergonomisc­h arbeiten mit Roboter-hilfe

Auch sonst hat sich durch die neue Lösung einiges verbessert: Liebherr Components ist damit nun in der Lage, Materialab­schnitte bis drei Meter Länge zu bearbeiten. Die Schnittqua­lität ist mit der neuen Sägetechni­k höher als zuvor, die Sägezeiten geringer und der Gesamtproz­ess deutlich effiziente­r. Das automatisi­erte Handling sorgt für einen ergonomisc­hen Arbeitsabl­auf: Die Mitarbeite­r können die Sägeaufträ­ge über ein Bedienpult eingeben. Anschließe­nd übergibt das Regalbedie­ngerät des Lagersyste­ms das benötigte Langgut mannlos an eine der beiden Sägen. „Vom Einlagern des Rohmateria­ls bis zum fertig gesägten und sortierten Abschnitt müssen wir keine manuellen Tätigkeite­n ausführen“, erklärt Lützel.

Seit die Anlage komplett in Betrieb ist, läuft sie zuverlässi­g ohne nennenswer­te Störungen. Sollte es doch einmal ein Problem geben, sind sämtliche Komponente­n fernwartef­ähig: Die Mitarbeite­r von Kasto können im Ernstfall vom Firmensitz im badischen Achern aus online auf die Maschinen und Steuerunge­n zugreifen und schnelle Hilfe leisten. Zudem hat die Liebherr-components Kirchdorf mit Kasto einen langfristi­gen Wartungsve­rtrag abgeschlos­sen: Regelmäßig sind Techniker des Säge- und Lagertechn­ik-hersteller­s vor Ort, um die Anlage zu prüfen und in Schuss zu halten. „Somit sind wir auch nach dem Kauf und der Inbetriebn­ahme optimal betreut“, freut sich Lützel.

 ?? Bilder: Kasto ?? Ein Industrier­oboter nimmt mit automatisc­h wechselbar­en Magnetgrei­fern die Werkstücke der Sägemaschi­nen auf. Er ist auf einer Linearachs­e montiert und legt die auf einem von 18 Paletten- und Behälterst­ellplätzen ab.
Bilder: Kasto Ein Industrier­oboter nimmt mit automatisc­h wechselbar­en Magnetgrei­fern die Werkstücke der Sägemaschi­nen auf. Er ist auf einer Linearachs­e montiert und legt die auf einem von 18 Paletten- und Behälterst­ellplätzen ab.
 ??  ?? Ein umfassende­r Retrofit brachte unter anderem die Antriebs- und Steuerungs­technik des Langgutlag­ers auf den neuesten Stand.
Ein umfassende­r Retrofit brachte unter anderem die Antriebs- und Steuerungs­technik des Langgutlag­ers auf den neuesten Stand.
 ??  ?? Die 2016 installier­te Hochleistu­ngs-bandsäge Kastotec SC 4 ist für das Trennen großer Werkstücke, insbesonde­re Vollmateri­alien und schwer zerspanbar­er Werkstoffe konzipiert. Im Rahmen eines Wartungsve­rtrags sind regelmäßig Techniker von Kasto bei Liebherrco­mponents Kirchdorf vor Ort, um die Anlage zu prüfen und in Schuss zu halten.
Die 2016 installier­te Hochleistu­ngs-bandsäge Kastotec SC 4 ist für das Trennen großer Werkstücke, insbesonde­re Vollmateri­alien und schwer zerspanbar­er Werkstoffe konzipiert. Im Rahmen eines Wartungsve­rtrags sind regelmäßig Techniker von Kasto bei Liebherrco­mponents Kirchdorf vor Ort, um die Anlage zu prüfen und in Schuss zu halten.

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