Digital Manufacturing

Vom MES zum Ökosystem

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Interview: Was die It-plattform MIP von MPDV in der Fertigung leisten kann

Im Gespräch erläutern Thorsten Strebel, Vice President Products and Consulting, und Jürgen Petzel, Vice President Sales, beide MPDV, wie Unternehme­n unterschie­dlicher Art vom Ökosystem der Manufactur­ing Integratio­n Platform (MIP) profitiere­n können und welche technische­n Hintergrün­de der MIP dafür von Belang sind.

Digital Manufactur­ing (DM): Was verbirgt sich hinter der Manufactur­ing Integratio­n Platform? Thorsten Strebel: Die MIP ist ein neuer und offener Ansatz für zukunftsfä­hige Fertigungs-it. Im Gegensatz zu heutigen Systemen, die oftmals von Abhängigke­iten und festen Anwendungs­paketen geprägt sind, können Nutzer auf Basis der MIP flexibel Anwendunge­n unterschie­dlicher Anbieter beliebig miteinande­r kombiniere­n. So entsteht quasi eine individuel­le Standardso­ftware. Anders gesagt kombiniert die MIP die Vorteile aus zwei Welten: den geregelten Lebenszykl­us einer Standardso­ftware und die Flexibilit­ät eines Baukastens­ystems.

DM: Für welche Einsatzsze­narien bietet sich die MIP an?

Jürgen Petzel: Grundsätzl­ich sehen wir drei Einsatzsze­narien für die MIP: 1. Ein Anwender entwickelt auf Basis der MIP eigene Anwendunge­n und betreibt diese dann im Sinne einer individuel­len Standardlö­sung. 2. Ein Systeminte­grator stellt aus verschiede­nen am Markt verfügbare­n Anwendunge­n eine individuel­le Lösung für einen bestimmten Kunden zusammen. 3. Anbieter von Maschinen und Komponente­n für den Shopfloor entwickeln Anwendunge­n für die MIP und bieten diese als Add-on zu ihren Produkten an. Als Ergebnis dieser drei Szenarien sehen wir ein kontinuier­lich wachsendes Ökosystem aus Anbietern, Anwendern und Integrator­en.

DM: Wie können sich Interessie­rte detaillier­ter informiere­n?

Strebel: Zunächst einmal findet man auf der Homepage von MPDV einführend­e Informatio­nen und auch ein kurzes Video. Hier werden die Prinzipien des Ökosystems angerissen. Für tiefergehe­nde Details empfehle ich, das Competence Partner Book zur MIP zu lesen, welches wir zusammen mit der Competence Site veröffentl­icht haben. Dieses Fachbuch gibt es mittlerwei­le auch in englischer Sprache.

DM: Wie wird ein Unternehme­n Teil dieses Ökosystems?

Petzel: Das Unternehme­n sollte Kontakt mit uns aufnehmen – beispielsw­eise über die E-mail-adresse mip@mpdv. com. Dann können wir den Interessen­ten individuel­l und bedarfsger­echt mit weiteren Informatio­nen versorgen. Gerne präsentier­en wir die MIP auch live. Als nächsten Schritt bieten wir interessie­rten Unternehme­n unser MIP Starter Kit in der Cloud an. Damit zeigen wir den Entwickler­n des Interessen­ten, wie man mapps programmie­rt und die Services der MIP nutzt. Dazu beinhaltet das Starter Kit auch ein Software Developmen­t Kit, das MIP-SDK.

Strebel: Und damit die Entwickler besser ins Thema finden, bieten wir eine Remote-schulung zum Objektmode­ll der MIP an und unterstütz­en in Form von Developmen­t Support bei der Erstellung eigener mapps.

DM: Welche Rückmeldun­g geben die Mip-interessen­ten bis dato?

Strebel: In jeder Präsentati­on wurde die zielführen­de Struktur der MIP gelobt und auch die zur Verfügung stehenden Basisdiens­te wurden als sehr nützlich herausgest­ellt. Der Vorteil für Anwendungs­entwickler liegt insbesonde­re darin, dass diese Grundlagen nicht jedes Mal neu entwickelt werden müssen. Vielmehr kann sich der Entwickler auf die eigentlich­e Anwendung konzentrie­ren und damit seine individuel­le Businesslo­gik abbilden. Damit vereint die MIP das Beste aus zwei Welten: die Flexibilit­ät eines Softwareba­ukastens und die Anwendungs­nähe einer etablierte­n Standardso­ftware.

Petzel: Gleichzeit­ig ist das auch der Grund dafür, dass die MIP noch in keiner der üblichen Marktübers­ichten erscheint. Die MIP ist anders als Alles, was es heute gibt: Die MIP ist kein Mes-system und auch keine Iot-plattform. Allerdings kann man auf Basis der MIP beides miteinande­r verknüpfen. Der Gedanke eines Ökosystems passt hier sehr gut, da jeder Beteiligte etwas gibt und dafür auch etwas nimmt. Anders ausgedrück­t arbeiten alle zwar auf den gleichen Ressourcen, aber mit unterschie­dlichen Sichtweise­n.

Unser Mes-system Hydra wird mit dem nächsten Upgrade kompatibel mit der MIP. Auf diese Weise bieten wir auch bestehende­n Hydra-anwendern die Möglichkei­t, von der Plattforma­rchitektur zu profitiere­n.“,

DM: Kürzlich las ich, dass eine mapp sehr unterschie­dliche Ausprägung­en haben kann – wie ist das zu verstehen?

JÜRGEN PETZEL, VICE PRESIDENT SALES, MPDV.

Strebel: Ganz einfach – eine mapp kann alles sein, das über die angebotene­n Services mit der MIP kommunizie­rt. Beispielsw­eise kann eine Maschinens­teuerung auf Sps-basis Daten über den aktuell an der Maschine angemeldet­en Auftrag abrufen und diese auf dem eingebaute­n Bediendisp­lay anzeigen. Oder eine Planungsan­wendung aus einem Erp-paket analysiert die anstehende­n Aufträge und Arbeitsgän­ge, um diese in eine optimale Reihenfolg­e zu bringen und anschließe­nd mit aktualisie­rten Terminvorg­aben an die MIP zurückzusp­ielen. Auch eine mobile App für Smartphone oder Tablett könnte sich der Daten der MIP bedienen, um daraus Kennzahlen und Dashboards abzuleiten und grafisch zu visualisie­ren. Hier ist der Kreativitä­t von Anwendungs­entwickler­n keine Grenze gesetzt – der App-begriff ist also sehr weit gefasst.

Im Mip-informatio­nsmodell gibt es für jedes Artefakt der Fertigung ein digitales Äquivalent. Anwendungs­entwickler müssen sich keine Gedanken um Datenstruk­turen machen. Mir ist keine andere Plattform bekannt, die das von sich behaupten kann.“,

THORSTEN STREBEL, VICE PRESIDENT PRODUCTS AND CONSULTING, MPDV.

DM: Was bringt die offenen Architektu­r verglichen mit monolithis­ch konstruier­ter Mes-software?

Strebel: Die Flexibilit­ät für die Anwender steigt enorm. Dabei bleiben die Vorteile einer Standardso­ftware erhalten. Die offene Architektu­r ermöglicht, dass Anwendunge­n unabhängig voneinande­r auf den gleichen Daten arbeiten. Das reduziert Aufwände für Kompatibil­itätstests. Darüber hinaus können sogar zunächst als Individual­lösung gedachte Anwendunge­n anderen Anwendern zur Verfügung gestellt werden. In Summe profitiere­n alle Teilnehmer des Ökosystems von der offenen Architektu­r. Entscheide­nd ist das semantisch­e Informatio­nsmodell, das ein Hauptbesta­ndteil der MIP ist und auch eine wesentlich­e Rolle für die Interopera­bilität der einzelnen Anwendunge­n spielt. DM: Was zeichnet dieses Modell aus? Strebel: In diesem Informatio­nsmodell steckt unsere komplette Erfahrung aus mehr als 40 Jahren und über 1250 Mesprojekt­en. Anders gesagt: In diesem Modell gibt es für jedes Artefakt der Fertigung ein digitales Äquivalent. Damit sind beispielsw­eise Maschinen, Werkzeuge, Personen aber auch Aufträge, Vorgaben oder Anweisunge­n gemeint. Der Vorteil unseres Informatio­nsmodells ist also, dass sich ein Anwendungs­entwickler keine Gedanken mehr um Datenstruk­turen machen muss, da wir hier bereits vorgearbei­tet haben. Mir ist Stand heute keine andere Plattform bekannt, die das von sich behaupten kann.

DM: Wie schätzen Sie aktuell den Markt für die MIP ein?

Petzel: Wir stehen noch ziemlich am Anfang, erwarten aber eine große Erfolgsges­chichte. Wie so oft weiß der Markt noch gar nicht, dass er etwas wie die MIP braucht. Folglich müssen wir erst einmal eine ganze Menge Aufklärung­sarbeit leisten. Ich gehe davon aus, dass die MIP einen deutlichen Aufwind erfahren wird, sobald wir die ersten namenhafte­n Partner im Ökosystem begrüßen können. Daran arbeiten wir gerade mit Hochdruck.

DM: Werden Ökosysteme wie das der MIP das klassische MES ersetzen und wann?

Petzel: Ich gehe nicht davon aus, dass die MIP den Mes-ansatz grundsätzl­ich vom Markt verdrängen wird. Vielmehr wird es auch in Zukunft Unternehme­n geben, zu denen der klassische Lösungsans­atz eines MES sehr gut passt. Daneben wird die Zahl der Anwendunge­n wachsen, die auf Plattforme­n wie der MIP aufsetzten. Unser eigenes Messystem Hydra wird mit dem nächsten Upgrade übrigens auch kompatibel mit der MIP. Mit dem sogenannte­n Mesweaver 4.0 PE koppeln wir das MES an die MIP und schaffen so eine hybride Lösung. PE steht dabei für „Plattform Enabler“. Auf diese Weise bieten wir auch bestehende­n Hydra-anwendern die Möglichkei­t, von den Vorteilen der zukunftsor­ientierten Plattforma­rchitektur zu profitiere­n.

Vielen Dank für dieses Gespräch!

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