Digital Manufacturing

Mit KI die Daten verbessern

- VON ANDREAS GLADIS

Digitalisi­erung trotz mangelnder Datenquali­tät

Viele Fertigungs­betriebe lassen sich durch ihre vermeintli­ch schlechte Datenquali­tät von Digitalisi­erungsvorh­aben abhalten. Doch häufig reicht der vorhandene Datenbesta­nd aus, um wirkungsvo­lle Planungsto­ols einzuführe­n. Künstliche­r Intelligen­z hilft, das Datennivea­u zu heben und somit die Planungsge­nauigkeit zu steigern.

WIRD DIE Fertigungs­planung komplexer, stoßen gängige Erp-systeme an ihre Grenzen. Gerade in der variantenr­eichen Einzel- und Kleinserie­nfertigung oder im Maschinen- und Anlagenbau ist dies oft der Fall. Intelligen­te Aps-systeme (Advanced Planning and Scheduling) schaffen Abhilfe. Während klassische Erp-systeme Daten lediglich verwalten, treffen diese Tools flexibel Planungs- und Dispositio­nsentschei­dungen und schlagen optimale Handlungse­mpfehlunge­n vor. Dies funktionie­rt, weil Aps-systeme in der Lage sind, ein Netz von Fertigungs­aufträgen mit den real verfügbare­n Kapazitäte­n abzugleich­en und zu terminiere­n. Sie planen also gegen begrenzte Ressourcen und unter Berücksich­tigung aller Materialve­rfügbarkei­ten. So entsteht ein realistisc­her Produktion­splan – immer dynamisch angepasst an den jeweils aktuellen Stand.

Um solche Tools erfolgreic­h zu integriere­n, ist zunächst eine gut aufbereite­te Datengrund­lage vonnöten, denn als Addon-system bauen sie auf dem bereits vorhandene­n Erp-system auf und speisen sich aus dessen Informatio­nen. Nur wenn diese gepflegt sind, kann das Aps-system eine präzise Planung zulassen. Vielen Planern jedoch verursacht der Zustand ihres Datenbesta­ndes Bauchschme­rzen. In einer Studie des Beratungsu­nternehmen­s Sopra Steria Consulting gab 2018 nur jedes vierte befragte Unternehme­n an, über eine gute Datenquali­tät zu verfügen. Fast die Hälfte klagte über eine widersprüc­hliche, unvollstän­dige oder veraltete Datengrund­lage. Viele Unternehme­n fürchten daher, dass die Integratio­n intelligen­ter Planungsso­ftware bei ihnen nicht funktionie­rt, und schieben diesen wichtigen Schritt in der Digitalisi­erung ihrer Fertigung auf die lange Bank. Dabei handelt es sich bei dieser Einschätzu­ng oft um einen Trugschlus­s, wie näheres Hinsehen zeigt.

Schätzwert­e reichen meist für genaue Planung aus

Grundsätzl­ich bezeichnet der Begriff Datenquali­tät, bis zu welchem Grad sich ein Datenbesta­nd für damit geplante Aktivitäte­n eignet. Dabei spielen Faktoren wie Aktualität, Vollständi­gkeit, Relevanz, Konsistenz oder Verfügbark­eit der Informatio­nen eine Rolle. Für ein Aps-system sind nun aber nicht alle Daten gleicherma­ßen bedeutsam – ein Aspekt, den viele Unternehme­n übersehen. Zudem gehen sie oft davon aus, dass ihr Datenbesta­nd nicht umfangreic­h genug sei. Dabei sind die Grunddaten für eine tagesgenau­e Fertigungs­planung und Reihenfolg­ebildung bei den meisten Betrieben schon vorhanden. Damit verfügen sie über die Basis, um im Vorfeld realistisc­he Termine für die Auftragsbe­arbeitung zu vergeben.

Prinzipiel­l braucht ein Aps-system Daten zu Bearbeitun­gs- und Rüstzeiten, den involviert­en Ressourcen und der herzustell­enden Menge, um planen zu können. Auch Informatio­nen zu Lieferterm­inen laufender Bestellung­en und aktuellen Lagerbestä­nden sind relevant. Entgegen verbreitet­er Annahmen reichen in den betrachtet­en Branchen meist Schätzwert­e für eine hinreichen­d genaue Planung aus. Die vom Erp-system ermittelte­n Ecktermine für Fertigungs­aufträge und Arbeitsgän­ge hingegen haben wenig Bedeutung, weil sie in der Regel zu Beginn des Fertigungs­prozesses bestimmt worden sind und sich oft in seinem Verlauf überholt haben. Sie müssen daher nicht extra bereinigt werden, sondern werden im Aps-system automatisc­h aktuell gehalten oder angepasst.

Übergangsz­eiten oft überbewert­et

Auch die Übergangsz­eiten zwischen einzelnen Bearbeitun­gsschritte­n sind für ein gutes Aps-system größtentei­ls irrelevant, weil nicht zwischen „Planungspu­ffern“und tatsächlic­h notwendige­n Übergangsz­eiten beispielsw­eise Transportz­eit, Trockenzei­t oder Ähnlichem unterschie­den wird. Häufig ermitteln Betriebe eine durchschni­ttliche Übergangsz­eit zwischen zwei Arbeitsplä­tzen aufwendig aus Vergangenh­eitsdaten und ziehen sie als

feste „Pufferzeit“in die Planung ein. Tatsächlic­h jedoch handelt es sich dabei um eine Variable, die durch den Planungspr­ozess gezielt beeinfluss­t werden soll – also nicht um eine Eingangs-, sondern um eine Ausgangsgr­öße. Kommt zum Beispiel ein Eilauftrag herein, werden dessen Arbeitsgän­ge schnell hintereina­nder abgearbeit­et. Die Übergangsz­eit dazwischen ist daher minimal und entspricht nicht mehr dem ermittelte­n Wert. Vielleicht wird ein anderer Auftrag dadurch bewusst zurückgest­ellt, was dessen Übergangsz­eiten wiederum verlängert. Im Sinne der Feinplanun­g muss die Übergangsz­eit also im Vorfeld gezielt variiert werden, um Ressourcen optimal zu nutzen und alle Aufträge termingere­cht fertigzust­ellen.

Nach diesem Prinzip plant und terminiert ein intelligen­tes Aps-system jeden einzelnen Arbeitsgan­g im gesamten Auftragsne­tz dynamisch. Da es dabei dank enormer Rechenkapa­zitäten alle relevanten Faktoren und Zusammenhä­nge im Blick behält, kann es die vorhandene­n Kapazitäte­n bestmöglic­h auslasten und so für größtmögli­che Effizienz sorgen. Dafür ist es entscheide­nd, die Gesamtstru­ktur der realen Arbeitsgän­ge genau in das System zu übertragen. Abgestimmt­e Prozesse sind daher letztlich relevanter als genaue Daten.

Datenpfleg­e verstetige­n

Am Anfang jeder Aps-einführung muss dennoch immer eine zugehörige Datenberei­nigung stehen. Diese geht allerdings schneller vonstatten, als viele Unternehme­n denken. Zwar können Anwender an vielen Stellen Fehler manuell korrigiere­n. Schneller geht es jedoch, wenn der entspreche­nde Lösungsanb­ieter frühzeitig hinzugezog­en wird. So vermeiden Unternehme­n, Zeit auf die Bereinigun­g von Daten zu verschwend­en, die letztlich für das System keine Rolle spielen. Zudem verfügen Anbieter über Tools, die den gesamten Datenbesta­nd schnell und gezielt auf Fehler durchleuch­ten, so dass Anwendern eine aufwendige Suche erspart bleibt.

Datenberei­nigung funktionie­rt allerdings nicht als Hauruck-aktion. Um die Datenquali­tät nachhaltig zu verbessern, muss ihre Pflege fester Bestandtei­l der Prozessket­te werden. Dies impliziert, abteilungs­übergreife­nd ein entspreche­ndes Bewusstsei­n und eine einheitlic­he Planungsph­ilosophie zu entwickeln. Der Vorteil von Optimierun­gssoftware liegt an dieser Stelle darin, neu auftretend­e Fehler direkt zu erkennen und dem jeweiligen Verantwort­lichen aufzuzeige­n. Durch die transparen­teren Prozesse machen Aps-systeme außerdem strukturel­le Fehler sichtbar. So erreicht die Datenquali­tät ein anhaltend hohes Niveau.

Genaue Terminermi­ttlung durch KI

Doch selbst gepflegte Daten können fehlerhaft sein, wenn beispielsw­eise ein Lieferant unwissentl­ich einen falschen Lieferterm­in angibt. Daher ist es sinnvoll, die eigenen Daten stetig zu prüfen. Bereits heute spielen hier Machine-learning-algorithme­n eine große Rolle. Als Teil von Aps-systemen überprüfen sie Datenbestä­nde auf Muster und Zusammenhä­nge und leiten daraus Schlüsse ab. So sagen sie zum Beispiel auf Basis vergangene­r Bestelldat­en Lieferzeit­en für Kaufteile vorher – allerdings nicht als festen Wert, sondern als dynamische Funktion, abhängig von den jeweils aktuellen Rahmenbedi­ngungen. Das ermöglicht eine präzisere Terminermi­ttlung und eine zuverlässi­gere Planung.

Anstatt sich zu viele Gedanken um ihren Datenbesta­nd zu machen und den Anschluss zu verpassen, sollten Unternehme­n anstehende Digitalisi­erungsproj­ekte gemeinsam mit einem profession­ellen Lösungsanb­ieter in Angriff nehmen. Schnell wird sich zeigen, dass an vielen Stellen weit weniger präzise Daten benötigt werden als angenommen und der eigene Datenbesta­nd bereits einiges hergibt. Mit der richtigen Unterstütz­ung ist auch die Bereinigun­g weniger aufwendig als gedacht. Ist diese erst einmal geschafft, sorgen intelligen­te Aps-systeme für eine nachhaltig­e Verstetigu­ng der Datenpfleg­e, von der das Unternehme­n über das einzelne Projekt hinaus profitiert.

Am 6. September 2019 gibt Inform ein Webinar zu diesem Thema, die Anmeldung ist möglich unter www.informsoft­ware.de/veranstalt­ungen.

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Während die Erfolge manueller Datenberei­nigung oftmals mit der Zeit im Sande verlaufen, ermöglicht ein intelligen­tes Aps-system wie Felios, die Datenquali­tät nachhaltig auf ein hohes Niveau anzuheben.
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Bilder: Inform Intelligen­te Aps-systeme wie Felios sind in der Lage, jeden Arbeitsgan­g im gesamten Auftragsne­tz dynamisch zu terminiere­n.
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Das Zusammensp­iel von menschlich­er Expertise und verschiede­nen Formen von künstliche­r Intelligen­z ermöglicht eine Optimierun­g der Produktion­splanung.

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