Software mit KI- und Iot-funktionalität
Moderne Business-software ermöglicht Fertigungsunternehmen den Einsatz von künstlicher Intelligenz und IOT. Nun wachsen die beiden Welten zusammen und treiben die intelligente Automatisierung voran. Das gilt insbesondere für die Wartungsprozesse.
Zusätzliche Intelligenz verbessert Prozesse wie die Routenplanung von Servicetechnikern
BUSINESS-SOFTWARE für die Fertigungsindustrie bietet häufig schon Architektur-komponenten und Funktionen für künstliche Intelligenz (KI) und dem Internet of Things (IOT). Oftmals führen beide Technologien aber noch eine Parallelexistenz und kommen in unterschiedlichen Kontexten zum Einsatz.
Ein häufiges Anwendungsgebiet der künstlichen Intelligenz ist die Lösung von Optimierungsproblemen, zum Beispiel bei der Einsatz- und Routenplanung von Servicetechnikern. Bei der Ermittlung der Pläne haben es Unternehmen oft mit einer unüberschaubaren Anzahl von Kombinationsmöglichkeiten zu tun, gleichzeitig liegen zahlreiche Einschränkungen vor, wodurch die Planung weiter erschwert wird. Verschiedene Servicetechniker müssen an unterschiedlichen Maschinen, die häufig über mehrere Standorte verteilt sind, verschiedene Arbeiten ausführen. Dabei verfügen die Techniker über unterschiedliche Fähigkeiten, wodurch sich nicht jeder für jede Tätigkeit eignet. Zudem sind sie nur zu bestimmten Zeiten verfügbar, ihre Reisezeiten müssen berücksichtig werden und ihre verschiedenen Aufgaben haben unterschiedliche Prioritäten.
Diese Komplexität schließt sowohl das vollständige Ausprobieren sämtlicher Möglichkeiten als auch das Berechnen des optimalen Plans durch mathematische Verfahren aus. Deshalb nutzen die Engines für die Einsatz- und Routenplanung in modernen Business-software-lösungen künstliche Intelligenz – genauer gesagt evolutionäre Algorithmen. Sie sind dem Evolutionsprozess der Natur nachempfunden und lösen Optimierungsprobleme durch Annäherungsverfahren. Auf diese Weise kann eine Business-software die besten Einsatz- und Routenpläne ermitteln, vorhalten und in Echtzeit anpassen. Ergeben sich Änderungen, werden die Pläne vom System dynamisch geändert. Beispielsweise, weil ein Servicemitarbeiter krankheitsbedingt ausfällt oder eine Aufgabe mehr Zeit in Anspruch genommen hat, als vorauszusehen war.
Daten von Sensoren verarbeiten
Die Technologie des Internet of Things hat bereits Einzug in Business-software für die Fertigungsindustrie gehalten. Moderne Lösungen bieten den Unternehmen die Möglichkeit, Daten von Sensoren entgegenzunehmen und zu verarbeiten. So bietet die Business-software von IFS einen speziellen IOT Connector, der Plug-and-play-anbindungen und offene APIS zur Integration von Iot-plattformen in der Cloud mitbringt. Damit können Fertigungsunternehmen die Daten der Sensoren außerhalb der Businesssoftware empfangen sowie filtern. Die erforderlichen Informationen werden lediglich an die Business-software weitergereicht und dort verarbeitet.
Fertigungsbetriebe nutzen Iot-anbindungen unter anderem zur Realisierung von digitalen Zwillingen. Diese simulieren mit Hilfe von Sensor-daten die Maschinen und ihre Produktionsprozesse in Echtzeit und ermöglichen es Unternehmen, Maschinen zu überwachen und Was-wäre-wenn-szenarien durchzuspielen. Damit können sie ihre Abläufe besser optimieren und flexibler auf kurzfristige Neuaufträge oder Planungsänderungen reagieren. Ein weiteres Einsatzgebiet der Iot-anbindung ist die Realisierung von neuen Services und Service-orientierten Geschäftsmodellen. Dazu zählen etwa „Track your Order“-services, mit denen die Kunden von Fertigungsunternehmen in Echtzeit nachverfolgen können, wo sich ihr Auftrag im Produktionsprozess befindet. Ebenso sind damit nutzungsbasierte Geschäftsmodelle möglich, bei denen die Kunden nur noch die konkrete Verwendung einer Maschine bezahlen, anstatt sich die Maschine zu kaufen. Der Hersteller kann über das IOT Daten der installierten Maschinen erfassen und auf dieser Basis einen nutzerorientierten Preis kalkulieren sowie die tatsächliche Nutzung der Maschine jederzeit nachvollziehen.
Anbieter bauen Funktionen weiter aus
Parallel zum vermehrten Einsatz von KI und IOT werden beide Welten zunehmend zusammenwachsen. Die Business-software-anbieter setzten auf ihre vorhandenen Architektur-stacks und Funktionen für KI und IOT auf und bauen sie weiter aus, um die beiden Technologien miteinander zu kombinieren. Ein wichtiges Anwendungsgebiet wird dabei Predictive Maintenance sein, denn das Duo aus KI und IOT ermöglicht es der
Fertigungsindustrie, ein altes Wartungsproblem zu lösen. Bislang praktizieren Unternehmen meist einen präventiven Ansatz, bei dem Wartungsmaßnahmen und der Austausch von Verschleißteilen nach festgelegten Intervallen erfolgen – seien es Zeiträume oder Zyklen. Das führt einerseits dazu, dass vielleicht Teile ersetzt werden, die noch längere Zeit problemlos funktionieren würden. Andererseits kann aufgrund besonderer Umstände auch einmal ein Teil innerhalb der Intervalle ausfallen und dadurch im Extremfall eine Maschine zum Stillstand bringen – und damit auch den gesamten Produktionsprozess. Zur Kostenoptimierung und der Gewährleistung möglichst unterbrechungsfreier Abläufe sind Fertigungsunternehmen deshalb darauf angewiesen, die optimalen Zeitpunkte für ihre Wartungsmaßnahmen zu ermitteln.
Der Ansatz des Predictive Maintenance bietet genau das, indem er Sensor-daten aus dem IOT mit Machine-learning-algorithmen analysiert. Grundsätzlich ermöglichen es solche Algorithmen, durch ein Training mit historischen Daten Muster in diesen Daten zu erkennen und diese Muster anschließend auf aktuelle Daten anzuwenden. Beim konkreten Fall des Predictive Maintenance umfassen diese Daten nicht nur Betriebs- und Leistungsdaten der Maschinen, sondern auch Umgebungsdaten wie Luftfeuchtigkeit oder Temperatur. Durch die Analyse der historischen Daten mit Machinelearning-algorithmen kommt dann ans Licht, wenn bestimmte Faktoren durch ihr gleichzeitiges Auftreten immer innerhalb eines bestimmten Zeitraums zum Ausfall eines bestimmten Bauteils führen. Diese Erkenntnis lässt sich anschließend auf Live-daten anwenden. Melden die Sensoren der Maschinen und ihrer Umgebung im laufenden Betrieb das Auftreten der entsprechenden Faktoren, kann die Business-software automatisch einen Wartungsvorgang anstoßen.
Zur Realisierung dieses Automatismus müssen Business-software-anbieter eine Pipeline aufbauen, die die Machinelearning-algorithmen mit den nötigen Iot-daten versorgt. Die Verarbeitung der von den Sensoren erzeugten Datenmengen (Big Data) stellt allerdings eine große technische Herausforderung dar. Dabei gilt es zu klären, welche Daten wie lange gespeichert werden müssen und wo innerhalb der Lösungsarchitektur dafür der beste Speicherort ist.
Herausforderung „Explainable AI“
Eine weiteres, wichtiges Thema für Software-anbieter ist „Explainable AI“. Für Predictive Mainenance ist der Einsatz von Machine-learning-algorithmen erforderlich – diese sind aber eine „Black Box“. Spezialisierte Entwickler und Data Scientists mögen vielleicht noch durchschauen, wie die Algorithmen zu ihren Ergebnissen kommen – für Normalsterbliche gilt das in aller Regel eher nicht. Das ist durchaus ein Problem, denn wenn Business-anwender die Funktionsweise einer Technologie nicht nachvollziehen können, fällt es ihnen oft schwer, ihr zu vertrauen und ihren Geschäftsnutzen zu verstehen. Die Anbieter sind deshalb in der Pflicht, die Entscheidungen der Algorithmen so aufzubereiten, dass sie auch für Business-anwender durchschaubar sind. Ausfallvorhersagen sollten anhand verständlicher Regeln und Entscheidungsgewichtungen dargestellt und begründet werden.
Peter Schulz ist Teammanager Presales für DACHI beim Business-software-anbieter IFS.