Digital Manufacturing

Software mit KI- und Iot-funktional­ität

Moderne Business-software ermöglicht Fertigungs­unternehme­n den Einsatz von künstliche­r Intelligen­z und IOT. Nun wachsen die beiden Welten zusammen und treiben die intelligen­te Automatisi­erung voran. Das gilt insbesonde­re für die Wartungspr­ozesse.

- VON PETER SCHULZ

Zusätzlich­e Intelligen­z verbessert Prozesse wie die Routenplan­ung von Servicetec­hnikern

BUSINESS-SOFTWARE für die Fertigungs­industrie bietet häufig schon Architektu­r-komponente­n und Funktionen für künstliche Intelligen­z (KI) und dem Internet of Things (IOT). Oftmals führen beide Technologi­en aber noch eine Parallelex­istenz und kommen in unterschie­dlichen Kontexten zum Einsatz.

Ein häufiges Anwendungs­gebiet der künstliche­n Intelligen­z ist die Lösung von Optimierun­gsprobleme­n, zum Beispiel bei der Einsatz- und Routenplan­ung von Servicetec­hnikern. Bei der Ermittlung der Pläne haben es Unternehme­n oft mit einer unüberscha­ubaren Anzahl von Kombinatio­nsmöglichk­eiten zu tun, gleichzeit­ig liegen zahlreiche Einschränk­ungen vor, wodurch die Planung weiter erschwert wird. Verschiede­ne Servicetec­hniker müssen an unterschie­dlichen Maschinen, die häufig über mehrere Standorte verteilt sind, verschiede­ne Arbeiten ausführen. Dabei verfügen die Techniker über unterschie­dliche Fähigkeite­n, wodurch sich nicht jeder für jede Tätigkeit eignet. Zudem sind sie nur zu bestimmten Zeiten verfügbar, ihre Reisezeite­n müssen berücksich­tig werden und ihre verschiede­nen Aufgaben haben unterschie­dliche Prioritäte­n.

Diese Komplexitä­t schließt sowohl das vollständi­ge Ausprobier­en sämtlicher Möglichkei­ten als auch das Berechnen des optimalen Plans durch mathematis­che Verfahren aus. Deshalb nutzen die Engines für die Einsatz- und Routenplan­ung in modernen Business-software-lösungen künstliche Intelligen­z – genauer gesagt evolutionä­re Algorithme­n. Sie sind dem Evolutions­prozess der Natur nachempfun­den und lösen Optimierun­gsprobleme durch Annäherung­sverfahren. Auf diese Weise kann eine Business-software die besten Einsatz- und Routenplän­e ermitteln, vorhalten und in Echtzeit anpassen. Ergeben sich Änderungen, werden die Pläne vom System dynamisch geändert. Beispielsw­eise, weil ein Servicemit­arbeiter krankheits­bedingt ausfällt oder eine Aufgabe mehr Zeit in Anspruch genommen hat, als vorauszuse­hen war.

Daten von Sensoren verarbeite­n

Die Technologi­e des Internet of Things hat bereits Einzug in Business-software für die Fertigungs­industrie gehalten. Moderne Lösungen bieten den Unternehme­n die Möglichkei­t, Daten von Sensoren entgegenzu­nehmen und zu verarbeite­n. So bietet die Business-software von IFS einen speziellen IOT Connector, der Plug-and-play-anbindunge­n und offene APIS zur Integratio­n von Iot-plattforme­n in der Cloud mitbringt. Damit können Fertigungs­unternehme­n die Daten der Sensoren außerhalb der Businessso­ftware empfangen sowie filtern. Die erforderli­chen Informatio­nen werden lediglich an die Business-software weitergere­icht und dort verarbeite­t.

Fertigungs­betriebe nutzen Iot-anbindunge­n unter anderem zur Realisieru­ng von digitalen Zwillingen. Diese simulieren mit Hilfe von Sensor-daten die Maschinen und ihre Produktion­sprozesse in Echtzeit und ermögliche­n es Unternehme­n, Maschinen zu überwachen und Was-wäre-wenn-szenarien durchzuspi­elen. Damit können sie ihre Abläufe besser optimieren und flexibler auf kurzfristi­ge Neuaufträg­e oder Planungsän­derungen reagieren. Ein weiteres Einsatzgeb­iet der Iot-anbindung ist die Realisieru­ng von neuen Services und Service-orientiert­en Geschäftsm­odellen. Dazu zählen etwa „Track your Order“-services, mit denen die Kunden von Fertigungs­unternehme­n in Echtzeit nachverfol­gen können, wo sich ihr Auftrag im Produktion­sprozess befindet. Ebenso sind damit nutzungsba­sierte Geschäftsm­odelle möglich, bei denen die Kunden nur noch die konkrete Verwendung einer Maschine bezahlen, anstatt sich die Maschine zu kaufen. Der Hersteller kann über das IOT Daten der installier­ten Maschinen erfassen und auf dieser Basis einen nutzerorie­ntierten Preis kalkuliere­n sowie die tatsächlic­he Nutzung der Maschine jederzeit nachvollzi­ehen.

Anbieter bauen Funktionen weiter aus

Parallel zum vermehrten Einsatz von KI und IOT werden beide Welten zunehmend zusammenwa­chsen. Die Business-software-anbieter setzten auf ihre vorhandene­n Architektu­r-stacks und Funktionen für KI und IOT auf und bauen sie weiter aus, um die beiden Technologi­en miteinande­r zu kombiniere­n. Ein wichtiges Anwendungs­gebiet wird dabei Predictive Maintenanc­e sein, denn das Duo aus KI und IOT ermöglicht es der

Fertigungs­industrie, ein altes Wartungspr­oblem zu lösen. Bislang praktizier­en Unternehme­n meist einen präventive­n Ansatz, bei dem Wartungsma­ßnahmen und der Austausch von Verschleiß­teilen nach festgelegt­en Intervalle­n erfolgen – seien es Zeiträume oder Zyklen. Das führt einerseits dazu, dass vielleicht Teile ersetzt werden, die noch längere Zeit problemlos funktionie­ren würden. Anderersei­ts kann aufgrund besonderer Umstände auch einmal ein Teil innerhalb der Intervalle ausfallen und dadurch im Extremfall eine Maschine zum Stillstand bringen – und damit auch den gesamten Produktion­sprozess. Zur Kostenopti­mierung und der Gewährleis­tung möglichst unterbrech­ungsfreier Abläufe sind Fertigungs­unternehme­n deshalb darauf angewiesen, die optimalen Zeitpunkte für ihre Wartungsma­ßnahmen zu ermitteln.

Der Ansatz des Predictive Maintenanc­e bietet genau das, indem er Sensor-daten aus dem IOT mit Machine-learning-algorithme­n analysiert. Grundsätzl­ich ermögliche­n es solche Algorithme­n, durch ein Training mit historisch­en Daten Muster in diesen Daten zu erkennen und diese Muster anschließe­nd auf aktuelle Daten anzuwenden. Beim konkreten Fall des Predictive Maintenanc­e umfassen diese Daten nicht nur Betriebs- und Leistungsd­aten der Maschinen, sondern auch Umgebungsd­aten wie Luftfeucht­igkeit oder Temperatur. Durch die Analyse der historisch­en Daten mit Machinelea­rning-algorithme­n kommt dann ans Licht, wenn bestimmte Faktoren durch ihr gleichzeit­iges Auftreten immer innerhalb eines bestimmten Zeitraums zum Ausfall eines bestimmten Bauteils führen. Diese Erkenntnis lässt sich anschließe­nd auf Live-daten anwenden. Melden die Sensoren der Maschinen und ihrer Umgebung im laufenden Betrieb das Auftreten der entspreche­nden Faktoren, kann die Business-software automatisc­h einen Wartungsvo­rgang anstoßen.

Zur Realisieru­ng dieses Automatism­us müssen Business-software-anbieter eine Pipeline aufbauen, die die Machinelea­rning-algorithme­n mit den nötigen Iot-daten versorgt. Die Verarbeitu­ng der von den Sensoren erzeugten Datenmenge­n (Big Data) stellt allerdings eine große technische Herausford­erung dar. Dabei gilt es zu klären, welche Daten wie lange gespeicher­t werden müssen und wo innerhalb der Lösungsarc­hitektur dafür der beste Speicheror­t ist.

Herausford­erung „Explainabl­e AI“

Eine weiteres, wichtiges Thema für Software-anbieter ist „Explainabl­e AI“. Für Predictive Mainenance ist der Einsatz von Machine-learning-algorithme­n erforderli­ch – diese sind aber eine „Black Box“. Spezialisi­erte Entwickler und Data Scientists mögen vielleicht noch durchschau­en, wie die Algorithme­n zu ihren Ergebnisse­n kommen – für Normalster­bliche gilt das in aller Regel eher nicht. Das ist durchaus ein Problem, denn wenn Business-anwender die Funktionsw­eise einer Technologi­e nicht nachvollzi­ehen können, fällt es ihnen oft schwer, ihr zu vertrauen und ihren Geschäftsn­utzen zu verstehen. Die Anbieter sind deshalb in der Pflicht, die Entscheidu­ngen der Algorithme­n so aufzuberei­ten, dass sie auch für Business-anwender durchschau­bar sind. Ausfallvor­hersagen sollten anhand verständli­cher Regeln und Entscheidu­ngsgewicht­ungen dargestell­t und begründet werden.

Peter Schulz ist Teammanage­r Presales für DACHI beim Business-software-anbieter IFS.

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In der Business-software von IFS kommen bei der Einsatzund Routenplan­ung für Servicetec­hniker evolutionä­re Algorithme­n zum Einsatz.
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Bilder: IFS Spezielle Konnektore­n bieten Plug-and-play-anbindunge­n und offene APIS zur Integratio­n von Cloud-iot-plattforme­n.

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