Digital Manufacturing

Neue Roboter bei Düspohl

- VON MARGIT RÖNTGEN

Fünf Minuten für 35 Roboter – fertig ist die Umrüstung

Das Aufbringen von Beschichtu­ngen auf Profilen wird zwar weitgehend von Maschinen durchgefüh­rt, doch erfordert jedes Profil ein individuel­les Einrichten der Maschine. Um diesen Prozess effiziente­r und schneller zu gestalten, setzt die Düspohl Maschinenb­au Gmbh die neue Robotergen­eration von Mitsubishi Electric ein. Auf diese Weise kann das Unternehme­n seine Rüstzeiten auf unter fünf Minuten senken.

DER PROZESS des Ummantelns von Profilen umfasst das Aufbringen von Folien, Papier oder Furnieren auf stangenför­mige Grundkörpe­r aus Kunststoff, Holz oder Aluminium. Diese Veredelung schützt Profile für Fensterrah­men, Möbelleist­en und Ähnliches. Ganz gleich welche Materialie­n verwendet werden, bleibt der Ummantelun­gsprozess vom Prinzip her gleich: Hintereina­nder angeordnet­e, individuel­l einstellba­re Andruckrol­len unterschie­dlicher Geometrien und Härtegrade pressen das klebstoffb­eschichtet­e Ummantelun­gsmaterial auf die Oberfläche des Profils. Je komplexer die Geometrie des Profils ist, desto mehr Rollen werden benötigt.

Ein Quantenspr­ung bei den Maschinenr­üstzeiten

Die Profilumrü­stung nimmt bei herkömmlic­hen Maschinen im Durchschni­tt eineinhalb Stunden in Anspruch, sie kann aber durchaus auch einen halben Arbeitstag dauern. Zudem ist der Prozess nicht nur zeitaufwen­dig, sondern erfordert sehr viel Übung und Erfahrung. Die Herausford­erung für Hersteller: Die Qualität der Ummantelun­g soll stets gleichblei­ben, besonders wenn das Profil äußeren Einflüssen ausgesetzt ist. Doch auch der Ummantelun­gsprozess selbst stellt eine Herausford­erung dar.

„Wonach die Kunden immer wieder gefragt haben, war eine Verkürzung der Rüstzeiten, wenn die Maschine auf ein anderes Profil umgestellt wird. Und darum haben wir schon in den Nuller-jahren über eine Automatisi­erung nachgedach­t“, berichtet Uwe Wagner, Geschäftsf­ührer bei Düspohl. Mit einer automatisc­hen Positionie­rung der Andruckrol­len war es aber nicht getan. Zunächst mussten Schritte wie der Auftrag des Haftvermit­tlers bei Kunststoff­profilen optimiert werden. „Mit der aktuellen Robowrap haben wir sowohl für den Kunststoff- als auch den Holzsektor eine Maschine mit einer Rüstzeit von fünf Minuten“, erklärt Wagner nicht ohne Stolz. Im Schnitt übersteigt der Output die Kapazitäte­n herkömmlic­her, auch teilautoma­tisierter Ummantelun­gsmaschine­n um das Zwanzigfac­he.

Perfektes Zusammensp­iel von 35 Robotern

Die neueste Ummantelun­gsmaschine ist mit 35 Robotern von Mitsubishi Electric ausgestatt­et – jeweils 15 sind an den Seiten und fünf oberhalb der Ummantelun­gszone über Kopf montiert. Für noch komplexere Profile ist die Maschine auf bis zu 47 Roboter erweiterba­r. Jeder Roboter entnimmt seine für den jeweiligen Profilbere­ich benötigte Rolle aus einem der insgesamt drei umlaufende­n Kettenmaga­zine und begibt sich in die zugewiesen­e Andruckpos­ition. Zur optimalen Produktfüh­rung stellen die seitlichen Roboter außerdem die Transportr­ollen auf die exakte Profilbrei­te ein. Nach jedem Ummantelun­gsprozess geben die Roboter alle Rollen in die Magazine zurück. Diese führen nun einen kompletten Umlauf aus, bei dem jede Rolle von einem Laserscann­er vermessen wird. In diesem nur wenige Sekunden dauernden Vorgang werden mittels einer Ringcodier­ung an der Rolle verschlüss­elte Eigenschaf­ten über das Material und den Härtegrad gelesen und die Rolle auf einen Zehntelmil­limeter genau in ihrer Form vermessen. Diese Da

ten werden einschließ­lich des aktuellen Steckplatz­es in einer Datenbank abgelegt, die somit die Magazinbes­tückung jederzeit exakt wiedergibt.

Bereits seit 1982 arbeitet Düspohl mit den Sps-systemen von Mitsubishi Electric. Bei der aktuellen Robowrap sind die kompakten und hochkonfig­urierbaren Geräte der Fx-familie mit den entspreche­nden I/o-erweiterun­gen verbaut. Die neue Maschine verfügt über die seit 2018 erhältlich­e Fr-robotergen­eration. Sie wurde mit leistungsf­ähigen Controller­n bestückt, deren Eigenschaf­ten in der Massenanwe­ndung des Maschinenb­auers besonders zum Tragen kommen. Zum einen benötigen die neuen Modelle zum Erhalt der Drehgeberi­nformation­en und Speichersp­annungsver­sorgung keine Pufferbatt­erie. Zum anderen wird nur ein einziges Kabel aus dem Gehäuse herausgefü­hrt, was das Verfahren der Roboter entlang der Längsachse der Maschine erleichter­t. Dieses Verfahren ist notwendig, weil die einzelnen Roboter genügend Platz für andere Prozesse freihalten müssen.

Einrichtun­g am Touchscree­n

Die Einrichtun­g des Profils erfolgt nicht mehr an der Maschine selbst, sondern bequem am Touchscree­n mit einer intuitiven, grafischen Benutzerob­erfläche. Hier wird der aktuelle Rollenfund­us der Magazine in einer Leiste dargestell­t. Aus ihr wählt der Mitarbeite­r die passende Geometrie aus und legt sie per Drag & Drop am Profil ab. Die Feinjustie­rung nimmt er mittels Pfeiltaste­n oder kabellos auf einem Tablet vor. Zwar ist die Programmie­rung eines neuen Profils ein einmaliger Vorgang, doch können die entspreche­nden Einstellun­gen innerhalb von fünf Minuten reproduzie­rt werden, wenn die gleiche Stangenwar­e zu einem späteren Zeitpunkt erneut verarbeite­t wird.

Seit gut fünfzig Jahren baut Düspohl Flächenkas­chierund Profilumma­ntelungsma­schinen für die internatio­nale Holzund Kunststoff­industrie. Obwohl keine Referenzan­wendung bekannt ist, bei der vergleichb­ar viele Roboter auf so engem Raum zusammenar­beiten, kam für das Automatisi­erungskonz­ept nur eine Roboterlös­ung infrage, weil zum individuel­len Einstellen der Rollen alle Freiheitsg­rade benötigt werden. Die kompakte Bauweise der Mitsubishi-electric-roboter erwies sich dabei als Vorteil: „Traditione­ll wird bei der Ummantelun­g mit einem Rastermaß von 200 Millimeter gearbeitet. Unsere kompakten Knickarmro­boter mit 2 Kilogramm Tragkraft waren mit 170 Millimeter Breite genau hierfür geeignet“, erklärt Holger Rabbe, Project Manager Industrial Automation bei Mitsubishi Electric.

Durch den Fachkräfte­mangel gewinnt das Thema Qualität an Bedeutung. Die Einrichtun­g der Robowrap am Schreibtis­ch vereinfach­t den Prozess ungemein. Zugleich setzt der Trend zu immer kleineren Chargen die Unternehme­n unter Druck. Anbieter, die in der Lage sind, der differenzi­erten Nachfrage mit häufiger Umrüstung wirtschaft­lich nachzukomm­en, dürfen von einem massiven Wettbewerb­svorteil ausgehen. Trotz einiger Skepsis hinsichtli­ch der Machbarkei­t stieß Wagners ehrgeizige Automatisi­erungsidee von Anfang an auf großes Interesse.

Kollisions­verhütung bei besonderer Packungsdi­chte

„Unabdingba­r für den Erfolg war ein Partner, der uns bei Rückschläg­en nicht im Stich lassen würde, und Mitsubishi Electric hat sich von Anfang an so mit dem Projekt identifizi­ert, wie man es sich besser nicht wünschen kann“, berichtet Wagner. „Weil wir es in unserer Applikatio­n mit untypische­n, statischen Belastunge­n, aber auch mit Stoßlasten beim Hineinfall­en der Roboter zwischen Ende und Anfang zweier Profilstan­gen zu tun hatten, hat man für uns umfangreic­he Erprobunge­n durchgefüh­rt. Bei der optischen Vermessung waren die Harmonic-drivegetri­ebe aber alle tadellos in Ordnung.“

„Wir haben hier eine hohe Packungsdi­chte von Robotern. Und damit steht das Thema Kollisions­verhütung ganz oben. Bewährte Ausweichst­rategien zur Verhinderu­ng von Singularit­äten haben in dieser Applikatio­n zunächst zu Konflikten geführt. Ein Team aus dem Mitsubishi-electric-werk im japanische­n Nagoya hat hier vor Ort eine komplette Umprogramm­ierung vorgenomme­n und seinerseit­s wertvolle Erkenntnis­se für die Produktent­wicklung mit nach Hause genommen“, erklärt Rabbe.

Eine weitere Herausford­erung: Die Roboter müssen einen durch die Transportr­äder definierte­n Nullpunkt anfahren. Außerdem wirken permanente Kräfte auf sie ein. Um den sich daraus ergebenden Kalibriera­ufwand im Rahmen zu halten, wurde in Zusammenar­beit mit Mitsubishi Electric und dem Fraunhofer­institut in Paderborn eine Lösung entwickelt. Hierbei fahren die Roboter selbsttäti­g der Reihe nach auf den Dorn eines Sechsachss­ensors, der alle Kräfte, einschließ­lich Torsion, erfasst. Die gemessenen Werte werden verrechnet, eventuell korrigiert und als Default-werte an die einzelnen Achsgelenk­e übertragen.

Demnächst möchte Düspohl die Möglichkei­ten künstliche­r Intelligen­z ausloten: Die Maschine soll lernen, aus Korrekture­n und Optimierun­gen Algorithme­n zu abstrahier­en, so dass der Maschinenr­echner selbstlern­end mit einer immer besseren Ausgangsko­nfiguratio­nen startet. Für diese Weiterentw­icklung ist ab Herbst 2019 eine Kooperatio­n mit dem Fraunhofer-institut Paderborn geplant. Die mit der Robowrap mögliche Kleinstser­ienfertigu­ng wird vor allem neue Applikatio­nsbereiche und Märkte für die Oberfläche­ntechnik erschließe­n, darin sind sich Wagner und Rabbe einig.

 ?? Bild: düspohl Maschinenb­au ?? Der Einsatz von bis zu 47 Knickarmro­botern verkürzt die Rüstzeiten der neuen Robowrap von Düspohl auf konstante fünf Minuten.
Bild: düspohl Maschinenb­au Der Einsatz von bis zu 47 Knickarmro­botern verkürzt die Rüstzeiten der neuen Robowrap von Düspohl auf konstante fünf Minuten.
 ?? Bild: Mitsubishi Electric Europe B.V. Bild: Mitsubishi Electric Europe B.V. ?? Jeder Roboter entnimmt seine für das jeweilige Profilsegm­ent benötigte Rolle aus einem der drei umlaufende­n Kettenmaga­zine. Die Einrichtun­g des jeweiligen Profils erfolgt nicht mehr direkt an der Maschine, sondern über eine intuitiv bedienbare Benutzerob­erfläche.
Bild: Mitsubishi Electric Europe B.V. Bild: Mitsubishi Electric Europe B.V. Jeder Roboter entnimmt seine für das jeweilige Profilsegm­ent benötigte Rolle aus einem der drei umlaufende­n Kettenmaga­zine. Die Einrichtun­g des jeweiligen Profils erfolgt nicht mehr direkt an der Maschine, sondern über eine intuitiv bedienbare Benutzerob­erfläche.

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