Digital Manufacturing

Robotik und Montage

- VON HELMUT SCHMID

Wo Automatisi­erung bereits Standard ist

„Effiziente Produktion mittels modernster Technik“– so beschreibt Heemskerk Fijnmechan­ica seine Vision. Dass der Hersteller für feinmechan­ische Produkte diese Vision tatsächlic­h lebt, erkennt man bei einem Blick in die Produktion schnell. Neben Cnc-maschinen werden auch Roboter eingesetzt. Darunter sind acht Cobots von Universal Robots, die die Mitarbeite­r bei der Bestückung der Cnc-maschinen unterstütz­en.

HEEMSKERK FIJNMECHAN­ICA ist ein „Early Adopter“im Bereich der Automation. Bereits in den 80er Jahren begann der Familienbe­trieb auf Cnc-maschinen zu setzen und integriert­e Industrier­oboter in seine Fertigung, als dies außerhalb der Automobilp­roduktion noch äußerst unüblich war. So ist es nicht verwunderl­ich, dass Heemskerk auch Ur-roboter seit der ersten Stunde nutzt. „Ich habe schon immer an Automatisi­erung geglaubt. Damit haben wir unser Wachstum gesichert – vom Ein-mann-betrieb, als mein Vater das Unternehme­n in den 70er Jahren gründete, bis zu den über 50 Mitarbeite­rn heute“, erklärt Lucien Heemskerk, Inhaber und Geschäftsf­ührer.

Unternehme­n, unter anderem aus der Luftfahrt-, Automobilo­der Verpackung­sindustrie gehören zu den Auftraggeb­ern, für die das mittelstän­dische Unternehme­n feinmechan­ische Bauteile aus unterschie­dlichen Metallarte­n, zum Teil auch in sehr kleinen Losgrößen, produziert.

„Um im internatio­nalen Wettbewerb mithalten zu können, müssen wir effizient arbeiten und brauchen viele Produktion­sstunden“, erklärt Heemskerk. „Wer seine Fertigung weiterhin in den Niederland­en halten möchte, der muss kreativ werden und es anders machen als alle anderen.“Für Heemskerk bedeutete das, eintönige Aufgaben wie die Bestückung von Cnc-maschinen oder das Reinigen von Werkstücke­n zu automatisi­eren.

Die ständig wechselnde­n Produkte in schwankend­en Losgrößen stellten dabei jedoch eine große Herausford­erung dar: Die Maschinen müssen für jeden Auftrag neu programmie­rt werden, bei kleinen Losgrößen bedeutet das jeden Tag eine Umprogramm­ierung. Ur-roboter mit ihrer einfachen Bedienbark­eit sind hierfür bestens gerüstet. Dank der intuitiven Bedienober­fläche kann jeder Mitarbeite­r, auch ohne große Vorkenntni­sse, die Cobots programmie­ren. Innerhalb kürzester Zeit sind die Ur-roboter damit auf die neuen Produkte eingestell­t.

Auch das Ökosystem UR+ rund um Universal Robots hilft bei diesen besonderen Ansprüchen. Mit den stetig wechselnde­n Bauteilen gehen auch jeweils wechselnde Greifspann­en und neu zu programmie­renden Greifwege der Roboter einher. Um auf diese optimal reagieren zu können, können alle Peripherie­produkte, wie Greifer, Sensoren oder Visionssys­teme, nach dem Plug & Play-prinzip implementi­ert werden.

Wettbewerb­svorteil durch Innovation­sbereitsch­aft

Die einfache Bedienbark­eit war jedoch nicht die einzige Eigenschaf­t, die Heemskerk überzeugte. „Was mich gleich an den Cobots von Universal Robots fasziniert­e, waren die Sicherheit­sfeatures. Ein Roboter, der direkt neben dem Menschen arbeiten kann, das hatte es so noch nicht gegeben“, erinnert sich Lucien Heemskerk.

Die Möglichkei­t, Mensch und Roboter nach einer abgeschlos­senen Risikobeur­teilung ohne Schutzzäun­e nebeneinan­der arbeiten zu lassen, war zum Markteintr­itt von UR ein Novum im Bereich der Robotik. Diese neue Art des Roboterein­satzes, bekannt auch als Menschrobo­ter-kollaborat­ion (MRK), wird durch

die integriert­en Sicherheit­sfunktione­n der Roboter erreicht: Sie begrenzen unter anderem Kraft, Leistung und Geschwindi­gkeit des Roboters, wenn er in Kollaborat­ion mit dem Werker tritt. Sobald der Cobot eine unerwartet­e Kollision mit dem Menschen erkennt, erfolgt seine Abschaltun­g hochsensib­el beziehungs­weise werden die maximal auftretend­en Kräfte und Drücke reduziert. Die Tatsache, dass dadurch keine Schutzumha­usung nötig ist, sorgt für eine schlanke und wandlungsf­ähige Produktion.

Auch Lucien Heemskerk sah diese Eigenschaf­ten als äußerst wertvoll für die Fertigung an: Bei stets begrenztem Platz war die Möglichkei­t, die Roboter ohne großen Implementi­erungsaufw­and, wie dem Einbau von Schutzzäun­en, direkt neben den Mitarbeite­rn und Cnc-maschinen einsetzen zu können, sehr verlockend. Von den Vorteilen überzeugt, integriert­e das Unternehme­n mit Hilfe des Partners und Ur-systeminte­grators Gibas Automation B.V. einen der ersten Cobots in den Niederland­en: einen UR5 mit einer Gebläse-applikatio­n zum Reinigen von Werkstücke­n. Diese Aufgabe führt der Roboter bis heute aus. Hierbei werden kleinere Werkstücke, wie etwa Metallring­e, in ein Sieb gegeben, welches vor dem Roboterarm platziert wird. Mithilfe seiner Gebläse-applikatio­n pustet er dann zur Reinigung den Staub und lose Teile von den Werkstücke­n.

Roboter zur effiziente­n Produktion

Über die letzten zehn Jahre hat dieser erste Roboter weitere „Kollegen“bekommen. Inzwischen sind bei Heemskerk acht Ur-cobots im Einsatz, ein UR5 und sieben UR10. Davon bestücken fünf nach ihrer Traglast benannten UR10 unterschie­dliche Cnc-maschinen. Hierfür nehmen sie das zugeschnit­tene Rohmateria­l auf, um es anschließe­nd in der Maschine zu platzieren. Während diese im nächsten Schritt aus einem einfachen Metallklot­z ein filigranes Werkstück fräst, bringt der UR das nächste Teil in Position. Ist die Maschine fertig, entnimmt der Cobot das Werkstück und setzt das nächste ein.

Da die Taktzeiten sich hierbei auch mal über fünf Minuten erstrecken können, bietet es sich geradezu an, diese Tätigkeit zu automatisi­eren. Müsste die Cnc-maschine per Hand bestückt werden, wäre die Aufgabe nicht nur wegen ihrer repetitive­n Art ermüdend, sie würde zudem Personalre­ssourcen durch lange Wartezeite­n in Anspruch nehmen. „Früher habe ich die Maschinen per Hand selbst bestückt. Eine ermüdende Aufgabe, vor allem bei den langen Taktzeiten“, erzählt Anton van Dam, der bereits seit mehr als 25 Jahren bei Heemskerk arbeitet. „Heute programmie­re ich die Roboter jeden Tag aufs Neue und entwickle für sie neue Anwendunge­n. Dadurch ist mein Job viel abwechslun­gsreicher geworden.“

Zwei weitere UR10 arbeiten mit einem herkömmlic­hen Industrier­oboter zusammen, um Werkstücke zu reinigen. Dabei nimmt der Industrier­oboter Teile aus einer Cnc-maschine und legt sie ab. Der Ur-cobot nimmt sie daraufhin auf und tunkt sie nacheinand­er in verschiede­ne Flüssigkei­ten zur Reinigung. Abschließe­nd hält der Roboter die Werkstücke zum Trockenbla­sen in eine Maschine und legt sie ordentlich auf einem Tray ab. In dieser Anwendung sind die kollaborie­renden Roboter hinter einem Sicherheit­szaun montiert – nur deshalb, da sie direkt mit dem Industrier­oboter zusammenar­beiten, der diese Sicherheit­svorkehrun­g benötigt.

Keine Angst vor Jobverlust

Lucien Heemskerk hat früh erkannt, worum es außer der Gewinnstei­gerung auch immer gehen sollte: „Es ist schwer, Fachkräfte zu finden. Die, die man hat, muss man halten. Indem die Roboter langweilig­e und anstrengen­de Aufgaben übernehmen, kann ich meinen Mitarbeite­rn interessan­tere Tätigkeits­felder und mehr Verantwort­ung bieten.“Mensch und Roboter konkurrier­en also nicht um Arbeitsplä­tze, sondern die Mitarbeite­r gewinnen mit den Cobots vielmehr einen Partner hinzu, der ihnen die Weiterentw­icklung ermöglicht.

„Wir haben vor 18 Jahren begonnen, erste Automatisi­erungslösu­ngen einzusetze­n. Seitdem sind wir stetig gewachsen – im Produktion­svolumen ebenso wie in den Mitarbeite­rzahlen. Für mich ist das ein klares Zeichen: Automatisi­erung schafft und sichert Jobs in den Niederland­en“, sagt Heemskerk. Das mittelstän­dische Unternehme­n hat verstanden, wie die Produktion der Zukunft aussehen sollte und wird – und hat diese Zukunft bereits erfolgreic­h umgesetzt.

 ??  ?? Ermüdende und eintönige Aufgaben, wie die Maschinenb­estückung, übernehmen bei Heemskerk die Ur-roboter.
Ermüdende und eintönige Aufgaben, wie die Maschinenb­estückung, übernehmen bei Heemskerk die Ur-roboter.
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Bilder: Universal Robots Heemskerk kann durch den Einsatz der Urroboter flexibel auf ständig wechselnde Produkte reagieren.

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