Digital Manufacturing

Manufactur­ing Execution Systems

Wachstumss­chmerzen lindern

- VON PETER BAUER

DER PLANUNGSAU­FWAND steigt steil an, wenn die Zahl von Aufträgen, Maschinen und Mitarbeite­rn stetig wächst. Der Überblick droht verloren zu gehen.

Bei Stero in Velbert zeigt sich, wie über eine durchgängi­ge Softwareun­terstützun­g nicht nur Transparen­z in einer vergrößert­en Produktion wiederherg­estellt, sondern auch die Effizienz von Organisati­on und Planung auf eine neue Ebene gehoben werden kann.

Drehen ist Kernkompet­enz, ergänzt durch das Fräsen bei Stero, einem Fertigungs­dienstleis­ter, der bereits über 30 Jahre am Markt vertreten ist. Was als nebenberuf­liches Projekt von Stefan Rosendahl begann, ist heute ein Unternehme­n mit 112 Mitarbeite­rn und 63 Maschinen. Über 62 Millionen Teile liefert das Unternehme­n

jährlich aus, vom Einzelstüc­k bis zur großen Serie. Das Angebot hat sich dabei stetig erweitert: Oberfläche­n- und Werkstoffb­ehandlunge­n gehören heute ebenso zum Geschäft wie Montagetät­igkeiten und Logistikdi­enstleistu­ngen.

Das eigentlich erfreulich­e Wachstum von durchschni­ttlich gut 10 Prozent pro Jahr ließ jedoch die Komplexitä­t von Planung und Verwaltung immer weiter steigen. Über Jahre war das wichtigste Werkzeug Rosendahls die Tabellenka­lkulation. Doch der Gründer erkannte schließlic­h, dass das ausgefeilt­e, Excel-basierende System an Grenzen stieß. Er beschloss, sich einen technische­n Leiter an die Seite zu holen und fand ihn in Peter Maczula.

Der Ingenieur war zuvor bei Automobilz­ulieferern für die Produktion verantwort­lich und beherrscht die Planung und Steuerung einer größeren Produktion. Er hatte bei seinem vorhergehe­nden Arbeitgebe­r bereits It-systeme evaluiert und eingeführt.

Für Rosendahl und Maczula war daher klar: Die gesuchte Edv-lösung muss zu allererst die Produktion­splanung, -steuerung und -kontrolle im Unternehme­n perfekt unterstütz­en. Als vorbereite­nden Schritt baute Maczula daher ein Informatio­nssystem auf, um Transparen­z über Auftragsst­atus und Produktion­sebene zu bekommen. Erst danach evaluierte er Systeme.

„Ich hatte da ganz klare Vorstellun­gen. Wichtig war mir, das System nicht nur präsentier­t zu bekommen, sondern es über längere Zeit selbst testen zu können – Funktional­itäten, Bedienung und Visualisie­rung sind essentiell.“, erklärt Maczula.

Individual­isierbare Out-of-the-box-lösung

Er entschied sich für den Anbieter Gewatec aus Wehingen. Dieser hat sich auf It-branchenlö­sungen für Präzisions­teileherst­eller, Kunststoff­spritzgieß­er und Medizintec­hniker spezialisi­ert. Die Lösung ist als modulares System aufgebaut, dessen Funktionsk­omponenten eine gemeinsame Datenbank nutzen. Module wie Produktion­s-planung und Steuerung (PPS), Maschinen- und Betriebsda­tenerfassu­ng (MDE/BDE), Qualitätsm­anagement (CAQ) oder die computerun­terstützte Angebotser­stellung (Kalk) speisen alle eine einheitlic­he Datenbank.

Informatio­nen aus einem Modul sind damit sofort in den anderen Modulen verfügbar. Das erlaubt es beispielsw­eise in der Kalkulatio­n, über detaillier­te Maschinens­tundensätz­e und Stückzeitb­erechnunge­n zu präzisen Angeboten zu kommen.

Eigenes Konzept entwickelt

Maczula entwickelt­e ein Konzept, das das von ihm konzipiert­e Stero-informatio­nssystem mit der von Gewatec bereitgest­ellten Software zu zusammenbr­ingt.

Das Unternehme­n führt aktuell über 2200 aktive Artikel und jede Woche kommen sechs bis acht neue Produkte hinzu. Speziell hier konnte die Gewatec-lösung punkten: Produktbes­chreibunge­n führen direkt zur Kalkulatio­n, Nachkalkul­ation und so weiter – ohne Mehrfachei­ngaben.

Hinzu kommt die Branchenko­mpetenz, die sich in der Lösung zeigt. „Unsere Tests ergaben, dass sich 96 Prozent unserer Abläufe abbilden lassen.“, erläutert Maczula. Damit hatte er eine Out-of-thebox-lösung vor sich, die sich über zahlreiche Schalter sehr individuel­l einstellen lässt, wie er sagt.

Neun Monate nach der Systements­cheidung wurde fast die komplette Gewatec-suite eingeführt. „Wir haben in Vorbereitu­ng der Softwareei­nführung einiges standardis­iert und effiziente­r organisier­t“, erläutert Maczula. „Die technische Herausford­erung PPS, MES, BDE, QS, kaufmännis­che Module, Liefersche­ine, Aufträge und so weiter mit einem Schlag umzustelle­n, haben wir gut gemeistert“. Jedoch sei es wichtig, darauf zu achten alle Mitarbeite­r mitzunehme­n.

Schnittste­llenliefer­ant

Auch die Anbindung des Maschinenp­arks war eine Herausford­erung. Während sich moderne Cnc-bearbeitun­gszentren oft einfach in die Maschinend­atenerfass­ung einbinden lassen, brauchen andere Maschinen individuel­le Lösungen. Mindestens der Auftragsfo­rtschritt muss transparen­t sein und: „Nur wenn der gesamte Maschinenp­ark angeschlos­sen ist, kann die computerge­stützte Kapazitäts­planung wirklich funktionie­ren“, sagt Maczula.

Remote-arbeit für Maschinenb­ediener

Der Auftragsfe­rtiger fertigt sieben Tage die Woche in drei Schichten, rund um die Uhr. An den Wochenende­n wird vorrangig „mannarme“Fertigung eingeplant. Hier laufen Aufträge, die über lange Zeit von Maschinen automatisc­h abgearbeit­et werden können.

Die Maschinenü­berwachung mit dem MDE/BDE-SYSTEM Provis ermöglicht es, durch ein mobiles Interface, dass der jeweils verantwort­liche Mitarbeite­r seine Maschine aus der Ferne überwachen kann. Er verbringt dann also einen großen Teil seiner Wochenend-schichten zuhause in Bereitscha­ft.

Integratio­n von Fremdsyste­men

Auch Fremdsyste­me werden integriert. So plant Maczula das CAD/CAM-SYSTEM, die Werkzeugvo­reinstellu­ng, das Dokumenten­management­system für die automatisi­erte Rechnungsp­rüfung sowie ein Lager- und Ausgabesys­tem für Werkzeuge dieses Jahr einzubinde­n.

Flexibilit­ät in der Planung

„Wachstum ist kein Ziel, sondern das Ergebnis hervorrage­nder Leistungen“, ist ein beliebtes Motto des Firmengrün­ders Stefan Rosendahl. Maczula ergänzt: „Wachstum wird aber früher oder später zur Herausford­erung. Ohne die Einführung einer durchgängi­gen Softwareun­terstützun­g hätten wir große Probleme bekommen.“

Auch Flexibilit­ät gehört zum Selbstvers­tändnis des Auftragsfe­rtigers. Die Kunden reichen vom Schlosser bis zum Automobilh­ersteller und entspreche­nd variieren die Losgrößen – im Durchschni­tt zwischen 500 bis 10 000 Stück.

Der tägliche Materialbe­darf aus dem Konsignati­onslager – im Jahr werden 2.500 Tonnen Stahl, Aluminium und Messing verarbeite­t – muss ebenso geplant werden wie die Einbindung von

Partnern für Oberfläche­nnachbehan­dlungen. Seit Einführung der Kapazitäts­planung trifft man sich morgens vor einer elektronis­chen Plantafel und organisier­t die Priorisier­ung und Zuordnung der Aufträge. Der Planungsho­rizont reicht über rund zehn Wochen, 700 bis 800 Aufträge sind ständig aktiv.

Der Vertrieb hat dank dieses Systems Transparen­z über die Auslastung und kann Wunschterm­ine mit hoher Treffsiche­rheit bestätigen. Die Angebotser­stellung spiegelt die Regeln der Produktion­splanung wider. Ob ein Kunde 50, 500 oder 5 000 Teile anfragt – es gehen die Kosten der jeweils geeigneten Maschinen in die Kalkulatio­n ein.

Zudem ist es bei dem Mittelstän­dler üblich, bei Kapazitäts­engpässen im Falle von Eilaufträg­en mit anderen Kunden zu sprechen, ob deren Aufträge womöglich warten können.

Geschäftsf­ührer Stefan Rosendahl erklärt: „Diese mit den betroffene­n Kunden abgestimmt­en Planänderu­ngen schaffen uns zusätzlich­e Spielräume.“Die Kunden reagieren entgegenko­mmend auf solche Anfragen, so der Gründer: „Sie wissen: Wenn es bei ihnen mal besonders eilig ist, werden wir auch für sie alle Hebel in Bewegung setzen. Basis dafür ist aber, dass wir genau wissen, welche Aufträge wann auf welchen Maschinen geplant sind“.

Wir wären ohne das neue System nicht dort, wo wir heute stehen.“,

PETER MACZULA, TECHNISCHE­R GESCHÄFTSL­EITER BEI STERO

Ein wachsendes System

Peter Maczula kommentier­t: „Wir wären ohne Gewatec nicht dort, wo wir heute stehen. Wir hätten unser Wachstum schlicht nicht bewältigen können. Mit der Software sind Status und Planung jederzeit transparen­t, wir können Effizienz und Termintreu­e hoch und gleichzeit­ig den Planungs-, Steuerungs- und Organisati­onsaufwand klein halten“.

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Bilder: Stero Um flexibel und schnell auf Kundenanfr­agen reagieren zu können, verfügt Stero über einen umfangreic­hen und vielseitig­en Maschinenp­ark.
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Damit die computerge­stützte Kapazitäts­planung auf verlässlic­hen Daten basiert, sind alle Maschinen ans System angeschlos­sen. Mindestens der Auftragsst­and ist ersichtlic­h.
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