Machine Learning
Ki-projekte erfolgreich implementieren
Welche Faktoren sind bei der Einführung von Machine-learning-anwendungen in der Produktion entscheidend? Mit dieser Fragestellung hat sich auch eine wissenschaftliche Untersuchung beschäftigt, die am Management Center Innsbruck entstanden ist. Diese liefert wertvolle Empfehlungen für das erfolgreiche Managen von Digitalisierungs-projekten.
KÜNSTLICHE INTELLIGENZ wird unser Leben revolutionieren – diese Annahme beruht mittlerweile auf einem breiten Konsens. Auch deshalb wird KI immer mehr als Chance gesehen, neue Maßstäbe in der Produktion zu setzen. Stabilere Prozesse, beschleunigte Anlaufzeiten, weniger Ausschuss und bessere Maschinennutzung – alles gute Gründe für Führungskräfte, sich mit der neuen Technologie vertraut zu machen, um den Anschluss nicht zu verlieren. Allerdings ist der Weg dorthin auch mit einigen Hindernissen gepflastert, die mit den Rahmenbedingungen und der Schaffung der richtigen Voraussetzungen beginnen.
Vor diesem Hintergrund wurde am Management Center Innsbruck (MCI) eine Untersuchung im Rahmen einer Masterarbeit durchgeführt, die zum Ziel hatte, Faktoren zu identifizieren, die bei der Durchführung von Ki-projekten erfolgsentscheidend sind. Der Fokus lag dabei auf Maschine-learning-anwendungen im Produktionsumfeld, unabhängig von der Art der Algorithmen und deren Anwendungsbereiche.
Moritz Hummel, Verfasser der Masterarbeit, hat sein Studium berufsbegleitend an der Fakultät für Wirtschaftsingenieurwesen absolviert, wo man sich intensiv mit organisationaler Exzellenz und der Schnittstelle von Management und Technik beschäftigt. Initiiert und betreut wurde das Forschungsprojekt von Joachim Kahl, Lehrbeauftragter am MCI sowie Mitgründer und Geschäftsführer der Datenberg Gmbh.
Der Forschungsansatz: Befragung zu den Erfolgskriterien
In einem qualitativen Forschungsansatz wurden Führungskräfte, Projektbeteiligte und Akademiker zunächst nach den
Erfolgskriterien befragt. Diese Fragestellung war nicht nur von praktischem Interesse, sondern auch notwendig, um die Variable „Projekterfolg“exakt zu spezifizieren und einen eindeutigen Bezug für die Einflussgrößen zu erhalten. Konkrete Faktoren wurden zuerst über eine Literaturrecherche ermittelt und anschließend in einem zweistufigen Forschungsdesign validiert und differenziert.
Die Charakterisierung des Erfolgsbegriffes förderte erwartungsgemäß einige Attribute zu Tage, die generell im Projektmanagement wichtig sind, also zum Beispiel die Definition einer klaren, realistischen Zielsetzung vor dem Projektstart. Im Kontext von Ki-projekten waren sich alle Befragten einig, dass der Businessmehrwert an oberster Stelle steht und jedes Projekt konkrete Verbesserungen, wie Kosteneinsparungen oder Qualitätsverbesserungen, mit sich bringen muss. Dies geht auch mit der Skalierbarkeit der Lösungen einher, was bedeutet, dass eine einfache Übertragbarkeit auf andere Bereiche und Anwendungsfälle gegeben sein sollte und der Nutzen somit vervielfacht werden kann.
Darüber hinaus hat sich herauskristallisiert, dass die einfache Handhabung der Anwendungen eine zentrale Rolle spielt. Darunter fällt beispielsweise eine intuitive Benutzeroberfläche der Software, sodass diese nicht nur von Experten, sondern möglichst von jedem Mitarbeiter bedient werden kann.
Management von erfolgreichen Digitalprojekten
Von besonderem Interesse ist für den Manager die Frage, worauf der Augenmerk für die Erreichung der Ziele gesetzt werden sollte. Hierzu wurden 56 Fakto
ren ermittelt, die sich in sieben Erfolgsdimensionen einteilen lassen: 1 Kultur
2 Daten 3 Projektorganisation 4 Strategie 5 Kompetenzen 6 Technologie 7 Governance
Einige der wichtigen Faktoren aus den verschiedenen Dimensionen werden nachfolgend näher vorgestellt: Blickt man mit etwas Abstand auf die Ergebnisse dieser Studie, so wird deutlich, dass die Rahmenbedingungen der Implementierung mindestens den gleichen Stellenwert haben wie die Features der Ki-lösung selbst. Allen voran steht die Akzeptanz der betroffenen Mitarbeiter, denn sie müssen ihre Bereitschaft zur Veränderung nicht nur in der Einführungsphase unter Beweis stellen; auch im laufenden Betrieb kann sich schnell ein Kompetenzgerangel zwischen dem realen und virtuellen Kollegen ergeben.
Einfluss der Mitarbeiter auf relevante Daten
Die Tatsache, dass viele relevante Daten durch den Mitarbeiter beeinflussbar sind, wie etwa die Erfassung von Statusmeldungen, bringt auch mit sich, dass menschliche Fehler durch Einsatz von Kitools stets transparenter werden. Eine gelebte Fehlerkultur wirkt der Versuchung entgegen, Daten zu manipulieren und ist deshalb der Garant für eine belastbare Datengrundlage. Auch hat die Praxis der Befragten Hinweise aus der Literatur bestätigt, dass intelligente Software die Kompetenz des Menschen nicht gänzlich überflüssig macht. Vielmehr müssen Daten-know-how und Prozesswissen zusammengebracht und aufeinander abgestimmt werden, damit gute Ergebnisse erzielt werden und sich das Potenzial von künstlicher Intelligenz entfalten kann.
Nachdem durch Facebook und Amazon ein tieferes Bewusstsein für den Wert von Daten entstanden ist, hat auch die Angst vor Datenklau oder auch ungewolltem Know-how-transfer zugenommen. Dies lässt sich deutlich an den Forschungsergebnissen ablesen. Dem können letztendlich nur durch klare Compliance-regelungen und eine vertrauensvolle Partnerschaft zwischen Ki-anbieter und Anwender entgegenwirken.
Der richtige Projektansatz für KI
Was sich aus den genannten Aspekten ableiten lässt, wurde in der Untersuchung explizit bestätigt: Digitale Projekte erfordern einen agilen Ansatz, das heißt die Berücksichtigung von Prinzipien, wie Iteration und Partizipation. Letzteres ist erforderlich, da immer mehrere Unternehmensbereiche und Stakeholder betroffen sind. Neben der Produktion selbst können Abteilungen, wie beispielsweise IT, Prozessentwicklung oder Qualitätsmanagement, involviert sein. Da es meist auch um zukunftsweisende Ausrichtungen und somit strategische Entscheidungen geht, wird das Top-management ebenso benötigt wie der Betriebsrat, der den Schutz der Belegschaft im Auge behalten muss. Dies macht interdisziplinäre Teams bei der Implementierung obligatorisch. Darüber hinaus müssen auch externe Partner wie Maschinenbauhersteller oder Data Analysts beteiligter Kianbieter eingebunden werden.
Darüber hinaus hat die Untersuchung ergeben, dass Erfolg wahrscheinlicher ist, wenn das Projekt auf einer Hypothesenbestätigung basiert, anstatt sich auf eine Mustersuche in den Daten zu stützen. In anderen Worten: Die Aufgabenstellung sollte sich auf die Validierung von vermuteten Zusammenhängen stützen, statt frei nach Mustern in den Daten zu suchen.
Der Treibstoff in Ki-projekten
Ki-lösungen sind datengetrieben, das ist eine Binsenweisheit. Die Ergebnisse zeigen jedoch, dass der Zugang zu den erforderlichen Daten keine Selbstverständlichkeit ist. Dabei geht es nicht nur um die Frage, wie man beispielsweise die Parameter einer Maschine ausliest, sondern auch, wie man diese interpretieren und mit weiteren Informationen, beispielsweise einem Zeitstempel oder einer Chargennummer, anreichern kann. Hierbei ist eine zentrale Datenspeicherung entscheidend, um schnell, sicher und langfristig auf große Datenmengen zugreifen zu können.
Allerdings reicht Big Data allein nicht aus – es braucht auch Clean Data, damit die smarten Algorithmen die richtigen Schlüsse ziehen können. Vor diesem Hintergrund wurde die Datenqualität als einer der wichtigsten Faktoren für den Erfolg von Digitalisierung-projekten identifiziert.
Wer Ki-anwendungen im Produktionsumfeld implementiert, sollte auf die üblichen „Dos and Don’ts“im Projektmanagement achten. Darüber hinaus liefert die Untersuchung eine hilfreiche Checkliste, die speziell bei der Einführung von Ki-anwendungen eingesetzt werden kann. Je nach Anforderungen der Organisation und des individuellen Projekts können die ermittelten Faktoren gewichtet und so entsprechend ihrer Bedeutung berücksichtigt werden. Für wissenschaftliche Zwecke kann die Studie als Ausgangspunkt für vertiefende Forschungen dienen. Die Ergebnisse der Arbeit wurden bereits bei Datenberg praktisch umgesetzt, wo ein adaptiertes Faktorenmodell bei Kundenprojekten zum Einsatz kommt.
Joachim Kahl ist Geschäftsführer der Datenberg Gmbh; Moritz Hummel ist Masterstudent am Management Center Innsbruck.