Die DIN SPEC 17071
Eine Norm fehlt noch, wenn es um die Herstellung von additiven Bauteilen geht. Warum die Sache komplex ist und wie Hersteller und Abnehmer jetzt reagieren können, zeigt dieser Bericht auf.
NORMEN und Standards helfen, dass hergestellte Bauteile hohe Sicherheit und gleichbleibende Qualität bieten. Beides erfordert bei der additiven Fertigung noch besondere Aufmerksamkeit. TÜV Süd hat deshalb gemeinsam mit anderen Unternehmen einen Leitfaden entwickelt, der, bis internationale Standards verfügbar sind, dem Markt Orientierung bieten soll: Die DIN SPEC 17071.
Zu den ersten Herstellern, die ein TÜV Süd-zertifikat nach diesem Leitfaden erhalten haben, gehört ein deutscher Mittelständler. Das Unternehmen produziert unter anderem für den Maschinenbau, die Automobilindustrie sowie die Medizintechnik und nutzt dazu auch additive Fertigung etwa mittels dem Pulverbett-verfahren (Laser Powder Bed Fusion – PBF). In den Audits hat TÜV Süd Product Service die Produktion und das Qualitätsmanagement rund um die additive Fertigung geprüft.
Dazu begutachteten die Sachverständigen unter anderem die Arbeits- und Dokumentationsprozesse in der Wareneingangskontrolle, die Materialprüfung, die Parametrierung der Maschinen, ob ihre Abnahmen transparent und reproduzierbar dokumentiert waren, sowie die gesamte Führung und Kontrolle des Fertigungsprozesses. Auch wurde überprüft, ob alle Arbeitsschritte von qualifiziertem Personal durchgeführt und überwacht werden. Dies betrifft vor allem die Bediener der Pulverbettanlagen, die Ingenieure, die digitale Baupläne der Bauteile erstellen, die verantwortlichen Mitarbeiter für das Qualitätsmanagement, die Mitarbeiter im Vertrieb und die jeweiligen Projektleiter.
Damit bei der additiven Fertigung stets Bauteile hoher Qualität und Sicherheit entstehen, sind viele Einflussfaktoren zu berücksichtigen.
Alle Einflüsse und Parameter im Blick
Viele Faktoren beeinflussen die Qualität von Bauteilen, die im Pulverbett schichtweise entstehen. Bei dem Verfahren wird beispielsweise Metallpulver oder feines Kunststoffgranulat durch einen Laser kurzzeitig und lokal aufgeschmolzen und auf diese Weise das lose Pulver nach und nach zu einem festen Bauteil aufgebaut.
Die Zusammensetzung, Körnung und Qualität des Granulats, das Design des Bauteils, der Energieeintrag durch den Laser sowie seine Abtastrate und die Bauteiltemperatur – all diese und weitere Parameter müssen aufeinander abgestimmt sein, damit das Bauteil die benötigte Maßgenauigkeit und Festigkeit aufweist.
Durch Dokumentation und Qualitätsmanagement muss deshalb gewährleistet werden, dass die relevanten Produktionsparameter stets identisch bleiben. Beispielsweise müssen Vorkehrungen getroffen werden, die ausschließen, dass Mitarbeiter versehentlich das Granulat vertauschen oder sie unwissentlich die Abtastrate des Lasers verändern.
Lieferanten mit Zertifikat im Vorteil
Die Kunden des Bauteil- und Komponentenherstellers wissen, wie wichtig die einzelnen Aspekte beim Qualitätsmanagement sind. Aus diesem Grund hat TÜV Süd die DIN SPEC 17071 gemeinsam mit Privat-unternehmen entwickelt und dabei die Belange potenzieller Kunden und Auftraggeber berücksichtigt (Siehe Kasten). Insbesondere die Deutsche Bahn AG, die MT Aerospace
Eine DIN SPEC ist also der kürzeste Weg, um einheitliche Vorgehensweisen am Markt zu etablieren: Sie lässt sich oft innerhalb weniger Monate abstimmen und als sogenannter Leitfaden umsetzten. Er entsteht in kleineren Arbeitsgruppen ohne Konsenspflicht. Die Din-spezifikation lässt sich zudem zur Konformitätsbewertung nutzen. Das reduziert das Risiko entlang des Workflows und sorgt bei der additiven Fertigung für eine kontinuierliche und qualitätsgesicherte Produktion.