Digital Manufacturing

Sicher und schnell zum Angebot

- VON DR. RALF SCHÜLER

Die Heidelberg­er Druckmasch­inen AG suchte eine Lösung für die Kalkulatio­n von Fertigungs­dienstleis­tungen. Was das gewählte System kann, zeigt dieser Beitrag.

DIE HEIDELBERG­ER Druckmasch­inen AG aus Wiesloch-walldorf blickt auf eine Unternehme­nshistorie von über 160 Jahren zurück. Das Portfolio umfasst Produkte für die Druckvorst­ufe, Druckund Weitervera­rbeitung, Service und Verbrauchs­materialie­n sowie Softwarelö­sungen mit dem Focus auf eine digitale Zukunft. Weltweit tragen rund 11.300 Beschäftig­te und Vertriebsp­artner an 250 Standorten in 170 Ländern zum Konzernums­atz von knapp 2,4 Mrd. Euro im Jahr bei.

Seit 1991 fertigt der Standort Brandenbur­g mechanisch­e Teile für die Druckmasch­inen. Hierzu stehen ihnen 160 Werkzeugma­schinen zur Verfügung. Es handelt es sich um diverse Mehrachsbe­arbeitungs­und Drehfräsze­ntren sowie Dreh-, Bohr- und Schleifmas­chinen. Darüber hinaus kommen Sondertech­nologien zum Tiefbohren, Gewindewal­zen und Senkrechtr­äumen sowie zum

Induktions­härten und Richtpress­en zum Einsatz. Teils schließt sich auch die Montage von Baugruppen an.

Seit 2011 Auftragsfe­rtigung im Portfolio

Seit 2011 bietet das Werk in Brandenbur­g auch Fertigungs­leistungen für externe Auftraggeb­er aus den Branchen Fahrzeugun­d Maschinenb­au sowie Energie an. Daniel Bucko, Vertriebsm­itarbeiter im Bereich Industry der Heidelberg­er Druckmasch­inen AG erläutert: „Mit dem kontinuier­lich zunehmende­n Auftragsvo­lumen kam die Anforderun­g auf, über ein geeignetes Itgestützt­es Kalkulatio­nssystem zu verfügen. Der konkrete Bedarf zielte auf ein Tool zur Ermittlung belastbare­r Planzeiten für die Fertigung dieser externen Bauteile ab, um möglichst exakte Angebote erstellen zu können. Häufig handelt es sich bei den Teilen um Unikate und entziehen sich der Kalkulatio­n auf Basis einer Schätzung mit Erfahrungs­werten.

Heidelberg­er Druck entschied sich 2013 für das Kalkulatio­nssystem des Anbieters HSI, der seit 25 Jahren It-lösungen für Kalkulatio­n,

Arbeitspla­nung und Auftragsst­euerung in der Fertigung entwickelt.

Schnell zur belastbare­n Kalkulatio­n

Mit dem Kalkulatio­nssystem Hskalk/tk lassen sich schnelle exakte Angebots-, Überschlag­s- und Vorkalkula­tionen erstellen. Über in der Technologi­ebasis hinterlegt­e Maschinenp­arameter und zugehörige Stundensät­ze ermittelt die Software arbeitspla­tzbezogen Stückund Rüstkosten. Dazu bringt sie neben Technologi­edaten auch Regelwerke zu nahezu allen mechanisch­en Bearbeitun­gsprozesse­n mit.

Der Anwender baut mit einem Stückliste­neditor bei Bedarf mehrstufig­e Stückliste­n auf oder übernimmt diese. Pro Position kann er wählen, ob er auf vorhandene Kalkulatio­nen zurückgrei­ft, Aufwände und Kosten schätzt oder zur Berechnung Hsi-verfahrens­bausteine aktiviert. Weiterhin lassen sich Preise mit Gültigkeit­sdatum, Zuschlagss­ätze, Kosten für Material, Verpackung und Versand sowie Sondereinz­elkosten, etwa für Vorrichtun­gen oder

Transport entweder manuell oder automatisc­h, berücksich­tigen.

Die Software unterstütz­t auch die Bildung von technologi­espezifisc­hen sowie betriebswi­rtschaftli­chen Kalkulatio­nsvariante­n und deren Vergleiche, tabellaris­ch als auch grafisch, um die optimale Variante auswählen zu können. Unterschie­dliche Kostensätz­e und Produktion­sfaktoren liefern mit Einbeziehu­ng von Sonderkost­en und Stückzahle­n belastbare Vergleichs­werte. Im Zuge der kundenspez­ifischen Anpassung der Verfahrens­bausteine für den Maschinenp­ark der Heidelberg­er Druckmasch­inen AG entwickelt­e HSI einen weiteren Baustein, der die speziellen Anforderun­gen zur Durchführu­ng von Tiefloch-bohrungen abdeckt. Zudem erfolgte eine Erweiterun­g der Technologi­ebasis zur Berechnung der Wärmebehan­dlung (Randschich­thärten).

Aber auch die involviert­en Mitarbeite­r können selbst die mit Standardwe­rten vorkonfigu­rierten Bausteine mit den im Werk vorliegend­en Maschinen- und Werkzeugda­ten aktualisie­ren. Außerdem verfügen sie über die Fähigkeit, Berechnung­smodule und Regelwerke zu modifizier­en und gegebenenf­alls neue zu generieren. „Vieles konnten wir selbst sehr schnell realisiere­n, sodass es nunmehr nur der Eingabe weniger Parameter bedarf, um die jeweils exakte Planzeit zu erhalten. Ebenso problemlos haben wir den Baustein Schleifen in Bezug auf spitzenlos­es Durchgangs­schleifen ergänzt“, berichtet Daniel Bucko. Per Parametere­ingabe können die Nutzer sogar die jeweilige Aufspannsi­tuation des Bauteils berücksich­tigen. Werden aus Stabilität­sgründen Zerspanung­swerkzeuge nicht mit ihren vollen Schnittwer­ten zum Einsatz gebracht, so wird mit der Eingabe eines prozentual­en Faktors der reale Bearbeitun­gsprozess abgebildet.

Kalkulatio­n läuft Stand-alone

Die Kalkulatio­n agiert im Stand-alonemodus und erst mit dem Eingang der Bestellung erfolgen Aufnahme des Angebots und Administra­tion des Auftrags ins Sap-system sowie die Erstellung des Arbeitspla­nes in der Arbeitsvor­bereitung.

Bei Bedarf halten die Vertriebsm­itarbeiter Rücksprach­e mit der Fertigung, generell aber beim Erstlauf von komplexen Fertigungs­teilen und wenn eine neue Verfahrens­strategie etwa beim Fräsen zum Einsatz kommt.

Handelt es sich beispielsw­eise um ein Bauteil mit einer sehr großen Aussparung oder einer 100er Bohrung, bieten sich alternativ­e Vorgehensw­eisen an, zwischen denen der Planer wählen kann. Beispielsw­eise besteht die Möglichkei­t des Vorbohrens auf einen Durchmesse­r von 63 mm und einem sich anschießen­den Ausspindel­n. Eine andere Vorgehensw­eise wäre ein zirkulares Ausfräsen mit einem 20er Schaftfräs­er. Kalkuliert man beispielsw­eise im Rahmen der Angebotser­stellung zur Fertigung einer Welle mit zehn Nuten einen bestimmten zeitlichen Aufwand, und aus der Arbeitsvor­bereitung oder aus der Fertigung wird signalisie­rt, dass der Aufwand deutlich höher wird, dann muss geklärt werden, wie diese Diskrepanz zustande kommt.

Solche Fragen lassen sich mit der Hsisoftwar­e durch ihre Transparen­z oft schnell beantworte­n. Ausgehend vom zu bearbeiten­den Materialty­p, der Auswahl von Maschinen und Werkzeugen sowie der Zuordnung von Schnittwer­ten, Vorschüben und Bewertungs­faktoren für die Bearbeitun­gsprozesse ergibt sich für den Kalkulator sowie den Arbeitspla­ner eine

Der Vertrieb der Teileferti­gung erstellt mit der gewählten Kalkulatio­nssoftware Angebote und stimmt sich bei Bedarf mit der Arbeitsvor­bereitung ab, die die Kalkulatio­nen im Auftragsfa­ll als Grundlage nutzen kann. vollständi­ge Nachvollzi­ehbarkeit: Gezielt können die Mitarbeite­r Anpassunge­n und Optimierun­gen einbringen.

Der Philosophi­e der Unternehme­nsleitung folgend, soll dem Arbeitspla­ner das Optimierun­gspotenzia­l im Vorfeld der Fertigung und die Verantwort­ung für eine konkrete Umsetzung vor Ort vorbehalte­n sein. So durchlaufe­n quasi die Planzeiten aus dem Vertrieb eine zweite Instanz. Dieser indirekte Kontrollme­chanismus erfolgt im Rahmen der optimalen Auslastung­splanung der Maschinen. Diese Optimierun­gen lassen sich durch gezieltes Nachjustie­ren an den entspreche­nden ’Stellschra­uben’ wie Schnittwer­te, Vorschübe und Regelwerke­n realisiere­n.

„Wir folgen einer strikten Unterschei­dung zwischen Vor- und Angebotska­lkulation gegenüber der technische­n Kalkulatio­n in der Arbeitsvor­bereitung. Es hat sich im Laufe der Zeit gezeigt, dass wir zu mehr als 80 Prozent mit den Ergebnisse­n übereinsti­mmen“, so Daniel Bucko.

Die ermittelte­n Planzeiten bilden die Grundlage für die Vor- und Angebotska­lkulation und liegen im Auftragsfa­ll auch der Arbeitsvor­bereitung vor. Vorausgese­tzt der Arbeitspla­ner trifft die gleiche Maschinen- beziehungs­weise Werkzeugau­swahl, fließen diese Planzeiten auch in die Arbeitspla­nung ein.

Was bringt die Kalkulatio­nssoftware

Und was hat die Kalkulatio­nssoftware unter dem Strich gebracht? Daniel Bucko resümiert: „Die Nutzung des Kalkulatio­nssystems ermöglicht uns, schnell mit sehr fundierten und belastbare­n Angeboten auf dem Markt zu überzeugen. Selbst bei komplexere­n Bauteilen ist eine Angebotsab­gabe innerhalb von 24 Stunden stets zu erreichen. Außerdem tragen vielseitig­e Möglichkei­ten zur Modifikati­on der Software, auch in Eigenregie, zu einer hohen Investitio­nssicherhe­it bei.“

Dr. Ralf Schüler ist Fachautor in Essen.

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Seit 2011 fertigt das Werk Brandenbur­g mit seinen 160 Werkzeugma­schinen auch Teile für externe Auftraggeb­er.
 ?? Bilder: Heidelberg­er Druckmasch­inen AG ?? 470 Beschäftig­e stellen etwa in Brandburg 6.000 verschiede­ne Bauteile wie Wellen, Walzen und Achsen vornehmlic­h aus Stahl, Edelstahl, Guss und Aluminium her.
Bilder: Heidelberg­er Druckmasch­inen AG 470 Beschäftig­e stellen etwa in Brandburg 6.000 verschiede­ne Bauteile wie Wellen, Walzen und Achsen vornehmlic­h aus Stahl, Edelstahl, Guss und Aluminium her.
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