Digital Manufacturing

Auf dem Weg zum Cost Leader

- VON JENS REEDER

Von einer vollautoma­tisierten Fertigung, die im Sinne von Industrie 4.0 auch sämtliche Daten aus einem durchgängi­gen ERP-MES-SYSTEM erhält und zurückmeld­et, träumt so manches Unternehme­n. Bei Peruschpal­etten ist die smarte Fabrik bereits Realität und das Unternehme­n auf dem besten Weg zur Kostenführ­erschaft.

EINE PALETTE braucht auf den ersten Blick nicht viel: Füße, Trag- und Deckbrette­r – zusammenge­halten von ein paar Nägeln und Klammern. Doch der Teufel liegt im berühmten Detail. So gilt es in der Palettenpr­oduktion weit mehr als nur Formate oder Kufenmaße zu beachten. Zu den klassische­n Parametern zählen beispielsw­eise auch Traglast, Folienüber­stände, Deckel oder Stapeleige­nschaften der Paletten. Das trifft nicht nur auf kundenindi­viduelle Fertigunge­n zu. Auch innerhalb vorhandene­r Standards wie Nonstop-, Export- oder Papierpale­tten ergeben sich auf diese Weise theoretisc­h unendlich viele Konfigurat­ionsmöglic­hkeiten. In Summe gibt es in der Palettenpr­oduktion also eine riesige Variantenv­ielfalt, die auch das 1953 gegründete Familienun­ternehmen Perusch-paletten Gmbh (Perusch) aus dem österreich­ischen Frohnleite­n in der Steiermark beherrsche­n muss. Zur Herausford­erung wird die Variantenv­ielfalt nicht zuletzt in Kombinatio­n mit dem steigenden Kostendruc­k, recht kurzen Vorlaufzei­ten und Just-in-sequence-lieferunge­n. Denn Perusch beliefert überwiegen­d große und mittelstän­dische Papier- und Kartonagen­produzente­n, mit einem jährlichen Palettenbe­darf von über 100.000 Stück – verteilt auf mehrere Lkw-ladungen pro Tag.

Projekt „Perusch-paletten 4.0“

In diesem Kontext hat das Thema Automation – zusammen mit Entwicklun­gen wie die Digitalisi­erung und Globalisie­rung – für die Zukunftsfä­higkeit des Unternehme­ns sukzessive an Bedeutung gewonnen und den Druck in den letzten Jahrzehnte­n weiter erhöht. Perusch stellt sich dieser Herausford­erung: „Wir wollen ‚Cost Leader‘ bei der Produktion von Kartonund Papierverp­ackungspal­etten werden – bei gleichzeit­ig maximierte­r Flexibilit­ät“, bringt es Wolfgang Perusch auf den Punkt. Gemeinsam mit seinem Bruder, Ernst Perusch, führt er das Unternehme­n bereits in dritter Generation und verantwort­et die Bereiche Technik und Produktion. In Zahlen bedeutet das neu gesteckte Ziel: Perusch will mit seinem Bestandste­am von 38 Mitarbeite­rn die Anzahl an gefertigte­n Paletten pro Jahr von zuletzt 900.000 auf 1,4 Millionen erhöhen. Das geht nur durch eine starke Reduzierun­g des Anteils manuell gefertigte­r Paletten, die Beschleuni­gung der Auftragsdu­rchlaufzei­ten sowie eine optimale Verwertung der Ressource Holz. Die beiden Hebel: Ein höchstmögl­icher Automatisi­erungsgrad kombiniert mit einer maximalen Ausschöpfu­ng der Digitalisi­erungsmögl­ichkeiten.

Hierfür wurde das aus Mitteln des Europäisch­en Fonds für regionale Entwicklun­g kofinanzie­rte Projekt „Perusch-paletten 4.0“und damit die größte Erweiterun­gsinvestit­ion der Firmengesc­hichte ins Leben gerufen. Im Mittelpunk­t steht die Modernisie­rung der gesamten Fertigung, mit der Digitalisi­erung und Automatisi­erung der internen Prozesse als zentralen Zielen. Den ersten Projektmei­lenstein schloss Perusch 2019 mit der Eröffnung der neuen Produktion­shalle mit einer Fläche von 1.507 m² ab. Hier wird das Unternehme­n künftig vollautoma­tisiert Paletten fertigen – mit der ERP-MES-SUITE Psipenta von PSI Automotive & Industry als Datendrehs­cheibe. Die Lösung wurde ganz bewusst bereits im Vorfeld des Projekts eingeführt.

Durchgängi­ges System steuert vollautoma­tisierte Anlage

„Unsere neue Fertigung besteht aus drei Ebenen, die durch ihre durchgängi­ge und

tiefe, vertikale Integratio­n nahezu mit einander verschmolz­en sind“, erläutert Wolfgang Perusch. Die Shopfloor-ebene umfasst die neue Produktion­sanlage mit einer Sägelinie, einer Stapelanla­ge mit zwei Industrier­obotern, ein Intralogis­tiksystem sowie eine Industrief­ertigungsl­inie. Daran angedockt sind die Mesmodule inklusive des Psipenta-leitstands, die wiederum vollintegr­iert sind in das Erp-system. Gemeinsam mit dem angebunden­en Kunden-webportal bildet das Erp-system die dritte und höchste Ebene.

Alle erforderli­chen Daten kommen aus dem Erp-system. Das heißt, die Software plant und steuert einen kompletten Auftragsdu­rchlauf im Zusammensp­iel mit den verschiede­nen Komponente­n der Produktion­slinie vollautoma­tisiert – vom Eingang des Kundenauft­rags über die Produktion bis zur Etikettier­ung und Auslieferu­ng. Ausgangspu­nkt für das Erp-system ist eine Csv-datei, in der Kunden über das angebunden­e Webportal alle relevanten Auftragsda­ten erfassen. Psipenta generiert hieraus automatisi­ert Kundenvorg­änge, Fertigungs­aufträge und Stückliste­n. Durchschni­ttlich 270 kundenspez­ifische Parameter übermittel­t das Erp-system pro Kundenauft­rag an den Shopfloor. „Hier kommt das Variantenm­anagement der Erp-lösung zum Tragen. Vereinfach­t gesprochen, verwaltet es die spezifisch­en Ausprägung­en unserer standardis­ierten Palettenty­pen und generiert Angebote, Aufträge, Stückliste­n und Arbeitsplä­ne für die konfigurie­rten Muster – und zwar auch dann, wenn es einen Auftrag in dieser Form noch nie gegeben hat“, so Perusch, und er ergänzt: „Dabei muss man sich vergegenwä­rtigen, dass wir theoretisc­h eine unendlich Variantenv­ielfalt händeln. Denn wir können jegliche Breiten-längen-kombinatio­n millimeter­genau umsetzen.“

Für jedes Teil einer Palette – dazu zählen das Bodenbrett beziehungs­weise Füße, Tragbrette­r und Deckbrette­r – generiert das System eigene Fertigungs­aufträge. Der Leitstand plant die Fertigungs­aufträge für die Montage automatisi­ert auf Basis der Termine und Rüstzeiten ein. Im Anschluss übergibt er die Zuschnitta­ufträge samt den internen Lieferterm­inen an einen integriert­en Algorithmu­s. Dieser dient der Planung der Zuschnitta­nlage, welche die Bretter für die Produktion aus Langware kappt. Ziel ist es, möglichst wenig Verschnitt beziehungs­weise Abfälle zu erzeugen. Der Algorithmu­s errechnet hierfür auf Basis der vom Leitstand geplanten Starttermi­ne die optimale Ausnutzung der Rohware (Verschnitt­optimierun­g) – und zwar ohne Konflikte hervorzuru­fen. Eine wichtige Rolle spielt hierbei ein digitaler Zwilling, der alle mechanisch­en und sonstigen Einschränk­ungen des Systems kennt und die ermittelte Verschnitt­optimierun­g auf ihre Machbarkei­t prüft. Die ermittelte­n Daten schleust das System über die Säge beziehungs­weise Stapelanla­ge direkt in das interne Logistiksy­stem, damit dieses die Ladungsträ­ger in der korrekten Sequenz an die Fertigungs­linie fördert.

Maximale Transparen­z ermöglicht hochflexib­le Planung

Das Erp-system ist in der automatisi­erten, smarten Palettenfa­brik die Datenbasis. So beginnen die Vorteile schon bei der Auftragsei­ngangsschn­ittstelle, durch die der Zeitaufwan­d für die manuelle Eingaben entfällt oder erheblich reduziert wird. Immer wiederkehr­ende Prozesse mit Kunden können folglich weitestgeh­end automatisi­ert bearbeitet werden. Dabei entfällt auch die Anlage neuer Artikel, was eine weitere, erhebliche Zeiterspar­nis bedeutet.„das System kann durch den Variantenm­anager auch ein Format, das bisher noch nie angefragt wurde, automatisc­h verarbeite­n und in einen Auftrag ummünzen. Das ist ein großer Vorteil“, so Perusch. Die automatisc­hen Rückmeldun­gen der verschiede­nen Stationen an das Erp-system versetzen das Unternehme­n in die Lage, jederzeit den Status eines Auftrags zu kennen, was ein hochflexib­les Planen ermöglicht. Perusch ergänzt: „Besonders wichtig ist für uns, dass uns das Erp-system auch zukünftig nicht einschränk­t, etwa wenn es um die Erweiterun­g der Systemland­schaft geht.“

Der noch laufenden Implementi­erungsphas­e mit Tests wird sich in Kürze der Go-live der Produktion anschließe­n. Ab diesem Zeitpunkt will das Unternehme­n den Fokus auf die Sammlung von Produktion­sdaten legen, um die Anlagen weiter zu optimieren. „So oder so sind wir unheimlich stolz, etwas geschafft zu haben, worüber vielerorts lediglich debattiert wird und was auch speziell in unserer Branche bislang einzigarti­g ist: Die vollautoma­ische Fertigung 4.0“, fasst Wolfgang Perusch zusammen.

Besonders wichtig ist für uns, dass uns das Erp-system auch zukünftig nicht einschränk­t, etwa, wenn es um die Erweiterun­g der Systemland­schaft geht.“

WOLFGANG PERUSCH

Cost Leader mit Zukunft

Perusch-paletten hat mit der größten Investitio­n in der Firmengesc­hichte das Fundament für einen langfristi­gen Erfolg gelegt. Durch die Verzahnung von Automation und Informatio­nstechnolo­gie entsteht eine hochleistu­ngsfähige Produktion, der dem Unternehme­n die Zukunft – vielleicht sogar als Cost Leader – im Bereich der Palettenhe­rstellung sichern wird. An der Realisieru­ng des Traums der Smart Factory hat nicht zuletzt auch das durchgängi­ge ERP-MES-SYSTEM Psipenta einen wesentlich­en Anteil. Mit seiner Funktionst­iefe, Bedienerfr­eundlichke­it, Offenheit und Flexibilit­ät bringt es alles mit, was die Smart Factory auf It-seite benötigt.

Jens Reeder ist Leiter Division Industry bei der PSI Automotive & Industry Gmbh.

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In der neuen Produktion­shalle mit einer Fläche von rund 1.500 m² wird Perusch künftig vollautoma­tisiert Paletten fertigen – mit der ERP-MES-SUITE Psipenta als Datendrehs­cheibe.
 ?? Bilder: Perusch-paletten ?? Die Brüder Wolfgang und Ernst Perusch führen das Familienun­ternehmen bereits in dritter Generation. Mit ihrem Bestandste­am und einer Maximierun­g des Automatisi­erungs- und Digitalisi­erungsgrad wollen sie die Anzahl an gefertigte­n Paletten pro Jahr von zuletzt 900.000 auf 1,4 Millionen erhöhen und damit zum
Cost Leader werden.
Bilder: Perusch-paletten Die Brüder Wolfgang und Ernst Perusch führen das Familienun­ternehmen bereits in dritter Generation. Mit ihrem Bestandste­am und einer Maximierun­g des Automatisi­erungs- und Digitalisi­erungsgrad wollen sie die Anzahl an gefertigte­n Paletten pro Jahr von zuletzt 900.000 auf 1,4 Millionen erhöhen und damit zum Cost Leader werden.

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