Eine Basis für beste Einrichtungen
Wenn zwei spezialisierte Einzelfertiger fusionieren, dann prallen unterschiedliche Arbeitsweisen aufeinander. In diesem Fall stellte man früh die Weichen – in eine ungewöhnliche Richtung.
ALS DAS westfälische Traditionsunternehmen Vedder den bayrischen Marktbegleiter Loher Raumexklusiv im Jahr 2013 übernahm lief es anders, als man erwarten könnte. Bei Firmenfusionen werden dem akquirierten Unternehmen häufig die Abläufe und damit auch die Software-infrastrukturen des Käufers übergestülpt. In diesem Fall verhielt es sich jedoch anders.
Bei der Vedder Gmbh im westfälischen Lüdinghausen wurde bereits vor der Fusion die Entscheidung getroffen, mit ams.erp genau die Geschäftssoftware zu implementieren, die an dem hinzugekommenen Standort im niederbayrischen Haidlfing bereits seit 2003 zum Einsatz kommt. Auch wenn die Voraussetzungen für die standortübergreifende Implementierung günstig waren, bedurfte dies zunächst der
Zustimmung des Mutterkonzerns Depa Global Interior aus Dubai.
Vertreter des Konzerns schauten sich die Funktionsweise des Erp-systems vor Ort in Haidlfing genau an und zeigten sich äußerst zufrieden mit der Abbildung der Prozesse. Sie stimmten dem Einsatz an beiden Standorten daher zu.
Administrativ betreut wird das System, das extern in einem Rechenzentrum des Mutterkonzerns betrieben wird, von Christoph Weikl und Wilhelm Klostermann vom Standort Haidlfing aus. Beide sind ursprünglich gelernte Schreiner mit Zusatzausbildungen und kennen somit die Anforderungen eines handwerklich geprägten Einzelfertigers an eine Erp-software.
Nachdem Anfang 2014 unter der Regie der beiden Erp-projektleiter mit der Implementierung von ams in Lüdinghausen begonnen und das System in den Folgemonaten modulweise erweitert worden war, befanden sich an den Standorten zunächst zwei separate Erp-instanzen im Einsatz. Dieser Parallelbetrieb, der vorrangig unternehmensrechtliche Gründe hatte, bedingte, dass der Artikelstamm täglich synchronisiert werden musste. 2016 war Vedder dann organisatorisch so weit, die Systeme sukzessive zusammenzuführen.
„Die System-fusion mit der Verschmelzung der Datenbanken im Frühjahr 2018 als letztem Punkt war ein längerer Prozess, in dem wir genau abwägten, welche Daten wir aus welchem System übernehmen wollten“, sagt Wilhelm Klostermann, der sich an dieser Stelle sehr gut durch ams unterstützt sah.
Der Grund, warum an beiden Standorten unabhängig voneinander die Wahl auf ams.erp gefallen war, liegt in der speziellen Ausrichtung der Software auf die besonderen Gegebenheiten der Einzelfertigung.
Das Prinzip „wachsende Stückliste“
Eine zentrale Anforderung an die Software war die Funktionalität der „wachsenden Stückliste“. Weil bei Auftragserteilung die endgültige Ausprägung des zu fertigenden Produkts in aller Regel nicht bekannt ist, müssen wichtige Wertschöpfungsprozesse wie Konstruktion, Beschaffung und Produktion zeitlich parallel zueinander stattfinden. Die „wachsende Stückliste“ermöglicht es, die Beschaffungsund Fertigungsabläufe zu einem Zeitpunkt zu starten, da die Konstruktion noch in vollem Gange ist.
Die Unwägbarkeiten beginnen bereits bei der Angebotserstellung. Um einigermaßen genaue Preise ermitteln zu können, bedarf es einer Menge an Know-how seitens der Mitarbeiter sowie einer flexiblen Software, die mit diesen Variablen zurechtkommt.
Dazu Christoph Weikl: „Erst einmal steht uns meist nichts weiter zur Verfügung als der extrem verkleinerte Plan eines 160-Meter-schiffes. Man erkennt gerade einmal die Räume und die ungefähre Position von Möbelstücken. Mit Glück lässt sich aus einem 3D-rendering rückschließen, ob es sich eventuell um ein Sideboard handelt.“Die Art seiner Oberfläche, der Glanzgrad oder etwaige, anzubringende Sonderteile ergeben sich erst viel später, lange nachdem auf Basis der größtenteils geschätzten Stundenansätze und Materialkosten ein Angebotspreis kalkuliert wurde und der Zuschlag erfolgte.
Erp-seitig existiert zu Produktionsbeginn tatsächlich nur eine Auftragsposition mit einer nackten Stückliste, in die zunächst die Arbeitsgänge aufgenommen werden. Erst dann erfolgt gemeinsam mit dem Schiffsdesigner, den Eignervertretern sowie den Vertretern der Werft die schrittweise Ausarbeitung der „General Details“. Und erst dann beginnt die Stückliste zu wachsen. Nach und nach ergibt sich, ob und wo Griffe, Sonderteile oder Metallunterkonstruktionen angebracht werden müssen.
„Der große Vorteil liegt für uns darin, dass der Projektleiter die Schätzpreise beziehungsweise die in den Stücklisten erfassten Werte – seien es Materialien oder Arbeitsstunden – sofort in der mitlaufenden Kalkulation einsehen kann“, erklärt Wilhelm Klostermann. Der Sollwert steigt und ab einem bestimmten Zeitpunkt lässt sich anhand der Ist-kosten prognostizieren, wo sich der Preis hinbewegt.
„Das ist schon klasse, dass man die Kostenentwicklung von null kommend bis zu einem sehr detaillierten Grad erfassen kann“, konstatiert Christoph Weikl.
Wachsende Stückliste: Bei Angebot und Auftragsvergabe sind Details wie eine besondere Oberfläche und Sonderteile noch nicht bekannt – das ERP muss Flexibilität in Sachen Nachträge, Änderungen, Abweichungen und Anpassungen mitbringen.
Wilhelm Klostermann ergänzt als weiteren positiven Aspekt, dass man die Werte im Rahmen der Nachkalkulation für Folgeprojekte heranziehen könne, um Vergleichszahlen zu ermitteln.
Natürlich kann es immer einmal vorkommen, dass die anfänglichen Schätzungen nicht aufgehen, weil aufgrund späterer Designentscheidungen oder Materialänderungen unvorhergesehene Arbeiten anfallen. In solchen Fällen werden Nachträge auf erhöhten Aufwand erstellt. Die eigentliche Problematik ist der damit einhergehende Termindruck. Daher ist es für Vedder essentiell, alle projektrelevanten Termine mit ams.erp immer im Blick zu haben.
Eine möglichst genaue Terminplanung wird umso wichtiger, wenn bis zu zehn Großprojekte mit Laufzeiten von meist etwa zwei Jahren und viele kleinere Projekte wie Yacht-umbauten oder Büroausbauten parallel laufen. „Nachträge, Änderungen, Abweichungen und Anpassungen gehören bei uns zum Tagesgeschäft. An dieser Stelle müssen wir flexibel sein – und diese Flexibilität bietet uns ams“, kommentiert Christoph Weikl.
Die Prozessflexibilität bildet die Grundlage dafür, dass Vedder seine Vorgabe umsetzen konnte, so nah wie möglich am Standard der Software zu bleiben. „Aufgrund seiner Branchenorientierung kann ams von Hause aus sehr viele unserer bewährten Prozesse abbilden“, betont Weikl. Als positiver Nebeneffekt nur weniger, kleinerer Anpassungen bleiben die Wartungskosten ebenso wie der Aufwand bei Releasewechseln und Updates gering.
Die Software wird bereits in den meisten Unternehmensbereichen eingesetzt. Und es sollen weitere hinzukommen, um über eine noch größere Datendurchgängigkeit den Prozessnutzen abermals zu erhöhen. „Unser Ziel ist eine komplett integrierte Gesamtlösung mit verzahnten Komponenten, die alle sauber miteinander kommunizieren“, bekräftigt Christoph Weikl.
Guido Piech ist Pr-redakteur bei der ams.solution AG.