Der Werker meldet den Stillstand in der Regel erst, wenn er länger dauert – denn er versucht er, das Problem schnell zu lösen. MES und MDE schaffen Transparenz.
Wenn die Produktivzeit einer Maschine im Rahmen liegt, ihre Produktionsmenge jedoch hinter den Erwartungen zurückbleibt, ist der Einsatz eines Manufacturing-execution-systems (MES) erforderlich, um die Gründe für dieses Missverhältnis zu identifizieren. Der Hersteller Hans Berg stand vor dieser Herausforderung und profitiert nach der Implementierung eines MES von der erhöhten Transparenz in der Fertigung, um die Produktivität zu steigern.
DIE HANS BERG Gmbh produziert für unterschiedliche Industriebranchen Tiefziehteile und metallische Rohrkomponenten. Das international tätige Unternehmen mit Sitz im nordrhein-westfälischen Reichshof hat sich als Produzent für Kaltumformung, Schweiß-, Gewindeund Zerspanungstechnik einen Namen gemacht. In der Anschlusstechnik von Heizkörpern, Radiatoren und Konvektoren gilt Berg als einer der Marktführer. Hierfür verfügt das Unternehmen über einen vollautomatisierten Maschinenpark mit hydraulischen und mechanischen Pressen, Cnc-gesteuerten Bearbeitungsmaschinen und komplexen, bauteilspezifischen Sondermaschinen, die zum Teil selbst konzipiert werden.
Taktzeit und produzierte Stückzahlen abgleichen
Ein wichtiges Standbein ist die Automobilindustrie, für die Berg Präzisions- und Sicherheitskomponenten für Fahrwerke und Airbags zuliefert. In der Produktion dieser Komponenten setzt das Unternehmen das Manufacturing-executionsystem bisoft MES von gbo datacomp ein, um die Produktivität zu erhöhen. Denn Berg stellte immer wieder fest, dass es eine Differenz zwischen Taktzeit und produzierter Stückzahl pro Stunde gab. „So lag zum Beispiel die Produktivzeit bei 90 Prozent, der Output an gefertigten Teilen aber nur bei 75 Prozent“, berichtet Dr. Matthias Prier, technischer Leiter bei Hans Berg.
Der Grund dafür lag darin, dass der Werker seine Maschine erst nach zehn Minuten Stillstand auf Störung setzte. Maschinenstopps, die weniger als zehn Minuten dauerten, wurden daher nicht erfasst. Darüber hinaus konnte Berg die Störung nicht näher untersuchen, um sie zukünftig vermeiden zu können. Deshalb suchte der Hersteller nach einer Maschinendatenerfassung, die Unterbrechungen in der Fertigung automatisch erkennen kann. „An bisoft MES gefiel uns der modulare Aufbau, durch den man die Bausteine auswählen kann, die man auswerten möchte. Letztendlich hat uns auch das Preis-leistungs-verhältnis überzeugt“, erklärt Prier.
Kompakte Steuerungsmodule liefern Datentransparenz
Prier und sein Team wollten ein Baumsystem mit zwei Ebenen: Auf der Hauptebene befinden sich die Bestandteile einer Fertigungslinie, beispielsweise Bohren und auf der Ebene unter der jeweiligen Fertigungskomponente eine weitere Aufschlüsselung des Fehlers. „Die Umsetzung dieses Systems mit bisoft MES verlief äußerst schnell und problemlos. Das lag auch an der exzellenten Zusammenarbeit mit den Experten von gbo datacomp“, erinnert sich Prier.
Zunächst wurde eine Pilotinstallation an einer verketteten Anlage zur Fertigung von Ventilgarnituren und Schweiß
baugruppen aus umgeformten Rohrund Blechteilen per Opc-kopplung aufgesetzt. Dadurch wurde zwar eine optimale Datentransparenz erreicht, doch in der Praxis stellt sich wie so oft die Frage, ob man eine derart hohe Datenvielfalt überhaupt benötigt.
Berg entschied sich für eine einfachere, mit den eigenen Mitarbeitern umsetzbare Variante, bei der die Maschinen und Anlagen auf Basis potenzialfreier Kontakte über Siemens-logo-sps-module angebunden sind. Mit diesem Rollout lässt sich ohne viel Aufhebens die Unterscheidung „in Produktion“oder „Stillstand“erreichen. Außerdem ist diese MINI-SPS leicht zu konfigurieren. Verknüpfungen und Abhängigkeiten der Signale können häufig ohne die Mithilfe von gbo datacomp vorgenommen werden, sodass Berg das System selbst in die Hand nehmen und eigenständig betreiben kann.
Um einen Auftrag zu starten, werden die Stammdaten aus Infor.com in bisoft MES übertragen, das automatisch die dazugehörige Fehlermaske auswählt. Sobald in Infor.com eine Schicht auf aktiv geschaltet und produziert wird, ist das MES online. Wird die vorgegebene Taktzeit um 20 Prozent überschritten und erkennt der Zähler kein gefertigtes Bauteil, setzt das MES die Maschine automatisch auf „unbestimmte Unterbrechung“.
Da Berg insbesondere eine einfache Handhabung für den Werker wichtig war, benötigt dieser nur noch maximal zwei Klicks, um über ein Erfassungsterminal mit Touchscreen den Grund für den Stillstand einzugeben. Anschließend läuft die Maschine wieder an. Auf diese Weise kann Berg 80 Prozent der Fehlerquellen abdecken. Der Werker muss nur noch in Ausnahmefällen den konkreten Fehler in ein Bemerkungsfeld schreiben.
Überblick über aktuelle Daten
Des Weiteren hat Berg die Werkshallen mit Monitoren ausgestattet, die einen Überblick über aktuelle Daten wie Anlagenstatus, Aufträge, Mengen, Bearbeitungs- oder Restlaufzeiten geben, sodass die Meister und Schichtführer direkt die Hauptgründe für Stillstände erkennen und die Werker ansprechen können. Diese aktuellen Übersichten sowie die bisoft-mes-protokolle werden zur morgendlichen Shopfloor-besprechung über Beamer oder Displays aufgerufen und analysiert. Darüber hinaus findet einmal im Monat eine detaillierte Auswertung statt, um die drei häufigsten Stillstandsgründe zu identifizieren, die dann durch die Produktion bearbeitet werden, um die Produktivität weiter zu erhöhen. Ganz nebenbei wird auch der Papierbedarf reduziert, sodass sich das Unternehmen allmählich der papierlosen Fertigung annähert.
Ausweitung der Mes-lösung auf den Bereich Heiztechnik
Die Zuspielung der Stammdaten aus dem Erp-system Infor.com an bisoft MES nimmt Berg noch manuell vor, wenngleich eine Verknüpfung ohne weiteres möglich wäre. „Das ist sicherlich sinnvoll, wenn man sehr viele unterschiedliche Artikel produziert, was bei unseren Fahrwerkund Airbag-komponenten aber nicht der Fall ist“, erklärt Prier.
Im nächsten Schritt will das Unternehmen bisoft MES an die Hauptproduktionsmaschinen für Bauteile in der Heiztechnik anbinden, für die Berg eine wesentlich höhere Artikelvielfalt mit geringeren Rüstzeiten aufweist. „Auch hier werden wir auf das Know-how der Mesprofis von gbo datacomp zurückgreifen“, sagt Prier, zumal dann die tiefere Verknüpfung zwischen ERP und MES ein Thema sein dürfte. Sicher ist aber jetzt schon, dass Berg mit bisoft MES auch in der Fertigung von Heiztechnikkomponenten die Produktivität steigern wird.
Dr. Christine Lötters ist Geschäftsführerin der Pr-agentur SC Lötters in Bonn.