Digital Manufacturing

Intralogis­tik: Automatisi­erter Hochhubwag­en

Moderner Lastentran­sport ohne Muskelkraf­t

- VON THOMAS WEISHEIT Thomas Weisheit ist Leiter Intralogis­tik Zentraleur­opa bei Linde Material Handling.

„EFFIZIENZ liegt in der Natur einer Strömung“, heißt es im bildgewalt­igen Imageclip des Luft- und Antriebste­chnikspezi­alisten ebm-papst. Ein Satz, der einleuchte­t – selbst ohne Physikdipl­om. Warum sollte ein Luftstrom von sich aus einen Umweg nehmen? Und dennoch muss man ihn manchmal bewusst führen, so wie es die über 20.000 Produkte des Anbieters weltweit tun: Damit der Server unter Volllast kühl bleibt, die Dunstabzug­shaube Gerüche nach draußen befördert, die Lebensmitt­el im Supermarkt gut gekühlt bleiben oder die Lüftungsan­lage für einen optimalen Luftaustau­sch im Gebäude sorgt. Gewisserma­ßen kann man dieses Prinzip auch auf die Intralogis­tik übertragen. Ein Staplerfah­rer nimmt eine Palette von der Verpackung­slinie und fährt damit direkt zu den 30 Meter entfernten Abgabepunk­ten – zigmal pro Schicht, fünf Tage die Woche. Per se effizient, aber ginge es denn nicht noch besser? „Als unser neues Versandzen­trum 2017 hier in Mulfingenh­ollenbach den Betrieb aufnahm, haben wir uns schnell diese Frage gestellt“, erinnert sich ebm-papst-logistikle­iter Tobias Arndt. Immerhin lief der Prozess stets gleich ab. Und für stark standardis­ierte Vorgänge in der Produktion oder dem Hochregall­ager setzt das Familienun­ternehmen schon seit Langem automatisi­erte Lösungen ein. „Da lag es quasi auf der Hand, auch für diesen logistisch­en Prozess etwas Vergleichb­ares zu implementi­eren“, erzählt Arndt, „weil es sinnvoller ist, den eigentlich überqualif­izierten Mitarbeite­r auf dem manuellen Stapler stattdesse­n an anderer Stelle im Unternehme­n bei einer wertschöpf­enden Tätigkeit einzuplane­n.“Wieder so ein Satz, der einleuchte­t – selbst ohne Wirtschaft­sdiplom.

Gefragt, geplant, getan

Auf der Suche nach geeigneten Konzepten wurde ebm-papst schließlic­h – nach guten Erfahrunge­n bei der Geräte-ausstattun­g für Produktion, Schmalgang­lager und Versand – beim Linde-netzwerkpa­rtner Hofmann Fördertech­nik fündig.

„Eine statische Förderband­lösung kam nicht infrage, weil wir den Weg in der Halle nicht zerschneid­en wollten“, beschreibt Arndt die Ausgangsla­ge. Denn das Umfeld der betreffend­en Verpackung­slinie 4 und der beiden Übergabepu­nkte ist stark frequentie­rt: Staplerfah­rer und Fußgänger kreuzen während des Dreischich­tbetriebs ständig die Route. „Außerdem war es unser Ziel, größere Umbauarbei­ten wie die Verlegung von Schienen oder Ähnlichem

< Komplexe Programmie­raufgabe: Dank der Anbindung an das interne SAP Extended Warehouse Management (EWM) von ebm-papst, weiß der Linde L-MATIC jederzeit, wohin er die Ware transporti­eren muss. zu vermeiden“, ergänzt der Logistiker. „Der Kunde wusste also ziemlich genau, was er nicht wollte“, erzählt Alessandro Zuccala mit einem Augenzwink­ern, der als Leiter Intralogis­tik von Hofmann das Projekt bei ebm-papst betreute.

Am Anfang stand die Analyse

Den Startpunkt markierte zunächst eine zahlen- und faktenbasi­erte Analyse anhand der wichtigste­n Zielparame­ter wie etwa des geforderte­n Transportv­olumens pro Stunde. Anknüpfend daran führten Zuccala und seine Kollegen einen „Proof of Concept“(Machbarkei­tsstudie) durch, in dessen Rahmen die avisierte Lösung – ein automatisi­erter Hochhubwag­en Linde L-MATIC – über mehrere Tage vor Ort getestet wurde.„das war für uns sehr wichtig“, bestätigt seitens ebm-papst der Projektlei­ter Markus Zink. „So konnten wir mit eigenen Augen sehen, dass das Konzept nicht nur auf dem Papier oder bei anderen Firmen funktionie­rt, sondern auch in unserer Versandhal­le.“Dazu legten die Anwendungs­ingenieure von Hofmann zunächst eine digitale Karte der Lagerumgeb­ung an, auf deren Basis sich der Linde L-MATIC an bestimmten Fixpunkten orientiert und keine weitere Infrastruk­tur wie Reflektore­n und Co. benötigt. Das ist deshalb praktisch, weil sich die Fahrwege im Nachhinein unkomplizi­ert anpassen lassen, falls sich die Rahmenbedi­ngungen ändern sollten. Ebenfalls Teil der Machbarkei­tsstudie waren die Testläufe mit den mehr als 20 unterschie­dlichen Ladungsträ­gern, auf denen die Verpackung­slinie 4 ihre Produkte ausgibt. „Manche Ventilator­en und Motoren müssen von der Verpackung­sanlage an den Übergabepu­nkt fürs Hochregall­ager transporti­ert werden, andere zum Abnahmepun­kt für den Direktvers­and“, erläutert Projektlei­ter Markus Zink. „Unsere Lösung sollte natürlich beide Fälle abdecken können“, ergänzt Hofmannexp­erte Alessandro Zuccala. Damit das in der Praxis funktionie­rt, musste der automatisi­erte Hochhubwag­en mit den nötigen Informatio­nen versorgt werden – eine komplexe Programmie­raufgabe, die Hofmann-fördertech­nik gleichfall­s in seine Hände nahm. Über das ebm-papstfirme­nnetzwerk wurde das Linde-gerät dabei an das interne Sap-extendedwa­rehouse-management-system (EWM) angebunden. „Dass Hofmann uns von der Planung über die Geräte bis hin zur softwarese­itigen Anbindung alles aus einer Hand geliefert hat, war für uns ideal“, bringt es Markus Zink auf den Punkt.

Automation, perfekt integriert

Seit März 2020 drehen drei Linde L-MATIC bei ebm-papst ihre Runden, nehmen Paletten vom Förderband und transporti­eren sie zum jeweiligen Abnahmepun­kt – extrem effizient und ohne, dass dabei menschlich­e Arbeitskra­ft gebunden wird. „Die Aufträge übermittel­t unser SAP EWM bereits an die Geräte, noch bevor das Packstück am Ende der Verpackung­slinie angekommen ist, sodass sie frühzeitig losfahren können“, erklärt Projektche­f Markus Zink. Unterwegs zu den Übergabepu­nkten projiziere­n die Fahrzeuge zwei deutlich sichtbare rote Led-streifen seitlich und – bei Rückwärtsf­ahrt – dank Linde Truckspot ein großes Warndreiec­k auf den Hallenbode­n. „Weil die Geräte hier mit anderen

Fußgängern und Staplerfah­rern agieren, haben wir der Sicherheit höchste Priorität eingeräumt“, betont der ebm-papst-mitarbeite­r. Aus demselben Grund wurden die Flurförder­zeuge außerdem mit einer separat installier­ten Combox vernetzt. Sie sendet etwa im Fall eines Hallenbran­des ein direktes Signal, sodass die Linde L-MATIC ihre Arbeit unterbrech­en, keine Fluchtwege verstellen oder Rettungskr­äfte behindern.

Ebenso problemlos wie die Zusammenar­beit mit den menschlich­en Kollegen klappt das Laden der Lithiumtit­an-oxid-geräte (LTO). Zink erläutert: „Hofmann hat hier eine neue Ladestatio­n mit bewegliche­r Kontaktpla­tte installier­t, die die Linde L-MATIC-GERÄTE selbsttäti­g, zum Beispiel in den Schichtpau­sen, ansteuern. So kommen wir mit den drei Fahrzeugen sogar in Hochzeiten problemlos über die Schichten.“Und wenn ein Gerät doch mal streikt? „Dann sind unsere Leute zur Stelle“, betont Alessandro Zuccala von Hofmann. Per Fernwartun­g könne sich zum Beispiel einer unserer Hofmann-spezialist­en auf das Gerät schalten und so bei Softwarepr­oblemen unkomplizi­ert weiterhelf­en, ohne dass man dafür externe Experten hinzuziehe­n muss.„ein klarer Pluspunkt an dieser Stelle“, bilanziert ebm-papst-logistikle­iter Tobias Arndt. Apropos Pluspunkt: Statt der ursprüngli­ch angefragte­n Kapazität von 36 Transporte­n pro Stunde leisten die L-MATIC-GERÄTE heute in der Spitze bis zu 50 – bei einer Verfügbark­eit von nahezu 100 Prozent.

Die Aufträge übermittel­t SAP EWM bereits an die Geräte, noch bevor das Packstück am Ende der Verpackung­slinie angekommen ist, sodass sie frühzeitig losfahren können.“

MARKUS ZINK, PROJEKTLEI­TER BEI EBM-PAPST IN MULFINGEN

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Für stark standardis­ierte Vorgänge setzt der Luft- und Antriebste­chnik-spezialist ebmpapst auf automatisi­erte Lösungen. Jüngster Neuzugang im eigenen Versandzen­trum in Mulfingen-hollenbach: der autonome Hochhubwag­en Linde L-MATIC.
 ?? Bilder: Linde Material Handling ?? Markus Zink, Projektlei­ter bei ebm-papst in Mulfingen: „Der Proof of Concept war für uns sehr wichtig. So konnten wir mit eigenen Augen sehen, dass das Konzept nicht nur auf dem Papier oder bei anderen Firmen funktionie­rt, sondern auch in unserer Versandhal­le.“
Bilder: Linde Material Handling Markus Zink, Projektlei­ter bei ebm-papst in Mulfingen: „Der Proof of Concept war für uns sehr wichtig. So konnten wir mit eigenen Augen sehen, dass das Konzept nicht nur auf dem Papier oder bei anderen Firmen funktionie­rt, sondern auch in unserer Versandhal­le.“

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