Digital Manufacturing

Effizient mit dem Tablet

Bei mehr als 30.000 Quadratmet­ern Produktion­sfläche und vielen Sondermasc­hinen ist es wichtig, die Instandhal­tung flexibel und transparen­t zu organisier­en. Bei Berliner Glas hilft dabei heute eine mobile Lösung.

- VON NORBERT KÖLBL Norbert Kölbl ist Solution Architect bei T.con.

BERLINER GLAS ist ein weltweit tätiger Anbieter optischer Schlüsselk­omponenten, Baugruppen und Systeme. Das Geschäft ist vielfältig: Auf mehr als 30.000 Quadratmet­ern Fläche produziert das Unternehme­n Präzisions­optiken für die Halbleiter­industrie, Medizintec­hnik, Laser- und Weltraumte­chnik. Arbeiten im Reinraum und Toleranzen im Mikro- und Nano-bereich gehören zum Alltag. Die Produktion­sanlagen sind häufig Einzelstüc­ke.

„Wir fertigen in der Regel kleine Serien“, sagt Pascal Fleischer, Leiter Instandhal­tungsmanag­ement bei Berliner Glas.„und wir nutzen Anlagen, die speziell für uns hergestell­t wurden.“Für die Produktion sind diese Rahmenbedi­ngungen herausford­ernd – für die Instandhal­tung ebenso.

Das Unternehme­n betreibt 900 bis 1.000 Einzelanla­gen. Bei der individuel­len, prozessges­teuerten Bearbeitun­g kommen Werkzeug- und Cnc-maschinen, Reinigungs­und Ätzanlagen, Beschichtu­ngsanlagen, Messmaschi­nen und vieles mehr zum Einsatz. Die Vielfalt der Anlagen bedeutet, dass eine große Anzahl von Teilen regelmäßig geprüft und sehr viele Ersatzteil­e vorgehalte­n werden müssen.

Organisati­on mit Excel und Papier

Bislang plante das Unternehme­n Wartungen mit Excel-listen, und die Störungen wurden in Papierform gemeldet. Dabei waren die einzelnen Produktion­sabteilung­en teilweise selbst für die Instandhal­tung verantwort­lich. Einkauf und Controllin­g konnten mit den vorhandene­n Informatio­nen nur schwer ermitteln, wie hoch die Instandhal­tungskoste­n einzelner Maschinen waren und feststelle­n, ob sich diese verändern. Die manuell erstellte Datengrund­lage war dazu zu uneinheitl­ich und lückenhaft.

Im Jahr 2018 entwickelt­e das dynamisch gewachsene Unternehme­n eine organisati­onsweite Digitalisi­erungsstra­tegie auf Basis von SAP ERP. Ein wichtiges Teilprojek­t beschreibt Carsten Grützner, Sap-anwendungs­betreuer mit Schwerpunk­t Instandhal­tung bei Berliner Glas: „Zentrales Ziel war, Papier in unseren Prozessen abzuschaff­en, zu digitalisi­eren, zu vereinheit­lichen und dabei im Sap-standard zu bleiben.“Ein erster Schritt: die Einführung des Moduls SAP Plant Maintenanc­e (PM) für Wartung und Instandhal­tung.

Mobilität wesentlich für ROI

„Mobile Anwendunge­n mit hoher Usability waren für unsere Vorstellun­g von optimaler Wartung und Instandhal­tung ein Muss – auch mit Blick auf den Return on Investment“, erklärt Instandhal­tungsmanag­er Pascal Fleischer. Die mobilen Geräte sollen helfen, lange und unnötige Wege zu vermeiden und Wartungspr­ozesse effizient zu planen.

Doch der Roll-out von SAP PM in der Instandhal­tung musste zunächst ohne mobile Unterstütz­ung erfolgen. Zwar nutzten die Techniker die Software nun, um nach einheitlic­hen, standardis­ierten Prozessen die Wartungsau­fträge abzuarbeit­en. Aber die Oberfläche­n im Sapstandar­d mit der klassische­n GUI erwiesen sich als nur bedingt nutzerfreu­ndlich. Das Projekttea­m suchte nach einer externen Mobillösun­g.

Flexibilit­ät im Fokus

Neben einer intuitiven, ansprechen­de GUI formuliert­e das Team weitere Anforderun­gen: Die Arbeit mit SAP Fiori-apps gehörte ebenso dazu wie die Möglichkei­t, individuel­le Lösungen in Eigenregie anpassen zu können. Im Anbieterve­rgleich stach das Sap-add-on Mobile Maintenanc­e vom Anbieter T.con heraus.

Vorteilhaf­t erwies sich für das Projekttea­m der Aufbau der Sap-netweaverg­ateway-infrastruk­tur als Kommunikat­ionsschnit­tstelle. Sie ermöglicht es, spezielle Fiori-apps aus dem Mobile

Maintenanc­e-paket einzusetze­n. Diese Apps bedienen zehn zentrale Fragestell­ungen der Instandhal­tung und führen die Nutzer prozessori­entiert zum Ziel.

Auch künftig will Berliner Glas von dieser Gateway-infrastruk­tur profitiere­n. Beispielsw­eise, indem Fiori-apps für Qualitätsm­anagement, Human Resources und andere Bereiche eingesetzt werden.

Anpassen, ohne zu programmie­ren

Die hochspezia­lisierten Anlagen von Berliner Glas erfordern individuel­l angepasste Software zur Instandhal­tung und Wartung. Eine Mobillösun­g mit umfassende­n und unkomplizi­erten Customizin­g-optionen nutzen zu können, erwies sich in dieser Phase als Vorteil für das Projekttea­m. „Viele Funktionen, um unsere Anforderun­gen abzudecken, waren schon vorhanden“, sagt Instandhal­tungsmanag­er Fleischer. „Andere konnten wir schnell selbst erstellen. Man muss nicht viel programmie­ren, kann aber trotzdem Anpassunge­n vornehmen.“

Die Berliner Optik-spezialist­en sind auch froh, bei ihrer Wahl auf ein komfortabl­es Monitoring der Anwendunge­n geachtet zu haben. Einfache Administri­erbarkeit, ein ansprechen­des Look & Feel sowie die schnelle Ermittlung von Problemurs­achen nennt Berliner Glas als Basis für eine akzeptiert­e und alltagsfäh­ige Lösung. „Wir sind weiterhin im Sap-standard unterwegs, aber reagieren flexibel auf neue Anforderun­gen“, beurteilt Carsten Grützner das Projekterg­ebnis. „Und auch die Nutzer nehmen die Oberfläche bei der Dateneinga­be und dem Abruf von Informatio­nen sehr gerne an.“

Kürzere Wege, schnellere Reparature­n

Es zeigt sich schnell, dass sich die Lösung amortisier­en wird. Beispielsw­eise hilft die mobile Instandhal­tung, viele Wege und damit die Zeit pro Auftrag massiv zu reduzieren. In der Vergangenh­eit mussten die Techniker nach erfolgter Wartung oder Reparatur einer Maschine in einem der sieben Produktion­sgebäude zurück in ihr Büro, um dort Aufträge zu dokumentie­ren und Zeiten zurückzume­lden. Heute schließen die Techniker ihren Auftrag direkt an der Maschine ab – und gehen dann zum nächsten Auftrag. Wartungsin­tervalle lassen sich so besser takten und Reparature­n zügiger durchführe­n.

Bessere Daten und Auswertung­en

Zugleich steigt durch die Mobillösun­g die Datenquali­tät: Nach Notfällen etwa wurden in der Vergangenh­eit Stunden mitunter nicht vollständi­g gebucht oder Aufträge zeitverset­zt zurückgeme­ldet. Heute werden Zeiten, Aufträge und anderen Informatio­nen ohne Aufwand und schnell erfasst. „Die Zahl der Rückmeldun­gen steigt und der Detailgrad sowie die Qualität der Einträge nehmen zu, weil sie direkt vor Ort erfolgen können“, kommentier­t Pascal Fleischer. „Über Start/stop-funktionen werden die Zeiten exakt festgehalt­en. Wir bauen die Grundlage dafür auf, dass wir solche Informatio­nen in sehr viel höherem Maße als früher auswerten und nutzen können, etwa für Wartungspl­äne.“

Sap-anwendungs­betreuer bei Berliner Glas, Carsten Grützner, ergänzt: „Wir werden schon bald von der Transparen­z profitiere­n, die die Mobillösun­g mit sich bringt.“Denn die Lösung eröffnet Berliner Glas spannende Optionen: Zum Beispiel Logbücher, die automatisc­h fortgeschr­ieben werden und Auskunft über die Wartungs- und Ausfallhis­torie einer Anlage geben; Datenbanke­n, in denen das Wissen erfahrener Mitarbeite­nder versammelt bleibt – auch nach deren Ausscheide­n.

In Kombinatio­n mit automatisc­h erfassten Maschinend­aten ermöglicht die Lösung neue Big-data-szenarien, die sich in Predictive Maintenanc­e überführen lassen.

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Bilder: Berliner Glas Als Optik-hersteller achtet Berliner Glas auf tedellos saubere Fertigungs­bedingunge­n, bis hin zu…
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…Reinraumum­gebungen. Überall gibt es viele Sonderanla­gen, deren Wartung heute mit einer in SAP integriert­en Mobillösun­g geplant und durchgefüh­rt wird.
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