FERTIGUNGS-IT:
Intercable setzt auf eine Software fürs Shopfloor Management, die Informationen aus acht It-systemen konsolidiert, Kennzahlen übersichtlich aufbereitet und den Mitarbeitern in Echtzeit liefert. Wie das Unternehmen davon profitiert.
Intercable setzt seit 2016 auf eine Software fürs Shopfloor Management, die Informationen aus acht It-systemen konsolidiert, Kennzahlen übersichtlich aufbereitet und den Mitarbeitern rollenbezogen in Echtzeit zur Verfügung stellt. Wie das Unternehmen davon profitiert.
DIE 1972 in Bruneck (Südtirol) gegründete Intercable Gmbh ist heute Global Player mit zwei Standbeinen: Die Tools-sparte entwickelt und fertigt Werkzeuge zur Verarbeitung von Niederund Mittelspannungskabeln sowie Verbindungsmaterial für den Elektro-, Wind- und Bahnbereich.
Der Automotive-bereich dagegen produziert bereits seit Anfang der 90er Jahre Kunststoffteile und Kabelschutzsysteme für die Automobilindustrie. Heut liefert der Tier-1-lieferant unter anderem Hochstromkomponenten für die Elektromobilität. Mit Werkzeugbau, Kunststoff-spritzguss und Null-fehlerqualitätsziel wuchs der am Standort Bruneck von 120 Mitarbeitern im Jahr 2008 auf heute 800 Beschäftigte, weitere 700 Mitarbeiter verteilen sich auf Werke in der Slowakei und in China.
Stark wachsendes Unternehmen
Dabei stand das Unternehmen auch vor wachsenden Herausforderungen: Verkettete, mehrstufige Produktionsprozesse wie Spritzguss, Stanzen und Schweißen, Konfektionierung, Montage, Verpackung und Versand. All das muss trotz der Skalierung weiterhin überblickbar bleiben.
Umfangreiche Daten über Maschinen, Mitarbeiter, Qualitätsverläufe, Ausstoß und Ausschuss wurden zwar bereits generiert und in Systemen von BDE über CAQ bis ERP verarbeitet. „Doch das waren alles Insellösungen“, kommentiert Patrick Abfalterer, Abteilungsleiter Montage Automotive bei Intercable.„den Verantwortlichen fehlten oft wichtige Daten und Kennzahlen, die sie aufwändig aus verschiedenen Systemen zusammensuchen mussten.“
Das führte auch dazu, dass man sich angesichts des starken Unternehmenswachstums und mit steigenden Qualitätsanforderungen konzentriert, nicht immer auf die passenden Prozesse und Anlagen konzentrierte.„die Prioritäten waren nicht klar ersichtlich“, meint Abfalterer. „Die Folgen waren Unruhe in der Produktion und Planungsfehler, falsche Verteilung von Kompetenzen und Kapazitäten.“
Die Montagehalle als Startpunkt
2016 entschied man sich schließlich zu einem Industrie-4.0-projekt mit dem ebenfalls in Bruneck ansässigen Software-unternehmen Solunio und dessen Lösung Visual Shop Floor. Mit diesem wird den vorhandenen Systemen, Maschinensteuerungen und Sensoren Daten entnommen und nach den Informationsbedürfnissen der Produktionsmitarbeiter aufbereitet. Die gewonnenen Informationen lassen sich stetig an Dashboards anzeigen. Zudem dienen die Daten zur Vorbereitung von Meetings und der Automatisierung von Betriebsprozessen.
„Zur Vorbereitung haben wir die gewünschten Kennzahlen über OEE, Qualität und Produktivität sowie die entsprechenden Datenquellen einschließlich acht verschiedener It-systeme definiert“, berichtet Abfalterer. „Ebenso mussten wir den genauen Informationsbedarf entlang unserer Führungsstruktur ermitteln.“Damit das Projekt überschaubar bleibt, wurde zunächst mit der Montagehalle Automotive begonnen. Dort arbeiten rund 70 Mitarbeiter an 43 Anlagen – überwiegend Sondermaschinen – in unterschiedlichen Fertigungs- und Montageprozessen.
Pilotprojekt
Nach rund einem Jahr verfügte jeder Mitarbeiter an seinem Arbeitsplatz über ein
Terminal mit allen Informationen für den jeweiligen Auftrag. Aktuelle Kennzahlen zu Qualität, Ausbringung, Pausenzeiten gehören ebenso dazu, wie Informationen und Vorschriften zu den oft kundenspezifischen Arbeitsgängen.
Dabei wurde auch die Kommunikation unter den Mitarbeitern durch einen zusätzlichen digitalen „Kanal“ergänzt: „Ich kann jederzeit Mitteilungen und Nachrichten an beliebige Arbeitsplätze schicken“, erläutert Abfalterer. „Zudem erhält jede Führungsebene eine eigene Sicht auf alle für ihren Bereich relevanten Daten.“
Ein „digitaler Hallenspiegel“mit allen Arbeitsplätzen bietet ihm ständig Überblick über die Situation in der Produktion. „Ich erkenne auf einen Blick den aktuellen Auftragsstand an jedem Arbeitsplatz, welcher Mitarbeiter sich an welcher Anlage befindet und wo Störungen oder Engpässe auftreten“, erklärt Abfalterer. „Dadurch kann ich schneller reagieren und bessere Entscheidungen treffen.“
Von der Hallenübersicht aus kann er Detailansichten von Bereichen, Maschinengruppen oder Arbeitsplätzen aufrufen. Von der Schichtplanung über die Rüstvorgänge und Bemusterungen bis zur digitalen Qualitätsmatrix wurden nach und nach alle Bereiche eingebunden. „Nebenbei wurden unsere Mitarbeiter an Visual Shop Floor geschult, sodass wir Änderungen und weitere Projekte ohne Solunio durchführen können.“
Lebendiges, wachsendes System
Nach dem erfolgreichen Pilotprojekt hat das Unternehmen den Einsatz von Visual Shop Floor nach-und-nach auf sämtliche Hallen und Produktionsbereiche am Standort Bruneck ausgedehnt. So kann das Top-management einschließlich der beiden Söhne des Firmengründers, Klaus und Kurt Mutschlechner, heute stets tagesaktuell auf sämtliche Kennzahlen wie die aktuelle OEE zugreifen.
Die Einführung in kleinen, überschaubaren Schritten und das Übertragen der erfolgreichen Projekte auf weitere Hallen und Bereiche hat sich bewährt. Doch Intercable bleibt nicht bei dem Erreichten stehen. An den Rundtaktanlagen soll ein Projekt mehr Einblick in die Ausschuss- und Stillstandsgründe liefern. Dazu werden in Zukunft die einzelnen Stationen der Anlage Maschinendaten liefern.
Ein weiteres Projekt betrifft Layered Process Audits (LPA) zur Einhaltung und Umsetzung von Prozessstandards. Die Auditierung aller Managementebenen im Werk soll gemeinsam mit Solunio und Visual Shop Floor umgesetzt werden.
Bilanz
In den vergangenen zwei Jahren konnte Intercable zahlreiche positive Auswirkungen in verschiedenen Bereichen feststellen. „Unsere Produktionsprozesse laufen ruhiger und stabiler“, fasst Abfalterer zusammen. „Die OEE konnten wir deutlich steigern. Vor allem aber konnten wir unseren gesamten Aufwand allein durch geringere Ausschusskosten amortisieren.“Stillstände und Produktionsunterbrechungen sind seltener geworden, bei auftretenden Anlagenproblemen konnte schneller reagiert werden als früher.„sobald einzelne Kennzahlen Abweichungen zeigen, werden wir aktiv.“
Visual Shop Floor entwickelt sich zur zentralen Informationsquelle, so dass andere fertigungsnahe Systeme nicht mehr in früherer Breite ausgerollt und eingesetzt werden. So wundert es nicht, wenn mittelfristig alle 17 Tochterfirmen und Standorte des Unternehmens mit Visual Shop Floor arbeiten sollen.