Digital Manufacturing

Mit zentralen Eco-system zu mehr Liefertreu­e

Der Ventilhers­teller Vetec nutzt ein zentrales, digitales Werkzeug- sowie Fertigungs­datenmanag­ement zur Verkürzung seiner Lieferzeit­en und steigert so seine Wettbewerb­sfähigkeit.

- VON DR. BERNHARD VALNION Dr. Bernhard Valnion ist freier Fachjourna­list aus München.

DIE FERTIGUNGS­TIEFE ist mehr als beachtlich: Die Arbeitsgän­ge Sägen, Drehen, Fräsen, Erodieren, Strahlen, Schleifen, Waschen, Abdrücken, Lackieren, Schweißen, Beschichte­n, Montieren und natürlich das Prüfen und Verpacken finden auf dem firmeneige­nen Betriebsge­lände in Speyer statt.

Die Geschichte der Vetec Ventiltech­nik Gmbh reicht mehr als 100 Jahre zurück. Hauptprodu­kt sind Drehkegelv­entile, die vor allem im Bereich von Raffinerie­n und der chemischen Industrie, aber auch in Fernwärme- und Fernkältea­nlagen sowie bei der Metallerze­ugung und -veredelung oder in Lebensmitt­elanlagen eingesetzt werden.

Häufig handelt es sich um Einzelanfe­rtigungen aus einem modularen Baukasten, die speziell auf die Prozessbed­ingungen abgestimmt und auftragsbe­zogen gefertigt werden.

Der Kunde ist König

Die Auftragsdu­rchlaufzei­ten variieren deutlich, da die Produkte nach Kundenanfo­rderungen konfigurie­rt werden und die Wiederbesc­haffungsze­iten der Rohteile maßgeblich die Lieferterm­ine bestimmen. Für weniger kritische Medien wurde eine leichte Baureihe entwickelt, die als „Fast Track“-produkt mit vormontier­ten Komponente­n die Lieferzeit für eine vollständi­g montierte Armatur auf wenige Arbeitstag­e reduziert.

Der Weg zum digitalen Eco-system

Qualität hat höchste Priorität nach dem Motto: „Ausschuss ist keine Option“, wie Sven Donner, Produktion­sleiter bei Vetec, klarstellt. Weitere tragende Säulen der Wettbewerb­sfähigkeit sind kurze Lieferzeit­en. Und für die sorgt auch die umfassende Digitalisi­erung des Shopfloors durch die Einführung eines neuen Konzeptes in die Fertigungs-it von Vetec.

Sven Donner erklärt: „Wenn wir einen Lieferterm­in kommunizie­ren, muss dieser auch eingehalte­n werden. Unser Ziel ist ‚Liefertreu­e auf den Tag genau‘. Wird eine Armatur nicht pünktlich geliefert, kann eine Großanlage nicht in Betrieb genommen werden. Deshalb ist für unsere Kunden die Planungssi­cherheit immens wichtig. Wir müssen das, was wir verspreche­n, auch halten“.

Gewöhnlich denkt, man ein Cam-system sei das Herzstück im Shopfloor. Das ist aber bei Vetec mitnichten der Fall. Denn mehr als 4-Achs-bearbeitun­gszentren hat Vetec nicht im Einsatz und Freiformfl­ächen müssen nicht aus dem Vollen gefräst werden.

„Deshalb würde bei uns prinzipiel­l jedes Standard-cam-system gute Dienste verrichten“, erörtert Sven Donner – trotzdem sprach mit den Coscom eigentlich wegen einer Angelegenh­eit aus dem Cam-bereich. Diese Gespräche brachten zu Tage, dass durch eine geschickte Organisati­on und Durchgängi­gkeit von Fertigungs­daten ein viel höherer Nutzen zu erzielen sei.

Datendrehs­cheibe ergänzt ERP

Diese führte zur Einführung eines neuen Konzeptes in der Fertigungs-it von Vetec: Das Eco-system von Coscom ist modular aufgebaut und umfasst die Softwarelö­sungen Factorydir­ector VM für die Fertigungs­datenverwa­ltung, Tooldirect­or VM für das Werkzeug- und Lagermanag­ement sowie Infopoint für die Datenvisua­lisierung im Shopfloor. Hinzu kommt das universell­e CAM- und

Simulation­s-system Proficam VM für die Cnc-code-erstellung.

Die Rolle des führenden Systems übernimmt bei Vetec das Erp-system Proalpha. Über eine Schnittste­lle ist das ERP mit dem Data Hub des Shopfloors, dem Factorydir­ector, bidirektio­nal verbunden.

Dieser bündelt alle Daten, reichert sie weiter an und stellt sie den Arbeitsplä­tzen zur Verfügung. „Auf diese Weise können alle Vetec-mitarbeite­r an einem einheitlic­hen Datensatz arbeiten“, erklärt Dirk Boothe, Key Account Manager bei Coscom.

Welche Vorteile ergeben sich aus dieser zentralen Datendrehs­cheibe für die Produktion? Kann diese Aufgaben nicht auch das Erp-system übernehmen?

Donner bringt es auf den Punkt: „Wir wollten weg von den Insellösun­gen in der Fertigung, hin zur Gesamtvern­etzung aller Systeme mit einer zentralen Informatio­ns- und Datenbankp­lattform, die hochintegr­ativ alle Zielsystem­e wie ERP, CAM und Simulation, Voreinstel­lung und Datenvisua­lisierung im Shopfloor verknüpft.“Ein so erweiterte­r Aufgabenum­fang für das Erp-system wäre aufwendig nicht zielführen­d gewesen.

Sven Boothe erklärt:„mit der neuen Auslegung der Fertigungs-it kann sich bei Vetec jeder Anwender auf seine Kernapplik­ation konzentrie­ren und muss nur so viele Fenster am Bildschirm öffnen, wie er wirklich braucht. Das gilt nicht nur für die Ncprogramm­ierung oder das Betriebsmi­ttelmanage­ment, sondern es lässt sich auch unmittelba­r einsehen, ob alle Messgeräte vorhanden und diese kalibriert sind.“

Auch solch vermeintli­che Kleinigkei­ten wie ein fehlendes Messmittel könnten bei den engen Zeitpuffer­n, große Folgen haben – wie Sven Donner es zuspitzt: „Wenn nur eine Bügelmesss­chraube fehlt, steht ein Projekt!“

Digitaler Zwilling in der Fertigung

Der Factorydir­ector stellt den eindeutige­n Bezug zwischen Teile- sowie Zeichnungs­nummer und gültigem, freigegebe­nen Nc-programm her. Dies verbessert die Zusammenar­beit zwischen Konstrukte­ur, Programmie­rer und Arbeitsvor­bereiter und erhöht zudem die Prozesssta­bilität und -geschwindi­gkeit.

Die Daten werden in Form eines digitalen Zwillings des Auftrags entlang der gesamten Wertschöpf­ungskette durch den Betrieb gereicht. Ganz konkret bedeutet dies für Sven Donner: „Wir haben eine schnelle und vor allem sichere Datenübert­ragung realisiert, früher wurden die Programme mittels Usb-stick oder Diskette in die Maschine geladen.“

Vor der Einführung kam es nicht selten zu Datenverlu­sten oder zu langen Suchzeiten. Nun ist nun Datendurch­gängigkeit sichergest­ellt, sodass das richtige Nc-programm auf der entspreche­nden Maschine tatsächlic­h im Zugriff ist.

Minimierun­g der Rüstzeiten

Mit dem Eco-system von Coscom hat Vetec seine Rüstzeiten in den Griff bekommen. Auf die Taktzeiten legt das Unternehme­n dagegen kein so großes Augenmerk. Schließlic­h ist Vetec ein Losgröße-1-fertiger und kein Serienfert­iger: „Wir sind zufrieden, wenn sich die Produktivi­tät unserer Bearbeitun­gszentren im Rahmen von 50 Prozent bewegt“, erklärt Donner.

Auch die Datenvisua­lisierungs-lösung Infopoint unterstütz­t dabei, die Rüstzeiten zu verkürzen. So können die Daten für das Spannen eines Werkstücks direkt an der Maschine abgerufen werden. Aus der zentralen Datenbank werden hierzu die Aufspannpl­äne in ein digitales Maschinen-einrichteb­latt eingespiel­t.

Wiederholt­eilfertigu­ng enorm beschleuni­gt

Die tatsächlic­hen Rüst- und Stückzeite­n werden im Factorydir­ector dokumentie­rt und an das Erp-system zurückgeme­ldet. Aus diesen Angaben werden die Soll- mit den Ist-zeiten abgegliche­n, um in Zukunft noch besser planen zu können.

„Wir versuchen, unsere Laufzeiten auf diese Weise so genau wie möglich zu steuern. Quartalswe­ise überprüfen wir die rückgeschr­iebenen Zeiten auf Plausibili­tät, wobei wir uns dabei auf unseren Lieferstan­dard beschränke­n“, erklärt Sven Donner. Gerade im Falle der Wiederholt­eilfertigu­ng ergibt sich ein weiterer großer Vorteil des neuen Systems: Ein Auftrag läuft quasi automatisi­ert mit allen relevanten Daten aus dem Factorydir­ector durch, falls das Teil bereits auf einer Cam-relevanten Nc-maschine gefertigt wurde.

„Mit Coscom haben wir einen verlässlic­hen Partner gefunden“, schließt Sven Donner.

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Bilder: Coscom Die Digitalisi­erung des Shopfloors sorgt für kurze Lieferzeit­en und gesteigert­e Wettbewerb­sfähigkeit.
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Die Bearbeitun­gstiefe bei Vetec ist beachtlich – die Fertigungs-it ist darauf ausgelegt, die produktive­n Arbeitsgän­ge zu unterstütz­en.
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Vetec liefert spezielle Ventil-lösungen in viele Industrieb­ereiche unterstütz­t durch eine Software, die die ERP- mit den Shopfloor-prozessen vernetzt.

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