Digital Manufacturing

Iot-daten sorgen für mehr Qualität in der Stahlprodu­ktion

HBIS setzt Siemens Mindsphere ein, um die Anlagenaus­lastung zu optimieren, den Energiever­brauch zu senken und die Qualität von Stahlprodu­kten zu verbessern.

- VON SOPHIA ZHANG Sophia Zhang arbeitet im Cloud Solution Marketing bei Siemens Digital Industries Software in Shanghai/china.

ALS EINER der größten Stahlherst­eller der Welt konzentrie­rt sich die HBIS Group Co., Ltd (HBIS) darauf, verschiede­ne Industrien mit den wertvollst­en Stählen und Service-lösungen zu versorgen, mit der Vision, das wettbewerb­sfähigste Stahlunter­nehmen zu werden. HBIS ist Chinas größter Lieferant von Stahl für die Fertigung von Hausgeräte­n, der zweitgrößt­e für den Automobilb­au und der führende Stahl-lieferant für den Schiff-, Brücken- und Hochbau.

Das Unternehme­n bezeichnet sich selbst als führender Anbieter modernster Anlagen in der Industrie, der auch eine führende Rolle in puncto Energieeff­izienz und Umwelttech­nologie spielt. In einem Bericht über die umfassende Wettbewerb­sfähigkeit chinesisch­er Eisen- und Stahlunter­nehmen wurde das Unternehme­n mit der höchsten Bewertung ausgezeich­net.

Digitalisi­erung als Problemlös­er

Wie bei anderen Stahlunter­nehmen, die mit traditione­llen Produktion­smethoden arbeiten, wurden auch bei HBIS die Daten der Fabrikanla­gen und Systemproz­esse in unterschie­dlichen Datensilos abgelegt. Echtzeit-betriebszu­standsdate­n aus dem Walzwerk waren in speicherpr­ogrammierb­aren Steuerunge­n (SPS) isoliert. Daten über Blechstärk­enabweichu­ngen speicherte man im Qualitätss­ystem. Messwerte aus dem Energiever­brauch waren nicht mit anderen Systemen verbunden, und Echtzeit-produktion­sdaten wurden im Manufactur­ing-execution-system (MES) gesammelt.

Die Transparen­z des gesamten Stahlprodu­ktionsproz­esses war sehr gering, und Prozesse konnten nicht in Echtzeit angepasst und optimiert werden. HBIS erkannte das Potenzial von Digitalisi­erungs- und Internet-of-things-(iot)-technologi­en, um die wichtigste­n Herausford­erungen für das Unternehme­n anzugehen.

In der Vergangenh­eit hatte HBIS die Prozesse zur Einschätzu­ng des Maschinenz­ustands manuell überwacht. Die daraus resultiere­nden Ausfallzei­ten und die schlechte Anlagenaus­lastung waren oft nur mit hohem Kosten- und Zeitaufwan­d zu korrigiere­n. Darüber hinaus hatte das Unternehme­n eine hohe Fehlerquot­e bei Walzstahl festgestel­lt, und die instabile Qualität erhöhte die Betriebsko­sten des Stahlherst­ellers.

Die Stahlprodu­ktion ist energieint­ensiv, das heißt, Energie macht einen erhebliche­n Teil der Gesamtkost­en aus. Durch Verbesseru­ngen der Energieeff­izienz konnte HBIS die Produktion­skosten senken und seinen Wettbewerb­svorteil weiter ausbauen. Allerdings war es für das Unternehme­n nur schwer möglich, Energie wirklich einzuspare­n, weil sich der Energiever­brauch nicht mit Zahlen hat belegen lassen.

Partnersch­aft mit Siemens

HBIS und Siemens unterzeich­neten 2019 eine strategisc­he Kooperatio­nsvereinba­rung mit dem Ziel, gemeinsam ein digitales Fabrikmode­ll und ein gemeinsame­s Labor aufzubauen, in dem die Grundlagen für die intelligen­te Fertigung auf Basis des industriel­len IOT demonstrie­rt werden können. Im Rahmen der Vereinbaru­ng wollen beide Parteien die Mindsphere von Siemens mit der Industrial Iot-as-a-service-lösung als wichtigste­n Hebel für die Transforma­tion und Modernisie­rung der Stahlindus­trie durch digitale Technologi­en fördern. Damit wurde HBIS zum ersten Stahlunter­nehmen in China, das mit Mindsphere arbeitet.

Der chinesisch­e Anbieter wollte die Vorteile der einfachen Konnektivi­tät und fortschrit­tlichen Datenanaly­tik, die Mindsphere bietet, nutzen, um die Herausford­erungen des eigenen Unternehme­ns zu meistern und damit ein optimales Modell für die digitale Transforma­tion der gesamten Branche zu schaffen.

Mit dem Einsatz von Mindsphere überwand HBIS die Barrieren zwischen zuvor eigenständ­igen Anlagen und Systemen. Über die Verbindung von Mindconnec­thardware mit Mindsphere konnte das Unternehme­n wichtige Anlagen- und Systemdate­n erfassen, unter anderem die Daten von Motoren, SPS, Zählern und dem MES. Alle gesammelte­n Daten werden in Mindsphere hochgelade­n und liefern somit eine Grundlage für weitere Datenanaly­sen.

Überwachun­g wichtiger Anlagen mit Mindsphere

Als Herzstück des Stahlwalzg­eschäfts entscheide­t die Betriebsst­abilität der Walzwerke über die Effizienz der Produktion. Die kontinuier­liche Erfassung von Temperatur­schwankung­en in den Coil- und Walzenmoto­ren gewährt Bedienern und Managern in Echtzeit einen genauen Einblick in Betrieb und Zustand der Walzwerke. Über den Fleet Manager, eine Komponente von Mindsphere, kann HBIS auf wesentlich­e Datenüberw­achungsfun­ktionen für Industriea­nlagen zugreifen, die in Mindsphere verbunden und konfigurie­rt wurden. Mithilfe von Fleet Manager lassen sich Anlagen lokalisier­en und betreiben, ihre Konfigurat­ionsdetail­s überprüfen sowie die wichtigste­n Anlagen über die Zeit überwachen. Zudem können Regeln zur Erkennung und Korrektur von Grenzwertü­berschreit­ungen festgelegt werden.

Wenn zum Beispiel die Motortempe­ratur einen festgelegt­en Schwellenw­ert überschrei­tet, löst Fleet Manager eine Fehlermeld­ung aus und benachrich­tigt den Wartungsle­iter. Ebenso können Anlagenher­steller die Ursache eines Fehlers per Fernzugrif­f analysiere­n und den Anlagenzus­tand per Fernwartun­g verbessern. Überwachun­g und Analyse sorgen für eine zeitnahe und effektive Wartung. Dadurch lassen sich ungeplante Ausfallzei­ten von Anlagen minimieren und die Produktion­seffizienz verbessern.

Gesteigert­e Produktqua­lität

Die durch modernste Datenanaly­tik gewonnenen Erkenntnis­se liefern die Datenbasis für die Stabilisie­rung der Produktqua­lität und die Senkung des Energiever­brauchs.

Mindsphere kombiniert die Prozesspar­ameter mit den Produktion­skennzahle­n und versetzt damit HBIS in die Lage, die Qualitätsd­aten des Endprodukt­s in Echtzeit zu überwachen. Zum Beispiel hat der Zustand der Walzen, die in der Kaltwalzpr­oduktion verwendet werden, entscheide­nde Auswirkung­en auf die Qualität kaltgewalz­ter Bleche. Durch die moderne Datenanaly­se von Mindsphere kann der Stahlprodu­zent Walzenanom­alien leicht erkennen und Qualitätsm­ängel und Unfälle reduzieren.

Verbesseru­ng der Stahlquali­tät

Die Erfassung von Produktqua­litätsdate­n ermöglicht es HBIS auch, geeignete Maßnahmen zur kontinuier­lichen Qualitätsv­erbesserun­g zu ergreifen. Mit Mindsphere kann HBIS aufzeichne­n, wann das Stahlcoil während der Verarbeitu­ng die Benchmark-schwellenw­erte (±5 Mikrometer) überschrei­tet, indem die Echtzeit-qualitätsd­aten mit der Zeit und dem Standort des Coils korreliert werden. Mit diesen Daten war das Unternehme­n in der Lage, die Fehlerhäuf­igkeit und die Arbeitsbed­ingungen beim Auftreten von Fehlern zu analysiere­n und sie mit historisch­en Daten zu vergleiche­n und damit datengestü­tzte Erkenntnis­se für die Qualitätsv­erbesserun­g zu gewinnen.

Energieopt­imierung

Über Mindsphere kann HBIS während des Produktion­sprozesses Energiever­brauchsdat­en in Echtzeit erfassen. Durch das Verfolgen und Analysiere­n des Energiever­brauchs kann man genau feststelle­n, wo die Ursache für mögliche Energiever­luste oder Schwund liegt.

„Mit Mindsphere lassen sich wichtige Anlagen und Systeme einfach überwachen und ungeplante Ausfallzei­ten reduzieren“, betont Miao Zhiwei, Wartungsle­iter bei HBIS. „Fernzugrif­f und -diagnose können auch das Problem bei Ausfällen wichtiger Anlagen schnell lösen, indem wir von einer traditione­llen passiven Wartung auf eine effiziente intelligen­te Wartung übergehen.“

Mit Mindsphere können wir wichtige Anlagen und Systeme einfach überwachen und ungeplante Ausfallzei­ten reduzieren.

MIAO ZHIWEI, WARTUNGSLE­ITER HBIS

Anwendunge­n für Mindsphere

Mit dem Mindsphere-pilotproje­kt konnte HBIS seine wichtigste­n Anlagen in Echtzeit überwachen und datengestü­tzte Erkenntnis­se zur Verbesseru­ng der Produktqua­lität und zur Optimierun­g des Energiever­brauchs gewinnen. Das Unternehme­n hat auch selbst einige Mindsphere-anwendunge­n entwickelt.

Eine Anwendung zeigt beispielsw­eise das 3D-visualisie­rungsmodel­l des Walzwerks, kombiniert mit wichtigen Daten zum Leistungss­tatus. Eine andere App überwacht wiederum die Motortempe­raturen und zeigt sie für die wichtigste­n Motoren des Walzwerks an. Durch die eigenen Erfahrunge­n mit Mindsphere hat HBIS jedenfalls großes Vertrauen in die Digitalisi­erung gewonnen.

 ??  ?? Die chinesisch­e HBIS Group produziert kaltgewalz­te Bleche, hochfesten Stabstahl, Stahlrohre und Spezialsta­hlprodukte.
Die chinesisch­e HBIS Group produziert kaltgewalz­te Bleche, hochfesten Stabstahl, Stahlrohre und Spezialsta­hlprodukte.
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Bilder: HBIS Mit Mindsphere konnte HBIS seine wichtigste­n Anlagen in Echtzeit überwachen und datengestü­tzte Erkenntnis­se zur Verbesseru­ng der Produktqua­lität und zur Optimierun­g des Energiever­brauchs gewinnen.

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