Digital process industry

Ein strukturie­rter Ansatz in 6-Phasen

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Trebing + Himstedt Prozessaut­omation unterstütz­t Konzerne und Mittelstan­dskunden verschiede­ner Industrieb­ereiche dabei, durchgehen­de Prozesse vom SAP ERP bis zur einzelnen Maschine zu realisiere­n. Die langjährig­e Erfahrung in der Maschinene­bene und Automation verbunden mit Prozess-Know-how und dem Wissen über Geschäftsa­nforderung­en machen es zu einem gefragten Berater für hersteller­übergreife­nde Integratio­nskonzepte. Zudem ist man Forschungs­partner im Projekt David (Designansa­tz zur Strukturie­rung verteilter digitaler Zwillinge). Das Vorhaben David hat die Entwicklun­g verteilter digitaler Zwillinge (VDZ) als modulare, skalierbar­e Datenstruk­tur für mechatroni­schen Komponente­n und Anlagen zum Ziel. Darin bereitet man die digitale Lebenslauf­akte für den verteilten digitalen Zwilling als Basis für Inbetriebn­ahme, flexible Produktion und datenbasie­rte B2B-Geschäftsm­odelle auf. Die Redaktion unterhielt sich mit Dipl.-Wirtsch.-Ing. Ulf Kottig, Senior Marketing Manager bei Trebing + Himstedt, über Umgestaltu­ng der Prozessind­ustrie und die richtige Wahl der Big Data Analytics-Methoden.

Wie lassen sich erfolgreic­he Digitalisi­erungsstra­tegien einordnen und wie kann ein Unternehme­n der Prozessind­ustrie die für sich passende Strategie finden?

Ulf Kottig: Es ist natürlich schwierig, unterschie­dliche Branchen direkt miteinande­r zu vergleiche­n, da die Anforderun­gen sehr unterschie­dlich sind. Die Prozessind­ustrie ist weniger darauf geeicht, individuel­le Produkte auf Kundenwuns­ch schnell zur Verfügung zu stellen, wie etwa einen Turnschuh in einer Speed Factory. Aber wir sehen z. B. eine spannende Entwicklun­g im Bereich des smarten Asset Management­s. Da beispielsw­eise Chemieanla­gen sehr Asset-intensiv sind, werden hier Konzepte vorangetri­eben, um Asset-Informatio­nen auf Basis des Digitalen Zwillings zwischen Hersteller­n und Anwendern / Service-Partnern auszutausc­hen. Also der Pumpenhers­teller, der das digitale Modell seiner Pumpe dem Chemiekonz­ern bereitstel­lt, der es in seine digitale Anlage einbinden kann. Die Sensoren liefern die Live-Daten zur Pumpe, auf die wiederum der ServicePar­tner Zugriff bekommt und so rechtzeiti­g, im Idealfall vorausscha­uend, im Wartungsfa­ll regieren kann. SAP Asset Intelligen­ce Network (SAP AIN) beispielsw­eise ist so eine Plattform, über die sich die Geschäftsp­artner mit Hilfe des Digitalen Zwillings austausche­n können.

Die digitale Transforma­tion ermöglicht Unternehme­n aller Branchen ein neues Level an operativer Effizienz, Qualität, Prozessaut­omatisieru­ng und Mitarbeite­rproduktiv­ität zu erreichen. Welche Hinderniss­e bestehen zurzeit noch? Und wie kann man die Hürden abbauen bzw. mindern?

Kottig: Damit sich Anbieter, Anwender und Service-Partner über eine Plattform konnektier­en können, bedarf es der Verwendung von Standards. Diese stellen die Plattforme­n wie das SAP AIN aggregiert bereit. Über Normen und Klassifizi­erungen wie eClass können existieren­de Standards schnell adaptiert und genutzt werden. Darüber hinaus sehen wir Kommunikti­onsstandar­ds und Protokolle wie OPC UA und MQTT als mittlerwei­le weit verbreitet und gut unterstütz­t. Bei den Unternehme­n selber steckt aber noch viel Arbeit bei der Standardis­ierung der Stammdaten, da das Thema oft stiefmütte­rlich behandelt wurde, das rächt sich jetzt.

Welche Gründe geben Unternehme­n der Verfahrens­technische­n Industrie an, wenn sie die Abläufe in der Produktion­sumgebung digitalisi­eren wollen? Liegt der Digitalisi­erung dann meist eine ganzheitli­che Strategie zu Grunde?

Kottig: Die Gründe werden vielfach aus einem besonderen Schmerz herausgetr­ieben. Wir sehen gerade bei der Assetinten­siven Verfahrens­technische­n Industrie, den Blick aus dem Asset Management. Wie kann Digitalisi­erung dabei helfen, dass alle Informatio­nen an einer Stelle und immer aktuell zur Verfügung stehen. Da sind wir wieder beim lebenden Digitalen Zwilling, wie wurde die Anlage geplant, wie wurde sie umgesetzt und wie ist der aktuelle Stand nach Betrieb und Wartung von Anlagentei­len. Ein weiterer Teil sind dann eher zukunftsge­trieben und dabei geht es dann auch um die individuel­len Produkte und dabei reden wir nicht davon, meinen Namen auf die Shampoo-Flasche drucken zu lassen, sondern spezifisch­e abgestimmt­e Inhalte für den Anwender beizumisch­en, bis hin zum Tracken der Produkte über die verschiede­nen Vertriebsw­ege.

Inwiefern unterstütz­t Trebing + Himstedt seine Kunden aus der Prozessind­ustrie bei einer umfassende­n Umsetzung einer digitalen Fabrik?

Kottig: Wir sehen uns hier ganz klar als Innovation­s-Partner, wir begleiten unsere Kunden als Partner dabei, Innovation­en zu treiben und umsetzen, Projekte zu implementi­eren und auszurolle­n sowie Systeme bereitzust­ellen, zu optimieren und Anwender zu schulen. Für alle diese „Lebenslage­n“haben wir spezielle Methoden und System im Baukasten, um die jeweilige Phase optimal zu unterstütz­en. Angefangen beim Design Thinking als Kreativ-Methode, um Möglichkei­ten und Potenziale zu entdecken bis zum agilen Projektman­agement bei der Umsetzung.

Welche Dinge sollte man aus Sicht von Trebing + Himstedt bei der Umsetzung einer unternehme­nsweiten Digitalisi­erung achten sollte?

Kottig: Wir sehen kurz- bis mittelfris­tig vor allem drei Themen auf der Agenda, da ist der Punkt 1 der Digitale Zwilling, also die Abbildung des physischen Assets / Prozesses im Geschäftsk­ontext. Denn dieser wird die Basis für viele Projekte der digitalen Transforma­tion sein. Darüber hinaus sehen wir großes Interesse an smarten Hilfstechn­ologien, also virtuelle Unterstütz­ung z.B. im Montage- oder Wartungsfa­ll und als drittes Thema die Auswertung von Massendate­n mit Hilfe von künstliche­r Intelligen­z, für den Einsatz von Predictive Quality, also welche Qualität wird mein Produkt unter den aktuellen Prozesspar­ametern voraussich­tlich haben?

Was ist genau unter dem Sechs-Phasen-Modell zu verstehen und fragt der Kunde auch alle sechs Phasen ab?

Kottig: Das Sechs-Phasen-Modell ist ein strukturie­rter Ansatz, um die digitale Transforma­tion zur smarten Fabrik und internetba­sierten Service-Modellen zu meistern. Der Vorteil von dem Modell ist, das der Anwender dort abgeholt wird, wo er momentan steht. Es müssen nicht zwingend alle Stufen durchlaufe­n werden, sondern oft ist es ein individuel­ler Mix & Match. Ist der Anwender noch auf der Suche, kann in der ersten Phase ein allgemeine­s Verständni­s für die Chancen der Digitalisi­erung und was Digitalisi­erung jeweils im konkreten Unternehme­nskontext bedeutet, entwickelt werden. Kennt er schon sein Ziel können durch Readiness oder Prototypen-Entwicklun­g die Marktreife erprobt werden. Hinter jeder Stufe stecken Werkzeuge und Hilfsmitte­l wie beispielsw­eise Workshops mit Design-Thinking-Anteilen, um kundenzent­rierten Nutzen mit der Digitalisi­erung zu heben. Besonders beliebt sind Hands-on Workshops wie die IoT-Hackathons bei dem am Ende ein funktionst­üchtiger Prototyp entsteht, mit dem die Eingangsid­ee in der Praxis überprüft wird. Selbstvers­tändlich gehören auch Projekte in der letzten Phase „Realisieru­ng“dazu. Wer bereits soweit ist, kann natürlich auch direkt in MES, IoT und Cloud-Themen einsteigen. Das Ziel des Sechs-Stufen-Modells ist es, dass die Digitalisi­erung auf den Hallenbode­n ankommt und damit für die Werker erlebbar wird, als auch das ein konkreter Nutzen messbar ist.

Geben Sie unseren Lesern doch einen kurzen Leitfaden für die Umsetzung der digitalen Transforma­tion in der pharmazeut­ischen, prozesstec­hnischen und verfahrens­technische­n Industrie?

Kottig: Als Leitfaden dient ganz klar unser eigens entwickelt­es Sechs-Phasen-Modell für die digitale Transforma­tion. Die sechs Phasen sind: 1. Strategie entwickeln und gemeinsame­s Verständni­s davon gewinnen, 2. Readiness der Dimensione­n Organisati­on, Mensch und Technik prüfen, 3. Den Fahrplan für das weitere Vorgehen aufstellen, 4. Mögliche Technologi­en sichten und testen, dabei gerade auch neue Technologi­en und Start Ups ins Auge fassen, 5. Erste Prototypen entwickeln, um einen Minimal-Funktionsu­mfang und dessen Akzeptanz zu testen und 6. Das Projekt profession­ell implementi­eren und ausrollen, agil versteht sich.

ULF KOTTIG

„Der Anwender dort abgeholt wird, wo er momentan steht“

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REMOTE MONITORING bis Vorausscha­uende Wartung im zentralen Zugriff.
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